Examensarbeit, 2007
79 Seiten, Note: 2,0
1. Einleitung
2. Geschichtliches zur Sportart Fußball
2.1 Entstehung des modernen Fußball
2.2 Fußball in Deutschland
2.3 Geschichtliche Entwicklung des Fußballs in Deutschland und in den Schulen der letzten 50 Jahren
3. Fußball und Kirche
3.1 Geschichtlicher Abriss
3.2 Exkurs: Sport und Ethik
3.2.1 Ethik im Sport
3.2.2 Sport in der Gesellschaft aus kirchlicher Sicht
3.2.3 Grundlagen christlicher Ethik für den Sport
3.2.4 Sport als Feld moralischen Handelns
3.3 Sonntagsproblematik
4. Faszination Fußball
4.1 Mögliche Gründe
4.2 Fünf Punkte zur möglichen Erklärung der Faszination
5. Fußball und Religion
5.1 Mögliche Ursachen für die Verbindung von Sport und Religion.
5.1.1 Gesellschaftlicher Wandel und Sinnerfahrungen im Sport
5.1.2 Exkurs: Olympismus.
5.1.3 Der Übergang von Funktionen aus der Religion auf andere Bereiche durch Rituale.
5.1.4 Kult und Säkulare Rituale bei Schilson
5.1.5 Religiöse Wirkungen im Fußball?
5.2 Parallelen zwischen Fußball und Religion bei Daiber
5.2.1 Entstehung eines Gemeinschaftsgefühls
5.2.2 Ähnlichkeiten von Fußball und Religion
5.3 Parallelen zwischen Fußball und Religion bei Josuttis
5.3.1 Rituale im Fußball und deren religiösen Elemente
5.3.2 Fußball als Drama
5.3.3 Implizite Religiosität
5.4 Gefährliche Überhöhung oder Kanalisierung von Grund – bedürfnissen
5.5 Der Kult im Stadion
5.6 Fußballstars und Verehrung
5.7 Die Rolle des Glaubens bei Fußballern
6. Zusammenfassung und Überleitung zum Schulbezug
7. Schulbezug
7.1 Bezug zum Bildungsplan
7.2 Kongregation
7.3 Unterrichtsbeispiel
8. Literaturverzeichnis und Abbildungsverzeichnis
9. Anhang
Schalke Unser im Himmel
Du bist die auserkorene Mannschaft
verteidigt werde Dein Name
Dein Sieg komme
wie zu Hause so auch auswärts
unseren üblichen Heimsieg gib uns immer
und gib uns das "Zu Null"
so wie wir Dir geben die Unterstützung
und niemals vergib denen aus der Nähe von Lüdenscheid
wie auch wir ihnen niemals vergeben werden
und führe uns stets ins Finale
denn Dein ist der Sieg und die Macht
und die Meisterschaft in Ewigkeit
Attacke![1]
„Beim Fußball geht es nicht um Leben oder Tod, die Sache ist viel ernster“.[2] Dieser Satz des schottischen Trainers William Shankley zeigt, dass Fußball schon lange nicht mehr ein bloßes Sportspiel ist.
Auch die Kirchen haben dies festgestellt. In einer gemeinsamen Erklärung der Kirchen haben sie erkannt, dass der Sport für einige zur sinnstiftenden Ersatzreligion geworden ist. Auch habe der Sport eine Wurzel im Kult, wobei noch heute Wirkungen dieses Ursprungs in Sportveranstaltungen anzutreffen sind.[3]
Wie, wo, warum und wann sich diese religiöse Funktion manifestiert, soll das Thema dieser Arbeit werden, wobei ich mich größtenteils, aber nicht ausschließlich, auf Fußball, als die wohl bekannteste und in unserer Gesellschaft am stärksten ausgeprägte Sportart, konzentrieren möchte.
Eigentlich sollte man denken, dass Fußball und Religion wohl kaum miteinander vergleichbar sind, da sich die Inhalte doch sehr unterscheiden. Was hat Sport schon mit Religion zu tun? Vermitteln sie nicht Grundverschiedenes? Bei genauerer Betrachtung kann man einige Analogien feststellen.
Der Sprachgebrauch von Reportern, Journalisten, Spielern und Fußballfans ist bestückt mit Anlehnungen an das Religiöse. „Miro Klose Fußball- Gott“, singen die Fans auf den Rängen, Reporter mutmaßen, dass wohl noch ein anderer im Spiel sei, der nicht auf dem Platz steht, Spieler versichern dass der „Fußball- Gott“ ihnen beistand. Der Rasen ist „heilig“ das Stadion ein „Fußballtempel“. Ab und an erwartet eine Mannschaft auch die „Hölle“ im fremden Stadion, oder sie wird von Spielern für ihre Gegner „prophezeit“. Die Verwendung von religiösen Begriffen ist auffällig, doch kann man deshalb gleich von einer religiösen Dimension sprechen? Wird in anderen Bereichen nicht auch gern zu religiösem Vokabular gegriffen?
Ob sich Sport und Religion vergleichen lassen, hängt eng damit zusammen, wie man Religion definiert. Religion zu definieren ist ein schwieriges Unterfangen, da es neben der christlichen, viele weitere Religionen gibt und eine Definition deshalb ein sehr weites Feld umschreiben muss. Im Allgemeinen werden zwei Arten von Definitionen unterschieden, die substantialistische und die funktionalistische. Legt man eine substantialistische Definition zu Grunde, wird man mit recht einige Schwierigkeiten haben Parallelen zwischen Sport und Religion zu finden, da sie Religion als „ ...etwas, das sich auf das Heilige, das Transzendente, das Absolute, das Numinose oder das Allumfassende bezieht“.[4] Im weiteren Sinne kann man sagen, dass Religion Antworten auf die Letzten- Sinn- Fragen gibt. Fußball verspricht keine Erlösung, noch kennt es ein Jenseits. Legt man allerdings eine funktionalistische Definition zu Grunde, fällt es relativ leicht, Parallelen zu entdecken. Funktionalistische Definitionen gehen davon aus, dass Religion für das Individuum und die Gesellschaft eine prägende Rolle spielt und sie mitgestaltet. Religion wird hier über die soziale Funktion, d.h., in Bezug auf gesellschaftliche und individuelle Zusammenhänge, definiert“.[5]
Ausgehend von der funktionalistischen Religionsdefinition lassen sich sehr viele Ähnlichkeiten zu religiösen Lebensweisen finden.
Von besonderem Interesse wird in dieser Arbeit die Fankultur der Sportart Fußball sein. Die Zahl der Fußballbegeisterten ist immens und umfasst auch besonders viele Jugendliche und damit auch Schüler. Eine nähere Betrachtung soll deshalb Rückschlüsse über eine Relevanz des Themas für die Schule geben. Ein Gesellschaftsbereich der für viele sinnstiftende Bedeutung erlangt hat, sollte möglicherweise in der Schule durchaus eine kritische Betrachtung erfahren.
Eine besondere Rolle kommt den Medien zu. Wie sehr Fußball in den Medien mit religiösen Züge ausgestattet wird, zeigt folgendes Beispiel:
FÜR ALLE, DIE DAS SPIEL LIEBEN.
FÜR DIE, DIE IM STILLEN LEIDEN UND DIE,
DIE SICH IN DER FANKURVE LUFT MACHEN.
FÜR DIE, DIE NIEMALS IHRE SOCKEN WASCHEN, BIS SIE
ZUM ERSTEN MAL DAMIT VERLOREN HABEN.
FÜR FANS THAT NEVER WALK ALONE.
FÜR DIE EIN ABSTIEG NIE EIN ABSCHIED IST.
FÜR ALLE, DIE IHR HERZ AUF DER ZUNGE, UND
DIE NAMEN IHRER IDOLE AUF DEM RÜCKEN TRAGEN.
FÜR ALLE, DIE SAMSTAGS IN DEN GOTTESDIENST GEHEN
UND FÜR DIE DER FANBLOCK IHRE LIEDER SINGT.
FÜR DIE GEWINNER. FÜR DIE VERLIERER.
DIE AUFSTEIGER UND DIE ABSTEIGER.
FÜR ALLE 12. MÄNNER UND DIE FRAUEN,
DIE MIT IHNEN LEBEN MÜSSEN.
FÜR DEN ZEUGWART, DEN KUCHENBLOCK UND
DEN MANN AN DER FERNBEDIENUNG.
DAS HIER IST FÜR EUCH. FÜR EURE MANNSCHAFT. FÜR EUER SPIEL.
ARENA. AUS LIEBE ZUM SPIEL.
27.07.2006 09:56[6]
Ich werde zunächst etwas allgemeiner beginnen, dazu werde ich einen Blick auf die Geschichte des Fußballs und wie er nach Deutschland gelangt ist werfen, dann möchte ich auf das Verhältnis zwischen Kirche und Sport, im Besonderen zu Fußball, und auf die Entwicklung dieses Verhältnisses eingehen. Hier eröffnet sich die Frage nach der Ethik im Sport, da die Kirche sich besonders für sie interessiert. Ich möchte deshalb in einem Exkurs auf die dem Sport immanente Ethik eingehen, die kirchliche Sicht beschreiben und auf Möglichkeiten eingehen. Dem folgt eine Betrachtung der Sonntagsproblematik. Ist die eigentliche Bedeutung des Feiertages durch den Sport gefährdet? Im Anschluss daran wird es etwas konkreter, da nun die Faszination des Massensports Fußball untersucht werden soll. Danach frage ich nach möglichen Wurzeln, bzw. Hintergründe für die Verbindung von Sport allgemein und Fußball mit Religion. Anschließend komme ich zum wesentlichen Untersuchungsgegenstand dieser Arbeit, den religiösen Elemente im Fußball. Es stellt sich dann die Frage, ob das Phänomen Fußball nun eine gefährliche Überhöhung oder Hilfe für Grundbedürfnisse der Menschen darstellt. Darüber hinaus soll der Kult im Stadion und die Verehrung von Fußballstars näher betrachtet werden. Schließlich werde ich mich mit dem Glauben von Fußballspielern befassen, die ihren Glauben öffentlich bekennen bzw. auf dem Spielfeld durch Bekreuzigungen und ähnliches bezeugen. Einer kurzen Zusammenfassung folgt dann der Schulbezug, wobei untersucht werden soll, in wie fern die gewonnenen Erkenntnisse für die Schule von Bedeutung sein können und wie man sie aufbereiten könnte.
Anmerkung:
Ich werde mich in dieser Arbeit auf Männerfußball beziehe. Zwar hat der Frauenfußball durch die Erfolge der Frauennationalmannschaft in den letzten Jahren mehr Akzeptanz erlangt, doch sind die Phänomene die ich untersuchen möchte, hauptsächlich im Männerfußball anzutreffen. Des weiteren möchte ich anmerken, dass ich für „Schülerinnen und Schüler“ der Einfachheit halber nur von „Schülern“ sprechen werd.
Die wohl älteste Wurzel des Fußballspiels geht auf ein chinesisches Spiel namens Ts`uh küh (den Ball mit dem Fuß spielen) aus dem 3. Jahrhundert v. Chr. zurück. Ziel des Spiels war es, einen aus zusammengenähten Lederstücken bestehenden Ball in fünf Meter hohe Tore zu spielen. Zumindest zu seinen Anfängen war dieses Spiel wohl zur militärischen Ertüchtigung gedacht. Es erfreute sich aber mit zunehmender Zeit immer größerer Beliebtheit und entwickelte sich sogar zum Nationalsport. Dabei wurden die Regeln mit der Zeit immer ausdifferenzierter und es bestehen sogar Hinweise auf Art Profiliga. Doch um 700 n. Chr. geriet das Spiel wieder in Vergessenheit.[7],[8]
Auch bei den Azteken, Mayas, Mixteken, Zapoteken fanden kultische Ballspiele statt, die in gewisser Weise dem Fußball ähnelten. Bei diesen Spielen wurden die Verlierer getötet. Nicht nur ihre Existenz, sondern die Existenz ihres ganzen Volkes hing vom Ausgang des Spiels ab.[9] Selbst von den Römern ist bekannt, dass sie eine Art von Fußball in ihren Amphitheatern spielten.[10]
Während der Renaissance entstand in Italien eine Sportart die sich „Calcio“ nannte. Bis dahin wird von vielen Ballspielen berichtet die mit etwas Phantasie ebenfalls an Fußball erinnern. Beim „Calcio“ durfte der Ball sowohl mit den Füßen gespielt werden, als auch mit den Händen getragen. Es war also eine Art Vermischung aus Fußball und Rugby, wobei es wohl mehr dem Rugby ähnelte, da das Ziel des Spiels darin bestand den Ball über eine Linie zu befördern. Die Teilnahme war Adligen vorbehalten. Als Urform des europäischen Fußballs wird von vielen Autoren die „Soule“ betrachtet, die in Frankreich und in England, wohl um das 12 Jahrhundert, entstand. Dieses „Soule“ war ein äußerst brutales Spiel, welches wohl etliche Todesopfer forderte. Es bot die Möglichkeit der Selbstjustiz in einer oft ungerechten Gesellschaft und die Möglichkeit der Austragung von Konflikten zwischen Gruppen. Gespielt wurde nach Gottesdiensten, an Feiertagen oder am zweiten Sonntag nach den Heiratszeremonien. Es standen sich Mannschaften, Gemeinden oder ganze Dörfer gegenüber. Ziel war es auch hier den Ball an einem bestimmten Ort abzulegen. Nach Freigabe des Balles versuchten die Teilnehmer sich diesen zu erkämpfen, um ihn in die gewünschte Richtung zu befördern. Der Ausübung von Gewalt, um den Gegner unschädlich zu machen, war dabei keine Grenze gesetzt. Die „Soule“ wurde vom 19 Jahrhundert an nicht mehr gespielt, sie hatte sich bis dahin kaum in ihrer Ausprägung und in ihren Regeln verändert. Sie verschwand, da sie für die gesellschaftliche Ordnung nicht mehr zweckdienlich war und da man das Töten ohne Folgen nicht weiter tolerieren wollte.[11]
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. I, Geschichte des Fußballs (Bürger im Staat, Zugriff am 19.9.07 unter: http://www.buergerimstaat.de/1_)
Mit dem Verschwinden der „Soule“ konnte sich der moderne Fußball ausbreiten. Die Teilnehmerzahl wurde
begrenzt, ein Spielfeld bestimmt und Tore aufgestellt.
Dies geschah um die Mitte des 17 Jahrhunderts. Etwa zweihundert Jahre später wurde das Berühren des Balles mit den Händen verboten. Gleichzeitig entstand das Rugby, welches den Einsatz der Hände natürlich erlaubte und deshalb wohl eng mit der Tabuisierung der Hände im Fußball im Zusammenhang steht. Diese Entwicklung des Fußballs vollzog sich in englischen Universitäten und Privatschulen. Fußball wurde dort zur Leibesertüchtigung gespielt. Auch die Barbarei der „Soule“ fand hier ihr Ende und die Gewalt musste somit der Geschicklichkeit weichen. Die Regeln, nach denen Fußball an den verschiedenen Universitäten und Privatschulen zu dieser Zeit gespielt wurde, unterschieden sich allerdings so stark, dass ein Vergleich zwischen den Schulen noch nicht möglich war.[12] Dies änderte sich als 1846 Studenten der Universität Cambridge erstmals Regeln schriftlich festhielten, die sogenannten „Cambridge Rules“. 11 Jahre später wurde der erste Fußballclub der Welt gegründet, der Sheffield F.C.. 1863 wurde in England die Football Association gegründet, was einen weiterer Meilenstein für die Entwicklung und Verbreitung der Sportart Fußball darstellte. Mit den „Cambridge Rules“ als Basis, legte die Football Association ein umfangreiches Regelwerk fest.
Von England aus verbreitete sich der Fußball in Europa, zunächst aber hauptsächlich in der Schweiz. Durch englische Studenten an Schweizer Privatschulen in der Genfer- See- Region wurde der Fußball in der Schweiz eingeführt und konnte sich von da aus ausbreiten. Über die Schweiz kam der Fußball dann in die angrenzenden Länder. Im Jahre 1904 wurde dann die Fifa (Federal Internationale de Football Association) gegründet. Die Fifa als Fußballweltverband hat ihre Aufgabe in der Organisation von Länderspielen und der Festlegung von international geltenden Regeln.
1930 fand schließlich die erste Fußballweltmeisterschaft in Uruguay statt, an der 13 Mannschaften teilnahmen. Sechs Jahre zuvor war in Österreich die erste Profiliga entstanden. Fußballspielen wurde hier also zum Beruf erhoben. 1927 war auf Initiative des Österreichischen Fußball- Bundes der Mitropacup, der Vorläufer des Europapokals, entstanden. Nun konnten sich die europäischen Vereine der verschiedenen Nationen untereinander messen.[13]
Im vom jahnschen Turnen geprägten Deutschland hatte der Fußball es schwer, sich durch- und festzusetzen. Sport in der Schule, Mitte des 19. Jahrhunderts eingeführt und als Leibesübungen bezeichnet, war durch das Turnmodell von Adolf Spieß geformt. Ziel seines Konzeptes war es den Intellekt zu schulen, zu Ordnung und Untertanendisziplin zu erziehen und um zum Dienst gefügig zu machen. Demnach wurde der Gehorsam, die Aufmerksamkeit, sowie die Denkfähigkeit und das Gedächtnis geschult. Für zur Selbstständigkeit erziehende Spiele, wie Fußball, war in dieser Konzeption eigentlich kein Platz. Doch wurde 1874 zum ersten Mal in Deutschland Fußball gespielt und zwar im Martino- Catharineum Gymnasium in Braunschweig. Hauptverantwortlich dafür war ein Lehrer namens Koch, der ein Jahr später auch ein deutschsprachiges Regelwerk verfasste. Doch damit war der Bann noch nicht gebrochen, die Wiederstände waren nach wie vor groß. Ein kleiner Durchbruch gelang erst in den 90er Jahren des 18 Jahrhunderts. Ausgelöst hatte ihn die zu dieser Zeit aufkommende Spielbewegung, die sehr eng mit dem Namen Hartwick verknüpft ist, ein Düsseldorfer Amtsrichter, und mit dem in die selbe Zeit fallenden „Spielerlass“. Hartwick beklagte gesundheitliche Schäden, ausgelöst durch einen überzogenen Intellektualismus und durch die Industrialisierung. Spiele könnten diesen Zustand seiner Meinung nach nachhaltig verbessern. Der „Spielerlass“ des preußischen Kultusminister von Glosser, entstand als Reaktion auf die Kritik der intellektuellen Überfrachtung. In dessen Rahmen wurde nun Fußball zusammen mit einigen anderen Spielen in das Schulturnen übernommen. Allerdings musste der Fußball zunächst noch umgedeutet werden, um nicht direkt von den Engländern übernommen zu sein, da man dafür wohl zu stolz war. Trotz allem blieb die Kritik der Turnbefürworter gegen Fußball erhalten. Neben den unästhetischen Bewegungen und die damit einhergehende Verrohung, wurde auch die Verletzungsgefahr gegen Fußball aufgeführt. Außerdem befürchtete man ein Aufkommen von Disziplin- und Ordnungslosigkeit, durch die Möglichkeit des selbständigen Entscheidens beim Spielen. In Folge dessen war Fußball an einigen Schulen verboten. Dies änderte sich 1918 mit der Aufnahme in den Leitfaden des Turnunterrichts. Mitte der 20er Jahre erlangte die Schulturnerneuerung einen Höhepunkt, in dem die Spiele Handball, Schlagball, Barlauf, Hockey und Fußball ihre neuerworbene Anerkennung sichern und ihre Stellung als fester Bestandteil der schulischen Leibesübungen festlegen konnten.
Nach Etablierung des Fußballs in der Weimarer Republik, erfuhr das Sportspiel einen weiteren, allerdings sehr zweifelhaften Höhepunkt, in der Zeit des Nationalsozialismus. Es erlangte während dieser Periode die absolute Vormachtstellung unter den Sportspielen. Diese Zeit zeichnet ein sehr anschauliches und trauriges Bild für die politische Indienstnahme der Leibesübungen. In diesem Fall hauptsächlich, um die Schüler zur Wehrhaftigkeit zu erziehen. Neben Fußball war besonders auch das Boxen dazu gedacht, den Schüler Härte und Einsatzbereitschaft zu vermitteln, um sie für Kriegszeiten wehrfähig zu machen.[14]
Trotz des von Oben verordneten Fußballs, spielte die Nationalmannschaft während dieser Zeit bei den großen Turnieren erfolglos.[15]
Nach den Erfahrungen mit den Nationalsozialisten versuchte man an Deutschlands Schulen den Beitrag der Leibeserziehung zur Erziehung und zur Persönlichkeitsentwicklung zu stärken, weg von jedem Verdacht der politischen Indienstnahme. In Folge dessen spielte der Fußball an den Schulen eine geringe Rolle, was allerdings nicht für den Freizeitsport galt. Ende der 60er Jahre erfuhr der Sport im Allgemeinen eine erhebliche Aufwertung. Ausgelöst hatte dies der Ost- West- Konflikt, zusammen mit der Konkurrenz zur DDR und den anstehenden Olympischen Spielen in München. Unter dem Aspekt der Leistung wurde nun Schulsport betrieben. In diesem Zusammenhang wurde auch dem Fußball in Deutschlands Schulen wieder mehr Beachtung geschenkt.[16]
War bisher der Fußball eine Domäne des männlichen Geschlechts, so änderte sich die Lage in den 70er Jahren mit der Zulassung des Frauenfußballs durch den DFB. Natürlich gab es auch schon zuvor Frauen die Fußball spielten, doch war dies nur eine Erscheinung am Rande und gesellschaftlich etwas missbilligt. Doch trotz der Zulassung durch den DFB, hat der Frauenfußball bis heute, um seine gesellschaftliche Würdigung zu kämpfen. Die jüngsten Erfolge der Frauen - nationalmannschaft (amtierender Welt- und Europameister) haben diesbezüglich gute Arbeit geleistet.
Mitte der 70er Jahre fand ein Umdenken bezüglich der Leistungsorientierung im Schulsport statt. Anstatt Sportarten aus den Vereinen eins zu eins in die Schule zu übernehmen, wollte man nun die Schüler „handlungsfähiger“ machen. Dabei sollten die Schüler und Schülerinnen lernen, selbst Spiele nach ihren Bedürfnissen zu verändern und die Hintergründe zu verstehen. Sie sollten wieder lernen Fußball selbst zu organisieren, es zu verändern, um es in ihrer Freizeit nach ihren Bedürfnissen und nach den äußeren Gegebenheiten spielen zu können und in Gang zu halten. In neuester Zeit ist der Fußball an den Schulen ein Sportspiel unter vielen anderen geworden. Neben der schon bestehenden Konkurrenz durch traditionelle Sportspiele sind viele neue Spiele (Streetball, Baseball, New Games...) hinzugekommen, die genauso berechtigt sind unterrichtet zu werden. Hinzu kommt, dass nun auch Bewegungsfelder und Sportbereiche in die Lehrpläne aufgenommen worden sind, die bisher nicht auf dem Programm standen. Der Fußball im Sportunterricht ist also viel stärker von den Entscheidungen in den einzelnen Schulen abhängig geworden, wann er Teil des Unterrichts sein soll und in welchem Umfang. Neben der Spielfähigkeit sollen Schüler und Schülerinnen nun auch in ihrer individuellen Entwicklung gefördert werden, da der Sportunterricht auch erziehend wirken soll, womit der sogenannte Doppelauftrag des Sports beschrieben ist.[17]
Der Weg zwischen Fußball und evangelischer Kirche war nicht immer problemlos und ist es bis heute nicht. Besonders zu Beginn, als sich die Kirche nach Ende des Zweiten Weltkrieges aufmachte, Gedanken über den Sport zu machen. Will man sich über den Sport Gedanken machen, so kommt man an der Sportart Fußball in unserer Gesellschaft nicht vorbei. Folglich machte sich auch die evangelische Kirche viele Gedanken zum und über Fußball. Einen ersten Schritt vollzog die evangelische Kirche mit der Gründung von Akademien, deren Aufgabe es war, das gesellschaftliche Leben kritisch zu begleiten. Man hatte sich nach den Eindrücken des Krieges zur Aufgabe gemacht, Verantwortung gegenüber der Gesellschaft wahrzunehmen. Teil dieser Gesellschaft war eben auch der Sport und besonders der Fußball zog die Menschen in seinen Bann. Die erste Tagung die sich mit Sport beschäftigte, fand 1954 an der Akademie Bad Boll statt. Großes Thema dieser Tagung war die Frage, ob der Sport zum Geschäft verkomme anstatt seinem eigentlichen Sinn, der Leibesertüchtigung, treu zu bleiben. Aufgekommen war diese Befürchtung durch den entstandenen Berufssport, durch Sportwetten usw... Außerdem war die Frage des Sonntags problematisch. Sportveranstaltungen an Sonn- und Feiertagen und besonders Sport am Sonntagmorgen, parallel zum Gottesdienst, war der Kirche ein Dorn im Auge. So entstanden Vorurteile. Von kirchlicher Stelle aus, bezeichnete man den Sport als „ungehobelte Entartung“, im Gegenzug wurde die Kirche durch Vertreter des Sports, als „weltfremde Institution“ bezeichnet.[18] Diesen gegenseitigen Anfeindungen standen Vertreter beider Bereiche gegenüber, die sich in der Kirche und im Sport engagierten. Sie versuchten die Wogen zu glätten und statt der Anfeindungen eine Partnerschaft anzuregen.
Mit der Konstituierung des Arbeitskreises Kirche und Sport in der EKD 1964, zollte die Kirche der stetig zunehmenden Bedeutung des Fußballs Rechnung. Das Verhältnis hatte sich noch nicht wesentlich verbessert, aber man nahm den Sport nun endlich ernst, in seiner Bedeutung für die Gesellschaft. Man setzte sich nun endlich, wie die Gründung des Arbeitskreises zeigt, verstärkt kritisch mit dem Sport auseinander. Ein Jahr später fand ein Treffen der DSB- und der EKD- Oberen statt, in dem man den Sport den Status einer „gesellschaftlichen Großmacht“ zubilligte.[19] Die Partnerschaft blieb aber auch in den folgenden Jahren eher zurückhaltend. Doch kam es 1971 zu der Präsentation eines Partnerschaftsprogramms, das Vertreter des Sportbundes und der katholischen und evangelischen Kirchen ausgearbeitet hatten.[20] Immerhin begann die Kirche bei den sportlichen Großereignisse die Akteure und Akteurinnen seelsorgerisch zu begleiten. Bei der Olympiade 1972 in München und der Fußballweltmeisterschaft `74 in Deutschland, trugen sie sogar mit Veranstaltungen, Erklärungen und Kommentaren bei. Wenn auch in diesen Jahren der bezahlte Profifußball von der Kirche akzeptiert wurde, so blieb das Verhältnis weiterhin reserviert und Kirchenvertreter äußerten sich immer wieder kritisch zum Sport im Allgemeinen oder speziell zum Fußball. Ab den achtziger Jahren beginnt die Kirche am Fußball teilzunehmen, statt ihn nur zu reflektieren wie zuvor. Außerdem rücken nun Profifußballer stärker in ihren Fokus, die sich selbst als Christen bezeichnen, wie Jorginho oder Wynton Rufer.[21]
Heute besteht ein respektables, wenn auch sicherlich noch ausbaufähiges Verhältnis zwischen Kirche und Sport. Es finden regelmäßig Tagungen statt, die viele Fragen zu Kirche und Sport behandeln und klären. Beliebtes Thema ist die Frage der Verbindung von christlichem Ethos und Sport.[22] Fußball wird in den 90er Jahren unter funktionalistischen und phänomenologischen Aspekt betrachtet. Es wird oft in Predigten und in religiösen Zeitungen thematisiert. Die Frage, ob Fußball religiösen Charakter angenommen hat, wurde vielfach problematisiert, verliert aber um die Jahrtausendwende an Interesse. Außerdem versuchen hauptsächlich Evangelikale den Fußball als missionarisches Feld für sich zu gewinnen.[23]
Da die Kirche für die ethischen Vorstellungen der Gesellschaft wichtig ist und auch im Sport gewisse Werte vermittelt werden, erlaube ich mir diesen Exkurs, jedoch ohne darin explizit als eine Analogie zur Religion zu unterstellen.[24]
Ich möchte dieses Punkt mit einem Beispiel für die Moral[25] auf dem Sportplatz, aus eigener Erfahrung beginnen. Ich spiele Fußball im Verein meines Heimatdorfs. Wir spielen in der Bezirksliga, also nicht besonders hoch, aber auch nicht ganz schlecht. Im Gegensatz zu vielen anderen Vereinen dieser Klassen, wird den Spielern kein Geld bezahlt. Wir spielen also alle mehr oder weniger aus Spaß am Fußball. Mittlerweile haben wir drei Rundenspiele hinter uns. Wir haben alle drei verloren. Nicht, weil wir eine schlechte Mannschaft hätten, oder es uns an Einsatzwillen fehlen würde, wir waren auch zumindest in zwei der drei Spiele dem Gegner mindestens ebenbürtig, hatten mehr und auch die besseren Torchancen. Doch leider treffen momentan unsere Stürmer das leere Tor nicht mehr. Im letzten Spiel hat es ein gegnerischer Stürmer fertiggebracht dafür zu sorgen, dass einer meiner Mitspieler die Rote Karte sah und das Spielfeld verlassen musste. Die Rote Karte war unberechtigt und verdankte sich nur der geschickten Inszenierung des gegnerischen Stürmers. Auch dank dieser Hinausstellung haben wir verloren. Die Tat wurde allgemein verurteilt, doch stellte unser Trainer nach dem Spiel fest, dass es genau dies ist, was unseren Stürmern fehlt.
Der Sport hat sich scheinbar von seinen Idealen, seiner Ethik weit entfernt. Sicherlich kann man vom Fußball nicht auf den ganzen Sport schließen, denn jede Sportart hat ihr eigenes Ethos[26]. Es zeigt sich aber schon an diesem Beispiel, dass man von ursprünglichen Werten und Moralvorstellungen des Sport abgekommen ist. Man spricht in diesem Fall, und nicht nur von kirchlicher Seite, von der Entfremdung des Sports. Hinter diesem Stichwort steckt allerdings noch einiges mehr, doch dazu später. Es gibt eine Ethik im Sport. Unter pädagogisch ausgerichtetem Blickwinkel wurde schon in der Antike, zum Beispiel bei Platon und Aristoteles, über Sport nachgedacht.[27] Eine eigenständige Teildisziplin in der Sportwissenschaft ist die Sportethik jedoch nie geworden.[28]
Die Sportethik selbst ist ein historisches Phänomen. Ethische Reflexionen auf das sportliche Tun, sowie die wirklich gelebten Sportmoralen sind Ergebnis lang währender geschichtlicher Prozesse. Obschon der Begriff Sportethik vergleichsweise jung ist, sind Moralvorstellungen, die um das sportliche Handeln kreisen, alt. Sie gehen bis auf Platon zurück. Schon immer bestand die Einsicht, dass diese Handlungen niemals physische Betätigungen pur sind, sondern auch ihren eigenen moralischen Chromosomensatz in sich tragen.
Eine Sportethik wendet allgemeine Ideale, Normen, Werte, Maximen und Imperative auf die besonderen Formen und Situationen des Sporttreibens an. Sie ist also auf eine „Äußere“ Ethik angewiesen.[29] Eine Ethik die von außen auf die sportimmanente Ethik wirkt, kann natürlich auch durch die Moralvorstellungen der Kirche geprägt sein. Dies möchte ich genauer untersuchen. Meinberg äußert sich zwar zum Teil kritisch gegenüber der in der Postmoderne aufgekommenen Pluralität der Ethiken, zu denen sogenannte Glaubensethiken auch gehören, von denen es seiner Meinung nach auch wiederum mehrere gibt. Ich möchte versuchen die Inhalte und Möglichkeiten wiederzugeben.[30] Allerdings ist zu beachten, will man Herms Eilert folgen, dass eine Ethik niemals nur für einen Teilbereich gelten kann, sondern dass sie sich auf alle Gebiete menschlichen Handelns erstreckt. Die Sportethik als Ethik ist nur Teil einer einheitlichen Fragestellung, die weit über den Sport hinaus geht. Dem zu Folge muss man beachten, wenn man die ethischen Missstände im Sport beklagt, dass die Ursachen in einem weit größeren Feld als nur im Sport liegen. Moralische Werte kann man dann im Sport nur umfassend etablieren, wenn auch in der Gesellschaft etwas geschieht.[31] Der Kirche sollte man unterstellen, dass sie dies auch versucht und schon immer getan hat. Es gibt vielleicht im Sport vieles, das anders und besser gemacht werden könnte. Die Kirche hat zu oft ihre gesellschaftliche Verantwortung, was den Sport anbelangt, hauptsächlich durch Kritik realisiert. Um so mehr ist die eingegangene Partnerschaft zwischen Kirche und Sport zu begrüßen, doch könnte sie sicher noch erheblich ausgebaut werden. In der Partnerschaft von Kirche und Sport liegen bedeutende Möglichkeiten für den christlichen Glauben.
Der Sport hat in der heutigen Gesellschaft enormen Zuspruch erfahren. So ist ein Drittel der Bevölkerung Mitglied in einem Sportverein. Allerdings ist auch die Zahl derjenigen, die sich zwar für Sport interessieren aber selbst nicht aktiv sind stark gestiegen, also diejenigen die durch die Massenmedien am Sport passiv teilnehmen.
Der Sport hat eine soziale Bedeutung erlangt. Er ist Begegnungsfeld jenseits von Alter, Nation, sozialer Herkunft und Hautfarbe und er stellt „Zentren des Kulturellen Lebens“[32] in ländlichen Gebieten. Sport als Beruf lässt den Menschen nach kirchlicher Sicht zur Ware verkommen, wie schon die Begriffe „Marktwert“ und „Spieler- Kauf“ deutlich machen. Außerdem steht oftmals die Leistung des Sportlers in keinem Verhältnis zu seinem Verdienst. Die Kommerzialisierung des Sports hat ihn einerseits der Politik gegenüber unabhängiger, dafür aber abhängig von Wirtschaftsinteressen gemacht. In Bezug auf den Spitzensport sehen die Kirchen positive Seiten, beispielsweise in der Überwindung nationaler Grenzen, sozialem Aufstieg, menschliche Erfüllung und die mögliche Vorbildfunktion der Sportler. Andererseits stehen aber, Erfolg um jeden Preis, Sportler als Instrumente in der Hand anderer, die Verlockung Doping, Kommerzialisierung und Politisierung und noch einiges mehr, den positiven Effekten gegenüber.[33] Diese Punkte sind auch Teil der vierfachen Enteignung[34] des Sports, welche die Kirchen dem Sport vorwerfen. Die Kommerzialisierung hat zu Abhängigkeit von Geldgebern und zum Verlust der Autonomie in vielen Bereichen des Sports geführt. Die Leistungsmanipulation hat ebenfalls in viele Sportarten Einzug erhalten, und betrifft mittlerweile nicht mehr nur den Spitzensport. Der Gedanke des „Fair Play“ hat sich verwässert, statt dessen ist immer öfter Gewalt zu beobachten. Außerdem wird der Sport von Staat und Gesellschaft instrumentalisiert, da Höchstleistungen und Großveranstaltungen auf ein leistungsfähiges politisches oder gesellschaftliches System hindeuten.[35] Ich befürchte, dass dies alles für den Fußball, zumindest für den Profifußball zutrifft. Die Kommerzialisierung im Profifußball ist wohl kaum zu überbieten. Das gilt zumindest für Deutschland. Hier fließt das große Geld, welches der Fußball nicht (zumindest der allergrößte Teil) aus sich selbst erwirtschaftet. Vereine die kein Geld haben, werden niemals zu sportlichen Höhen gelangen. Leistungsmanipulationen wurden in jüngster Zeit leider auch oft publik. Hier geht es nicht nur um Doping, dessen Einnahmen vor allem im Italienischen Fußball bekannt wurden. Ich denke dabei an den Skandal des Wettbetrugs. Spieler und Schiedsrichter wurden bestochen Spiele zu manipulieren, um gewünschte Ergebnisse, auf die gewettet wurde, zu erzielen. Gewalt ist im Fußball auch ein Problem, welches besonders unter den „gegnerischen“ Fans auf den Rängen vor und nach dem Spiel auftritt. Immer wieder gibt es auch Vandalismus auf dem Heimweg der Fans vom Stadion. Dass Gewalt auch auf dem Fußballplatz immer wieder stattfindet, machen nicht nur Schupsereien und brutale Fouls deutlich. Die Szenen nach dem Spiel zwischen Deutschland und Argentinien bei der letzten Weltmeisterschaft dürften vielen noch vor Augen stehen. Dass diese WM als Großveranstaltung von außersportlicher Seite genutzt wurde, sich positiv darzustellen, dürfte außer Frage stehen. Auch Besuche unserer Bundeskanzlerin bei der Nationalmannschaft stehen in diesem Zusammenhang. Dies möchte ich aber eigentlich nicht schlecht reden. Ich denke es sind andere Vereinnahmungen des Sportes die zu beklagen sind. Als Extrembeispiel, auch wenn es hier etwas deplaziert erscheinen mag, möchte ich die Olympiade 1932 in Berlin nennen, die von Hitler zur Demonstration von Stärke und zur Verbreitung von Angst genutzt wurde.
Glaubensethiken haben ihren Bezugspunkt nicht in der Moral, wie Meinberg, der Mieth zitiert, festhält, sondern in einer höheren Macht, in der christlichen Religion also in Gott, beziehungsweise in Jesus.[36] In Bezug auf den Sport, oder auch auf Ethik allgemein, ist kirchlicherseits die Würde des Menschen von ausschlaggebender Bedeutung. Der Mensch ist Abbild Gottes, zu dem er eine Partnerschaft hat. Er ist bezogen auf Gott und nur mit diesem Hintergrund können seine Hoffnungen, Nöte und Ängste beurteilt werden. Der in der Schöpfung einmalige Bezug zu Gott gibt den Menschen Aufgaben. So hat das Geschöpf Mensch nach dem Korintherbrief auch die Aufgabe, Gott in seinem Leib zu verherrlichen (1 Kor 6, 20). Im Mitmenschen soll der Mensch Schwester und Bruder sehen und in allen Sinndeutungen ist er auf Gott verwiesen. Aus der Würde des Menschen ergibt sich für den Sport, dass er den ganzen Menschen, als Leib, Geist und Seele zu sehen hat, auch wenn er zurecht die Leiblichkeit betont. Dies beinhaltet, dass er den Menschen nicht zum Objekt macht, noch ihn für fremde Interessen ausbeutet. Auch soll der Mensch nicht selbstherrlich über sein Leben verfügen. Schlechte Entwicklungen haben ihre Ursache in der Sünde, Sünde entsteht durch die fehlende Orientierung an Gott. Dies gilt auch für den Sport, beispielsweise, wenn Wettkampf zu rücksichtsloser Rivalität, Gewalt und Manipulation führt. Wenn Sport und Sportler für Interessen anderer missbraucht werden, wenn die Erwartungshaltungen einen Druck erzeugen, der den Gebrauch aller Mittel zu rechtfertigen scheint.[37] In diesem Zusammenhang kann man auch die vierfache Enteignung des Sports sehen.
Der Sport bietet eine große Plattform für ethisches Handeln (oder eben auch nicht). Es macht ihn dadurch für die christliche Hoffnungen attraktiv. Ich glaube, dass Sport nützliche Werte und Verhaltensweisen für den Alltag vermitteln kann. Doch möchte ich dabei nicht ungesagt lassen, dass durch den Sport auch „verstecktes Foulen“ gelernt und auf das Leben übertragen werden kann. Besonders durch die Grundlage eines christlich geprägten Ethos kann über Sport wichtige Lebenshaltungen gewonnen werden (Durchhaltevermögen, Teamgeist, Kameradschaftlichkeit...). Wie Verbindung zwischen Sport in der Form von Fußball und Kirche gelingen kann, zeigt beispielsweise der katholischen Sportverband DJK. Dieser Verband hat es sich zur Aufgabe gemacht, sachgerechten Sport zu ermöglichen, die Gemeinschaft zu pflegen und der gesamtmenschlichen Entfaltung nach der Botschaft Jesu Christi zu dienen. Oder auch die Konfirmanden Weltmeisterschaft im Vorfeld der Fußballweltmeisterschaft 2006. Neben Fußball wurde hier Fair Play im Sinne von fairem Handel nahegebracht.[38] Allgemein gab es von kirchlicher Seit zur Fußball WM ein reichhaltiges Angebot, mit ökumenischen Gottesdiensten usw., darauf sollte aufgebaut werden. Für die Zukunft könnte die Zusammenarbeit in den Bereichen, die der Präsident des Deutschen Sportbundes in einem Statement beim Spitzengespräch „Kirchen - Sport“ in Frankfurt nannte liegen. Diese lauten „Integration“, „Bildung“ und „Schule“. Große Chancen sieht er dabei in der Zusammenarbeit von Kirchengemeinden und Sportvereinen. In den örtlichen Gemeinden und Vereinen kann ein aufeinander zugehen zu gemeinsamen Projekten und anderweitiger Partnerschaft führen.[39]
[...]
[1] beepworld, schalke unser, Zugriff am 07.08.07 unter http:// www.beepworld.de/members21/superfcschalke/schalke-unser.htm
[2] artikel- pro, Was macht Fußball so beliebt?, Zugriff am 05.10.07 unter: http://www.artikel- pro.de/2007/09/19/was-macht-fussball-so-beliebt/
[3] Vgl. Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz, Sport und christliches Ethos,
[4] Wikipedia, Religionsdefinition. Substantialischer Religionsbegriff, Zugriff am 07.08.07 unter http://de.wikipedia.org/wiki/Religionsdefinition
[5] Wikipedia, Religionsdefinition. Funktionalistischer Religionsbegriff, Zugriff am 07.08.07 unter http://de.wikipedia.org/wiki/Religionsdefinition
[6] Leisser, Fußball und Religion. Für alle die das Spiel lieben, Zugriff am 07.08.07 unter http://www.leisser.de/
[7] Vgl. Wikipedia, Geschichte des Fußballs. Einführung des Fußballs in Zentraleuropa, Zugriff am 15.08.07 unter: http://de.wikipedia.org/wiki/Geschichte_des_Fu%C3%9Fballs
[8] Vgl. Altwegg, Ein Tor in Gottes Namen,
[9] Vgl. Altwegg, Ein Tor in Gottes Namen, S. 12f
[10] Vgl. Wikipedia, Geschichte des Fußballs. Anfänge des Fußballspiels, Zugriff am 15.08.07 unter: http://de.wikipedia.org/wiki/Geschichte_des_Fu%C3%9Fballs
[11] Vgl. Altwegg, Ein Tor in Gottes Namen, S. 17f
[12] Vgl. Altwegg, Ein Tor in Gottes Namen, S. 24ff
[13] Vgl. Wikipedia, Geschichte des Fußballs. Einführung des Fußballs in Zentraleuropa, Zugriff am 15.08.07 unter: http://de.wikipedia.org/wiki/Geschichte_des_Fu%C3%9Fballs
[14] Vgl. Stibbe, Von der „Fußlümmelei“ der männlichen Jugend zur Spielerziehung für alle, in: Müller (Hrsg.), Fußball ist Fußball, S. 26ff.
[15] Vgl. Altwegg, Jürg, Ein Tor in Gottes Namen, 47-49
[16] Vgl. Stibbe, Von der „Fußlümmelei“ der männlichen Jugend zur Spielerziehung für alle, in: Müller (Hrsg.), Fußball ist Fußball, S. 39- 41
[17] Vgl. Stibbe, Von der „Fußlümmelei“ der männlichen Jugend zur Spielerziehung für alle, in: Müller (Hrsg..), Fußball ist Fußball, S. 41- 46
[18] Vgl. Ulrichs, Wie der Fußball zur Kirche und die Kirche zum Fußball kam, in: Möller/ Ulrichs (Hg.), Fußball und Kirche, S. 14- 18
[19] Vgl. Hörmann, M., zitiert nach: Ulrichs, Fußball und Protestantismus, in: Müller (Hrsg.), Fußball ist Fußball,
[20] Vgl. Scholz, Zwischen Unverhältnis und Partnerschaft. Fünfzig Jahre Kirche und Sport, in Grupe,/ Huber, Zwischen Kirchturm und Arena.
[21] Vgl. Ulrichs, Fußball und Protestantismus, in: Müller (Hrsg.), Fußball ist Fußball. S. 121ff
[22] Vgl. Scholz, Zwischen Unverhältnis und Partnerschaft, in: Grupe/ Huber, Zwischen Kirchturm und Arena.
[23] Vgl. Ulrichs, Fußball und Protestantismus, in: Müller (Hrsg.), , Fußball ist Fußball, S. 141- 147
[24] Ethik: Die Ethik stellt Kriterien für gutes und schlechtes Handeln und die Bewertung seiner Motive und Folgen auf. Sie ist die Lehre des Sittlichen Handelns. Vgl. Wikipedia, Ethik, Gegenstand und Begriff, Zugriff am 15.09.07 unter: http://de.wikipedia.org/wiki/Ethik#Gegenstand_und_Begriff
[25] Moral: Wikipedia stellt zwei Auffassungen von Moral vor. Ich möchte mich hier auf die Auffassung der Moral als guter Absicht beziehen. Moralisch gutes Verhalten ist nach dieser Auffassung ein Verhalten, welches sich auf gute Absichten beziehen kann. Vgl. Wikipedia, Moral, Definitionen von Moral, Zugriff am 15.09.07 unter: http://de.wikipedia.org/wiki/Moral#Definitionen_von_Moral:_Konformit.C3.A4t.2C_ Gesinnung_und_mehr.3F
[26] Ethos: „Gewohnheit, Brauch, Sitte“ Bezeichnet die dem Einzelnen vorgängige und ihn mitprägende Lebensgewohnheit Vgl. Wikipedia, Ethos, Zugriff am 15.09.07 unter: http://de.wikipedia.org/wiki/Ethik" \o "Ethik
[27] Vgl. Court, Historischer Abriss der Sportethik, in: Haag (Hg), Sportphilosophie,
[28] Vgl. Meinberg, Die Moral im Sport,
[29] Vgl. Meinberg, Die Moral im Sport, S. 21-27
[30] Vgl. Meinberg, Die Moral, S. 128- 131
[31] Vgl. Herms, Sport,
[32] Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz, Sport und christliches Ethos,
[33] Vgl. Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz, Sport und christliches Ethos, S. 7- 11
[34] Mit Enteignung bezeichnen die Kirchen die Beraubung der Selbstbestimmung des Sports
[35] Vgl. Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz, Sport und christliches Ethos, S. 14f
[36] Vgl. Meinberg, Moral,
[37] Vgl. Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz, Sport und christliches Ethos, S. 11- 14
[38] Vgl. EKD, Sport, Spaß und fairer Handel, Zugriff am 04.09.07 unter:
http://www.ekd.de/aktuell/060322_wm_features.html
[39] Vgl. EKD, Statement des DSB- Präsidenten beim Spitzengespräch Kirchen- Sport in Frankfurt, Zugriff am 18.09.07, unter: http://www.ekd.de/sport/050907_richthofen_sportgespraech.html
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