Bachelorarbeit, 2019
53 Seiten, Note: 1,0
1. Einleitung
1.1 Einführung: Einfluss des olfaktorischen Systems auf den Lernerfolg
1.2 Anatomie und Physiologie des olfaktorischen Systems
1.3 Gedächtnisbildung
1.4 UPSIT – University of Pennsylvania Smell Identification
1.5 SMT – Sniff Magnitude Test
1.6 Olfactometer
1.7 FMRI – Functional Magnetic Resonance Imaging
1.8 Statistical Parametric Mapping
1.9 Definition der Lernfähigkeit
1.9 Einflussfaktor Stress
2. Material und Methode
3. Ergebnisse
3.1 Olfaktorisches System und Lernfähigkeit
3.2 Emotions-Geruchsassoziiertes Lernen
4. Diskussion
4.1 Zusammenhang von Gehirn und olfaktorischen Reizen
4.2 Zusammenhang von Emotionen und olfaktorischen Reizen
4.3 Benefit für die Dentalhygiene
5. Fazit
6. Zusammenfassung / Abstract
6.1 Zusammenfassung
6.2 Abstract
7. Literaturverzeichnis
8. Abkürzungsverzeichnis
9. Abbildungsverzeichnis
10. Tabellenverzeichnis
11. Danksagung
Ein bestimmter Geruch kann eine genaue Erinnerung bei einem Menschen hervorrufen. So erinnern wir uns z. B. bei dem Duft von frischen Brötchen an das angenehme Gespräch mit der Familie am Frühstückstisch eines Sonntagmorgens. Ebenso nehmen wir unangenehme Gerüche und die Situation, die mit dieser empfangenen Information verknüpft ist, wahr. Die erlernten Geruchsmuster lösen somit bei einer Umgebung mit bekanntem Duft eine innere positive oder negative Haltung aus. Der „falsche“ Geruch kann die Aktivität der Gehirnareale, die für die Aufnahme und Speicherung von Informationen zuständig sind, reduzieren (Frank et al, 2003).
In der olfaktorischen Forschung gibt es bisher vier gängige Geruchstests, welche für Studien verwendet werden. Zunächst den Odor Memory Test (Choudhury, 2003), welcher aufgrund seiner spezifischen Duftselektion und des aufwendigen Aufbaus nur selten in Studien vorkommt. Dieser Test beschäftigt sich ausschließlich mit dem Geruchsgedächtnis und nicht mit anderen Wahrnehmungen. Der PEA-T (Doty et al, 1995) beschäftigt sich ebenfalls mit einer spezifischen Substanz. Die beiden genannten Tests sind für den Inhalt dieser Arbeit nicht anwendbar. Der Sniff Magnitude Test, SMT (nach Frank et al, 2003) und der University of Pennsylvania Smell Identification Test, UPSIT (nach Doty et al, 1984) lassen hingegen eine Schlussfolgerung darauf zu, wie das Individuum den Duftstoff empfindet und welche kognitive Reaktion hervorgerufen wird.
Bei der Erläuterung der Funktionsweise des Geruchssystems wird klar, dass die Wahrnehmung von Duftmolekülketten meist unbewusst stattfindet. Jedoch lösen diese durch das Andocken an Rezeptoren eine chemosensorische Kaskade aus. Es kommt zu der Ausschüttung von Hormonen. Je nach Empfinden des Reizes kommt es zu einer Stress- oder einer Zuneigungsreaktion des Körpers, die wir in den meisten Fällen nicht bewusst wahrnehmen (Albrecht, 2011).
Im Folgenden wird nun der Einfluss des olfaktorischen Systems auf das Lernvermögen erläutert. Das Ziel ist es eine Assoziation zwischen einer bestimmten Reizung des Riechzentrums und der Erinnerungsbildung herzustellen.
Zunächst werden die theoretischen Grundlagen zum Geruchssystem, der Gedächtnisbildung und den beiden genannten Tests beschrieben. Darauf aufbauend wird der Inhalt der Studien analysiert und in das Thema dieser Arbeit transferiert.
Über das Vestibulum nasi, welches paarig vorhanden und durch das Septum nasi getrennt ist, wird die Luft aufgenommen. Die oberen Atemwege der Nase haben die Funktion die aufgenommene Luft zu befeuchten und zu filtern. Grobe Partikel in der Atemluft werden bereits im Vestibulum nasi durch die Nasenhaare gefiltert, sodass diese nicht das respiratorische Flimmerepithel verletzen, das den Großteil des Naseninneren auskleidet. Über die weiter innen gelegenen Nasenmuscheln, der Concha nasalis media und der Concha nasalis superior und inferior führt der Weg des Luftstroms in den Nasenrachen (Nasopharynx). Umgekehrt können über diese Verbindung Duftstoffe aus der Mundhöhle bis zur Riechschleimhaut gelangen. Die Regio olfactoria liegt im Meatus nasi superior, der oben von der Lamina cribrosa begrenzt wird, durch die die Nervenfasern des N. olfactorius durch viele kleine Foramina zum Bulbus olfactorius ziehen (Putz, 2007).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1 Anatomie der oberen nasalen Atemwege (eigene Darstellung)
Die regio olfactoria bedeckt nur einen kleinen Teil der Nasenschleimhaut, wie in Abb. 1 zu sehen ist und lässt sich in drei Gewebeschichten gliedern. Die erste Schicht, die zur Concha nasalis superior hin gelegen ist besteht aus Stützzellen, auf die Mikrovilli aufgelagert sind, die für die Stabilität und den Stoffwechsel des Riechepithels zuständig sind. Die Stützzellen und die Bowmannsche Drüsen produzieren Sekret. Dieses wird in der Extrazellulären Raum freigegeben und liegt auf der Schicht, in der sich die Mikrovilli befinden. Das Sekret begünstigt die Bindung von Geruchsmolekülen. Die mittlere Schicht besteht aus den Sinneszellen. Das Erbgut und die wichtigsten Bestandteile für den Zellstoffwechsel liegen in die Stützzellen eingebettet. Die Zilien der Sinneszelle ragen in den Schleim, der von den Zellen der ersten Schicht produziert wird und an deren Chemorezeptoren die Geruchsmoleküle binden. Der chemische Reiz wird durch Natrium-Kalium-Pumpen und Chlorid-Pumpen in der Zellmembran der Sinneszelle in einen elektrischen Reiz umgewandelt. Der Vorgang der Umwandlung eines chemischen Reizes in ein elektrisches Signal wird Transduktion genannt. Alle 30 bis 60 Tage gehen die Sinneszellen durch Apoptose zugrunde. Für die Regeneration abgestorbener Zellen sind die Basalzellen in der tieferen dritten Schicht zuständig. Bei der intrinsischen Apoptose, durch Faktoren, die in der Zelle selbst stattfinden, werden Mitochondrien in den Sinneszellen durch Cytochrom angeregt pro-apoptotische Faktoren in das Zytoplasma auszuschütten. Die Zelle schrumpft und kapselt sich in Vesikel ab. Dabei wird kein Zytoplasma in das umliegende Gewebe freigesetzt. Die Vesikel werden durch Makrophagen phagozytiert (Trepel, 2003).
Nach der Basalschicht bündeln sich die Fasern der Sinneszellen zu Fila olfactoria, die durch die Foramen der Lamina cribrosa in den Bulbus olfactorius münden. Durch diesen direkten Verlauf der Zilien zum Bulbus olfactorius wird sie als primäre Sinneszelle bezeichnet. Im Bulbus werden die weitergeleiteten elektrischen Signale zum ersten Mal verarbeitet, daher kann man ihn als Kern des I. Hirnnerves, des N. olfactorius bezeichnen. Die Impulse werden danach über den Tractus olfactorius zur primären Riechrinde weitergeleitet (Trepel, 2003).
Im Folgenden wird das Grundprinzip der Erregungsweiterleitung genauer beschrieben. In die Zilien sind durch sieben membranspannende α-Helices die Rezeptoren eingebettet. Nachdem ein Molekül sich an den Rezeptor bindet, wird durch das freigesetzte G-Protein die Adenylatzyklase aktiviert. Es handelt sich dabei um ein Enzym der Lyasen, das Adenosintriphosphat (ATP) in zyklisches Adenosinmonophosphat (cAMP) spaltet. Der second messenger cAMP sorgt für die Öffnung der Kationenkanäle. Na+- und Ca2+-Ionen strömen in die Zelle hinein, während Cl--Ionen durch Chloridkanäle aus der Zellen hinaus strömen. Es kommt zu einer Änderung des Membranpotentials von -70 mV zu -50 mV, sodass ein Aktionspotential ausgelöst wird und zu einer Erregungsweiterleitung entlang des Axons bis zum Bulbus olfactorius führt. Jedoch wird das Aktionspotential nicht durch ein einzelnes Duftmolekül ausgelöst. Vielmehr muss diese Kaskade mehrfach an mehreren Rezeptoren ausgelöst werden, daher besitzt die Sinneszelle zwischen sechs bis acht Zilien (Rassow et al, 2006).
Nachdem die Impulse im Bulbus olfactorius angekommen sind werden sie dort in das zugehörige Glomerulum verschaltet. Die in den Glomeruli endenden Fortsätze der Sinneszelle nehmen je Glomeruli die gleiche Geruchsqualität wahr, d. h. ein Glomerulum verarbeitet nur eine Geruchsqualität, weshalb die Impulse getrennt bearbeitet werden können. Danach werden die verschalteten Impulse an den olfaktorischen Kortex über den Tractus olfactorius geleitet. Die Riechrinde, auch olfaktorischer Kortex genannt, liegt im Bereich der Substantia perforata anterior und angrenzend zum Allokortex. Der Tractus olfactorius teilt sich in Nervknoten, das Trigonum olfactorium in zwei Nervenstränge, die Stria olfactoria lateralis und die Stria olfactoria medialis. Diese beiden Striae verlaufen zu den kortikalen Projektionszielen der Riechbahn. Die Stria olfactoria lateralis führt zum präpiriformen Kortex, dem entorhinalen Kortex und dem Corpus amygdaloideum. Von dem entorhinalen Kortex tritt durch den Tractus perforas ein Faserbündel über den Gyrus parahippocampalis in den Hippocampus (Putz, 2007). Die Stria olfactoria medialis projeziert auf das Tuberculum olfactorium und in die Septumregion. Das Tuberculum olfactorium hat eine enge Verbindung mit dem Nucleus accumbens des ventralen Striatums, welches eine Rolle bei der Integration der Geruchswahrnehmung spielt. Nachdem die Impulse im olfaktorischen Kortex zusammengeführt wurden, werden sie an den sekundären olfaktorischen Kortex weitergeleitet. Er besteht aus dem Thalamus und den frontobasalen Neokortexarealen. Diese vegetativen Zentren analysieren, interpretieren und erkennen die Geruchsinformationen (Trepel, 2008).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2 Gedächtnisbildung im Gehirn mit Darstellung des Papez-Neuronenkreise. 1-Hippocampus über den Fornix zum Corpora mamillaria, von dort zum Thalamus, dann zum Gyrus cinguli und wieder zurück zum Hippocampus. Der Verlauf ist in grün dargestellt. (eigene Darstellung)
Die Septumregion, die mit lateinischer Bezeichnung Area septalis heißt, hat durch die Verbindung mit anderen Regionen des Gehirns einen Einfluss auf die emotionale, vegetative Reaktion und die Gedächtnisleistung (Trepel, 2008).
Das Corpus amygdaloideum, das durch die Stria olfactoria lateralis mit dem olfaktorischen System verbunden ist, beeinflusst die vegetativen Zentren des Hypothalamus und reguliert dadurch unter anderem die Nahrungsaufnahme, die Hormonsekretion und die Kreislaufregulation. Die Initiation von emotional, motorischen Reaktionen findet ebenfalls in diesem Areal statt. Die dritte Funktion, die der Corpus amygdaloideum besitzt ist für den Inhalt dieser Arbeit am wichtigsten. Er besteht darin, wahrgenommene Sinnesreize emotional zu bewerten und in diesem Kontext im Gedächtnis zu speichern. Der orbifrontale Kortex ist der unterste Abschnitt des präfrontalen Kortex und kann die Aktivität der Amygdala hemmen (Trepel, 2008).
Über die Nervenbahnen des Gyrus parahippocampalis werden Lerninhalte vom Kurzzeit- ins Langzeitgedächtnis überführt (Trepel, 2008).
Bei der Gedächtnisbildung werden drei Stufen unterschieden, das Kurzzeitgedächtnis, die Gedächtniskonsolidierung und das Langzeitgedächtnis. Beim Einprägen von Lerninhalten, die nur einige Sekunden bis Minuten im Gedächtnis bleiben, übernimmt der präfrontale Kortex den Großteil der erbrachten Gehirnleistung. Um das Erlernte vom Kurzzeit- ins Langzeitgedächtnis zu transferieren müssen zunächst die Inhalte in explizit und implizit unterschieden werden. Unter expliziten, auch deklarativen Gedächtnisinhalte genannt, versteht man logische Anteile wie Fakten und Ergebnisse. Bei der Überführung dessen durchläuft die Information den Parapez-Neuronenkreis, der unter anderem aus dem Hippocampus, Thalamus und dem Gyrus cinguli besteht. Die für das Riechen wichtigeren Lerninhalte werden implizite Gedächtnisinhalte genannt. Es handelt sich dabei um Handlungsabläufe, Gewohnheiten, sowie motorisches und emotionales Lernen. Zuvor wurde die Verbindung des olfaktorischen Systems mit dem vegetativen System über den Corpus amygdaloideum beschrieben, d.h. bei der Geruchswahrnehmung nimmt der Impuls einen annähernd direkten Weg zum Langzeitgedächtnis. Durch diese direkte Verbindung werden Gerüche ohne mehrmaliges Wiederholen unbewusst im Langzeitgedächtnis gespeichert. Anders als beim Lernen von mathematischen Inhalten in der Schule, die erst über mehrmaliges Wiederholen im Langzeitgedächtnis über Jahre bis Jahrzehnte gespeichert werden, wird ein Duft schon nach einmaligem Riechen eingeprägt und kann zu einem späteren Zeitpunkt wieder abgerufen werden. Sobald dieser Geruch ein zweites Mal gerochen wird kommt es durch die Verschaltung der impliziten Inhalte im Hippocampus zu der Erinnerung an die Situation, die beim erstmaligen Riechen stattgefunden hat oder einer unbewussten Reaktion des Körpers. Ein Beispiel dafür sind Patienten, die in ihrer Kindheit erstmalig eine beängstigende Erfahrung beim Zahnarzt gemacht haben und diese Angstsituation zusammen mit dem typischen Geruch einer Zahnarztpraxis nach Desinfektionsmittel abgespeichert wurde. Im Erwachsenenalter betreten diese Patienten eine Praxis und nehmen den gefürchteten Geruch wieder wahr. Dadurch kommt es im Körper zur Ausschüttung von Cortisol und Adrenalin. Die Aktivität des Sympathikus wird erhöht und die Verdauungsaktivität herabgesetzt. Der Körper wird so durch die Wahrnehmung des Geruchs wieder unbewusst in den Fluchtzustand versetzt.
Bei der olfaktorischen Forschung im amerikanischen Raum ist der durch Doty entwickelte UPSIT am gängigsten. Die Probanden erhalten hierbei einen multiple-choice Befragungsbogen mit vier möglichen Antworten. Die Beschreibung, die dem Duft am nächsten kommt soll angekreuzt werden. Es muss auch eine Antwort auf nicht odorisierte Proben gegeben werden, wodurch der Proband zur Beantwortung gezwungen wird. Die Duftproben werden in vier Broschüren („booklets“) mit je zehn „scratch and sniff“ Düften dem Probanden gereicht. Die Düfte werden in 10 bis 50 µm große Microkapseln eingeschlossen. Auf dem einen braunen Klebestreifen, unter dem die Kapsel liegt, wird hin und her gerieben und es setzt sich der Duft frei. Es handelt sich bei den Gerüchen um solche, die einem aus dem Alltag bekannt sind. Laut Doty ist die Verlässlichkeit des Test-Retest-Koeffizienten bei r = 0,9 (Doty et al, 2007). Eine Messung der eingeatmeten Duftstoffkonzentration oder der Inhalationsstärke findet nicht statt. Des Weiteren sind in dem originalgetreuen Versuchsaufbau typische Düfte für den amerikanischen Raum enthalten, die im europäischen Raum nicht zum olfaktorischen Alltag gehören. Dieser Test wird zur Duftidentifikation und dem Test der Riechfunktion verwendet. Anwendung findet er in aktuellen Studien bei Prätests und der Probandenauswahl. Werden in einer Studie gesunde Probanden benötigt wird meist zuerst mit dem UPSIT die Reichfunktion geprüft und danach ein Gesundheitsscreening durchgeführt, da die Durchführung des Tests weniger Zeit- und Kostenintensiv ist.
Bei dem SMT wird durch computergesteuerte Geräte die „Schnüffelstärke“ des Patienten an Kanistern mit aromatisierter und nicht aromatisierter Luft gemessen. In drei Kanistern befindet sich je ein unterschiedlicher Duft, darunter ein übelriechender. Der Deckel des Kanisters wird geöffnet und durch einen piezoelektrischen Druckwandler wird der Luftdruck gemessen. Sobald der Proband beginnt an dem Kanister zu riechen wird der Druckunterschied alle 10 ms gemessen bis die Normalisierung des Luftdrucks wieder eintritt. Dies passiert erst, wenn der Patient nicht mehr am Kanister riecht. Bei diesem Test wird die Reaktion auf einen Duft getestet durch die Stärke der Inhalation (Frank, 2003). Dieser Test soll eine angenehme oder unangenehme Reaktion feststellen. Ebenso wird er verwendet um die Riechfunktion eines Probanden zu testen.
Bei der Verwendung eines Olfactometers handelt es sich um ein kombiniertes Testverfahren. Dieses wurde 1975 von Takagi und Toyoda entwickelt. Durch das Olfactometer können laborrealistische Geruchsituationen erstellt werden. Der Proband atmet hierdurch den Duft mit einer Atemmaske ein. Die Konzentration des Geruchs wird mit kohlegefilterter Luft über einen Durchflusssensor reguliert. Über eine logarithmische Verdünnungsreihe wird die Konzentration langsam erhöht und der Proband gibt über einen Befragungsbogen die Wahrnehmungs- und Erkennungsschwelle an. Es gilt freie Antwortmöglichkeit (Takagi, 1987). Zusätzlich hätte bei dieser Art eine gute Belüftung berücksichtigt werden sollen, sowie eine einheitliche Atemtechnik um zum einen den Interstimulusintervall zu kontrollieren und zum anderen eine annähernd gleiche Menge des eingeatmeten Duftstoffs unterschiedlicher Probanden.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 3 vereinfachte Darstellung eines Olfactometers (eigene Darstellung)
Das fMRI oder auf Deutsch fMRT ist die funktionelle Magnetresonanztomographie. Dabei werden Schnitte des Gehirns nach Aktivität bestimmter Areale untersucht. Bei der Wahrnehmung und Einprägung eines Duftstoffes werden wie in 1.3 beschrieben bestimmte Bereiche und somit Nervenzellen aktiviert. Die hierfür verbrauchte Energie stammt in Form von Zucker und Sauerstoff aus den roten Blutkörperchen. Dabei entsteht ein Unterschied in der Energieverteilung bzw. der Unterschied zwischen Oxyhämoglobin und Desoxyhämoglobin. Dieser Unterschied wird als BOLD (Blood Oxygen Level Dependent) bezeichnet und ist durch die paramagnetische Eigenschaft des Desoxyhämoglobins im fMRT sichtbar. Teile des Gehirns, die sehr aktiv sind, werden mit gelb gekennzeichnet und Areale mit schwächerer Aktivität sind rot (Karunanayaka, 2015).
Beim „Statistical Parametric Mapping“ wird die gemessene Einheit als Voxel bezeichnet. Es handelt sich dabei um einen Abschnitt von 27 mm3 eines Gehirnareals. Das Volumen des aktiven Bereiches ist dadurch messbar und mit anderen Ergebnissen vergleichbar. Die Analyse erfolgt nach folgendem System. Für jeden Probanden werden ereignisassoziierte, lineare Modelle und eine sekundäre Analyse der aktivierten neuronalen Gruppen erstellt. Der Unterschied der Gehirnaktivität bei unterschiedlichen Versuchsdurchgängen wird dabei in der ersten Analyse nicht beurteilt. Das olfaktorisch assoziierte Lernverhalten wird über eine räumlich, gruppierte, unabhängige Komponentenanalyse (ICA) untersucht. Die Areale des Gehirns werden unabhängig voneinander auf ihre Aktivität geprüft. In der zweiten Phase werden sie mit ihren Funktionen für andere Areale verknüpft. Zur Bestimmung dieser Gruppen wird „Automated Anatomical Labeling Atlas“ verwendet.
Die Messung der Lernfähigkeit findet über die Analyse und Auswertung des fMRT mittels SPM statt. Dabei wird in drei Bereiche unterteilt, den kurzfristigen und den langfristigen Lernerfolg, sowie die Gedächtniskonsolidierung (Karunanayaka et al, 2015).
Bei der Bewertung des kurzfristigen Lernerfolgs wird das Ausmaß der Aktivität des präfrontalen Kortex bestimmt. Im präfrontalen Kortex liegt ein Teil dessen, der Allokortex. Er ist zuständig für die Bewertung von olfaktorischen Reizen und hat daher Einfluss auf die Beziehung zwischen Kurzzeitgedächtnis und dem Riechen. Der Transfer von Kurz- zu Langzeitgedächtnis findet in vier Hauptteilen des Gehirns statt, dem Hippocampus, dem Corpa mamillaria, dem Thalamus und dem Gyrus cinguli. Die langfristige Lernfähigkeit ist anhand des Hippocampus beurteilt. Im Kontext olfakotrisch assozierten Lernens wird zusätzlich der enothirnale und der präpiriforme Kortex betrachtet, da diese in der Vorschaltung der Verarbeitung eines Geruchs zum Hippocampus und der Insula liegen (Trepel, 2008).
Das olfaktorische System ist eng mit dem limbischen System vernetzt. Der Einfluss von Stress und Angst auf das Lernverhalten ist daher unbestritten. Es besteht eine Wechselwirkung zwischen dem Lernen, der Erinnerung und dem Riechen. Eine Erläuterung der Reaktion des limbischen Systems auf Stress ist daher sinnvoll.
Nimmt ein Mensch einen Reiz auf, der potentiell gefährlich ist, wird durch die Amygdala der Hypothalamus angeregt. Zuvor wurde bereits die enge Verbindung zwischen dem olfaktorischen System und dem limbischen System in 1.3 beschrieben. Das produzierte Noradrenalin sorgt dafür, dass der Reiz von Amygdala, Hippocampus, Hypothalamus und präfrontalem Kortex intensiver bewertet wird. Das vegetative Nervensystem wird durch den Hypothalamus innerviert. Die Ausschüttung von Adrenalin und Noradrenalin wird durch das vegetative Nervensystem über die Nebennierenrinde veranlasst. Noradrenalin verursacht im Körper eine erhöhte Wachsamkeit, einen schnelleren Herzschlag und kognitive Leistungsbereitschaft (Birbaumer und Schmidt, 2010).
Sobald die Stresssituation oder der unangenehme Reiz länger anhält, wird ebenfalls über die Amygdala und den Hypothalamus die Ausschüttung von Corticotropin-Releasing Faktors (CRF) angeregt mit Noradrenalin, Acetylcholin und Serotonin. Im Hypophysenvorderlappen wird durch die CRF die Abgabe von Adrenocorticotropin gefördert. Es führt zur Freisetzung von Stresshormonen, sogenannten Glukokortikoiden aus der Nebennierenrinde. Diese wiederrum regen die Abgabe von CRF und Adrenocorticotropin an. Diese Langzeitstressreaktion des Körpers wirkt sich auf die emotionale Befindlichkeit und die kognitive Leistungsfähigkeit aus. Bei Langzeitstress setzt der Körper die Fettverbrennung und Verdauung herab und speichert Reserven. Der Puls und Blutdruck nimmt zu. Die Schlafqualität nimmt ab, wodurch Erlerntes schlechter in das Langzeitgedächtnis transferiert werden kann (Ulrich und Hermann, 2009).
Bei der Geruchserfahrung kann der Reiz unter anderem durch weitere Reize, die bereits als negativ wahrgenommen worden sind, im Gedächtnis als schlecht abgespeichert werden. Häufig verbinden die Patienten die Erfahrungen und den Geruch beim Zahnarzt mit Schmerzen. Die Patienten hatten in ihrer Vergangenheit ein traumatisches Erlebnis in der Praxis und haben dabei den typischen Geruch von Desinfektionsmittel gerochen. Bei der erwachsenen Bevölkerung in Deutschland leiden ca. 60-80 % im Jahr 2001 unter einem Angstgefühl beim Zahnarzt und 5 % vermeidet die Behandlung komplett (Jöhren und Margraf-Stiksrud, 2002).
Im Jahr 2018 in Schweden leidet nur ca. 20 % der Bevölkerung unter einer Angst beim Zahnarzt (Brahm, 2018). In Schweden sind derzeit ca. 4000 Dentalhygieniker / innen und ca. 7000 Zahnärzte / Zahnärztinnen tätig. Zum Vergleich sind in Deutschland 72000 Zahnärzte tätig und nur etwa 450 Dentalhygieniker / innen (Frodl, 2018). Das Gesundheitssystem in Deutschland ist derzeit noch ein reaktives Gesundheitssystem. Ein Wandel in ein proaktives System wäre wünschenswert. Allerding liegt eine vorwiegend präventive Behandlung von Patienten und somit die Reduktion von Stresssituation noch in weiter Ferne. Ein Grund für die geringe Anzahl an Angstpatienten in schwedischen Zahnarztpraxen kann das proaktive Konzept der Zahnheilkunde sein.
Zur Erörterung der theoretischen Grundlagen und der Begriffsfindung für die Recherche wurden aus der eigenen Literatursammlung vier Bücher verwendet.
Die online Recherche über Pubmed ergab nach Änderung mit den Suchbegriffen „learning AND memory AND olfactory AND taste IN humans NOT disease“ insgesamt 68 Artikel. Die Artikel beziehen sich auf die Untersuchung bei Menschen und es handelt sich um randomisierte Studien. Einige der Ergebnisse waren mit dem Hintergrund von Erkrankungen und daher nicht verwendbar. Studien, die sich auf den Unterschied zwischen weiblich und männlich bezogen, sowie die Untersuchung von Einschränkungen des neurologischen, olfaktorischen, psychischen Systems und die Schlafforschung wurden über die Überschriften und teilweise über die ersten Sätze des Abstracts aussortiert. Artikel, die im späteren Verlauf aussortiert wurden, konnten aufgrund stark unterschiedlicher Studiendesigns oder fehlender Messbarkeit der Ergebnisse nicht miteinander verglichen werden.
Über Livivo wurde mit den Begriffen: Neuroanatomy AND learning AND olfactory system AND memory IN humans im Bereich Medizin und Gesundheit gesucht. Da die Suche mit den Begriffen, die zuvor bei Pubmed verwendet wurden, ergaben keine verwendbaren Artikel. Insgesamt ergab dies 45 Ergebnisse. Nachdem die Bücher und Artikel mit Erkrankungen und Tierversuchen aussortiert wurden, waren drei sinnvoll. Die Bücher wurden über die Landesbibliothek zur Fernleihe bestellt. Die Studien konnte über Google Scholar eingesehen werden.
Nachdem die Abstracts der gefundenen Artikel genauer analysiert wurden, stellten sich unterschiedliche Studiendesigns dar. Auf Grundlage dessen wurde nochmals eine Recherche über Livivo, Pubmed und Google Scholar durchgeführt. Die Suche mit den Keywords: UPSIT AND fMRT AND olfactometer NOT disease ergab über Livivo und Pubmed keine Ergebnisse. Die Suche wurde bei Google Scholar mit der Eingabe: „olfactometer fMRI smell autobiographical memory cortex -elderly -teenagers –disease“ verfeinert. Zusätzlich wurden die Artikel ab dem Jahr 2015 herausgefiltert und Zitate ausgeschlossen. Diese verfeinerte Suche ergab 15 Artikel, wovon drei Artikel sinnvoll waren:
Im Weiteren wurden folgende Ausschlusskriterien angewandt: Tierversuche, Untersuchungen, die sich auf Unterschiede aufgrund des Geschlechts bezogen, Studien mit Teenagern, Schwangeren, Senioren und beeinträchtigten Probanden, der Bezug auf physische und psychische Erkrankungen, Schlafforschung, Untersuchungen die sich nicht auf das Lernen und Gedächtnis bezogen haben, Studiendesigns ohne fMRT und Olfactometer und Marketingstudien.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 4 modifiziertes Flowchart zur Darstellung der Recherche nach PRISMA (Moher et al, 2009)
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Tabelle 1 Suchstrategien
An der Studie von Karunanayaka et al. nahmen 19 Probanden teil, elf weibliche und acht männliche, im Alter von durchschnittlich 27 Jahren +/- 6 Jahren. Alle Probanden wurden auf Erkrankungen untersucht und hatten keine Beeinträchtigungen. Die Riechfunktion der Probanden wurde mittels UPSIT überprüft. Als kombinierter Test wurde ein Olfactometer mit Lavendelduft und einer konstanten Luftstromrate von 8 L/min verwendet. Dieses Aroma wurde ausgewählt, da es den N. trigeminus nur gering stimuliert und den meisten Probanden ihn als angenehm und bekannt empfinden. Der Duft wurde in Form eines Öls mit den Intensitäten schwach (0,032 %), mittel (0,10 %), stark (0,32 %) und sehr stark (1,0 %) eingesetzt. Die Probanden erhielten währenddessen eine visuelle Ateminstruktion. . Jede Intensität wurde dreimal wiederholt. Die Probanden hielten dabei zwei Knöpfe in den Händen, in der linken einen Knopf für die Antwort, dass sie nur eine visuelle Reizung bekommen und in der rechten Hand für die Kombination aus visuellem und olfaktorischem Reiz. Zusätzlich wurde die Atmung der Probanden über einen Brustsensor gemessen, da die Probanden der Ateminstruktion folgen und nicht aktiv riechen sollten. Teilnehmer, die zu 95 % dem Atemmuster entsprachen wurden in die Studie inkludiert. Die Daten wurden unter Verwendung der SPM8-Software vom neurologischen Institut in Montreal analysiert. Zuletzt wurde die ROIs-Analyse durchgeführt, wobei die Bereiche des Gehirns und ihre Verbindung beurteilt wurden, welche für die Problematik relevant waren, darunter der Hippocampus, die Insula und der orbitofrontale Kortex. Die Studie bezieht sich auf den Kontext zwischen visuellem und olfaktorischem Stimulus im Kurzzeitgedächtnis. Das BOLD Signal in den ROI´s ist stärker als in anderen Gehirnarealen und der Weg von Reizen des olfaktorischen Systems bis zum Gedächtniskomplex kann durch das verstärkte Signal im fMRT nachvollzogen werden. In der Versuchsreihe mit Duft stellte man ein eine höhere Aktivität für explizite und implizite Erinnerung fest (Karunanayaka et al, 2015).
Bei der Studie von Watanabe et al (2018) wurden 17 männliche Probanden aus 30 Freiwilligen anhand eines Prätests ausgewählt. Alle waren gesund, Rechtshänder und hatten ein Durchschnittsalter von 36 Jahren +/- 5,6 Jahren.
Im ersten Teil der Studie wurden den Probanden olfaktorische Stimuli über einen Olfactometer präsentiert. Es wurden elf Düfte verwendet: Tatami, Pyrethrum, Osmanthus, Rose, Cypresse, Räucherstäbchen, eine antiseptische Lösung, Campher, Babypuder, Citrus und Feuerwerk. Drei dieser Düfte waren „autobiographical memory odors“, kurz AM-Düfte. Tatami, Osamanthus und Babypuder wurde von zwanzig Probanden angegeben, dass sie eine autobiographische Erinnerung hervorgerufen hätten. Diese drei Düfte und zwei Kontrolldüfte, PEA und Kamille, wurden den Probanden präsentiert und ein fMRT wurde erstellt. Bei den Kontrolldüften wurde in einer vorangegangenen Studie festgestellt, dass diese keine Erinnerungen hervorrufen, was sich in dieser Studie bestätigt. Die Probanden beantworteten nach der Selektion aus den elf Düften Fragen zur Art der Erinnerung.
Nachdem der fMRT Scan mit den drei AM Düften und den zwei Kontrolldüften durchgeführt wurde, gaben die Probaden an, ob der Duft und die Erinnerung angenehm war und wie lebendig es war. Der fMRT Scan wurde in zwei Phasen geteilt. Eine Phase mit Duft, den AM-Gerüchen und den Kontrolldüften sowie eine Phase ohne Duft mit je 30 Sekunden. Das heißt, es wurden zwei Phasen mit je fünf mal 30 Sekunden aufgenommen, die jeweils durch fünf Sekunden Pause unterbrochen wurden. Die Probanden sollten während des gesamten Versuches normal durch die Nase ein- und ausatmen. Der Luftdruck bei der Inhalation und Exhalation wurde, wie bei der Durchführung eines SMT mit einem piezoelektrischen Druckwandler gemessen. Zusätzlich wurde bei 7 von 17 Probanden eine Kapnometrie durchgeführt um den CO2-Gehalt in der ausgeatmeten Luft (ETCO2) zu bestimmen. Während den Aufnahmen im fMRT waren die Probanden an einen Echokardiographen angeschlossen.
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