Bachelorarbeit, 2019
33 Seiten, Note: 0,0
Abstract A
Einleitung und Explanandum: Ein Hegemonialkonflikt zwischen den USA und China
Forschungsparadigma: Die Falle des Thukydides
Die Struktur hegemonialer Kriege
Das Thucydides’s Trap Project der Harvard University
Von Thucydides’s Trap zur Erstellung eines Forschungsdesigns
a) Ermittlung und Auswahl der unabhängigen Variablen
b) Auswahl der zu vergleichenden Fälle
Zusammenfassung des Forschungsdesigns
Analyse: Amerikanische und chinesische Hegemonialkonflikte seit 1945
Hohe Interdependenz
Rüstungsregulierung
Bündnissystem.
Innenpolitische Faktoren und interkulturelle Kompetenz
Unterschätzung der Kriegsgefahr
Gelegenheit zum Kompromiss
Zusammenfassung der Analyseergebnisse
Ausblick: Ein Hegemonialkonflikt zwischen den USA und China?
China als Bedrohung
China als Chance
Weltordnung
Resümee: So entkommen die USA und China der Falle des Thukydides
Literaturverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
In recent years, a new Sino-US confrontation has increasingly been discussed among scholars of international relations and political science. China’s role, so the claim, will continue to rise throughout the 21st century and thus question the established world order with the USA as leading power. A question that often emerges is whether this development will take place peacefully. Indeed, the Chinese-American challenge comes at a time when the United States is pursuing an increasingly self-oriented policy, when China is showing an ever more blatant disinterest in Western values and international norms, and when no day goes by in Europe without a sensational warning of the danger from the Far East. Multilateralism and the good will declarations of the “post post-war-era” seem to be under threat, and international relations as a whole in a state of upheaval.
On this basis, this paper examines the factors that could fuel a hegemonic conflict between the United States and China. Drawing on the Thucydides’s Trap Study by Graham Allison and his disciples (Allison 2017), the thesis in a first step seeks to determine causal factors for hegemonic wars and establish a research paradigm with five independent variables and two comparable cases. In a second step, the thesis attempts to test these variables in an analysis of US and Chinese hegemonial conflicts since 1945. The comparison serves as basis for the thesis’ final assessment of the possibilities of continued Sino-US tensions, as well as some speculations about the future prospect of international order resulting of the new dynamics.
The thesis concludes that sole regressive analysis is an insufficient tool to draw parallels from history to the future shape of international relations, and potential hegemonic conflicts. While there is no mono-causal answer to the challenges of Sino-US relations, the thesis advocates a more holistic approach to escape the logics of great power competition. Whereas some structural “reasons”, as preconditions for international relations, seem unchangeable, single events that “spark” international conflicts are not. In this sense, Thucydides’s Trap is not an inevitable future, but a scenario that must (and can) be prevented. The thesis argues that the emergence from Thucydides’s dead end must be a duet, not a duel, in which all parties embrace a new order. To this end, the thesis considers itself as humble contribution to the debate and provides some policy advice in the form of six general recommendations.
„Präsident Obama und ich waren beide der Ansicht, dass China und die USA angesichts der raschen Entwicklung der wirtschaftlichen Globalisierung und der objektiven Realität, dass alle Staaten letztlich in einem Boot sitzen, auch einen neuen Weg einschlagen sollten, der sich von den Konflikten und Konfrontationen der Großmächte in der Vergangenheit absetzt.“ Xi Jinping auf einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Barack Obama, 7.6.2013.1
Seit einiger Zeit wird in wissenschaftlichen und politischen Kreisen eine chinesisch-amerikanische Konfrontation diskutiert. Chinas Rolle, so die These, werde im 21. Jahrhundert an Bedeutung zunehmen und die gewohnte Weltordnung mit den USA als Führungsmacht in Frage stellen. Die dabei oft mitschwingende Frage ist, ob dieser Wandel friedlich ablaufen wird. So fällt die chinesisch-amerikanische Herausforderung in eine Zeit, in der die USA eine zunehmend eigennützige Politik verfolgen, China ein immer eklatanteres Desinteresse an westlichen Werten und internationalen Normen zur Schau trägt und auch in Europa kein Tag vergeht, an dem nicht mit teils reißerischem Tonfall vor einer Gefahr aus Fernost gewarnt würde. Der Multilateralismus und die guten Absichtserklärungen der Vergangenheit scheinen gefährdet, die internationalen Beziehungen insgesamt im Umbruch.
Ausgehend davon untersucht diese Arbeit die Faktoren, die einen Hegemonialkonflikt zwischen den USA und China befördern könnten. Für diesen Konflikt ergeben sich Szenarien, die vom Austausch diplomatischer Verbalnoten über einen tödlichen Zusammenstoß2 bis zu einem bewaffneten Konflikt reichen. Die klassischen Mittel der Feststellung des „Aggregatzustands“ bilateraler Beziehungen, die Erklärung von Krieg und die Verkündung von Frieden, scheinen jedoch in Zeiten von Cyberwarfare und Handelskriegen zu kurz zu greifen.3 In Vergleichsfällen war die Eskalationsschwelle allerdings meistens erreicht, wenn ein Angriff auf wirtschaftliche oder militärische Ziele menschliche Opfer forderte. Für die Untersuchung dieser Arbeit ist somit die Feststellung einer Aggressionshandlung als Indikator ausreichend.
Abbildung 1: Definition der abhängigen Variablen
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Bereits Thukydides (5.-4. Jh. v. Chr.) untersuchte die Auswirkungen von Hegemonialstrukturen auf Krieg und Frieden.4 Sein empirisches Betrachtungsfeld war der Peloponnesische Krieg, über dessen Zustandekommen er feststellte:
„Für den eigentlichen Grund, der zum Kriegführen trieb, halte ich den Aufstieg Athens und die Furcht, die dieser bei den Spartanern auslöste“.5
Diese Einschätzung stellt einen wegweisenden Hinweis für die Erforschung hegemonialer Kriege dar, die im 20. Jh. von der Politikwissenschaft aufgegriffen wurde. Nach wie vor stellen hegemoniale Rivalitäten eines der Ordnungsprinzipien der iB dar, da ihre Dynamik u.a. von der Machtverteilung zwischen den Staaten abhängt (Gilpin 1988, S. 591). Auch wenn es neben „Macht“ weitere Interaktionsmuster geben mag, lassen sich aus dieser Feststellung zwei Schlussfolgerungen ziehen: Hegemonialkriege werden einerseits nicht durch einzelne Persönlichkeiten in Machtpositionen hervorgerufen, sondern durch fundamentale Veränderungen im System der iB und somit strukturelle Bedingungen (Gilpin 1988, S. 592). Wenn andererseits ein derartiger Status der Veränderung erreicht ist, kommt es wiederum auf die Entscheidungsträger in den Schlüsselpositionen an, einer Eskalation friedensbewahrend entgegenzuwirken (vgl. Gilpin 1988, S. 593).
Das jüngste Kapitel der wissenschaftlichen Beschäftigung mit dem von Thukydides beschriebenen Mechanismus stellt das Thucydides’s Trap Project der Universität Harvard dar.6 Dieses untersucht globale und regionale Hegemonialstrukturen der vergangenen 500 Jahre und analysiert die Ursachen, die darüber entscheiden, ob es zwischen einer rising power und einer ruling power zu einem Hegemonialkrieg kommt. Dabei stützt es sich methodologisch auf die führenden Untersuchungen aus Geschichts- und Politikwissenschaft.7 Als unabhängige Variable fungiert ein “rapid shift in the balance of power (correlation of forces) between a major ruling power and a rising rival that could displace it” (Harvard 2019). Die davon abhängige Variable ist „Krieg“, der nach dem Correlates of War Project als bewaffneter Konflikt mit mindestens 1000 Opfern im Jahr definiert wird.8
Abbildung 2: Übersichtstabelle der im Thucydides’s Trap Project untersuchten Vergleichsfälle
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Hintergrund der Harvard-Studie ist das Bestreben, mittels „applied history“ aus der Geschichte Lehren für die Vermeidung einer Konfrontation zwischen den USA und China zu ziehen (Allison 2017). Dass in 12 von 16 vergleichbaren Situationen der Aufstieg der einen Macht auf Kosten einer zweiten Macht nicht friedlich bewerkstelligt werden konnte, bestätigt in Allisons Analyse die Lehre des Peloponnesischen Kriegs: „When a rising power threatens to displace a ruling power, alarm bells should sound: danger ahead.“ (Allison 2017, S. VII).
Durch die Gesamterfassung historischer Hegemonialstrukturen ergibt sich ein theoretisches Grundgerüst für die Frage, wie sich Machtrivalitäten entschärfen und Hegemonialkriege vermeiden lassen. Die Antwort darauf liefern folgende zwölf Faktoren, die als sog. „clues for peace“ bezeichnet werden (Allison 2017, S. 190-213):
1. Higher authorities can help resolve rivalries without war.
2. States can be embedded in larger economic, political, and security institutions that constrain historically “normal” behaviors.
3. Wily statesmen make a virtue of necessity – and distinguish needs and wants.
4. Timing is crucial.
5. Cultural commonalities can help prevent conflict.
6. There is nothing new under the sun – except nuclear weapons.
7. MAD 9 really does make all-out war madness.
8. Hot war between nuclear superpowers is thus no longer a justifiable option.
9. Leaders of nuclear superpowers must nonetheless be prepared to risk a war they cannot win.
10. Thick economic interdependence raises the cost and thus lowers the likelihood of war.
11. Alliances can be a fatal attraction.
12. Domestic performance is decisive.
Die historische Gesamtaufnahme stellt die größte Leistung, für die konkrete Applikation auf die Konstellation USA-China jedoch zugleich die größte Schwachstelle der Untersuchung dar.10 Um genauere Rückschlüsse auf die Ursachen von (zu vermeidenden) Spannungen zwischen den USA und China ziehen zu können, bedarf es somit einer schärferen Faktoranalyse und eines passenderen Vergleichsrahmens zur Gewinnung der determinierenden Faktoren.11
Während im Thucydides’s Trap Project die einzige unabhängige Variable einem sich verschiebenden Machtgleichgewicht entspricht, das – so das Ergebnis – einen in den meisten Fällen zu Krieg führenden Automatismus zur Folge hat, bleiben die Hintergründe dieses Mechanismus ungeklärt.12 Die Hypothese dieser Arbeit ist jedoch, dass sich aus den auf 500 Jahren Hegemonialgeschichte beruhenden „Clues for Peace“ Rückschlüsse über das Zustandekommen eines Hegemonialkonflikts mit seinem meist bewaffneten Ausgang ziehen lassen. Durch dieses regressive Vorgehen wird eine politikwissenschaftliche Untersuchung der geschichtlichen Ausgangslage möglich, die zunächst die Wirkungsbestandteile von Thucydides’s Trap (unabhängige Variablen) analysiert, und diese im Anschluss auf die für das heutige Verhältnis zwischen den USA und China reduziert. Vor dem gleichen Hintergrund gilt es in einem zweiten Schritt, das Feld derjenigen Fälle zu überprüfen, die aus dem bestehenden Kanon sinnvollerweise für einen Differenzvergleich herangezogen werden können, dessen Ergebnis für eine konkrete Beantwortung der Problemlage im 21. Jh. relevant ist.
Abbildung 3: Struktur der vorliegenden Arbeit und Verhältnis zur Gesamtfragestellung
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Mit den zwölf „Clues for Peace“ als Ausgangslage lassen sich unabhängige Variablen für die Frage gewinnen, wovon der Ausgang eines Hegemonialkonflikts abhängt. Dazu müssen die „Clues for Peace“ in unabhängige Variablen umformuliert werden. Bei dieser Transformation berücksichtigt die Interpretation der „Clues for Peace“ in erster Linie die sie generierenden Hypothesen und folgt somit den Ergebnissen der Harvard-Studie (Allison 2017, S. 190-213). Zugleich werden die Variablen systematisiert und Vorschläge für ihre Messung erarbeitet.
“Higher authorities can help resolve rivalries without war.”
Variable 1: Milderung der Anarchie durch eine beidseitig respektierte höhere Instanz
Viele bewaffnete Konflikte lassen sich mittelbar auf die Anarchie des internationalen Systems zurückführen, womit die Abwesenheit einer sanktionsbewährten Zentralgewalt gemeint ist, die einen beliebigen Staat gegen dessen Willen zur Aufgabe seiner Kriegspläne zwingen könnte. In den historisch seltenen Momenten des Auftretens einer solchen höheren Macht kann diese jedoch kriegshemmend auf die Konfliktparteien einwirken. Die Sanktionskompetenz dieser höheren Macht kann dabei wirtschaftlich, religiös oder auch rein machtpolitisch legitimiert sein.13 Im letztgenannten Fall ergeben sich Parallelen zum Verhältnis zwischen einem Hegemon und einer ihm untergeordneten Macht. Für Thucydides’s Trap muss diese Konstellation damit aber naturgemäß eine Ausnahme bleiben, da genau das machtpolitische Moment in Frage steht. Von der Selbstgenügsamkeit ihres militärischen, wirtschaftlichen und politischen Potenzials überzeugte Staaten streben tendenziell nach einer möglichst geringen Einhegung ihrer Fähigkeiten. So muss schlussendlich für das gegenwärtige Verhältnis der USA und Chinas konstatiert werden, dass es eine beidseitig respektierte höhere Macht, die über eine von ihnen unabhängige sanktionsbewährte Zentralgewalt verfügte,14 schlicht nicht gibt. Für die Forschungsfrage nach (realen) Möglichkeiten, eine Konfrontation zwischen den USA und China zu verhindern, kann diese Variable somit nicht berücksichtigt werden.15
“States can be embedded in larger economic, political, and security institutions that constrain historically ‘normal’ behaviors.”
“Thick economic interdependence raises the cost and thus lowers the likelihood of war.”
Variable 2: Verringerung des Konfliktrisikos durch eine hohe Interdependenz
Laut der institutionalistischen Regimetheorie relativieren enge zwischenstaatliche Verflechtungen und wechselseitige Abhängigkeiten das internationale Sicherheitsdilemma (Keohane und Nye 1977). Die „normalerweise“ entscheidende militärische Macht tritt dabei gegenüber wirtschaftlicher Macht in den Hintergrund, sodass eine an wechselseitigen Gewinnen (absolute gains) orientierte Kooperation ermöglicht wird. Um die Kosten für wiederholte „Deals“ zu senken, rufen Staaten internationale Institutionen mit festen Regeln ins Leben (Schneiker 2017, S. 29). Da die Verletzung dieser expliziten wie impliziten Regime (Krasner 1982, S. 186) mit Kosten verbunden ist, haben alle beteiligten Akteure ein Interesse an ihrer Aufrechterhaltung. Dieser befriedende Mechanismus der Interdependenz lässt sich auch im Verhältnis rational agierender Hegemonialrivalen beobachten, wobei hier eine positive Prognose der Handelsbeziehungen das entscheidende Kriterium ist (Copeland 2015).16
“Wily statesmen make a virtue of necessity – and distinguish needs and wants. Timing is crucial.”
Variable 3: Friedlicher Übergang durch Erkennen der Gelegenheit zum Kompromiss
Hegemonialkonflikte werden durch fundamentale Veränderungen im System der internationalen Beziehungen hervorgerufen (Gilpin 1988, S. 592). Daraus folgt, dass das Auftreten solcher Konflikte streng genommen eine unweigerliche Folge der historischen Unbeständigkeit der globalen Machtverteilung ist. In diesem Sinne wäre mithin weniger danach zu fragen, wovon abhängt, ob es zu einem Hegemonialkonflikt kommt, sondern wovon abhängt, ob ein Hegemonialkonflikt eskaliert.17
In einer Situation, in der ein sich strukturell zuspitzender Hegemonialkonflikt vorliegt, kommt es somit auf die jeweilige policy der jeweiligen Parteien an, um ihn zu verhindern. Dabei fällt dem Zeitpunkt der Einleitung/Aufhebung einer Agenda die entscheidende Rolle zu, da von ihm abhängt, wie sich diese Agenda vor dem Hintergrund der sich zeitlich ebenfalls verschiebenden strukturellen Grundbedingung auswirkt.18 Das Resultat ist eine zumindest phasenweise auftretende Wechselwirkung aus strukturellem Hegemoniekonflikt und nicht-struktureller politischer Agenda der Staaten. Diese kann sich im konkreten Fall als Störvariable auf die Strukturvariablen auswirken.
“Cultural commonalities can help prevent conflict.”
Variable 4: Verringerung des Konfliktrisikos durch interkulturelle Kompetenz
In seinem Hauptwerk geht der viel diskutierte Strategieberater Samuel Huntington davon aus, dass die gefährlichsten der zukünftigen Konflikte wahrscheinlich nicht länger zwischen verschiedenen weltanschaulichen Ideologien oder sozioökonomischen Klassen, sondern zwischen zivilisatorisch definierten „Kulturen“ stattfinden würden (Huntington 2011, S. 30). Ungeachtet kulturwissenschaftlicher Ungenauigkeiten und soziologischer Verallgemeinerungen19 trägt diese Argumentation eine auch in der konstruktivistischen IB-Wissenschaft als „othering“ bekannte These vor (Wendt 1999), laut der zur Stiftung von Identität eine Abgrenzung des Eigenen gegenüber Fremdem vorgenommen werden müsse (Huntington 2011, S. 26).
Die Gründe für interkulturelle Konflikte müssen dabei keineswegs „zivilisatorischer“ Natur sein, sondern können auch in der Vermeidung nicht wahrgenommener Missverständnisse bestehen (vgl. Allison 2017, S. 144-150). Auch ohne eine signifikante Korrelation der Merkmale „kulturelle Gemeinsamkeit“ und „Kriegsabneigung“ festgestellt zu haben, lässt sich aus dem Befund der Umkehrschluss ziehen, dass eine (perzipierte) kulturelle Nähe das Eskalationsrisiko zwischen den Konfliktparteien verringern könnte. Zwar wird im konkreten Fall zu diskutieren sein, ob ein potenzieller Hegemonialkonflikt zwischen den USA und China wirklich eine kulturelle Komponente besitzt, oder ob es sich nicht doch eher um einen „Wettstreit der Systeme“ handelt. Dass zwischen den USA und China maßgebliche, auch strategiepolitisch relevante20 kulturelle Unterschiede bestehen ist hingegen unbestritten. Diese können von interkulturell geschulten Entscheidungsträgern konfliktminimierend genutzt werden.
“There is nothing new under the sun – except nuclear weapons.
Hot war between nuclear superpowers is thus no longer a justifiable option.”
Variable 5: Steigerung des Kriegsrisikos durch Unterschätzung der Konfliktgefahr
Das Aufkommen von Nuklearwaffen in der Mitte des 20. Jh. hat Jahrhunderte von Kriegführung revolutioniert, wobei die Auswirkungen auf Hegemonialkonflikte keineswegs klar sind (Gilpin 1988, S. 610). Einerseits scheinen Nuklearwaffen direkte bewaffnete Konflikte zwischen nuklearen Großmächten einzuhegen, da im Zweifelsfall selbst ein mit konventionellen Waffen geführter Konflikt unkontrolliert in einen Nuklearkrieg ausarten kann (Gilpin 1988, S. 612), was sich im Datensatz des Thucydides’s Trap Project widerspiegelt.21 Andererseits werden Hegemonialkonflikte durch die Strukturen des internationalen Systems hervorgerufen, die sich allein durch das Aufkommen von Nuklearwaffen nicht grundlegend geändert haben (Gilpin 1988, S. 611). Somit ergibt sich für den Einfluss von Nuklearwaffen auf Hegemonialkonflikte eine Gleichung mit Wechselwirkung, in der die Tendenz einer Befriedung seit 1945 einer unveränderten Struktur der iB22 gegenübersteht.23
[...]
1 Gesamter Wortlaut abgedruckt in Xi 2014, S. 341 ff.
2 Definition nach: https://www.gjopen.com/questions/1055-will-there-be-a-lethal-confrontation-in-the-south-or-east-china-sea-between-the-military-forces-militia-or-law-enforcement-personnel-of-china-and-another-country-before-1-january-2020, zul gep. am 27.03.2019.
3 Die abh. Var. „Konflikt“ steht zudem in einem Spannungsfeld zwischen den geschichtlichen Mustern „Krieg“ und „Frieden“ und ihren heutigen Chiffren, die das gleiche teilweise anders benennen. Daher muss eine Mittelkategorie gewählt werden, die historisch gesehen „Krieg“ bedeutet, deren Ausgestaltung aber der wohlwollenden Erwägungsmacht der jeweiligen Entscheidungsträger überlassen werden sollte.
4 Zwar nennt Thukydides das Wort ἡγεμονία (=Anführerschaft) nicht beim Namen, doch ist seinen Lesern die Machtkonstellation zwischen einem aufstrebenden Athen und einem dominierenden Sparta bewusst. Diese führte 431 v. Chr. zum Ausbruch des Peloponnesischen Krieges.
5 Thukydides: „Geschichte des Peloponnesischen Krieges“, Buch I, 23 (6): Τὴν μὲν γὰρ ἀληθεστάτην πρόφασιν, ἀφανεστάτην δὲ λόγῳ, τοὺς Ἀθηναίους ἡγοῦμαι μεγάλους γιγνομένους καὶ φόβον παρέχοντας τοῖς Λακεδαιμονίοις ἀναγκάσαι ἐς τὸ πολεμεῖν· (…).
6 Vgl. https://www.belfercenter.org/thucydides-trap/case-file, zul. gep. am 27.03.2019.
7 Vgl. https://www.belfercenter.org/thucydides-trap/thucydides-trap-methodology, zul. gep. am 27.03.2019.
8 Vgl. http://www.correlatesofwar.org/data-sets/COW-war, zul. gep. am 27.03.2019.
9 Abkürzung für “mutually assured destruction”.
10 Die von Allison und seinen MitarbeiterInnen ermittelten Faktoren beantworten die Frage „Wovon hängt im Allgemeinen ab, ob Hegemonialkonflikte gewaltsam ausgetragen werden?“. Darauf aufbauend werden in „Destined for War“ mit dem Erfahrungsschatz der letzten 500 Jahre sowohl Strategievorschläge für den Umgang mit einem aufstrebenden China erarbeitet (Allison 2017, S. 221-231) als auch abstrakte Handlungsempfehlungen angeboten (Allison 2017, S. 235-240).
11 In diesem Sinne empfiehlt es sich, die dem „Westen“ von Allison selbst verordnete „Pause zur Reflexion“ (Allison 2017, S. 214) für eine Anreicherung der vorliegenden Untersuchungsdaten um einige Analysewerkzeuge zu nutzen.
12 Für die Beantwortung der Fragestellung des Thucydides’s Trap Project mag das ausreichend erscheinen, nicht jedoch für die Anwendung seiner Ergebnisse auf China/USA.
13 In Beispiel die katholische Kirche zwischen Portugal und Spanien.
14 Der UN-Sicherheitsrat, der unter bestimmten Voraussetzungen rechtsverbindliche Resolutionen erlassen kann, könnte diese Rolle theoretisch einnehmen. Jedoch sind sowohl die USA als auch China SC-Vetomächte.
15 Hier in erster Linie keine Prognose, sondern Frage nach beeinflussbaren – und somit existenten – Ursachen.
16 Für die Messung der Interdependenz sind daher ökonomische Größen, wie etwa die Summe ausländischer Direktinvestitionen, die bilaterale Handelsbilanz, oder die Staatsverschuldung, die wichtigsten Indikatoren. Diese können in Relation zu anderen bilateralen Verhältnissen gesetzt werden, um ihre Bedeutung für die jeweiligen Staaten zu ermitteln.
17 Fragestellung der Arbeit zielt auf diese letztere Frage ab. Das Auftreten eines Konflikts auf internationaler Bühne kann in polit-praktischer Sicht bereits als dessen teilweise Eskalation gedeutet werden, auch wenn eine rein theoretische Einordnung diesbezüglich feinere Abstufungen auftreten ließe.
18 Beispiele Allison erklären. Nötiges erkennen, keinen Utopien nachjagen. UK und USA vor WWI.
19 Insbesondere in Westeuropa wird nachvollziehbares Unbehagen an Huntingtons publizistischer Vorgehensweise geäußert und seine Thesen als konfliktschürend zurückgewiesen. Diese Kritik scheint auch dem Autor dieser Arbeit in weiten Teilen angebracht. Dabei sollte allerdings nicht außer Betracht gelassen werden, dass seine einer verkürzten Darstellung entgegenstehende Analyse von großen Teilen insb. der nordamerikanischen Politikwissenschaft als Argumentationsgrundlage anerkannt wird.
20 Vgl. Allison 2017, S. 141.
21 Es lässt sich eine klare Trendwende in der Ausprägung der abhängigen Variablen beobachten. Seit 1945 kam es zu keiner Konflikteskalation zwischen zwei globalen Kontrahenten. Einen gewaltsamen Hegemonialkonflikt zwischen zwei Nuklearmächten hat es somit noch nie gegeben.
22 Vgl. die bereits zuvor geschilderte ausscheidende Rolle des UN-Sicherheitsrates für einen Konflikt zwischen den USA und China.
23 Konkret kann der Befriedungstendenz durch die Rahmensetzung der Vergleichsfälle entsprochen werden, sodass in der vorliegenden Untersuchung die trügerische Stabilitätswirkung von Nuklearwaffen durch eine Störvariable ausgedrückt werden kann. Somit gibt es zwar eine Tendenz zur Nicht-Eskalation von Nuklearkonflikten, durch die Unterschätzung des strukturellen Potenzials hegemonialer Auseinandersetzungen kann sich deren Risiko aber nuklear vervielfältigt steigern.
Der GRIN Verlag hat sich seit 1998 auf die Veröffentlichung akademischer eBooks und Bücher spezialisiert. Der GRIN Verlag steht damit als erstes Unternehmen für User Generated Quality Content. Die Verlagsseiten GRIN.com, Hausarbeiten.de und Diplomarbeiten24 bieten für Hochschullehrer, Absolventen und Studenten die ideale Plattform, wissenschaftliche Texte wie Hausarbeiten, Referate, Bachelorarbeiten, Masterarbeiten, Diplomarbeiten, Dissertationen und wissenschaftliche Aufsätze einem breiten Publikum zu präsentieren.
Kostenfreie Veröffentlichung: Hausarbeit, Bachelorarbeit, Diplomarbeit, Dissertation, Masterarbeit, Interpretation oder Referat jetzt veröffentlichen!
Kommentare