Bachelorarbeit, 2019
60 Seiten, Note: 1,0
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
1 Problemstellung, Zielsetzung und Aufbau der Arbeit
2 Familienunternehmen in Deutschland
2.1 Definition Mittelständische Familienunternehmen
2.2 Definition Familienunternehmen
2.3 Das Drei-Kreis-Modell
3 Nachfolgemodelle
3.1 Familieninterne Nachfolge
3.2 Fremdmanagement
3.3 Unternehmensunabhängigkeit
3.4 Unternehmensverkauf
4 Herausforderungen im Nachfolgeprozess
4.1 Herausforderungen Senior und Junior
4.2 Herausforderungen durch negative Wechselwirkungen
4.3 Mehrere Nachfolgekandidaten
4.4 Wenn die Eignung vorhanden ist, das Interesse aber nicht
4.5 Fallbeispiel – Trumpf GmbH & Co. KG
5 Expertenbefragung
5.1 Kontaktaufnahme
5.2 Interviewleitfaden
5.3 Interviewdurchführung
5.4 Datenauswertung
6 Ergebnis der Expertenbefragung
6.1 Zielsetzung
6.2 Zeitpunkt der Nachfolge
6.3 Identität des Seniors
6.4 Empfinden von Gerechtigkeit
6.5 Legitimation des Juniors
6.6 Kommunikation als Herausforderung
7 Schlussbetrachtung
Literaturverzeichnis
Anhang
Abbildung 1: Überblick Anteile von Familienunternehmen in der deutschen Volkswirtschaft
Abbildung 2: Die Beziehungen zwischen Familie, Unternehmen und Eigentum.
Abbildung 3: Überblick zu Übergabemotiven
Abbildung 4: Überblick zu Nachfolgealternativen
Tabelle 1: Einsatzarten eines Fremdmanagements
Tabelle 2: Herausforderungen für Senior und Junior
Tabelle 3: Überblick zu Geschlecht und Position des Experten
Tabelle 4: Herausforderungen Senior und Junior nach Experteninterview
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Ein Großteil der Unternehmer der Nachkriegszeit sieht sich in den nächsten Jahren mit der Herausforderung konfrontiert, ihr Unternehmen an die nächste Generation weiterzugeben.1 Dabei kann der Prozess der Nachfolge in Familienunternehmen mitunter zu einer existenzbedrohenden und kritischen Situation führen. Und obwohl es allgemein bekannt ist, scheuen sich viele Familienunternehmen dennoch vor einer frühzeitigen Planung der Nachfolge, um eine langfristige und professionelle Lösung zu erarbeiten.2 In diesem Kontext stellen „harte Faktoren“, wie finanzielle, rechtliche als auch steuerliche Aspekte eine nicht aus den Augen zu lassende Hürde dar. Oft bleiben „weiche Faktoren“ dabei jedoch außen vor oder werden nicht genügend berücksichtigt.3 Dazu zählen emotionale, psychologische und auch familiäre Perspektiven.4 Es sei gesagt, dass nicht nur kleine und mittlere Unternehmen, sondern auch Großunternehmen und Konzerne von dieser Problematik betroffen sind.5 Ursachen für derartige Probleme gibt es zuhauf. Nichtsdestotrotz können sich durch den Nachfolgeprozess in Familienunternehmen beachtlichen Chancen und Potentiale für das Unternehmens auftun.6 Im Laufe ihres Lebens investieren Unternehmer viel Engagement, Motivation sowie Kreativität und eine hohe Risikobereitschaft in ihr Unternehmen. Für viele bedeutet ihr Ausscheiden daher eine Aufgabe ihres eigenen Lebenswerkes, welches nun von einer anderen Person weitergeführt werden soll, die vielleicht andere Werte und Zielvorstellungen in der Unternehmensführung und -gestaltung verfolgt.7 Gleichzeitig bedeutet die Unternehmensweitergabe das Ausscheiden aus einem Lebensbereich, der das eigene Dasein maßgeblich geformt hat und mit dem sich der Unternehmer wesentlich identifiziert hat. In Familienunternehmen besteht meist der Wunsch nach einer familieninternen Nachfolge, sodass das Unternehmen in Eigentum und Führung im Besitz der Familie verharrt.
Das Ziel der Forschung ist es, einen Einblick zu erhalten, inwiefern es wichtig ist emotional/soziale Herausforderungen im Nachfolgeprozess von Familienunternehmen einer angemessenen Betrachtung zuzuwenden und wie im Hinblick darauf der Nachfolgeprozess gestaltet werden kann, um diesen als gelungen zu bewerten. Hierfür werden Experteninterviews durchgeführt und qualitativ aufbereitet. In diesem Zusammenhang lautet die forschungsleitende Fragestellung: „Welche Gestaltungsmöglichkeiten bieten sich für gelingende Nachfolgeprozesse von Familienunternehmen, im Hinblick auf emotionale und soziale Aspekte?“
Im ersten Kapitel wird zunächst die Situation von Familienunternehmen in der Bundesrepublik Deutschland dargestellt. Dazu werden die begrifflichen Grundlagen mittelständische Unternehmen und Familienunternehmen differenziert. Im weiteren Verlauf beschäftigt sich das zweite Kapitel mit typischen Nachfolgemodellen in Familienunternehmen, die einander gegenübergestellt werden. Das dritte Kapitel skizziert emotional/soziale Herausforderungen im Sinne des Seniors und Juniors. Schließlich werden weitere Herausforderungen anhand von Experteninterviews thematisiert und verglichen. Die Schlussbetrachtung fasst abschließend wesentliche Erkenntnisse dieser Arbeit zusammen.
Auf Grund der besseren Lesbarkeit wird in dieser Arbeit das generische Maskulinum verwendet. Dabei umfasst die gewählte Form sowohl männliche und weibliche als auch andere Geschlechteridentitäten.
Von rund 3,2 Mio. Unternehmen in Deutschland befinden sich 91% in Familienbesitz. Dabei sind sie in etwa zur Hälfte an den Gesamtumsätzen der Bundesrepublik beteiligt und schaffen Arbeitsplätze für ca. 57% der Beschäftigten.8 Von den rund 3,2 Mio. Unternehmen stellen nur ca. 0,3% Großunternehmen dar, anhand dessen lässt sich ableiten, welche tragende Rolle Familienunternehmen im deutschen Mittelstand darstellen.9
Abbildung 1 stellt den Anteil von Familienunternehmen zu Nicht-Familienunternehmen, den Anteil der Gesamtbeschäftigung sowie den Anteil des Gesamtumsatzes durch Familienunternehmen in Deutschland dar.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Überblick Anteile von Familienunternehmen in der deutschen Volkswirtschaft10
In der Bundesrepublik Deutschland findet häufig der Begriff der mittelständischen Familienunternehmen Anwendung. Für eine tiefergehende Beschreibung werden im Folgenden die Begriffe Mittelstand und Familienunternehmen differenziert.
Der Begriff mittelständisches Unternehmen umfasst sowohl kleine als auch mittlere Unternehmen. Um diese von großen Unternehmen differenzieren zu können wird häufig anhand der Höhe des Umsatzes, der Bilanzsumme und der Anzahl der Beschäftigten im Unternehmen festgestellt wie das Unternehmen zu definieren ist. Neben quantitativen Merkmalen sollten auch qualitative betrachtet werden, um eine aussagekräftige Typisierung zu gewährleisten.11 Merkmale hierbei sind, dass dem Eigentümer alle entscheidenden Führungs- und Leitungsfunktionen obliegen, in deren Ausübung er nicht dem Willen betriebsfremder Dritter unterworfen ist. Hinzukommend muss sich das Unternehmen zur Mehrheit in Personen-, Partner-, oder Familienbesitz befinden. Dabei ist zu beobachten, dass ein mittelständisches Unternehmen in der Regel eine Nische besetzt, in der es eine individuelle Nachfrage abdeckt und somit einen Großteil der Marktanteile in diesem Marktsegment hält.12 Wichtig ist dabei zu nennen, dass all diese Faktoren gemeinsam Einfluss nehmen und nicht ein Einzelner.
Familienunternehmen umfassen kleine-, lokale- und mittelständische Unternehmen sowie international tätige Weltmarktführer. Die Bezeichnung Familienunternehmen entstammt ursprünglich der Alltagssprache und bezeichnet dabei keine spezifische Rechtsform eines Unternehmens.13 In Familienunternehmen treffen zwei verschiedene Systeme mit unterschiedlichen Logiken aufeinander.14 Das System der Familie umfasst Familienmitglieder, Beziehungen, Emotionen und langfristige Entwicklungsprozesse. Wohingegen das System des Unternehmens Funktionen, Regeln und zukünftige Ertragserwartungen einschließt. Beide Systeme bilden damit einen Spannungsraum mit einerseits einer unkündbaren Personengruppe, die aus Mitgliedern der Familie gebildet wird und andererseits einer kündbaren Personengruppe, die als Mitarbeiter im Unternehmen tätig sind.15
Studien haben gezeigt, das Familienunternehmen in Bezug auf ihre wirtschaftliche Leistungskraft mit vergleichbaren Nicht-Familienunternehmen deutlich stärker sind.16 Das liegt vor allem daran, dass durch Familienmitglieder mit jeder Generation Kernkompetenzen und Erfahrungen über Markt und Branche weitergegeben werden. Gleichwohl bestehen dazu eine hohe Flexibilität, Verlässlichkeit und eine schnelle Entscheidungsfindung, was durch die gemeinsamen Interessen zwischen Management und Eigentümer zu begründen ist und was zweifelsohne zu einem Wettbewerbsvorteil führt. Dennoch ist eine größere Leistungskraft dadurch gewährleistet, weil der finanzielle Erfolg eines Familienunternehmens auf ein langfristiges Ziel ausgerichtet ist und sich nicht an Quartalsabschlüssen orientiert. Besonders sozio-emotionale Charakteristiken werden Familienunternehmen zugewiesen. So sind nicht-finanzielle Vermögenswerte bedeutend größer, als bei Nicht-Familienunternehmen. Durch die Identifikation und die gefühlsmäßige Verbundenheit zum Unternehmen nimmt dieser Vermögenswert zu.17 Laut einer Studie der Stiftung Familienunternehmen geben 76 % der befragten Personen an, dass eine erfolgreiche Unternehmensnachfolge an eine weitere Generation ein wichtiges Ziel darstelle. 72 % gaben an, dass eine sehr ausgeprägte emotionale Bindung zwischen den Familienmitgliedern herrsche und 79 % der Befragten sind sehr stolz Teil der Familie und des Familienunternehmens zu sein.18
Diese emotionale Bindung und der Zusammenhalt werden nicht nur von Familienmitgliedern, sondern auch von den Mitarbeitern des Unternehmens wahrgenommen, die einen menschlichen Umgang miteinander befürworten anstatt einem „Karrieregerangel“.19 Das hat auch Einfluss im Rahmen der Personalpolitik. So fühlen sich Mitarbeiter mit dem eigenen Unternehmen verbunden, was wiederum zu erhöhter Motivation führt, die nicht durch eine extra Belohnung eingekauft werden muss.20
Die Fachliteratur bietet eine große Vielfalt an Definitionsmöglichkeiten des Begriffs der Familienunternehmen.21 Eine korrekte Umschreibung ist daher schwierig.22 Für eine grobe Beschreibung können Familienunternehmen in der Regel anhand verschiedener Kriterien charakterisieren, die sie von Nicht-Familienunternehmen unterscheidet.
Solange das Kapital von der Familie bzw. einem engen Kreis von Personen aufgebracht wird und diese eine unternehmensleitende Funktion ausüben, handelt es sich, solange der Wille besteht, die Unternehmung der Familie zu erhalten bzw. den Kreis der Beteiligten klein zu halten, um eine Familienunternehmung.23 Die Mehrheit der Entscheidungsrechte müssen also im Besitz derjenigen Person sein, welche das Unternehmen gegründet oder erworben hat bzw. im Besitz des Ehepartners, dessen Kinder oder dessen Eltern.24 Dabei ist zu nennen, dass Familienmitglieder weder in die Geschäftsleitung noch in Beiräten sowie Ausschüssen oder in anderen Bereichen tätig sein müssen.25
Es lassen sich verschiedene Konstellationen von Familienunternehmen beobachten. Eine reine eigentumsgeführte Gesellschaft zeichnet sich durch Gesellschafter aus, die der Eigentümerfamilie angehören und die Geschäftsführung ausüben. Eine gemischte Geschäftsführung ohne Gleichrangigkeit besteht zum einen aus einer Geschäftsführung der Eigentümerfamilie und zum anderen aus einer familienfremden Geschäftsführung. Dabei ist zu beachten, dass der Vorsitz in der Geschäftsführung von einem Mitglied der Familie besetzt wird, wohingegen bei einer gemischten Geschäftsführung bei Gleichberechtigung der Fremdgeschäftsführer dasselbe Stimmrecht hat, wie der Gesellschafter. Die Fremdgeschäftsführung bedarf keines familieninternen Mitgliedes in der Geschäftsführung. Hier wird die Geschäftsführung ausschließlich durch eine familienexterne Geschäftsführung besetzt. Gesellschafter können nur über die Gesellschafterversammlung, einen Aufsichtsrat oder einen Beirat Einfluss ausüben.26
Abbildung 2 zeigt in einem Drei-Kreis-Modell die Beziehungen zwischen Familie, Unternehmen und Eigentum. Zu sehen sind sieben Felder denen einzelne Personen zugehörig sein können.27 Je nachdem welchem System eine Person angehört, ist der Status sowie die Beziehung zu anderen Personen unterschiedlich. Von Familienunternehmen zu Familienunternehmen ist dies anders, sodass sich diese an unterschiedlichen Positionen im Modell wiederfinden.28 Das Drei-Kreis-Modell unterstützt hier das Verständnis, wie der Standpunkt einer Person im System durch seine Positionierung beeinflusst wird und liefert einen bedeutenden Beitrag zur Problematik von Familienunternehmen.29
Die Systeme Familie, Unternehmen und Eigentum sind voneinander abgegrenzt und folgen ihrer eigenen Logik. So kann es vorkommen, dass kein Familienmitglied im Unternehmen operativ tätig ist, das Kapital befindet sich hingegen zu 100 % in eigener Hand oder mehrere Familienmitglieder arbeiten im Unternehmen, halten gemeinsam aber nur 60 % der Anteile des Unternehmens. 30 An den jeweiligen Schnittstellen der Systeme entstehen dementsprechend Spannungsräume, die sich sowohl positiv als auch negativ auf die Familien- und Unternehmensdynamik auswirken kön nen.31
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2: Die Beziehungen zwischen Familie, Unternehmen und Eigentum32
Im Folgenden soll darauf eingegangen werden, welche möglichen Nachfolgemodelle bei der Weitergabe eines Familienunternehmens in Betracht kommen. Heutzutage ist es nicht mehr gang und gebe, dass das Familienunternehmen von einem Nachkommen aus der eigenen Familie übernommen wird. Schlichtweg gibt es viele verschiedene Möglichkeiten, wie ein Unternehmen einen Generationenwechsel organisieren kann, sodass es auch in zukünftigen Perioden krisensicher und wirtschaftlich erfolgreich agiert. Insgesamt schafft nur rund ein Drittel aller Unternehmen den Schritt in die nächste Generation. 10% der zweiten Generation schafft es in die dritte und nur rund 5% aller Unternehmen gelingt die Weitergabe des Unternehmens in die vierte Generation. Hierbei ist zu nennen, dass selbst langjährig finanziell erfolgreiche Unternehmen sich nicht in Sicherheit wiegen können. Die Unternehmensnachfolge sollte deshalb stets kritisch betrachtet werden.33
Ein Nachfolger muss über spezifische Qualifikationsmerkmale verfügen, die ihn dazu ermächtigen, die Führung des Familienunternehmens zu übernehmen.34 Welche Voraussetzungen dafür genau in Betracht gezogen werden sollten ist schwierig zu sagen, denn sie können von Unternehmen zu Unternehmen variieren.35 So ist es bspw. von Vorteil, dass der Nachfolger eines Handwerksunternehmens eine handwerkliche Ausbildung absolviert hat, aber nicht zwangsläufig das Abitur abgeschlossen haben muss. Wohingegen der Nachfolger in einem sehr exportorientieren Unternehmen definitiv über Fremdsprachenkenntnisse verfügen sollte. Laut einer Studie der Stiftung Familienunternehmen ist das Studium für Familienunternehmen von zentraler Bedeutung.36 35% der Befragten gaben an, dass sie derzeit studieren. 23% absolviert zurzeit eine Lehre oder haben diese bereits abgeschlossen.
Wichtig zu beachten ist, dass nicht der Nachfolger mit der besten Ausbildung auch automatisch der geeignete Nachfolger ist. Grundsätzlich ist aber zu nennen, dass bei jeder Führungskraft fachliche als auch persönliche Voraussetzungen gegeben sein müssen, die sie dazu befähigen ein Unternehmen zu leiten. Fachliche Voraussetzungen zeichnen sich dadurch aus, dass neben Führungstechniken, wie verschiedenste methodische Kenntnisse zu denen die Planung, die Organisation, die Überwachung, die Kommunikation und Entscheidungskraft zählen, auch Fachwissen vorhanden sein muss. Persönliche Voraussetzungen, also Charakteristika wodurch sich ein Nachfolger auszeichnet, beziehen sich auf die Führungsfähigkeit, die Leistungs- und Verantwortungsbereitschaft und die Bereitschaft Risiken einzugehen.37 Weiter gehören Sozialkompetenzen dazu, die befähigen effektiv mit anderen Menschen zu arbeiten.
Der liebste Gedanke des Gesellschafters wäre es wohl, wenn der Nachfolger aus der eigenen Familie stamme38, jedoch stellen auch langjährige Mitarbeiter oder familienexterne Personen eine potentielle Option für die Nachfolge dar.39 Ohne Zweifel muss der Nachfolger über fachliche, persönliche, soziale und methodische Kompetenzen verfügen. Unternehmerisches Geschick, Entscheidungskraft, Motivation, Dynamik und zwischenmenschliches Gespür sollten ganz klar vorhanden sein und als selbstverständlich angesehen werden.40
Aber was sind Motive, die den Unternehmer veranlassen über die Weitergabe des Familienunternehmens nachzudenken? Die meisten Unternehmer sind zuerst am Fortbestand des Unternehmens interessiert. „Der Erfolgskurs muss bleiben. Das Wichtigste ist für mich, dass ich in fünf Jahren bei einer allfähigen Unternehmensbesichtigung allen Mitarbeitern in die Augen schauen kann“ (Credit Suisse, 2009)41. Der gute Ruf, der Erhalt der Unternehmenskultur und die Sicherung von Arbeitsplätzen folgen.42 Der Verkauf des Unternehmens wird nur als letzter Ausweg gesehen, somit stellt der finanzielle Aspekt, der mit dem Ausscheiden aus dem Unternehmen verbunden ist, keinen treibenden Faktor dar, auch wenn der Senior im Nachhinein finanziell abgesichert sein will.43 In der Praxis wählen Unternehmer mitunter eine Art Zwischenweg, indem sie auch nach der Übergabe eine Funktion im Unternehmen behalten.44 Dabei muss allen Beteiligten klar sein, dass der Unternehmer in dieser Situation eine andere Rolle im Unternehmen einnimmt und sich die Hierarchiestrukturen geändert haben.
Abbildung 3 zeigt eine prozentuale Übersicht zu Übergabemotiven. Umstrukturierung, Insolvenz, Neuorientierung, Tod, Krankheit und die altersbedingte Übergabe werden dabei berücksichtigt.
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Abbildung 3: Überblick zu Übergabemotiven45
In diesem Zusammenhang sollte die Unternehmensweitergabe in eine planmäßige- und außerplanmäßige Nachfolge unterteilt werden. Dabei beschreibt die planmäßige Nachfolge den Normalfall. Das ist in der Regel das gewollte Ausscheiden aus dem Unternehmen begründet durch einen altersbedingten Rücktritt. Eine außerplanmäßige Nachfolge hingegen umfasst Ereignisse, die im Vorhinein nicht geplant wurden, wie der Tot, ein Unfall oder eine schwere Krankheit. Es kann allerdings auch passieren, dass ein Unternehmer sein Tätigkeitsfeld verlässt, um ein anderes zu verfolgen.46
Abbildung 4 zeigt einen Überblick zu einem Ausschnitt möglicher Nachfolgealternativen, die in Form einer Übergabe von Familienunternehmen in Betracht gezogen werden können. Im Folgenden werden einige Alternativen näher beleuchtet.
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Abbildung 4: Überblick zu Nachfolgealternativen47
Schwierig zu sagen ist, ob eine Person als geeigneter und erfolgreicher Unternehmer ausgebildet werden kann oder gar geboren wird.48 Klar zu benennen ist aber, dass nicht mit der Geburt die Qualifikationen zur Führung eines Unternehmens übertragen werden, sondern sich im Laufe derZeit entwickeln. Deshalb ist es umso wichtiger eine Ausbildung zu absolvieren, die es dem Kind ermöglicht, einen geeigneten Nachfolgekandidaten darzustellen, denn jedes Unternehmen ist nur so gut wie seine eigenen Führungskräfte.
Damit von einer familieninternen Nachfolge gesprochen werden kann, müssen verschiedene Voraussetzungen gegeben sein. Denn nur ein Familienmitglied, das die Anlage und die Motivation aufweist das Familienunternehmen weiterzuführen, ist in der Lage die Nachfolge anzutreten, solange der Rückhalt und das Vertrauen seitens des Geschäftsführers, der Familie und der Mitarbeiter gewährleistet ist. Neben den Qualifikationen zur Unternehmereigenschaft sowie fachlichen und persönlichen Voraussetzungen, ohne die grundsätzlich die hohe Arbeitsbelastung und das Engagement dauerhaft nicht möglich wäre49, ist die lang- und frühzeitige Vorbereitung des Übergabeprozesses essentiell.50 Eine steuerlich optimierte Lösung und eine Unternehmensbewertung sind durchaus wichtig, aber dem Faktor Zeit kommt bei der Nachfolge eine wichtige Rolle zu. Dazu zählen, dass sich der Senior mit seinem Ausscheiden, der eigenen Vergänglichkeit und den eigenen Interessen auseinandersetzen muss sowie dem Status- und Machtverlust. Nicht zuletzt stellt die Unsicherheit seine große Hürde dar, was nach dem Ausscheiden mit dem Unternehmen und einem selbst geschieht.51
Gegenüber anderen Nachfolgemodellen, wie dem Fremdmanagement oder dem Unternehmensverkauf bietet die familieninterne Nachfolge mehrere Vorteile. So kann der Senior sicher sein, dass sein Unternehmen in Zukunft durch einen Erben vertreten wird, was das Weiterführen der Geschäfte garantiert und zur Zufriedenheit beiträgt, weil das eigene Lebenswerk fortgeführt wird. Durchaus wirkt sich die familieninterne Nachfolge in diesem Sinne auch auf Stakeholder aus. Eine große Chance, die sich allgemein bei der Unternehmensnachfolge ergibt ist, dass mit der Regelung der Nachfolge betriebliche Prozesse und Strukturen auf die Zukunft ausgerichtet werden können, sodass sich das Unternehmen langfristig im Wettbewerbsmarkt positionieren kann, um wettbewerbsfähig agieren zu können. Eine solche stetige Weiterentwicklung des eigenen Managements ist notwendig, um sich Kompetenzen und Fachwissen zu sichern.
Nichtsdestotrotz stehen den Vorteilen der familieninternen Unternehmensnachfolge auch Herausforderungen gegenüber. Gerade wenn die Nachfolge durch die eigene Tochter oder den eigenen Sohn gebildet wird. Hier spielt oft eine emotionale Bindung eine Rolle, die den Senior oder die Familie daran hindern kann objektiv zu urteilen, sogleich sie auch die Stärken und Schwächen des eigenen Nachwuchses kennen.52 „Zwischen innerem Wissen und äußerem Handeln besteht aber oft ein sehr großer Unterschied, und nicht jeder Vater oder jede Mutter, die im Grunde ihres Herzens wissen, dass ihr Sohn kein Unternehmertyp ist, würden dies nach außen eingestehen und auch so handeln“. (Habig & Berninghaus, Die Nachfolge in Familienunternehmen, 2010)53 Ein großer Altersunterschied zwischen Senior und Junior begünstigt unterschiedliche Auffassungen und Meinungen, im Hinblick auf Unternehmensziele, die von beiden Parteien unterschiedlich verfolgt werden können und Missverständnisse sowie Konfliktpotentiale in sich tragen. Vielen Unternehmern fällt es schwer ihr Lebenswerk abzugeben, sei es auch an den eigenen Nachwuchs, sodass dieser Freiraum hat, um das Unternehmen selbst zu gestalten und fortzuführen. Deshalb ist es an dieser Stelle sinnvoll einen externen Berater oder Mitglieder des Beirates bzw. Vertrauenspersonen zu engagieren, die den Nachwuchs bewerten und im Falle von mehreren Nachfolgekandidaten aus der eigenen Familie den richtigen auswählt. Wird die falsche Person aus der Familie Nachfolger in der Geschäftsleitung kann das katastrophale Auswirkungen auf das Unternehmen nach sich ziehen. Verfügt der Nachfolger nicht über entsprechende fachliche und persönliche Merkmale, um ein Unternehmen zu führen, dann macht es Sinn sich von diesem Familienmitglied in der Geschäftsführung zu trennen. Sicherlich ist dies alles andere als leicht, aber auf der anderen Seite kann dies den Zusammenbruch des Unternehmens bedeuten und nicht zuletzt den der Familie.54 An dieser Stelle muss sich der Senior bzw. die Familie darüber Gedanken machen, wie das Unternehmen in Form einer Fremdgeschäftsführung fortgeführt werden kann oder ob das Unternehmen zum Verkauf angeboten werden soll.
Im Folgenden werden Alternativen des familieninternen Nachfolgemodells unter Herausstellung der besonderen Charakteristika dargestellt. Häufig wird in der Praxis geprüft wer sich als Alternative zum familieninternen Nachfolger eignet. Im Rahmen des Fremdmanagements kann im Unternehmen ein Fremdmanager eingesetzt werden bzw. kann ein führender Mitarbeiter die Geschäftsführung übernehmen. Daraus folgt, dass der Unternehmer finanziell am Unternehmen beteiligt bleibt, eine Leitungsfunktion allerdings abgibt.55 In diesem Falle stellt das Fremdmanagement eine dauerhafte Strategie für das Unternehmen dar. Angesichts des Alters oder der Qualifikationen des familieninternen Nachfolgers, die zu einem Zeitpunkt nicht ausreichen, kann ein temporäres Fremdmanagement in Betracht gezogen werden, die es dem Nachwuchs ermöglicht, die Nachfolge zu einem späteren Zeitpunkt anzutreten. In diesem Kontext wird von einer Unternehmensverpachtung geredet.56
Die folgende Tabelle 1 stellt die Einsatzarten eines Fremdmanagers, in Abhängigkeit zum zeitlichen- und zustandsbezogenen Kontext, dar.
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Tabelle 1: Einsatzarten eines Fremdmanagements57
Der Einsatz des Fremdmanagements kann verschiedene Gründe haben. Sie betreffen sowohl die Familie als auch das Unternehmen. Neben dem bereits aufgeführten Punkt für den Einsatz eines Fremdmanagements ist ein weiterer wesentlicher Grund geboten, wenn der Nachwuchs keine Unternehmensnachfolge antreten möchte, weil er eigene berufliche Zielsetzungen verfolgt. In diesem Falle stellt das Fremdmanagement die einzige Möglichkeit dar, das Familienunternehmen im eigenen Besitz zu behalten und eine dauerhafte Einkommensquelle über mehrere Generationen zu gewährleisten.58 Gründe für eine familienexterne Geschäftsführung können allerdings auch aus dem Unternehmen hervorgehen und sind nicht immer nur familiär bedingt. Mit der Zeit wachsen die Aufgaben im Hinblick auf Unternehmenswachstum, Internationalisierung und Wettbewerb im Unternehmen. An dieser Stelle ist es sinnvoll zusätzliches Personal mit entsprechendem Know-How einzubinden, wenn es der Familie selbst nicht möglich ist diese Lücke zu schließen.59 Gleichzeitig ist es möglich neue Denkanstöße und Ideen für Unternehmensstrategien zu generieren und im Sinne der Betriebsblindheit zu agieren.60
Nichtsdestotrotz befindet sich der Fremdmanager in einem Spannungsfeld zwischen Unternehmern und Familie. Ein gegenseitiges Vertrauen zwischen Fremdmanagement und Unternehmerfamilie ist daher essentiell, wobei die Beziehung nie zu eng sein darf. Das Fremdmanagement hat nämlich bestimmte Regeln einzuhalten, damit eine vertrauensvolle Kooperation entstehen kann. In diesem Sinne sollten Charaktereigenschaften wie Loyalität, Ehrlichkeit und Zuverlässigkeit neben fachlichen Voraussetzungen vorhanden sein.61 Ein Fremdmanager muss sich mit dem Unternehmen identifizieren und unternehmerisch so handeln, als wenn dieser Inhaber des Unternehmens wäre. Während im Rahmen von unternehmerisch wichtigen Entscheidungen ein familieninterner Geschäftsführer gefährlicher Weise zu emotional entscheiden könnte, ist es dem Fremdmanager möglich mit einer gewissen Distanz zu agieren.
Eine Alternative zum Fremdmanagement stellt die Unternehmensunabhängigkeit dar, die in diesem Abschnitt dargestellt wird und es wird aufgezeigt welche besonderen Möglichkeiten diesem Nachfolgemodell zugrunde liegen. Die Unternehmensunabhängigkeit beschreibt sowohl ein vollständiges als auch in Teilen übertragenes Management im Unternehmen. Zu unterscheiden ist in diesem Zusammenhang, dass zum einen ein unternehmensinterner Mitarbeiter die Geschäftsleitung übernimmt, in diesem Fall wird von einem „MBO“ – Management-Buy-Out gesprochen und zum anderen kann eine unternehmensexterne Person die Geschäftsleitung annehmen. Wird das Management durch eine fremde Dritte Person besetzt, ist diesseits von einem so genannten „MBI“ – Management-Buy-In die Rede.62 Als Beispiel kann hier ein familiäres Handwerksunternehmen dienen, das keine familieninternen Nachfolger hat. Zu entscheiden ist, ob ein Mitarbeiter des Unternehmens oder eine unternehmensfremde Person das Unternehmen gegen einen Kaufpreis bzw. einen Großteil der Anteile erwirbt.63
An dieser Stelle ist wohl zu nennen, dass aus einer psychologischen Betrachtungsweise der Unternehmer eine Kompromisslösung eingeht, denn die Weitergabe des Unternehmens an eine fremde dritte Person bzw. den Verkauf des Unternehmens stellt für den Unternehmer eine große Herausforderung dar. Er trennt sich in diesem Fall von seinem eigenen Lebenswerk, wobei die Zukunft des Unternehmens in der Hand einer fremden Person ungewiss ist. So erscheint es durchaus als plausibel, wenn der Unternehmer den Nachfolgeprozess des Management-Buy-Out priorisiert. Ein langjährig beschäftigter Mitarbeiter wird wohl keine großen Änderungen an der Unternehmensphilosophie vornehmen und es ist nicht notwendig Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse, in Form einer Due-Diligence-Prüfung, welche durch einen Unternehmenskäufer angefordert werden kann, um Unternehmenskennzahlen einzusehen, offen darzulegen. Weiter stellt das Management-Buy-Out einen Sicherheitsfaktor für Stakeholder dar, denn bisherige Geschäftsabläufe werden beibehalten, ebenso wie die Unternehmensphilosophie.64 „Wer seine Führungskräfte unter dem Gesichtspunkt einer MBO-Möglichkeit betrachtet, wird vielleicht auf Qualitäten oder auf Entwicklungspotentiale stoßen, die er ansonsten nicht entdeckt hätte.“ (Habig & Berningshaus, 2010).65 Zu nennen ist in diesem Zusammenhang, wenn ein oder mehrere Mitarbeiter des Unternehmens bereit sind die Geschäftsleitung zu übernehmen, ist dies in der Regel auf die Güte und die Qualität des Unternehmens zurückzuführen. Ein Mitarbeiter, der dem Unternehmen sein Vertrauen nicht schenkt, würde die Position der Geschäftsleitung nicht einnehmen.66
Ähnlich wie bei einer familieninternen und -externen Nachfolge muss der Nachfolgeprozess der Unternehmensunabhängigkeit frühzeitig vorbereitet werden und es kann von Vorteil sein eine unabhängige dritte Person zu Beratungszwecken miteinzubeziehen.
Eine weitere Alternative zu den bereits genannten Nachfolgeprozessen in Familienunternehmen stellt der vollständige Verkauf des Unternehmens dar. In diesem Fall trennt sich die Familie vom Unternehmen, sodass weder die Familientradition noch der Familieneinfluss bestehen bleibt. Deshalb wird diese Nachfolgestrategie eher als Notlösung oder als ein letzter Ausweg betrachtet.67 Anstatt das Unternehmen vollständig zu veräußern können auch Unternehmensteile verkauft werden. Dabei wird die wirtschaftliche Abhängigkeit der Familie am Unternehmen reduziert und trotzdem können regelmäßige Einkünfte erzielt werden.68
An dieser Stelle ist zu nennen, dass der Unternehmensverkauf auch die wirtschaftlich korrekte Entscheidung sein kann. Entscheidend dabei sind Motive, die den Unternehmer bei seiner Entscheidung beeinflussen, sich vom Unternehmen zu trennen. Diese Beweggründe werden unterschieden in persönliche und unternehmensbezogene sachliche Motive. Persönliche Motive können sein, dass es keinen familieninternen Nachfolger gibt oder dieser nicht nachfolgewillig ist. Weitere Gründe sind Streitigkeit und Uneinigkeiten zwischen Gesellschaftern, der Unternehmer sieht kein Potential des Unternehmens für die Zukunft oder möchte seine Zeit lieber mit anderen Tätigkeiten, wie der Familie oder Hobbys verbringen. Sachliche Motive hingegen betreffen neben zunehmenden wirtschaftlichen Verlusten, sinkenden Erträgen oder einer verschärfte Wettbewerbssituation auch eine veraltete Technik, den Schwund von Märkten und den Zweifel an der Leistungsfähigkeit des eigenen Managements.69
Im Folgenden wird darauf eingegangen welche Herausforderungen für den Unternehmer als auch für den Nachfolger bei einer familieninternen Unternehmensnachfolge bestehen. Anhand dessen werden emotional/psychologische Aspekte, die die Nachfolge beeinflussen gegenübergestellt. Beispielhaft soll dazu ein Fallbeispiel thematisiert werden, das verdeutlicht wie innerfamiliären Konflikten entgegengetreten wird und wie die Unternehmensnachfolge gestaltet wird.
Die nachfolgende Tabelle verdeutlicht emotional/soziale Problemstellungen im Hinblick auf die familieninterne Weitergabe des Unternehmens durch den Senior und durch die Übernahme des Unternehmens durch den Junior.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tabelle 2: Herausforderungen für Senior und Junior70
Ein Interesse am Unternehmen und ein unternehmerisches Talent signalisieren sich oftmals schon sehr frühzeitig. Dies kann sich schon in der Schulzeit zeigen. Entwickelt sich dann eine vertrauensvolle Beziehung zwischen Junior und Senior ist die Nachfolge aus psychologischer Sicht schon so gut wie entschieden.71 Wird zusätzlich eine passende Ausbildung absolviert und der Nachfolger kann einige Berufsjahre in anderen Unternehmen vorweisen, sodass fachliche und persönliche Merkmale aus Sicht des Unternehmers erfüllt sind, sind die Voraussetzungen für eine gelingende Nachfolge gegeben.72 Im Zuge dessen kann weiteren Aspekten des Nachfolgeprozesses, wie finanziellen, steuerlichen oder rechtlichen Faktoren, mehr Anteilnahme bekundet werden.73
Für viele Unternehmer beginnt nach dem Ausscheiden aus dem Unternehmen auch gleichzeitig ein neuer Lebensabschnitt. Das schürt Ängste, Emotionen und Ungewissheiten über den weiteren Verlauf des eigenen Lebens.74 In diesem Sinne besteht das Risiko, dass keine auslastende Lebensplanung vorhanden ist und der Senior sich ebenso mit dem eigenen Ende auseinandersetzen muss.75 Grundsätzlich weiß jeder Unternehmer, dass er irgendwann einmal seinen Platz abgeben muss, sich zur Ruhe setzen sollte und einen Nachfolger bestimmen muss. Tatsächlich findet dieses Ideal in der Realität aber selten Anwendung. Gründe dafür können sehr unterschiedlich sein und sind emotionaler sowie sachlicher Natur.76 Eine zentrale Herausforderung und ein Problem, das der Unternehmer bisher noch nie lösen musste, ist sich selbst ersetzen zu müssen.77 Jedoch gibt es eine Vielzahl an Verhaltensweisen des Unternehmers, die seine eigene Nachfolgeregelung beeinträchtigen. Es ist zu prüfen inwieweit das Unternehmen den Lebensmittelpunkt des Unternehmers darstellt. Es kann sein, dass das Unternehmen spiegelbildlich das Wesen des Unternehmers abbildet. Zu früheren Geschäftszeiten mag dies einen Erfolgsfaktor für die Unternehmung dargestellt haben, im Nachfolgeprozess hindert dies aber eher daran loszulassen und die Unternehmung in eine nächste Generation zu überführen. Wer mit seinem Unternehmen so verbunden ist, dass er es als zweite Persönlichkeit deutet, wird es besonders schwer haben. Solch eine Situation ist weder für den Übergebenden noch für den Nachfolger von Vorteil. Jemand, der das Gefühl hat alles zu verlieren, sogar seine eigene Identität, wird niemals dem Übergabeprozess zielorientiert realisieren.78
Förderlich ist an dieser Stelle, dass sich der Unternehmer mehr und mehr von betrieblichen Aufgaben trennt und versucht sich im wahrsten Sinne überflüssig zu machen. Sieht sich der Unternehmer hingegen immer noch in einer Machtposition, die unter anderem seine eigene Wertschätzung stärkt, kann schnell das Gefühl entstehen unentbehrlich für das Unternehmen zu sein. Unterstützend beitragen können jahrelange Beziehungen zu Kollegen und Geschäftspartnern.
Eine weitere Herausforderung für den Unternehmer ist, dass er nach dem Ausscheiden auch das Unternehmen loslassen kann, also nicht eingreift, wenn der Nachfolger eine strategisch falsche Entscheidung trifft. In diesem Fall gehören falsche Entscheidungen zum Reifeprozess dazu, die der Nachfolger durchläuft. Gesetzt dem Fall einer Notsituation, aufgrund von Untauglichkeit des Nachfolgers oder externen Ereignissen, die den weiteren Verlauf der Nachfolge negativ beeinflussen, kann der Unternehmer einspringen, um die Unternehmung fortzuführen.
Der Nachfolger muss sich die Akzeptanz von Mitarbeitern erst verdienen, denn in deren Augen wird er, solange der Senior das Unternehmen nicht verlassen hat, der Junior-Chef bleiben. Diese Rolle wird für den Junior eine mühsame Aufgabe darstellen. Zusätzlich wird der fortlaufend verschobene Rücktritt des Unternehmers Auswirkungen auf Mitarbeiter haben. Es kann zu einer Art Lagerbildung zwischen Mitarbeitern, die dem Unternehmer vertrauen und seine Ansichten teilen und Mitarbeitern die sich neue Impulse wünschen und sich fragen, wann der Unternehmer seinen Posten an den Nachfolger endlich abtritt, kommen.79 Dabei hat der Nachfolger in Zukunft eine schwere Aufgabe zu tragen, denn es ist ihm fast unmöglich diese Lagerbildung aufzuheben. Dies stellt wiederum einen negativen Faktor für alle Stakeholder des Unternehmens dar. Für die Konkurrenz allerdings einen positiven, die ihre Chance darin sieht dem Unternehmen zu schaden.80
Von großer Bedeutung für einen gelingenden Nachfolgeprozess ist auch der Zeitpunkt der Unternehmensübergabe. Ist der Nachfolger bspw. bereits über 50 Jahre, so besteht das Risiko, dass dieser nicht mehr mit voller Energie und Begeisterung die Unternehmung weiterführt und Unternehmensstrukturen ändert, wenn diese notwendig wären. Die Möglichkeit besteht eine feste Altersgrenze einzuführen, bei der eine Nachfolge stattfindet, bzw. bei der der Senior aus dem Unternehmen ausscheidet.81 Ersteres ist im Zeitalter der Digitalisierung und im fortlaufenden Voranschreiten der technologischen Entwicklung schwierig anzuwenden, denn dabei muss der Unternehmer immer auf dem aktuellsten Stand sein. Ist dies nicht der Fall, dann kann die eigene Marktposition schnell verloren gehen.82 Ein wichtiger Faktor ist auch, wem der Senior die Nachfolge zutraut, wenn mehrere Kinder die Geschäftsführung antreten können. Diese Frage beantwortet in der Regel im Familienunternehmen nicht allein nur der Senior, sondern auch weitere Mitglieder der Familie. Diese können wiederum eine andere Meinung zu einen geeigneten Nachfolgekandidaten vertreten. So möchte der Vater, dass der älteste Sohn die Unternehmensnachfolge antritt, hingegen möchte die Mutter, dass die Tochter die Nachfolge übernimmt.83
[...]
1 Vgl. Stephan, 2002, S. 5
2 Vgl. Wimmer, Gebauer, 2004, S. 251
3 Vgl. Graf, 2004, S. 2
4 Vgl. Coachingbüro Huber & Partner, 2019
5 Vgl. Fox, Nilakant, Hamilton, 1996, S. 16
6 Vgl. Gerke-Holzhäuser, 1996, S. 1
7 Vgl. Coachingbüro Huber & Partner, 2019
8 Vgl. Stiftung Familienunternehmen, 2019
9 Vgl. Gottschalk & Keese, 2017, S.7
10 Eigene Darstellung in Anlehnung an: Gottschalk & Keese, 2017, S.13
11 Vgl. Klodt, 2018
12 Vgl. Stephan, 2002, S.8
13 Vgl. Stephan, 2002, S.6 ff.
14 Vgl. Simon, 1999, S. 16 ff.
15 Vgl. Rüsen, 2001, S. 20 ff.
16 Vgl. Rüsen, 2009, S.18
17 Vgl. Baumgartner, 2009, S.27
18 Vgl. Spitzley, Prügl, 2017, S.32, ff.
19 Vgl. Habig, Berninghaus, 2010, S.9
20 Vgl. von Schlippe, Rüsen, Groth, 2009, S.11
21 Vgl. Spelsberg, 2011, S.5 ff.
22 Vgl. Wallau et al., 2007, S.3
23 Vgl. Gerke-Holzhäuser, 1996, S. 4
24 Vgl. Kirchdörfern 2002, S. 9 ff.
25 Vgl. Böllhoff, Krüger, 2006, S.33
26 Vgl. Habig, Berninghaus, 2010, S.8
27 Vgl. Mühlebach, C. 2004, S.18
28 Vgl. Simon, 2011, S. 9 ff.
29 Vgl. Mühlebach, C. 2004, S.18 ff.
30 Vgl. Simon, 2011, S. 9 ff., Institut für Wirtschaftsprüfer e.V., 2017, S. 7 ff.
31 Vgl. Hansa & Humer, 2016
32 Eigene Darstellung in Anlehnung an Gersick, 1997, S. 6
33 Vgl. Hans-Lindner-Stiftung, 2011, S.1
34 Vgl. Pirmanschegg, 2015, S.158 ff.
35 Vgl. Habig & Berninghaus, 2010, S. 63
36 Vgl. Spitzley, Prügl, 2017, S.37
37 Vgl. Nagl, 2015, S.68
38 Vgl. Rüsen, 2018, S.52
39 Vgl. Staatssekretariat für Wirtschaft SECO, 2015
40 Vgl. Hans-Lindner-Stiftung, 2011, S.8
41 Credit Suisse AG, 2009, S.15
42 Vgl. Nagl, 2015, S.15
43 Vgl. Giersberg, 2007, S.5
44 Vgl. Nagl, 2015, S.66
45 Eigene Darstellung in Anlehnung an Gonschorek, 2014, S.12
46 Vgl. Stephan, 2002, S. 12
47 Eigene Darstellung in Anlehnung an: Stephan, 2002, S.17
48 Vgl. Felden, 2017
49 Vgl. Hülsbeck, Klinken, Jansen, 2016, S.3
50 Vgl. Felden, 2017
51 Vgl. Frey, 2007, S.9
52 Habig & Berninghaus, 2010, S. 73
53 Habig & Berninghaus, 2010, S. 73
54 Vgl. Hans-Lindner-Stiftung, 2011, S.67
55 Vgl. Stephan, 2002, S.16
56 Vgl. Letmathe, Eigler, Welter, Kathan, Heupel, 2007, S.206 ff.
57 Eigene Darstellung in Anlehnung an v. Schultzendorff, 1984, S.149
58 Schwarz, 2017, S. 20
59 Vgl. Nagl, 2015, S.71 ff.
60 Vgl. Böllhoff, Krüger, 2006, S.38 ff., Habig & Berninghaus, 2010, S. 101
61 Vgl. Habig & Berninghaus, 2010, S. 102 ff.
62 Vgl. IHK Berlin, 2014, S. 15 ff.
63 Vgl. Becker, Hammes, Neuberger, 2016, S. 14 ff.
64 Vgl. Habig & Berninghaus, 2010, S. 106 ff.
65 Habig & Berninghaus, 2010, S. 109
66 Vgl. Becker, Hammes, Neuberger, 2016, S. 14 ff.
67 Vgl. Riedel, 2000, S. 18
68 Vgl. Droege & Comp, 1996, S.39
69 Habig & Berninghaus, 2010, S. 112
70 Eigene Darstellung
71 Vgl. Breuninger, 1998, S. 50
72 Vgl. Groth, Rüsen, von Schlippe, 2013, S. 6 ff.
73 Vgl. Credit Suisse AG, 2009, S.15 ff.
74 Vgl. Brüser, 2007, S.23
75 Vgl. Wegmann, Wiesehahn, 2015, S.76 ff.
76 Vgl. Habig & Berninghaus, 2010, S.41 ff.
77 Vgl. LeMar, 2014, S.11
78 Vgl. Graf, 2004, S. 38
79 Vgl. Wegmann, Wiesehahn, 2015, S.77
80 Vgl. Habig & Berninghaus, 2010, S.41 ff.
81 Vgl. Habig & Berninghaus, 2010, S.41 ff.
82 Vgl. Deutscher Industrie- und Handelskammertag, 2018, S. 12
83 Vgl. Wegmann, Wiesehahn, 2015, S.77
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