Masterarbeit, 2019
123 Seiten, Note: 1,0
Danksagung
2.1 Alter und Alterungsprozess: Eine Begriffsbestimmung
2.1.1 Altern hat verschiedene Gesichter
2.1.2 Der chronologische, kalendarische oder biologische Alterungsprozess
2.1.3 Der demographische Alterungsprozess
3.1 Das Phasenmodell von Havighurst
3.2 Das Modell des „gelingenden Alterns“
3.2.2 Modell der Selektiven Optimierung mit Kompensation
3.2.2.1 Sozioemotionale Selektivitätstheorie (SST)
3.2.2.2 Das Zwei-Komponenten-Modell
3.2.2.3 Die Aktivitätstheorie im Alter
3.2.2.5 Interventionsgerontologie
4 Neurowissenschaften und der Alterungsprozess
4.1 Neurogenese: „Die Zukunft im Alterungsprozess?“
4.2 Adulte Neurogenese und Neuroplastizität - Kompetenzen fördern
5 Das Konstrukt der Achtsamkeit (Mindfulness)- Buddhistische Konzepte
5.1.2 Buddhistische Achtsamkeit
6 Zum Gegenstand der Meditation
6.1 Begriffsbestimmung der Meditation
6.1.2 Die Meditation mit älteren Menschen
7 Achtsamkeitsmeditation als Intervention
7.1 Begriffsbestimmung der Achtsamkeit
7.2 Achtsamkeitsmeditation
7.2.1 Mindfulness-Based Stress Reduction nach Jon Kabat-Zinn
7.2.2 Die Achtsamkeitsqualitäten nach Kabat-Zinn
7.2.2.1 Nicht-Beurteilen
7.2.2.2 Geduld
7.2.2.3 Der Anfänger-Geist oder die Dinge neugierig betrachten
7.2.2.4 Sich selbst Vertrauen
7.2.2.5 Nicht-Greifen oder „aktives Nicht Tun“
7.2.2.6 Das Leben akzeptieren
7.2.2.7 Loslassen – Beobachten – Zulassen
7.2.2.8 Bisherige Ergebnisse zur Wirksamkeit achtsamkeitsbasierter Interventionen: Stand der Forschung
7.2.2.9 Achtsamkeit in der Medizin
7.2.2.10 Achtsamkeitsmeditation im deutschsprachigen Raum
8 Wirksamkeit achtsamkeitsbasierter Interventionen
8.1 Wirkmechanismen
8.2 Bisherige Ergebnisse zur Wirksamkeit achtsamkeitsbasierter Interventionen bei älteren Personen
8.2.1 Zusammenfassung
9 Die Fragestellung
10 Methodik
10.1 Forschungsansatz
10.1.1 Begründung der Methodenwahl
10.1.2 Studienablauf
10.1.3 Feldzugang und Stichprobengewinnung
10.1.4 Kursleitung und Setting
10.2 Datenerhebung: Das Leitfadeninterview
10.2.1 Konstruktion des leitfadengestützten Interviews
10.3 Datenauswertung nach der Grounded Theory
10.3.1 Datenauswertungsverfahren
10.3.1.1 Offenes Kodieren
10.3.1.2 Axiale Kodieren und Selektives Kodieren
10.4 Gütekriterien qualitativer Forschung
10.4.1 Intersubjektive Nachvollziehbarkeit
10.4.2 Empirische Verankerung
10.4.3 Reflektierte Subjektivität
11 Ergebnisdarstellung
11.1 Vorstellung der Interviewpartner
11.1.1 Herr Rö.
11.1.2 Frau Aw.
11.1.3 Frau Hi.
11.1.4 Herr Schö.
11.1.5 Herr Kü.
11.2 Das Kategorienschema – Achsenkategorie
11.3 Darlegung der Achsenkategorien - Ergebnisdarstellung der Kategorien
11.3.1 Ursächliche Bedingungen
11.3.2 Intervenierende Variablen
11.3.3 Handlungsstrategien
11.3.4 Konsequenzen (Effekte)
11.3.5 Das Zentrale Phänomen „In Beziehung sein“
11.3.6 Achsenkategorie „Ursächliche Bedingungen“
11.3.6.1 Einen Raum des kritischen Nachdenkens schaffen
11.3.6.2 Blickwinkelveränderung
11.3.6.3 Achsenkategorie „Handlungsstrategien“
11.3.6.4 Beweggrund und Wirkung
11.3.6.5 Offenheit
11.3.6.6 Sich achtsam annehmen
11.3.6.7 Achtsames Tun
11.3.6.8 Wertschätzende Kommunikation
11.3.7 Achsenkategorie „Intervenierende Variablen“
11.3.7.1 Ausgewogenheit und Bewusstsein
11.3.7.2 Kritischer Menschenverstand
11.3.7.3 Gemeinsamer Gedankenaustausch
11.3.7.4 Die Ursachen und das Leid erkennen
11.3.7.5 Achsenkategorie Konsequenzen und Effekte
12 Diskussion und Zusammenfassung
13 Abschließende Gedanken
Abkürzungsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Literaturliste
Online Quellen
Anhang
A1 Aufklärungsbrief zur qualitativen Studie
A2 Definitionen zur Konzeption der Achtsamkeit
A3 Information zum Achtsamkeitskurs
A4 Informations- und Einverständniserklärung
A5 Fragebogen zur Erfassung soziodemografischer Daten und Ergänzungsfrage
A6 Konstruktion des leitfadengestützten Interviews
Die „Achtsamkeit“ zieht in den westlichen Ländern zunehmend mehr Menschen an (vgl. Gruber, 1998, S.3). Weiterhin beschäftigt sich die Wissenschaft vermehrt mit den Resultaten buddhistischer Praxis im Gesundheitswesen und in der Psychotherapie (vgl. Meibert, Michalak & Heidenreich, 2006, S.143). Achtsamkeit ist das Gewahr werden des gegenwärtigen Augenblickes, oder wie Jon Kabat-Zinn beschreibt, das Bewusstsein, das entsteht, indem man der sich entfaltenden Erfahrung von einem Moment zum anderen bewusst seine Aufmerksamkeit widmet, und zwar im gegenwärtigen Augenblick und ohne dabei ein Urteil zu fällen (vgl. Kabat-Zinn, 2004, S.7). Durch das „bewusste Wahrnehmen des Augenblicks wird jeder Moment, genauso wie er sich entfaltet, zum Lehrer: die Signale des Körpers, die Funktionsweise des Geistes, jeder Schmerz, jede Freude, unsere Mitmenschen, unserer Erfolge und Misserfolge“ (Kabat-Zinn, 2013, S.12).
Die Interventionsgerontologie geht davon aus, dass die Abbauprozesse, die mit dem Alter einhergehen durch überlegte Maßnahmen positiv zu beeinflussen sind. Sie vertritt die Annahme, dass ältere Menschen grundsätzlich Entwicklungsfähig sind (vgl. Wahl & Tesch-Römer, 1998, S.77). Einen vielversprechenden Ansatz stellen achtsamkeitsbasierte Interventionen dar, deren vordergründiges Ziel die Vermittlung einer absichtsvollen und nicht wertenden Wahrnehmung des augenblicklichen Moments ist (vgl. Kabat-Zinn, 2003, S.146).
Ausgehend von dieser Annahme wird im Hildegard von Bingen Senioren-Zentrum Simmern ein Kurs in Achtsamkeitsmeditation mit älteren Menschen über 60 Jahren als Intervention durchgeführt. Es handelt sich dabei um eine strukturierte Gruppenintervention, in der die älteren Menschen über die Vermittlung von Kernelementen der Achtsamkeitsmeditation Unterstützung im Umgang mit sich selbst erlangen können. Die Autorin, die an einem MBSR - Mindfulness-Based Stress Reduction Kurs nach Jon Kabat-Zinn teilgenommen und subjektive innere Veränderungsprozesse wahrgenommen hat, kommt zu der Überlegung: Warum sollte die Auswirkung der Achtsamkeit älteren Menschen über 60 Jahren vorenthalten werden?
Derzeitige Studien beschäftigen sich hauptsächlich mit quantitativen Fragen und weniger mit Weltanschauungen oder subjektiven persönlichen Konzepten der älteren Menschen. Gegenwärtig liegt eine Untersuchung zur Achtsamkeits-meditation in Bezug der Positiven „Einflüsse auf die Lebensqualität älterer Menschen in einem Pflegewohnheim“ vor (Ernst, 2008, S.2).
Des Weiteren liegt ein Erfahrungsbericht vor, der darlegt, dass ältere Menschen nach siebenjähriger Anwendung von Achtsamkeitsmeditation in Pflegeeinrichtungen innere Energien und Ressourcen älterer Menschen fördern kann (vgl. McBee, 2003, S.260).
Mit dieser Masterarbeit möchte die Autorin dazu beitragen zu ermitteln, welche individuelle subjektive Wirksamkeit besteht, nachdem ältere Menschen an einem Achtsamkeitskurs teilgenommen haben. Aus diesem Grund widmet sie sich in dieser Masterarbeit der Fragestellung welche persönlichen Erfahrungen sie mit der Integration ihrer Achtsamkeitspraxis in ihrem Lebensalltag machen. Innerhalb dieser Fragestellung ist genügend Platz, um dieses Phänomen in seiner Tiefe zu ergründen. Das Ziel der Arbeit liegt darin, das Konstrukt der Wirksamkeit bezüglich der Achtsamkeit bei älteren Menschen weiter zu verfolgen. Die Arbeit soll dazu beitragen erfolgreiches Altern zu unterstützen und neue Erkenntnisse zu gewinnen die später evtl. in ein Konzept einfließen können.
Die Arbeit gliedert sich in zwei Teile. Im ersten theoretischen Teil wird auf das Vorhandensein des Alters, der Altersprozesse, den demographischen Alterungsprozess und die Neurogenese eingegangen, da die vorliegende Arbeit ältere Menschen in einem Seniorenzentrum untersucht. Ferner sollen unterschiedliche Alterstheorien beschrieben werden.
Des Weiteren wird das Konzept der Achtsamkeit genauer dargestellt. Es geht dabei um eine möglichst präzise Annäherung, als was Achtsamkeit verstanden werden kann. Möglich wird dies über die Betrachtung seiner ursprünglichen Bedeutung im Buddhismus, seiner Anwendung in der Psychotherapie und über die wissenschaftlichen Definitionsansätze, die feststellen, um was es sich bei dem Achtsamkeitskonzept aus psychologischer Sicht handelt.
Neben Definitionsversuchen wird ein Überblick über aktuelle Meditationstechniken, Achtsamkeitsmeditation als psychologische Intervention, Meditation im Alter und die Ergebnisse des bisherigen Forschungsstandes in Bezug auf die Wirksamkeit, vorgestellt. Den Abschluss bilden Ausführungen zum Konstrukt der Achtsamkeit im höheren Erwachsenenalter.
Nach Erläuterung der konkreten Fragestellungen widmet sich der zweite, empirische Teil der Arbeit der Beschreibung der Stichprobe, der verwendeten Erhebungsinstrumente sowie der Darstellung des Studienablaufes. Anschließend werden die Ergebnisse in Bezug auf die jeweilige Fragestellung dargestellt und näher erläutert. Den Abschluss bilden mögliche Ausblicke der vorliegenden Studie.
Da die vorliegende Arbeit die Wirkungen von Achtsamkeitsmeditation auf ältere Menschen in einem Pflegewohnheim erforscht, wird anknüpfend auf die Bevölkerungsgruppe älterer Menschen eingegangen. Daneben ist es von Bedeutung, differenziert über Menschen höheren Alters zu sprechen.
Dementsprechend werden die variantenreichen Bedeutungen des Alterns erarbeitet. Dabei wird sichtbar, dass es sich um eine mehrdeutige Kuriosität handelt, dass von unterschiedlichen Perspektiven angegangen werden kann und das einen lebenslangen Entwicklungsprozess beschreibt. Aufgrund des demographischen Wandels und den daraus resultierenden Auswirkungen für die Gesellschaft, wird das Thema Alter und Alterungsprozess in der Öffentlichkeit und Politik wahrgenommen.
„Altern ist ein lebenslanger Prozess, der mit der Geburt beginnt und mit dem Tode endet“ (Kruse & Wahl, 2010, S.7). Laut Kruse (2006) besteht ein höheres Lebensalter nicht plötzlich, wobei der Mensch auf einmal alt ist. Das Alter sieht der Gerontologe als einen lebenslangen Prozess an, der mit der Geburt beginnt und mit dem Tod beendet wird. Umgekehrt steht die Begrifflichkeit Alter für eine Lebensphase (S.17).
Der Psychologe Havighurst (1972) vertrat die Meinung, dass Menschen im Laufe des Lebens unterschiedlichen Herausforderungen gegenüberstehen die es zu meistern gilt. Er entwarf darauf aufbauend das Konzept der Entwicklungs-aufgaben. Dies besagt, dass Menschen in endsprechenden Lebensperioden innerhalb einer gewissen Zeitspanne bestimmte Aufgaben erfolgreich lösen, um eine Zufriedenheit zu erlangen. Der Kerngedanke der Entwicklungsaufgaben liegt im höheren Lebensalter auf den Energien, die benötigt werden, um das eigene Leben zu akzeptieren, neue Rollen zu ersetzen und eine Haltung zum Sterben zu entfalten (S.23). Insofern ist Altern das Resultat einer Entfaltung aus dem Zusammenwirken verschiedener Einflüsse. Laut Ferring (2008) ist das Altern ein Austausch zwischen Lebensstilen, der soziokulturellen Umwelt und der Genetik (S.117). Nachfolgend werden noch weitere einzelne Aspekte betrachtet.
Im Fokus dieser Arbeit wird Altern als Merkmal von Menschen der zweiten Lebenshälfte betrachtet. Es stellt sich die Frage – ab wann ist ein Mensch alt? Personen ab 65 Jahren gelten laut WHO (World Health Organization) als „ältere Menschen“. Die Altersgrenze zwischen „jungen Alten“ und „Hochbetagten“ wird in der Gerontopsychologie zwischen 75 und 80 Jahren angelegt (vgl. Roloff, 2005, S.6). In der Berliner Altersstudie (BASE) differenziert Baltes (2010) zwischen „jungen Alten" und den „alten Alten“ (S.2). Die Einordnung in Alterskategorien gestaltet sich jedoch nicht problemlos. Die Altenforscher Kruse und Wahl (2010) vertreten die Ansicht, wenn vom Alter eines Menschen gesprochen wird, sehen die Menschen bei ein und derselben Person verschiedene Alter vor sich (S.3). Es gibt bislang keine handfeste Festlegung oder Auslegung biologischer Prozesse des Alterns bei einem Menschen im fortgeschrittenen Lebensabschnitt. Demzufolge erfolgt der Alterungsprozess individuell, unterschiedlich und differenziert. Mit Zunahme des Alters tritt oft eine wahrgenommene Unterscheidung zwischen dem biographischen, kognitiven, biologischen, kalendarischen und sozialen Altern ein. Dies erklären der Soziologe Höpflinger und die Entwicklungspsychologin Perrig-Chiello (2009) wie im Folgenden:
„Ende der jugendnahen Erwachsenenphase beginnt eine neue Form der Auseinandersetzung mit den Grenzen der eigenen körperlichen Existenz. Der Körper macht nicht mehr alles mit, was von ihm verlangt wird. Menopause, graue Haare bzw. Glatze, Gesichtsfalten usw. sind äussere Zeichen für den beginnenden Verlust eines jugendlichen Körpers. Da bei Frauen der soziale Status stärker als bei Männern mit körperlicher Attraktivität verbunden wird, sehen sich Frauen mit der Diskrepanz zwischen körperlichen Alterssignalen und psychischer Weiterentwicklung verstärkt konfrontiert. Insofern Frauen - von Männern - immer noch weitgehend gemäss jugendbezogenen Attraktivitätsnormen eingeschätzt und geschätzt werden, ist der mit sichtbaren körperlichen Altern verbundene soziale Statusverlust für Frauen fühlbarer als für Männer“ (S.8).
Dabei wird deutlich, dass es einen geschlechtsspezifischen Unterschied zwischen Frau und Mann im Alter gibt. Altern geschieht detailliert und wird über biologische Eigenschaften innerhalb einer Lebensspanne sowie durch den Gesundheitszustand gelenkt (vgl. Stanjek, 2005, S.200). Dabei kann sich das individuelle Altern von 60-Jährigen grundlegend voneinander unterscheiden. Die Abnahme der Lebensdauer oder die Zunahme von „gutem Altern“ hängt beispielsweise von unterschiedlichen Kriterien ab: Die genetischen Bedingungen, individuellen sozialen Kontakte, der Aktivitäten des täglichen Lebens und der Sinnorientierung (vgl. Wissenschaftlicher Dienst Hoffmann-La Roche, 2003, S.27).
Wenn allgemein vom Alter eines Menschen gesprochen wird, ist darunter meistens das kalendarische oder chronologische Alter gemeint. In den westlichen Industrieländern wird der Lebensbeginn mit einer Geburtsurkunde festgestellt. Dagegen definiert das kalendarische Alter den Geburtstag oder beispielsweise die Einschulung. Des Weiteren sind mit dem chronologischen Alter ebenso Rechte verbunden, die es ermöglichen, dass ältere Menschen in den unterschiedlichen EU-Ländern mit einem bestimmten Lebensalter in ihren wohlverdienten Ruhestand treten können. Darüber hinaus steht am Abschluss des biologischen und chronologischen Alterungsprozesses eines Individuums der Tod, der in unseren Breitengraden durch eine Sterbeurkunde beurkundet wird. Im fortgeschrittenen Alter variiert die Entwicklung meistens zwischen dem chronologischen und biologischen Alter. Es fällt oft nicht leicht, dass Alter einer Person einzuschätzen. Die Alterseinschätzung beruht oft auf dem äußeren Erscheinungsbild, auf der Vitalität und der Energielosigkeit einer Person. Demnach wird nicht das chronologische Alter einer Person bestimmt, sondern das „biologische Alter“ oder das „Leistungsalter“ bewertet.
Zwischen den einzelnen Menschen gibt es deutliche Unterschiede in Bezug auf das Alter. Dies bezieht sich ebenso auf den kalendarischen und biologischen Alterungsprozess innerhalb einer Familie. Hinzu kommen der natürliche Verschleiß des Bewegungsapparats und altersbedingte Erkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems. Ferner haben die Lebensführung, Ernährung, soziale Kontakte, kognitive Maßnahmen und die Achtsamkeit als Lebensform Auswirkungen auf den Alterungsprozess eines Menschen (vgl. Vitanet, 2014, S.72). Von diesem Sachverhalt ausgehend, werden in Zukunft mehr ältere Menschen betroffen sein. Dies macht der demographische Alterungsprozess der im weiteren Verlauf vorgestellt wird sichtbar.
Folgend wird der demographische Alterungsprozess in Deutschland dargestellt. Nach der 13. koordinierten Bevölkerungsvorausberechnung des Statistischen Bundesamtes bis 2060 ist ein Bevölkerungsrückgang in Deutschland unvermeidbar. Die jüngere Bevölkerung schrumpft und die Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter von 20 bis 64 Jahren geht stark zurück, während die Zahl der Menschen über 65 Jahre weiter ansteigt. Dabei wird von einer durchschnittlichen Geburtenrate mit 1,4 Kindern je Frau ausgegangen. Daher ist ein Bevölkerungsrückgang in Deutschland auf lange Sicht vorbestimmt. Demnach wird die Zahl der Verstorbenen gegenüber der Zahl der Geborenen immer weiter zunehmen. Hingegen wird die Anzahl der Menschen im Alter ab 65 Jahren weiter ansteigen. Die Anzahl der ab 65-Jährigen wird im Jahr 2060 - 22 bis 23 Millionen betragen. Besonders deutlich schlägt sich die demografische Alterung in den Zahlen der Hochbetagten nieder. Im Jahr 2013 lebten 4,4 Millionen 80-Jährige und Ältere in Deutschland. 2060 wird die Anzahl mit insgesamt 9 Millionen cirka doppelt so hoch sein wie heute. Der Anteil der Hochaltrigen gegenüber der Gesamtbevölkerung betrug 2013 rund 5 %, bis 2060 wird er vermutlich bis auf 13 % zunehmen. Vier von zehn Menschen im Alter ab 65 Jahren werden dann 80 Jahre und älter sein (vgl. Pöscher & Rößger, 2015, S. 5-7). Davon ausgehend lässt es die Annahme zu, dass es zu einer erhöhten Nachfrage von professionellen Pflegeleistungen kommen wird. Sowie einem steigenden Bedarf ambulanter und stationärer Pflege. Unter anderem lässt es die Vermutung zu, dass es zu einer erhöhten Notwendigkeit an qualifiziertem Pflegepersonal kommen wird. Dies wird aus der Bundespflegestatistik sichtbar, die ergänzend in Abbildung 1 dargestellt wird.
Abbildung 1 Quelle: Statistisches Bundesamt 2015
Laut des Statistischen Bundesamtes 2017 zur Pflegestatistik 2017, betrug die Anzahl der Pflegebedürftigen im Sinne des Pflegeversicherungsgesetzes (SGB XI) in Deutschland im Dezember 2017 3,4 Millionen Menschen. Ferner waren 81% der Pflegebedürftigen 65 Jahre und älter; 85 Jahre und älter waren 35%. 24% der Pflegebedürftigen, also 818 000 ältere Menschen wurden in Pflegeheimen versorgt. Im Vergleich 2017 mit 2015 ist die Anzahl der Pflegebedürftigen um 19,4% gestiegen (vgl. Statistisches Bundesamt, Pflegestatistik, 2019, S.8). Somit gewinnt dieser Bereich in Bezug auf sozialen- und pflegerischen Fragen immer mehr an Bedeutung.
Das Phasenmodell wurde erstmals von Havighurst (1948) aufgezeigt und entspricht unterschiedlicher altersgestuften Entwicklungsaufgaben. Laut dem Entwicklungspsychologen beginnt ab dem 50. Lebensjahr das hohe Erwachsenenalter. Dabei unterscheidet das Modell zwischen sechs Aufgaben, die eine reaktive Anpassung an Alternsverluste widerspiegeln - Bewältigung von körperlichen Abbauprozessen, Anpassung an Verlustereignisse, Rückzug aus sozialen Rollen, aktive Teilhabe am sozialen Leben, Identifikation mit der eigenen Altersgruppe, Akzeptanz der eigenen Sterblichkeit (vgl. Ferring, 2008, a.a.O. S.143). Dabei führt die Lösung der entsprechenden Aufgabe im Rahmen der persönlichen Entwicklung zu einer Veränderung und Reifung des Menschen bei. Der Grundgedanke beruht auf der Vorstellung, dass die inneren und äußeren Prozesse, die während des Alterungsprozess ablaufen in jedem Alter gelöst werden müssen. Gelingt dies, wird die Persönlichkeit stabilisiert. Das Ergebnis kann beim Einzelnen von Entwicklungsstufe zu Entwicklungsstufe verschieden-artig ausfallen.
In den nachfolgenden Ausführungen wird zum einen die Kontinuitätstheorie von Atchley und das Modell der Selektiven Optimierung mit Kompensation vorgestellt. Zum anderen folgt die Sozioemotionale Selektivitätstheorie (SST) von Laura Carstensen. Anschließend wird das Zwei-Komponenten-Modell erläutert. Darauf folgend werden der Ansatz und die Erklärung der Struktur und die Entwicklung menschlicher Intelligenz anhand des Zwei-Faktoren Modells von Horn und Cattell besprochen. Des Weiteren wird der Nutzen der Aktivitätstheorie im Alter dargestellt. Im weiteren Verlauf werden die Entfaltungsmöglichkeiten anhand des Kompetenzmodells aufgeführt. Im Anschluss werden Interventionsmaßnahmen in Bezug auf die Gesundheitsförderung innerhalb von Interventionsgerontologie vorgestellt, welche die Leistungsmöglichkeiten und Ressourcen beim Altern erläutert und daraus ableitend darstellt, wie mit Hilfe von Meditationstechniken ältere Menschen ab 60 Jahren unterstützend zum „erfolgreichen Altern“ bestärkt werden könnten.
Atchley (1989) betrachtet „erfolgreiches Altern“ in der Kontinuitätstheorie als Folge von äußerer und innerer Beständigkeit. Dabei wird die innere Beständigkeit auf die physische und soziale Umwelt bezogen. Daneben bezieht sich die soziale oder externe Umwelt vordringlich auf die sozialkulturelle Umgebung wie Familie, Bekannte, Nachbarn, Freunde, die heimische Umgebung, das praktizieren gewohnter Handlungen und der Austausch mit vertrauten Menschen. Der Fokus der externen Kontinuität bezieht sich auf die Beständigkeit der Umweltstruktur. Dies bedeutet in vertrauter Umgebung zu leben, Gewohnheiten beizubehalten oder die Interaktion mit vertrauten Menschen ausüben zu können. Demgegenüber ist die Kontinuitätstheorie eine kognitive Theorie, da sich die innere Beständigkeit auf das Beibehalten einer kognitiven Struktur bezieht. Dies bezieht sich auf die Veranlagung des Temperaments, der Vorlieben, individuelle Fähigkeiten, der Affektivität und den inneren Einstellungen. Die Kontinuitäts-theorie stellt dadurch hauptsächlich das Erlebte in den Mittelpunkt und kann eine Stabilität der eigenen Identität bewirken. Der Schwerpunkt der Kontinuitätstheorie liegt darin, Kompetenzen zu erhalten. Der Rückzug eines älteren Menschen führt laut Atchley zu einem Kompetenzverlust und zu einer möglichen Überforderung der Anpassungsfähigkeit (vgl. Backes & Clemens, 1998, S.167).
Das Modell der Selektiven Optimierung mit Kompensation wurde 1990 von den Psychologen und Gerontologen Paul und Margret Baltes entwickelt. Das Modell erklärt die mögliche erfolgreiche Entwicklung über die Lebensdauer. Dabei wird das Zusammenspiel von Selektion, Optimierung und Kompensation betrachtet. Der Hergang der Selektion bezieht sich auf die Auswahl von verfügbaren Lebensmöglichkeiten und die darauf beruhende Umsetzung, der vorhandenen Fähigkeiten und Ressourcen beim Altern. Durch den Vorgang der Optimierung versucht der Mensch im höheren Alter das Ziel zu erreichen, seine Kompetenzen zu erhalten oder diese zu korrigieren. Für den Fall einer selektiven Optimierung wird nach sinnvollen Mitteln gesucht, um gegebene Einschränkungen - beispielsweise bei Mobilitätseinschränkungen mit einem Gehstock oder bei Ängsten mit Meditationsübungen - zu kompensieren. Dies bedeutet, wenn sich im zunehmenden Alter die Ressourcen reduzieren oder sogar vollständig wegfallen, ermöglicht eine Kompensation, sich den gesteckten Zielen zu nähern. Dadurch ist es möglich, ein selbstwirksames, selbstständiges und zufriedenes Leben zu leben (vgl. Baltes & Baltes, 1990, S.1-34).
„Eine Darstellung des SOK-Modell liefert Baltes am Beispiel von dem Pianist Arthur Rubinstein. „Der spielte im Alter weniger Stücke (Selektion), übte sie besonders gründlich (Optimierung) und verlangsamte sein Tempo vor schnellen Passagen so, dass die nachfolgenden Läufe im Kontrast besonders schnell wirkten (Kompensation). Damit schuf er allerdings Ausgleich für Einbußen, die meist ohnehin erst im Ruhestand zu erwarten sind“ (Stangl, 1990, S.9).
Die selbstbestimmten Kontaktbedürfnisse verändern sich im Alter und führen zu Veränderungen des sozialen Netzwerks. Das Modell von Laura Carstensen erklärt, wie im Alter mit vertrauten Sozialkontakten im Alter umgegangen wird. Die Theorie erklärt die empirisch nachzuweisende Abnahme sozialer Kontakte sowie den Wandel des Konversationsmusters im Alter, welches nicht durch einen inneren Rückzug resultiert. Die Psychologin Carstensen erklärt die Veränderung der Beziehungsbedürfnisse im Alter. Diese Veränderungen erfolgen durch einen Prozess, indem ältere Menschen eine Umstrukturierung der sozialen Aktivitäten durchführen, wenn ein erheblicher emotionaler Gewinn erwartet wird. Dabei werden Wahrnehmungen, die mit positiven Erfahrungen assoziiert werden, ausgesucht und gepflegt. Nach Auffassung der sozioemotionalen Selektivitäts-theorie nehmen bei älteren Menschen die Kontakte ab, im Gegensatz dazu nimmt die Intensität und die Qualität der erstrebenswerten Kontakte zu (vgl. Carstensen, 2011, S. 12-24).
Jeder Mensch altert unterschiedlich. Dabei kommt es vor, dass bei Betagten eine hohe Leistungsfähigkeit bei gleichzeitigem starken geistigen Abbau vorzufinden sind, oder umgekehrt. Dies bezieht sich auch auf die individuellen einzelnen Fähigkeiten, die zusammenfassend die Intelligenz ausmachen. Beispielsweise lassen die Geschwindigkeit und die Genauigkeit nach, mit der Wahrnehmungs- und Denkaufgaben aufgelöst werden. Eines der anerkanntesten Modelle der Intelligenzentwicklung wurde von den Psychologen Horn und Cattell (1966) publiziert. Das Modell der fluiden und kristallinen Intelligenz gehört zu den bedeutsamsten der Intelligenzforschung (vgl. Baltes, Lindenberger & Staudinger, 1995, S. 52). Sie beruht auf der Differenzierung zwischen den folgenden Intelligenzfaktoren:
V Die Fluide Intelligenz: Diese beinhaltet weitgehend die angeborene Leistungsfähigkeit und spiegelt die Fähigkeit wider, sich neuen Problemen und Situationen anzupassen. Zur fluiden Intelligenz zählt eine schnelle Auffassungsgabe, ein gutes Gedächtnis, konzentriertes lernen und logisches Denkvermögen. Sie ist genetisch festgelegt und befähigt den Menschen, schnell und abstrakt zu denken, wobei diese Fähigkeit tendenziell im späten Erwachsenenalter abnimmt. Studien zeigten, dass die fluide Intelligenz durch die Stärke des Arbeitsgedächtnisses bestimmt wird. Das Arbeitsgedächtnis besitzt die Besonderheit, dass es durch zielgerichtetes Training gesteigert werden kann. Neuere Untersuchungen (Godwin et al., 2017, S.140-153) zeigen auf, dass die fluide Intelligenz im Gehirn mit einem spezifischen Ruhenetzwerk (Default Mode Network) in Verbindung steht. Dabei wird das Netzwerk hauptsächlich vor allem bei Tagträumen im Gehirn aktiv. Dies hat zur Folge, dass das Ruhenetzwerk bei der Lösung von Aufgaben deaktiviert, aber bei einer Aktivität ein reiz-unabhängiges Denken ermöglicht. In diesem Zustand können Menschen auf Gedankenreisen gehen, in die Zukunft planen oder einen bestimmten Sachverhalt im Kopf reflektieren. Dieses Ruhenetzwerk im Gehirn wird aktiv, wenn ein Mensch seinen Blick auf einen Punkt an der Wand konzentriert. Die fluide Intelligenz wird auch als die Mechanik des Geistes, die die Geschwindigkeit und Genauigkeit der Informations-verarbeitung umfasst, bezeichnet. Altersbedingte Einbußen in der mechanischen (fluiden) Intelligenz lassen sich durch geeignetes Training in gewissem Maße ausgleichen (Stangl, 2012, S.4).
V Die kristalline Intelligenz: Unter kristalliner Intelligenz werden in der Psychologie, das gesammelte Wissen und die Ausdrucksfähigkeit eines Menschen verstanden. Sie schließt neben dem verbalen Ausdrucks-vermögen die soziale Kompetenz mit ein. Sie lässt sich bis ins hohe Alter steigern. Demnach beruht die kristalline Intelligenz überwiegend auf Erfahrung, setzt einmal Gelerntes zueinander in Beziehung und wird kulturell geformt. Die kristalline Intelligenz wird auch als die pragmatische Intelligenz bezeichnet (Stangl, 2019, S.2).
Im Rahmen der amerikanischen Sozialarbeit entstand 1945 die sogenannte Aktivitätstheorie. Diese wurde in den 70er-Jahren als die Aktivitätstheorie des Alterns weiterentwickelt (vgl. Lemon, Bengtson & Petersen, 1972, S. 511-523). Diese setzt voraus, dass die Lebenszufriedenheit überwiegend durch aktive Aktivitäten im sozialen und alltäglichen Leben für ein erfolgreiches Altern steht. Die Überprüfung der Aktivitätstheorie macht sichtbar, dass der Übereinstimmung von persönlich gewünschter und tatsächlich bestehender Teilhabe eine Schlüsselrolle für die Zufriedenheit im Alter zufällt. Dabei wird die Altersphase nicht mehr wie früher als ein kurzer Lebensabend zugeordnet, sondern als eine unabhängige Lebensdauer, die durch die Übernahme sozialer Aufgaben mit Sinn ausgefüllt werden soll. Diese Entwicklung ist in den letzten Jahren in der gesellschaftlichen Diskussion über das Altern wahrzunehmen. Dabei werden ältere Menschen angeregt, ihre Kompetenzen und Ressourcen zu nutzen und diese anzuwenden (Vgl. Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, 2006, S.337-353).
In den Sozialwissenschaften wird die Kompetenz als „Fähigkeiten, Fertigkeiten und Kenntnisse, die ein Mensch braucht, um seine individuelle und konkrete Situation bewältigen zu können“ definiert (Stanjek, 2005, S. 95). Im Rahmen der Berliner Altersstudie BASE wurde der Begriff - Kompetenz im Alter - von Paul Baltes in die Gerontologie eingeführt. Dabei wurden die Fähigkeiten, Fertigkeiten und Kenntnisse zu einem Kompetenzmodell entwickelt (vgl. Baltes & Mayer, 1998, S.37). Dieses Modell ermöglicht die Alternativen des älteren Menschen zu diskutieren, die Aktivitäten auszuüben, die ihm gestatten, sich wohl zu fühlen und sich zu entfalten (vgl. Olbrich, 1987, S. 320). Dabei wird zwischen der Alltagskompetenz die sich der Teilkompetenzen bedient und der Handlungskompetenz die sich aus unterschiedlichen Schlüsselqualifikationen zusammensetzt, um Defizite zu kompensieren, unterschieden. Darunter fallen motorische, kognitive, psychische und soziale Kompetenzen, um sich in der Gegenwart und der Zukunft auseinanderzusetzen (vgl. Stanjek, 2012, S. 95-96).
Interventionsmaßnahmen werden mit dem Anstieg der Lebenserwartung und mit zunehmendem Anteil der über 65-Jährigen immer wichtiger. Die Interventions-gerontologie die in den 1970er Jahren strukturiert wurde, versucht wie durch Maßnahmen ein hohes Lebensalter mit Wohlbefinden erreicht werden kann, zu definieren (vgl. Lehr, 1979, S.6). Der Ausgangspunkt der Definition legt die Vermutung nahe, dass sich der physische und kognitive Abbau gekennzeichnete Verlauf des Alterns durch gezielte Maßnahmen verbessern lässt. Es wird versucht zu erklären, wie veränderte Verhaltensweisen über Veränderungen der Umwelt herbeigeführt werden können. Dabei betont Wahl, dass es bei den verschiedenen Interventionsformen nicht nur auf die Umgestaltung individueller Einzelfähigkeiten ankommt, sondern eher die Auswirkung auf das persönliche Leben als Ganzes von Wichtigkeit sei (vgl. Wahl & Tesch-Römer, 1998, S. 76-88). Demnach zielen die verschiedenen Interventionsmaßnahmen auf die Erhaltung der Fähig- und Fertigkeiten ab, die es ermöglichen, dass der ältere Mensch seine unabhängige und selbstständige Lebensweise aufrechterhalten kann (vgl. Wingchen, 2001, S.13-19). Im Rahmen der Zunahme des Anteils älterer Menschen aus demografischer Sicht, bedarf es neuer Interventionsansätze, um den daraus resultierenden Beeinflussungen auf das Gesundheitssystem zu begegnen. Dabei gewinnen Maßnahmen in Bezug auf die Gesundheitsförderung zunehmend an Bedeutung (vgl. WHO, 1986, S. 425-430). Der überlegte Nutzen von Meditationstechniken wie die der Achtsamkeits-meditation könnte unter dieser Annahme als ein ganzheitlicher Ansatz Verwendung finden.
Die hier beschriebenen Alternstheorien behandeln wesentlich das Leistungsvermögen und die Ressourcen im Altern. So gelingt „erfolgreiches Altern“ nach Havinghurst durch einen inneren und äußeren Prozess, der es ermöglicht die Persönlichkeit zu stabilisieren. Laut Baltes & Baltes kann dies durch Selektion, Optimierung und Kompensation gelingen, wenn Leistungsvermögen und Ressourcen sich vermindern. „Gelingendes Altern“ hängt somit nicht ausschließlich vom chronologischen Altern oder von der fluiden Intelligenz ab. Sozioemotionale Selektivitätstheorie knüpft beim Altern an die individuellen Differenzen einzelner Bereiche an. Das Zwei-Komponenten-Modell zeigt auf, dass die mechanisch (fluide) Intelligenz altersbedingte Verluste durch geeignetes Training sich in gewissem Maße ausgleichen lassen. Hingegen lässt sich die kristalline Intelligenz bis ins hohe Alter steigern. Die Aktivitätstheorie offenbart, dass es möglich ist, dass ältere Menschen angeregt werden, ihre Kompetenzen und Ressourcen zu nutzen und diese anzuwenden. Auch das Kompetenzmodell legt dar, dass ältere Menschen ihre Kompetenzen einsetzen können, um ihre Gegenwart und in deren Zukunft zu bestehen. Die Interventions-maßnahme der Interventionsgerontologie zielt auf die Erhaltung der Fähig- und Fertigkeiten ab, die es erlauben, dass der ältere Mensch seine individuelle, unabhängige und selbstständige Lebensweise aufrechterhalten kann.
Bereits an dieser Stelle sei darauf hingewiesen, dass genau genommen auch die Achtsamkeitsmeditation zum „gelingenden Altern“ beitragen kann. Sie regt, wie einige Studien belegen, die Stimulierung von Selbstheilungskräften an und kann durch die Förderung von Ressourcen wie Sinnorientierung, Lebensqualität und „subjektivem Wohlbefinden“ die „Energiefresser“ - wie Stress, Routine, Langeweile, Resignation, Sinnesleere - im Alter fernhalten. Bevor dieser Aspekt dargestellt wird, wird im Weiteren auf die Neurogenese eingegangen.
Die Bildung von Nervenzellen aus bestimmten Stamm- oder Vorläuferzellen wird als Neurogenese definiert. Dabei wird zwischen Neurogenese innerhalb der Embryonalentwicklung (embryonale Neurogenese) und nachfolgend einer Geburt (adulte Neurogenese) differenziert. In dem vorliegenden Abschnitt dieser Arbeit ist die adulte Neurogenese gemeint. Laut Shors (2010) entstehen im Gehirn täglich neue Nervenzellen (S.37). Einige Forscher vermuten, dass bestimmte Nervenzellen frühzeitig absterben und andere Neuronen überleben, die für gewisse Lernvorgänge von Bedeutung sind. Andere wiederum bleiben erhalten, wenn sie genügend gefordert werden. Die Neurowissenschaftlerin Elizabeth Gould fand 1990 an der New Yorker Rockefeller University heraus, dass im Hippocampus, der für Lernen und Gedächtnis verantwortlich ist, im Gehirn von erwachsenen Ratten neue Neuronen entstehen. Sie beobachtete, dass eine Vielzahl von Neuronen im Gehirn wachsen und neue Verbindungen zwischen ihnen entstehen, wenn ein abwechslungsreiches Umfeld gewährleistet ist. Andere Forscher kamen bei Mäusen im Versuchslabor zu den gleichen Ergebnissen (vgl. Shors, 2010, S. 37f). Laut Eriksson und Gage wurden die gleichen Ergebnisse bei fünf schwerkranken älteren Menschen mit Todesfolge nachgewiesen. Es wurde aufgezeigt, dass es bei Menschen im höheren Alter zu einer vermehrten Bildung neuronaler Stammzellen und Nervenzellen kommt, wenn ein abwechslungsreiches Umfeld gegeben ist (vgl. Eriksson et.al.,1998, S.1313-1317).
Nach dem gegenwärtigen Kenntnisstand lässt sich die Neurogenese mithilfe sozialer Kontakte, geistiger Tatkraft und körperlicher Bewegung intensivieren. Dabei bietet sich die Achtsamkeit als Möglichkeit der Lebensgestaltung im Alter an. Dies kann zu Prozessen der neuronalen Plastizität beitragen (vgl. Kabat-Zinn, 2011, S.121).
Eine australische Arbeitsgruppe fand im Jahr 2009 bei der Auswertung von sieben randomisierten Studien heraus, dass es zu einer Steigerung der neuropsychologischen Leistungsfähigkeit kommt, wenn bei gesunden älteren Menschen ein kognitives Training durchgeführt wird (vgl. Valenzuela & Sachdev, 2009, S.179-187).
Ein weiteres amerikanisches Forschungsteam konnte 2010 aufzeigen, dass sich bei den Studienteilnehmern nach einem Meditationstraining in kürzester Zeit die geistigen Fähigkeiten verbesserten. Ferner konnte nachgewiesen werden, dass die Teilnehmer mit Achtsamkeitsmeditationstraining in kognitiven Tests deutlich besser abschnitten als die Kontrollgruppe (vgl. Zeidan, Johnson, Diamond, David & Goolkasian, 2010, S. 597-605).
In der Wissenschaft wird Altern ferner als adulte Neurogenese bezeichnet. Dabei wird die Auffassung vertreten, dass mit Unterstützung von adulter Neurogenese das hippocampale Netzwerk gesteigert werden kann. Täglich werden bei jungen Menschen neue Nerven- und Gehirnzellen gebildet. Diese werden fortlaufend vom Gehirn neu produziert, wenn der Mensch nicht permanent im Stress ist. Hingegen wird im höheren Alter weniger produziert. Die Alternsforschung vertritt die Einstellung, dass eine neurogene Reserve bedeutsam ist. Die neuronale Plastizität, welche dazu dient, die Funktionen des Nervensystems zu erhalten, anzupassen und ggf. zu erweitern, könnte durch lebenslanges „Training“ hergestellt werden. Dadurch würde die Bereitstellung neuer Nervenzellen gewährleistet sein, um bis ins hohe Alter die kognitive Gesundheit durch Anpassungsvorgänge zu ermöglichen (vgl. Kempermann, 2010, S.47-55).
Ein weiterer Standpunkt wird von Elisabeth Gould geäußert. Damit adulte Neuronen fortwährend neu gebildet werden, darf der Mensch nicht unaufhörlich gestresst sein. Diese Annahme wird durch aktuelle Studienergebnisse bestätigt, die von der Psychologin Elisabeth Gould und ihrem Team an der Princeton University erhoben worden sind. Sie leitet die Vermutung ab, dass es wichtig sei zu lernen, wie mit Stress positiv und angemessen umgegangen werden kann (vgl. Schoenfeld, 2012, S.12-21).
Einige Forscher vertreten die Mutmaßung, dass Neuronen für festgelegte Lernvorgänge von Bedeutung sind und daher überleben. Hingegen bleiben andere Neuronen nur bestehen, wenn sie richtig beansprucht werden. Hier sind gegenwärtig die Psychogerontologie und die Neurowissenschaften gefragt. Im Laufe des Lebens bilden sich bis zu einem Drittel neue spezifische Nervenzellen, fanden vor nicht allzu langer Zeit Forscher des Karolinska-Instituts in Stockholm heraus (vgl. Spalding, 2013, S.1219-1227). Diese Erkenntnisse lassen den Gedanken zu, dass die Kompetenzen und Defizite des alternden Menschen aktiviert und kompensiert werden können. In der Vergangenheit ging man davon aus, dass die neuronale, motorische, kognitive, psychische und soziale Entwicklung des Kompetenzerwerbs mit dem Erwachsenenalter abgeschlossen sei. Mittels spezifischer bildgebender Verfahren wie der Magnetresonanz-tomographie in Verbindung mit einem EEG konnten Neurowissenschaftler darlegen, dass das Gehirn sich ein Leben lang verändert. Dieser Prozess wird als neuronale Plastizität bezeichnet (vgl. Villringer, 2010, S. 90-91). Hinzu kommt die Feststellung in Bezug der adulten Neurogenese, welche bestätigt, wie bereits im vorigen Abschnitt dargelegt wurde, dass neue Neuronen bzw. Nerven-Zellen täglich im Hippocampus und Frontalhirn entstehen, während die vorhandenen alten Nervenzellen sich nicht reproduzieren.
Wissenschaftler haben festgestellt, dass Faktoren wie kognitives Training, das Überleben von Neuronen sichern und eine „Reserve“ neuronaler Plastizität schafft. Durch die „adulte Neurogenese ist Lernen, die Erwerbung neuer Kompetenzen, oder die Bewegung bis ins hohe Alter möglich (vgl. Birkenbihl, 2007, S.95).
Das Programm MBSR kann Stress, reflektiertes Denken und Ängstlichkeit vermindern. Des Weiteren kann es das Einfühlungsvermögen und das Mitgefühl von gesunden Menschen erhöhen. Dieser Kenntnisstand wurde durch Hirn-Scans bewiesen. Es wurde sichtbar, dass Funktionsareale des Gehirns wie die graue Substanz im linken Hippocampus und angrenzenden Regionen deutlich an Dichte zunahmen. Diese Funktionsareale des Gehirns sind für die Selbstwahrnehmung, Mitgefühl und die Lern- und Gedächtnisprozesse verantwortlich. Dies wurde von Forschern bei MBSR Teilnehmern festgestellt, die acht Wochen Meditationstraining mit täglich 45 Minuten Übungsdauer durchführten (vgl. Chiesa & Serretti, 2009, S.593-600).
Die Fragestellung, ob die Achtsamkeitsmeditation die geistige Mobilität des Gehirns im höheren Alter aufrechterhalten kann, müssen weitere Studien belegen. „Nichts desto trotz sehen Wissenschaftler in der Neurogenese, die die Bildung von Nervenzellen aus Stamm- und Vorläuferzellen beschreibt, insbesondere ein Feld für Möglichkeiten in der Prävention“ (Assmann Stiftung, 2013, S.40).
Im weiteren Verlauf werden buddhistische Konzepte vorgestellt, die für jeden Praktizierenden einen hohen Stellwert aufweisen, da die Konzepte in allen buddhistischen Traditionen von hoher Bedeutung sind.
Dadurch das Buddha die Vier Edlen Wahrheiten unterwies, begann sich das Rad des Dharmas zu drehen. Dieses besagt – wer die vier edlen Wahrheiten durchschaut – findet die Erlösung. „Vom Leiden; von der Gier (Tanha) als der Ursache des Leidens; von der Aufhebung der Gier als Methode zur Beendigung des Leidens; und vom Achtfachen Pfad der Selbstzucht“ (Schumann, 1976, S.23).
Das Leiden ist gegeben, besagt die erste edle Wahrheit. Jeder Mensch ist dem Umstand Alter, Krankheit und Tod unterlegen. Sorge, Verzweiflung, Altern und Krankheit sind intermittierend Faktoren mit dem jeder Mensch konfrontiert wird. Dies resultiert daraus, dass alle Faktoren einem kontinuierlichen Wechselspiel unterliegen. In jedem Augenblick stehen Geburt und Tod im Einklang. Gegenwärtig ist etwas entstanden, schon vergeht es wieder. Nichts Anregendes währt ewig (vgl. Hanh, 1991, S.71).
Laut Dalai Lama gibt es in der Welt vier Kennzeichen. Die Selbstlosigkeit, Leidhaftigkeit, Unbeständigkeit und die Leerheit. Als Unbeständigkeit kann der menschliche Körper genannt werden. Der Leidend und zu Sterben vermag und somit als unbeständig definiert werden kann. Ebenso entstehen Gefühle oder Beziehungen die wieder vergehen können. Auch auf die Politik lässt sich die Unbeständigkeit übertragen, erwähnt sei an dieser Stelle die oft nicht beachtete Nachhaltigkeit in Bezug auf die Gesellschaft.
Eine fehlende Selbstbestimmung kann als Leidhaftigkeit wahrgenommen werden, wenn dem Individuum die eigenständige Selbstständigkeit entzogen wird. Dies kann unter anderem durch eine Krankheit erfolgen. Oder wenn Menschen sich in ungesunden Arbeitsprozessen unterordnen müssen, obwohl sie eigene Ideen entwickeln, die es ermöglichen würden Arbeitsprozesse so zu gestalten, dass Menschen gesund in Unternehmen altern könnten. Daher veranschaulichen einige Textabschnitte aus Buddhas Lehren, dass Menschen unter glücklichen Umständen existieren können, wenn sie gesund sind und sie die Möglichkeit haben in einer Gesellschaft zu leben, die es zulässt, relativ frei zu leben.
Leerheit und Selbstlosigkeit charakterisieren das Phänomen, dass es kein unabhängiges Selbstbild gibt, vielmehr, dass dieses Selbst sich in einem fortlaufenden Wechselspiel befindet, wie die naturwissenschaftliche Psychologie nebenbei darauf deutet, dass das allgemeine „Selbstbild der Menschen als illusionär bezeichnet werden muss“ (Grepmair & Nickel, 2007, S.6). Auch andere Wissenschaftler merken an, dass das Fühlen, Denken oder sich Entscheiden nicht aus dem bewussten „Ich“ entsteht, sondern dies Prozesse sind, die vorweg ohne unser Bewusstsein entstanden sind (vgl. Grawe, 2004, S.87).
Mit der Ursache des Leidens beschäftigt sich die zweite Wahrheit. Leiden tritt nach der buddhistischen Psychologie ein, weil wir uns an etwas „festhalten“. Darunter wird verstanden, dass ein Mensch die Auseinandersetzung mit Veränderungen scheut und sich an gewohnte Gegebenheiten klammert. Dabei ist es sinnvoll zwischen Schmerz und Leiden zu unterscheiden. Jeder Mensch verliert im Laufe seines Lebens Dinge, die ihm wichtig und wertvoll erscheinen. Ihm wiederfährt Ungewissheit oder Einsamkeit. Dies können schmerzhafte Prozesse sein. Der Mensch versucht nicht sich mit dem Schmerz auseinander-zusetzen, sondern ihn zu vermeiden. Dieser Sachverhalt kann zum Leiden führen. Dabei verliert er sich oft in Nebensächlichkeiten und versucht den Schmerz aus seinem Leben auszuschließen. Damit er sich gut fühlt, wird er versuchen das Leben zu kontrollieren und den Schmerz auszuschließen. Dennoch ist alles im Fluss, nichts bleibt so wie es ist und auf das nicht Einlassen dieses Wechselspiels entsteht Leid (vgl. Kornfield, 2008, S.183).
„In seiner ersten Lehrrede nach seinem Erwachen kennzeichnete der Buddha den Menschen als ein Wesen, das von „Durst“ (Trisna) getrieben ist. Er meinte damit nicht nur den physischen Nahrungsbedarf aller Lebewesen, sondern auch den Durst nach Sein oder Nichtsein, nach Haben-wollen (Gier) und Nicht-haben-wollen (Hass); vor allem aber den Durst nach Ich-sein, nach Abgrenzung, Bestätigung, Verewigung eines Selbst. Buddha nahm damit bereits eine Einsicht vorweg, die auch die moderne Ökonomie und Psychologie leitet. Hier wird der Mensch als ein „Mängelwesen“ beschrieben, als ein Wesen, das durchgehend angetrieben wird von „Bedürfnissen“ und „Trieben“, vom Verlangen nach Nahrung, Kleidung, Behausung und Sexualität“ (Litsch, 2004, S.33).
Demzufolge wird innerhalb dieser Thematik von den „Drei Wurzelgiften“ gesprochen, mit welchen ein Mensch in Bezug auf sein Leben umgeht. Zum einen gibt es da die Gier, womit ein Mensch beschäftigt ist, um beispielsweise Besitztümer anzuhäufen, die ihm behilflich sein sollen, die Illusion eines Selbst aufrecht zu erhalten. Zum anderen gibt es den Widerwillen, mit dem ein Mensch dagegenhält sobald die Illusion in Frage gestellt wird. Letzthin trägt oft das Unvermögen des Menschen bei, den fortwährenden Wandel und die Vergänglichkeit zu erkennen (vgl. Kornfield, 2008, a.a.O. S.246).
Mit dem Weg, der das Leben aufhebt beschäftigt sich die dritte Wahrheit. Dabei geht es darum, die Wahrheit des Lebens zu begreifen. Schmerz, der am Leben beteiligt ist, kann nicht ausgegrenzt aber akzeptiert und angenommen werden. Die Realität des Lebens zu erfassen, bewirkt eine Auflösung „jeden Kummers, jedes Leids und lässt Frieden und Freude entstehen“ (Hanh, 1991, a.a.O. S.140).
Laut Hanh (1991) legt die vierte Wahrheit dar, mit welchem Weg das Leiden verhindert werden kann. Er vertritt die Ansicht, dass der Mittlere Weg beide bedeutende Sachverhalte wie Kummer oder Leid verhindert und gleichzeitig die Eigenschaft besitzt, den Mensch zur Einsicht, Befreiung und Frieden zu führen (S.138). Darunter wird „der Edle Achtfache Pfad von Rechtem Verstehen, Rechtem Denken, Rechter Rede, Rechtem Handeln, Rechtem Lebenserwerb, Rechtem Bemühen, Rechter Achtsamkeit und Rechter Konzentration“ verstanden (Hanh, 1991, a.a.O. S.139). Der Edle Achtfache Pfad ist die Vierte Wahrheit. Sie ermöglicht einen praktischen Weg zu beschreiten, um durch die Auflösung der Zweiten Wahrheit die Erste Wahrheit zu überwinden und zur Dritten Wahrheit zu gelangen.
Weitgehend kann die Lehre der Vier Edlen Wahrheiten insofern so verstanden werden, dass die Erste Wahrheit die Beschwerden und deren Merkmale beleuchtet, die Zweite Edle Wahrheit das Erkennen, die Dritte Edle Wahrheit die Möglichkeit der Wahrnehmung der Lebenswahrheit und die Vierte Edle Wahrheit die Auflösung der Beschwerden (vgl. Buchheld & Walach, 2006, S.25-46).
Dem Buddhismus entsprechend lässt sich der edle achtfache Pfad in drei Bestandteile unterteilen siehe Abbildung 2. Der erste Bestandteil umfasst das ethische Verhalten und setzt sich aus der rechten Rede, dem rechten Handeln und dem rechten Lebenserwerb zusammen.
1) Die rechte Rede setzt sich aus einer gewaltfreien Kommunikation zusammen und verzichtet auf Verleumdung, kränkende Worte und einer Vermeidung übler Nachrede.
2) Das rechte Handeln beinhaltet, die Enthaltung eines Geschlechtsverkehrs der Bekümmernisse auslöst und nicht zu töten.
3) Der rechte Lebenserwerb bedeutet, einen Beruf zu praktizieren, der ethische und moralische Regeln nicht verletzt.
Der zweite Bestandteil gestaltet die Basis, um einen fokussierten Geist zu bilden und setzt sich aus der rechten Anstrengung, die rechte Achtsamkeit und der rechten Vertiefung zusammen.
4) Die rechte Anstrengung beinhaltet die tägliche persönliche Herausforderung und Anstrengung unheilvolle Handlungen wie beispielsweise bewusste Verfehlungen zu unterlassen. Dagegen sollte versucht werden, eine emphatische Grundeinstellung zu entwickeln, die Positives in der Gesellschaft bewirkt.
5) Die rechte Achtsamkeit beinhaltet ein konstantes Wahrnehmen des Körpers, der Gedanken und Emotionen. In der buddhistischen Ausübung wird die Achtsamkeit als das Wesentlichste beschrieben. Darauf wird im weiteren Verlauf der Arbeit noch weiter eingegangen werden.
6) Die rechte Vertiefung (Streben) stellt die Meditation dar. Nur die tägliche Meditation erlaubt es, einen unruhigen Geist zu besänftigen. Beispielsweise kann ein ruheloser Mensch durch die Meditation sein inneres Gleichgewicht wiederfinden.
Der dritte Bestandteil formt die Weisheit. Diese setzt sich aus der rechten Anschauung und der rechten Konzentration zusammen.
7) Die rechte Anschauung legt dar, dass jedes Individuum die Möglichkeit hat, die Wirklichkeit der Vier Edlen Wahrheiten zu erfassen.
8) Die rechte Konzentration (rechtes Versenken) weist darauf hin, sich um eine nachsichtige Verstandestätigkeit zu bemühen, denn nur in einem füreinander einstehenden und geruhsamen Bewusstsein, kann Weisheit entstehen.
Der achtfache Pfad kann unvergänglich und für sich bestehend als Geistestraining angesehen werden, dass den Menschen unterstützen kann, sein Leiden und die Ursachen seines Leidens zu beseitigen. Der Hauptbestandteil um das Leiden zu beseitigen ist die Achtsamkeit. Die Achtsamkeit ermöglicht es, die Unkenntnis zu durchdringen und die Einsichtnahme in die – Daseinsmerkmale Vergänglichkeit, Unzulänglichkeit und Leerheit als universaler Grund des Seins zu erhalten. Achtsamkeit ist diesbezüglich mehr als eine Beobachtungs- oder Konzentrationsfähigkeit, da sie die Gelegenheit bietet die wahre Natur der Begebenheiten zu erkennen (vgl. Gruber, 1999, S.198-201).
Abbildung 2 Quelle: Der Achtfache Pfad (Wikipedia, keine Autorenkennzeichnung erforderlich)
Ein Kernstück der buddhistischen Lehre ist die Praxis der Achtsamkeit (engl. „mindfulness“) (vgl. Nyanaponika, 1980, S.12). Die vormalige Darlegung der Achtsamkeit zeigt sich in der Vierten Edlen Wahrheit, als Bestandteil des Achtfachen Pfades. Weitere Spuren der Achtsamkeit finden sich in den christlichen Traditionen des Westens (vgl. Buchheld & Walach, 2006, a.a.O. S. 25-46). Auch der Neurologe und Psychoanalytiker Sigmund Freud fügte Bestandteile, die der Achtsamkeit entsprechen, in seine Praxis mit ein. So erfüllt die „gleichschwebende Aufmerksamkeit“ des Analytikers die Funktion, der traditionellen Achtsamkeitshaltung (vgl. Freud, 1912, S.169-180).
Seit geraumer Zeit kann in der gegenwärtigen Gesellschaft durch mannigfaltigen Therapieansätze, wie beispielsweise der Mindfulnes-based Stress Reduction, der Acceptance and Commitment Therapie oder der Dialektisch Behavioralen Therapie eine Integration von Achtsamkeit wahrgenommen werden. Daneben bekommt Achtsamkeit zunehmend einen hohen Stellenwert in wirtschaftlichen Organisationen (vgl. Williams, 2006, S. 361-376).
Die Achtsamkeit sagt aus, sich auf den jetzigen Augenblick zu fokussieren und wahrzunehmen. Auf das was ist und nicht auf das, was sein könnte, oder sein soll (vgl. Anderssen-Reuster, 2007, S.3). Dabei geht es darum, „eine bestimmte Art von Aufmerksamkeit - bezogen auf die Erfahrungen des gegenwärtigen Moments, ohne sie bewerten zu wollen“ oder sich in ihnen wieder zu erkennen (Buchheld & Walach, 2006, a.a.O. S. 26).
Aktuelle neuropsychologische Erkenntnisse stellen fest, dass das Gehirn seine eigene subjektive Gedankenwelt zurechtlegt, die mit den äußeren Aktivitäten der Umwelt nur begrenzt zusammenhängen. Dabei werden Reize und Informationen aufgenommen, jedoch selektiv und deutend. Dass was wahrgenommen wird, ist nicht das, was augenscheinlich vorliegt (vgl. Grepmair & Nickel, 2007, S. 64-67). Aus der Fülle der Informationen des täglichen Lebens, konstruiert das Gehirn eine Realität. Hingegen bedeutet Achtsamkeit, die Reichhaltigkeit von Gefühlen, Gedanken und Sinneseindrücke, die durch eine Reizaufnahme verursacht werden, wahrzunehmen und diese nicht festzuhalten und zu bewerten. Was den Alltag anstrengend macht, sind nicht die Wahrnehmungen, sondern die nachfolgenden Gedanken. Diese zeigen sich im Alltagsbewusstsein in einer kontinuierlichen Bewertung und Interpretation der Begebenheiten. Durch Wahrnehmen und Annehmen der gegebenen Umstände, besteht die Möglichkeit diesen innerlichen Beurteiler zu beseitigen (vgl. Grossmann, 2006, S. 69-84).
In einem Zwei-Komponenten-Modell wird versucht, eine wissenschaftliche Begriffsbeschreibung darzustellen, indem signifikante Verhaltensmerkmale und inbegriffene psychologische Entwicklungen der Achtsamkeit beschrieben werden. Danach drückt sich Achtsamkeit durch die Eigensteuerung der Gegenwertigkeit und einer eindeutigen Haltung gegenüber der gegenwärtigen Erkenntnis aus. Durch diesen selbst-korrigierenden Ablauf wird die augenblickliche Gegenwart stetig auf den jetzigen Augenblick gelenkt, indem unmittelbare Anreize wie Emotionen oder Gedanken nur festgestellt werden, ohne auf sie zu beharren. Weiter wird angenommen, dass durch eine Achtsamkeitsmeditation die mentale Begabung intensiviert wird, um mit Anstrengungen besser umgehen zu können. Die Entfaltung eines inneren Beobachters, der das Erleben erfasst, ohne übereilt zu bewerten, verhilft dem Meditierenden zu mehr Gelassenheit, um mit schwer zu fassenden Gegebenheiten besser umzugehen (vgl. Bishop et al., 2004, S.230-234). Einige Resultate wie beispielsweise das Verabschieden von Leiden und Unzufriedenheit, das Erleben von Frieden und Glück, ein positives Körpergefühl, oder das Überwinden von Traurigkeit, wird von Buddha als positives Ergebnis der Achtsamkeitspraxis bezeichnet. Dabei ist schlussendlich der Sinn der Achtsamkeitspraxis die Aufhebung des Leidens. Buddha ging es darum, Möglichkeiten zu finden, um das Leiden aller wahrnehmenden Geschöpfe zu bewältigen (vgl. Gruber, 2002, S.97). Die zielgerichtete Anwendung von Meditationstechnik wie die der Achtsamkeitsmeditation könnte in diesem Zusammenhang als ein gesamtheitlicher Ansatzpunkt Verwendung finden.
Im Folgenden wird die Begrifflichkeit der Meditation dargestellt. Danach werden verschiedene Meditationstechniken beschrieben. Im Anschluss erfolgt die Beschreibung der Ergebnisse bereits vorliegender Studien zu Meditation mit älteren Menschen.
Eine klar endgültig belegte Definition von Meditation lässt sich angesichts unter-schiedlicher Meditationstechniken nicht identifizieren. Da jedoch der Nachvollziehbarkeit und Vergleichbarkeit innerhalb wissenschaftlicher Untersuchungen ein hoher Stellenwert zukommt, sollte die Meditationstechnik genau beschrieben und eingeordnet werden können. Daher werden im Folgenden verschiedene Definitionsdeutungen anschaulich dargestellt werden.
In Wahrigs Wörterbuch findet sich die gängige Definition von „meditieren“ die da lautet: „sich in Gedanken, Betrachtung versenken, tief nachdenken, über eine Sache meditieren“ (Wahrig-Burfeind, 2000, S.859). Dagegen gibt das Brockhaus Lexikon an, dass „Meditation“ in verschiedenen Religionen und Kulturen praktiziert wird. Darüber hinaus resultiert durch dementsprechende Übungen eine angestrebte geistige Sammlung, die den Menschen in Bezug auf eine körperliche Entspannung und Haltung bestärkt und ihn zu seinem inneren Fundament führt (vgl. Brockhaus, 2005, S.3965). Der Terminus „meditieren“ ist dem lateinischen Wort „meditari“, „nachdenken“ entnommen, was sprachgeschichtlich mit „meteri“, „messen“ sich gleichend ist (vgl. Kluge, 2002, S.608).
Dagegen führt Kabat-Zinn den Begriff Meditation auf das lateinische Wort „mederi“ zurück, das auf dem Stammwort „meteri“ beruht und Heilung bedeutet. Er bezeichnet Meditation als eine Möglichkeit, mit deren Beteiligung der Einzelne das ausgewogene Verhältnis „des Seins erkennt und versteht“ (Kabat-Zinn, 2003, a.a.O.S.150).
Der Psychologe Laut Shapiro (1987) definiert Meditation in verschiedene Einheiten von bewussten Verfahren, die alle die Gemeinsamkeit haben, die Aufmerksamkeit in nicht analysierender Weise zu fokussieren und den Gedanken nicht in grüblerischer Weise nachzuhängen (S.50). Dabei bedarf es keines bestimmten Glaubenssatzes oder einer festgelegten Auffassung, um die allgemein gehaltene Definition zu verstehen. Durch das benutzen des Wortes „bewussten“ deutet der Psychologe auf das Meditationselement mit der Intension hin, die Geistesgegenwart auf einen konkreten Gegenstand innerhalb der Umgebung oder des Bewusstseins zu fokussieren. Hingegen kann das Wort „Verfahren“ in Bezug auf die Meditation gleichermaßen als Bemühen interpretiert werden.
Die Meditationstechnik lässt sich in zwei Hauptkategorien unterteilen. Dabei handelt es sich auf der einen Seite um die „konzentrative Formen“, wobei der Ausübende sich auf einen konkreten Sachverhalt wie beispielsweise einen Klang, ein Wort oder auf den Atem präzise konzentriert. Auf der anderen Seite sind die „rezeptiven Formen“ gegeben. Dabei nimmt der Durchführende einen Zustand wahr, der die Sinneseindrücke und aufkommenden Gedanken ins Bewusstsein kommen lässt. Beide Formen ermöglichen eine Wahrnehmung, wobei die bewusste innere Beobachtung ohne Bewertung und Beurteilung stattfinden sollte (vgl. Benson, 1975, S.25).
Bislang wurden in wenigen Studien die gesundheitsrelevanten Effekte durch Meditation bei älteren Menschen erforscht. In einer Fünfjahres-Feld-Studie wurde an 2000 Praktizierenden nach Durchführung der Transzendentalen Meditation lokalisiert, dass eine geringere Rate an Klinikeinweisungen und eine verminderte Krankheitshäufigkeit stattfand. Die Ausprägungen waren besonders bei älteren Menschen deutlich. Ein Vergleich fand mit einer parallelen Kontrollgruppe statt, die keine praktischen Meditationsübungen ausführte (vgl. Orme-Johnson, 1987, S. 493-507).
Des Weiteren erforschten Curiati et al. (2005) in einer prospektiv randomisierten Untersuchung die Folgen eines 12-wöchigen Meditationskurses bei älteren Menschen mit einem Durchschnittsalter von 75 Jahren bei einer bestehenden Herzinsuffizienz. Dabei wurden die teilnehmenden Herzinsuffizienz-Patienten in zwei Gruppen aufgeteilt. Eine Gruppe traf sich einmal wöchentlich und führte in ihrer Häuslichkeit zweimal täglich mit einer Kassette eine 30-minütige Meditationsanleitung durch. Dagegen traf sich die Kontrollgruppe einmal in der Woche zu einem Austausch über das Thema Stress. Es stellte sich heraus, dass die Probanden der Meditationsgruppe nach 3 Monaten eine signifikante Abnahme des Noradrenalin-Spiegels aufwiesen mit gleichzeitiger Zunahme der Lebensqualität. Dagegen wies die Kontrollgruppe keine herausragenden Modifikationen auf. Daneben wurden in die Untersuchung nur die Resultate der Praktizierenden involviert, die den Kurs erfolgreich abgeschlossen hatten. Es handelte sich daher um eine Forschung im Sinne von „treatment received“ und nicht „intention to treat“ (S. 465-72).
Weitere quantitative Kenntnisse wurden laut McBee (2003) mit mehrjährigen Erfahrungen von MBSR- Gruppen mit älteren Menschen gemacht. Es wurde festgestellt, dass die in Pflegeheimen geleisteten Kurse eine Schmerzlinderung, Trost und einen Rückgang des gesteigerten Bewegungsdranges bei Demenzkranken zur Folge hatten. Sie hebt hervor, dass die Übenden der Achtsamkeit ihre inneren Ressourcen und Energien wieder aufspüren und erfassen können (a.a.O.S.262). Weiterhin wurde durch die Gruppenerfahrung lokalisiert, dass die Praktizierenden zum einen Schwierigkeiten beim eigenständigen Üben und dem integrieren der Übungen in das Alltagsleben hatten, zum anderen wurde die Gruppenerfahrung als positiv wahrgenommen. Eine weitere Ermittlung ergab, dass die Teilnehmer nach Beendigung des Kurses weniger Schmerzen als vorher, angaben (McBee et al., 2004, S.19).
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