Bachelorarbeit, 2019
57 Seiten, Note: 2,00
1. Einleitung
2. Definition Bewegung und Sport
3. Lehrplan
3.1 Bewegung und Sport
3.2 Gesundheitserziehung
4. Staatliche Verbesserungsziele
4.1 Gesundheitsziele Österreich
4.2 Grundprinzipien der Gesundheitsförderung
4.3 Kinder-Umwelt-Gesundheits-Aktionsplan
4.4 Gesundheit 2020 − das Rahmenkonzept der Europäischen Region für Gesundheit und Wohlbefinden
5. Gesundheitszustand in Österreich
5.1 Statistik Austria
5.2 ATHIS (Austrian Health Interview Survey)
5.3 Bericht zur Lage der Kinder- und Jugendgesundheit in Österreich 2018
5.4 Wie gesund sind Kinder und Jugendliche in Graz?
6. Gesundheitsbewusstsein in der Schule
6.1 Schule als Korrektiv
6.2 Schulische Belastungsfaktoren
6.3 Hauptaufgaben einer gesunden Schule
6.4 Bewegungsmangel
6.5 Gesundheit und Bildung
7. Zu welchen Folgen führt ein ungesunder Lebensstil
8. Gegenmaßnahmen
8.1 Bewegungsmöglichkeiten für den Unterricht
8.1.1 Bewegtes Lernen:
8.1.2. Dynamisches Sitzen:
8.1.3. Bewegungseinheiten:
8.1.4. Entspannungsphasen:
8.1.5. Bewegungsprojekte:
8.2 Bewegungen in den alltäglichen Unterricht einfließen lassen
8.2.1 Lernen in Bewegung (Active Learning)
8.2.2 Gezielte Bewegungen im Sprachunterricht
8.3 Entspannungspausen (Chill-out- Breaks)
8.4 Verbesserung der Merkfähigkeit
8.5 Außerunterrichtliche Bewegungsaktivitäten (Pausensport)
9. Positive Effekte von Bewegung auf die Gesundheit und das Wohlbefinden
9.1 Positive Auswirkungen auf den Körper
9.2 Positive Auswirkungen auf die geistige Leistungsfähigkeit
9.2.1 Verbesserung der Konzentrationsfähigkeit
10. Einbindung in den Unterricht
1. Woche
Montag
Mittwoch
Freitag
2. Woche
Montag
Mittwoch
Freitag
3. Woche
Montag
Mittwoch
Freitag
Fazit
Literaturverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Ausgehend von der Fragestellung, wie im Schulalltag Gesundheitsbewusstsein gefördert werden und welche positiven Auswirkungen dies nach sich ziehen kann, werden in der vorliegenden Bachelorarbeit Möglichkeiten der Förderung des Gesundheitsbewusstseins im Schulalltag aufgezeigt. Des Weiteren werden staatliche Verbesserungsziele des Gesundheitszustandes in Österreich erläutert und Analysen des momentanen Gesundheitszustandes der Österreicherinnen und Österreicher veranschaulicht. Ein besonderer Fokus dieser Arbeit liegt darin, auf die Wichtigkeit der Vermittlung von Gesundheitsbewusstsein im Schulalltag hinzuweisen und darüber hinaus die Folgen eines ungesunden Lebensstiles aufzuzeigen. Im Anschluss liefert ein Wochenplan eine Fülle an praktischen Umsetzungsideen für die Förderung von Gesundheit in der Primarstufe. Das Ziel dieser Arbeit ist, Pädagoginnen und Pädagogen zu vermitteln, wie wichtig es ist, den Kindern den Gesundheitsbegriff näherzubringen und sie so an einen gesunden Lebensstil heranzuführen.
„ Wenn wir jedem Menschen die richtige Dosis Nahrung und Bewegung geben könnten, nicht zu viel und nicht zu wenig, hätten wir den besten Weg zur Gesundheit gefunden “ (Hippocrates, o.J. ) .
Die Abnahme von Bewegungsmöglichkeiten in der Schule sowie zu Hause für Kinder und die Vernachlässigung von sportlichen Aktivitäten führen zu zahlreichen physischen sowie psychischen Folgebeschwerden. Die oft mangelhafte Gesundheitsvermittlung von Eltern, Lehrerinnen und Lehrern bewirkt, dass Kinder vielfach nicht wissen, wie wichtig die Gesundheit in ihrem Leben ist.
Im Rahmen meiner Bachelorarbeit wird auf die Wichtigkeit des Themas Gesundheitsvermittlung für Kinder hingewiesen, darüber hinaus werden Maßnahmen zur praktischen Umsetzung vorgeschlagen und erklärt. Ein bewusster Lebensstil nimmt einen zentralen Stellenwert in meinem Leben ein. Daher ist es mir ein Anliegen, meinen zukünftigen Schülerinnen und Schülern die Wichtigkeit einer gesunden Lebensweise zu vermitteln. In meiner Kindheit standen Bewegung und Sport täglich am Plan, sei es durch diverse Sportarten, die ausgeübt wurden, oder indem nachmittags mit Freundinnen und Freunden im Freien gespielt wurde. Was für mich damals scheinbar normal war, ist heute vielfach nicht mehr der Fall. Viel zu viele Kinder betreiben kaum noch Sport und verbringen ihre Freizeit im Inneren eines Gebäudes. Meine Praxiserfahrung zeigt mir jedoch, dass Bewegung und Sport den Kindern nach wie vor Spaß macht und sie danach viel konzentrierter arbeiten können. Das Bewegungsinteresse der Kinder ist weiterhin vorhanden und sollte gezielt gefördert werden. Ein weiterer Beweggrund, warum dieses Thema für die vorliegende Bachelorarbeit gewählt wurde, sind die Erfahrungen, die ich während meines Erasmusaufenthaltes in England sammeln durfte. Auffallend viele junge Menschen waren stark adipös und essen bereits zum Frühstück Schokoriegel. In meinen Kursen lernte ich einige von ihnen besser kennen und stellte fest, dass sie scheinbar nicht wussten, was für ihren Körper gut ist. Auch die Bereitschaft Sport zu betreiben war bei den meisten nicht vorhanden. Für mich war dieses Verhalten kaum vorstellbar. Ein in frühen Jahren vermitteltes Gesundheitsbewusstsein hätte einen möglichen präventiven Einfluss gehabt und diesem Fehlverhalten vorbeugen können.
Im ersten Kapitel dieser Arbeit wird zunächst der Begriff ‚Bewegung und Sport’ definiert. Des Weiteren wird untersucht, wo sich Bewegung und Sport bzw. Gesundheitserziehung im Lehrplan befinden und welchen Stellenwert dieses Thema in der Schule hat. Im vierten Kapitel werden staatliche Verbesserungsziele aufgezählt sowie relevante Gesundheitspläne erklärt. Im Anschluss daran wird der momentane Gesundheitszustand in Österreich bzw. in Graz dargestellt. Darauf folgt das Kapitel Gesundheitsbewusstsein in der Schule, in welchem unter anderem auf die Hauptaufgaben einer Schule hingewiesen wird und Ursachen des Bewegungsmangels erklärt werden. In Kapitel sieben wird anhand eines Kreisdiagrammes von Oppolzer (2006, S. 9) näher auf die Folgen eines ungesunden Lebensstiles eingegangen. Die daraus resultierenden Gegenmaßnahmen werden in Kapitel acht aufgezählt und beschrieben. Es werden sowohl Bewegungsmöglichkeiten für den Unterricht als auch Verbesserungsmöglichkeiten zur Merkfähigkeit von Unterrichtsinhalten erläutert. Im vorletzten Kapitel werden die positiven Effekte, sowohl körperliche als auch geistige, von Bewegung auf die Gesundheit und das Wohlbefinden beschrieben. Das letzte Kapitel veranschaulicht anhand eines Wochenplans Einbindungsmöglichkeiten von gesundheitsfördernden Maßnahmen in den Unterricht. Der Dreiwochenplan bietet jeden zweiten Tag Anregungen und Ideen, wie man den Kindern im Schulalltag auf eine abwechslungsreiche Art und Weise ein Gesundheitsbewusstsein vermitteln kann. Es werden einerseits Entspannungsmöglichkeiten, andererseits Spielideen und gesundes Ernährungsverhalten eingebunden. Die Unterrichtsvorschläge können je nach Klassenstufe adaptiert werden. Das Ziel dieser Arbeit ist, auf die Problematik eines mangelnden Gesundheitsbewusstseins in der Schule einzugehen und auf die Fakten und Ursachen hinzuweisen sowie geeignete Gegenmaßnahmen zu erläutern. Der praktische Teil soll zur Durchführung in den Klassen anregen. Lehrerinnen und Lehrer sollten sich ihrer Verantwortung bewusst sein und einen wesentlichen Beitrag für eine gesunde heranwachsende Generation leisten.
„Bewegung ist ein wichtiges Mittel, um mit der Welt und anderen Menschen Kontakt aufzunehmen“ (Wicki & Bürgisseur, 2008, S. 184).
Demnach kann Bewegung als Mittel zur Erfüllung des menschlichen Grundbedürfnisses nach sozialer Nähe gesehen werden.
Im Folgenden werden die Begriffe Bewegung und Sport sowie körperliche Aktivität definiert. Bewegung und Sport als Unterrichtsfach hat die Aufgabe „einer umfassenden bewegungs- und sportbezogenen Handlungskompetenz. Sowohl die fachspezifischen als auch fächerübergreifenden Fähigkeiten, Fertigkeiten und Einstellungen werden in sechs Erfahrungs- und Lernbereichen erworben: Motorische Grundlagen, Spielen, Leisten, Wahrnehmen und Gestalten, Gesund leben, Erleben und Wagen“ (Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Forschung, 2012, S. 197).
Des Weiteren wird die Bezeichnung körperliche Aktivität definiert, da auch dieser Begriff in dieser Arbeit vielfach verwendet wird. Unter dem Begriff körperliche Aktivität versteht man jede Art der Bewegung, die größere Muskelgruppen umfasst. Dazu gehören sportliche Tätigkeiten wie beispielsweise Tennis, Schwimmen, Tanzen sowie Alltagsbewegungen. Zu den alltäglichen Bewegungen zählen zum Beispiel Treppensteigen oder Putzen. Sportliche Aktivitäten lassen sich laut Fuchs & Schlicht (2012, S. 3) anhand dreierlei Kriterien charakterisieren: „Sie finden in standardisierten Räumen statt (Hallen, Sportplätzen, vermessenen Laufstrecken, usw.), sie sind eingebunden in ein Regelwerk (z.B. Tennisregeln) und dienen dem Erreichen eines Sieges oder dem Erlangen eines Rekords (Wettkampf).“ Heutzutage wird der Begriff Sport nicht mehr so eng definiert. Es geht nicht mehr nur um den Leistungsbereich, sondern auch um „Ausgleichs-Erlebnis-oder Gesundheitssport“ (ebda, S. 4). Für den einen liegt der Fokus auf der körperlichen Betätigung, für den anderen auf dem Wettkampf (ebda, S. 4).
In den Lehrplänen des österreichischen Bildungssystems sind die Ziele und Inhalte des schulischen Lernens angegeben. Sie gelten für eine bestimmte Schulart, verschiedene Fächer oder Jahrgangsstufen. Lehrplantheorien befassen sich mit den Kriterien, die letztendlich für die Auswahl und Formation der Unterrichtsinhalte im Lehrplan verantwortlich sind (Erhorn, 2012, S. 28). Schulen haben unteranderem auch die Pflicht, Gesundheitsbewusstsein zu vermitteln, da dies ein fixer Bestandteil des Lehrplans ist (Wicki & Bürgisseur, 2008, S. 63).
Im Lehrplan der Volksschule (Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Forschung, 2012, S. 75) sind folgende Bildungs- und Lehraufgaben angeführt:
Aufgabe von Bewegung und Sport ist - ausgehend von der individuellen Entwicklung und der motorischen Lernfähigkeit -, durch ein vielfältiges Bewegungsangebot die Gesamtpersönlichkeit des Kindes zu fördern. Der Unterricht in Bewegung und Sport auf der Vorschulstufe soll
- die Bewegungs- und Spielfreude der Kinder erhalten bzw. wecken und steigern und durch ein vielseitiges Bewegungsangebot den individuellen Bewegungsbedürfnissen und Interessen entsprechen,
- zum kreativen Umgang mit der Bewegung anregen,
- die Erprobung sozialer Verhaltensweisen im Bewegungsspiel und beim gemeinsamen Üben ermöglichen,
- zur Steigerung der motorischen Eigenschaften durch vielfältiges Üben der grundlegenden Bewegungsfertigkeiten führen und damit der Wahrung der Gesundheit und der Verbesserung der Leistungsfähigkeit dienen (ebda, S. 75).
Weiters werden im Lehrplan verschiedene Spielformen, grundlegende Bewegungsfertigkeiten und didaktische Grundsätze angegeben (ebda, S. 75ff).
Gesundheitserziehung gilt als Unterrichtsprinzip und ist daher im Lehrplan der Volksschule enthalten:
„Als solche Bildungs- und Erziehungsaufgaben, die auch Unterrichtsprinzipien genannt werden, sind aufzufassen: Gesundheitserziehung, Leserziehung, Medienerziehung [...]“ (Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Forschung, 2012, S. 18).
Dieses Kapitel befasst sich mit einigen Ansätzen zur Verbesserung der Gesundheit der österreichischen Bürgerinnen und Bürger. Es werden Zielsetzungen des Landes angeführt und ein Modell der Faktoren, die Gesundheit beeinflussen, wird erklärt. Des Weiteren werden ein Aktionsplan für Österreich und ein europaweites Konzept vorgestellt.
Die unten angeführten zehn Gesundheitsziele wurden 2011 von Ventura et al. ausgearbeitet und sollten für die nächsten zwanzig Jahre gültig sein. Unabhängig vom Bildungsstatus, der Einkommenssituation oder den Lebensumständen soll die Gesundheit aller Österreicherinnen und Österreicher verbessert werden. Das österreichische Gesundheitssystem ist eines der besten weltweit. Im Durchschnitt soll die Dauer der gesunden Lebensjahre um zwei Jahre gesteigert werden. Menschen, die in Österreich leben, können mit fast sechzig gesunden Lebensjahren rechnen. Bei der Formulierung der Ziele wurde auf Faktoren eingegangen, die für eine maßgebende Gesundheit stehen. Beispiele dafür wären etwa Bildung, Arbeitssituation, soziale Sicherheit oder Umwelteinflüsse (Ventura et al., 2017, S.4).
Ziel 1: Gesundheitsförderliche Lebens- und Arbeitsbedingungen für alle Bevölkerungsgruppen durch Kooperation aller Politik- und Gesellschaftsbereiche schaffen
Ziel 2: Für gesundheitliche Chancengerechtigkeit zwischen den Geschlechtern und sozioökonomischen Gruppen, unabhängig von der Herkunft, für alle Altersgruppen sorgen
Ziel 3: Die Gesundheitskompetenz der Bevölkerung stärken
Ziel 4: Die natürlichen Lebensgrundlagen wie Luft, Wasser und Boden sowie alle unsere Lebensräume auch für künftige Generationen nachhaltig gestalten und sichern
Ziel 5: Durch sozialen Zusammenhalt die Gesundheit stärken
Ziel 6: Gesundes Aufwachsen für alle Kinder und Jugendlichen bestmöglich gestalten und unterstützen
Ziel 7: Gesunde Ernährung mit qualitativ hochwertigen Lebensmitteln für alle zugänglich machen
Ziel 8: Gesunde und sichere Bewegung im Alltag durch die entsprechende Gestaltung der Lebenswelten fördern
Ziel 9: Psychosoziale Gesundheit bei allen Bevölkerungsgruppen fördern
Ziel 10: Qualitativ hochstehende und effiziente Gesundheitsversorgung für alle nachhaltig sicherstellen (ebda, S. 8ff.).
Im Bezug auf das sechste Ziel soll erwähnt werden, dass die Basis für eine gesunde Lebensweise in der Kindheit entsteht. Es sollten optimale Rahmenbedingungen geschaffen werden, damit ein langfristiger Nutzen daraus resultieren kann. Der Fokus auf die Gesundheit des Kindes sollte bereits in der Schwangerschaft vorhanden sein. Eltern sollten sich ihrer Vorbildwirkung immer bewusst sein (ebda, S. 49).
Dem umfassenden Gesundheitsbegriff zufolge ist Gesundheit kein Zustand, sondern ein dynamischer Prozess, in dem das Individuum ständig ein Gleichgewicht mit seiner Umwelt herzustellen versucht, um sein körperliches, psychisches und soziales Wohlbefinden zu optimieren (Fonds Gesundes Österreich (FGÖ), o.J.).
Das oben angeführte Zitat wurde zur Verdeutlichung gewählt, dass die Gesundheit kein statischer Zustand ist, sondern ein dynamischer. Die nachfolgende Grafik knüpft an diese Behauptung an.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Fonds Gesundes Österreich nach Dahlgren, G., Whitehead, M. (1991). Quelle: (FGÖ Fonds Gesundes Österreich) 2017, online
Das eben angeführte Modell ist in fünf Bereiche unterteilt, wurde von Dahlgren und Whitehead entwickelt und zeigt verschiedene Ebenen der Gesundheit auf. Die erste Ebene betrifft Alter, Geschlecht und Erbanlage. Diese Faktoren können nicht beeinflusst werden. „Individuelle Lebensweisen“ symbolisieren die zweite Ebene und sind beeinflussbar. Hierbei geht es um die sportliche Betätigung sowie die Ernährung. „Soziale und kommunale Netzwerke“ betreffen das soziale Umfeld. Die vierte Ebene beschäftigt sich mit den „Lebens- und Arbeitsbedingungen.“ Sie gibt Auskunft über Wohnsituation und Infrastruktur. Die letzte Ebene, genannt „allgemeine Bedingungen der sozioökonomischen, kulturellen und physischen Umwelt“, zeigt die finanzielle Lage sowie die politische Situation (Szekely, 2019, S.13ff). Dieses Modell soll zeigen, dass Gesundheit von mehreren Faktoren abhängig ist.
Kinder befinden sich noch in ihrer Entwicklung und benötigen besonderen Schutz. Es ergaben sich ausgehend von einer Bestandsanalyse die vier folgenden Handlungsprioritäten, die dazu dienen sollten, die Übereinkünfte von 2004 der Umwelt- und Gesundheitsministerkonferenz der WHO umzusetzen. Der österreichische Kinder-Umwelt-Gesundheits-Aktionsplan richtet sich stark nach dem europäischen Aktionsplan:
I. Sicherstellung der Versorgung mit sauberem Wasser und guten sanitären Verhältnissen
II. Unfallverhütung und Sicherstellung von ausreichender körperlicher Bewegung von Kindern durch eine kinderfreundliche Stadt- und Verkehrsplanung
III. Sicherstellung von sauberer Außen- und Innenraumluft
IV. Verhütung von Belastungen durch gefährliche Wirkstoffe (Bundesministerium für Land-und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft, 2007, S. 9)
Zahlreiche Initiativen wurden ins Leben gerufen, wie beispielsweise „Maßnahmen für umweltfreundliche und gesundheitsfördernde Mobilität am Schulweg“ (ebda, S. 10). Kinder sollten besonders vor Umweltbelastungen und -gefahren beschützt werden. Eine intakte Umwelt ist daher essenziell wichtig für ein gesundes Heranwachsen. Die heutigen Risiken, denen Kinder ausgesetzt sind, sind unter anderem Schadstoffbelastungen, Unfallgefahren und Bewegungsmangel (ebda, S. 10).
An diesem Konzept einer Gesundheitspolitik beteiligt sich eine Vielzahl von Ländern sowie Interessensgruppen aus der gesamten Europäischen Region. Es soll unter anderem zur „Verbesserungen von Gesundheit und Wohlbefinden der Bevölkerung, Abbau von Ungleichheiten im Gesundheitsbereich, Stärkung der öffentlichen Gesundheit und Gewährleistung nachhaltiger bürgernaher Gesundheitssysteme“ führen (Weltgesundheitsorganisation Regionalbüro für Europa, o.J.)
Das Konzept bietet Stellungnahmen hinsichtlich der Wichtigkeit von finanziellen Unterstützungen im Bereich Gesundheit. Die Gesellschaft sollte zu einem respektvollen und wertschätzenden Umgang mit Gesundheit erzogen werden. Eine gesunde Gesellschaft sorgt für ökonomische und soziale Entwicklung, was wiederum auch der Wirtschaft zugute kommt. Ungleichheiten sollen behoben werden und die Gesundheit künftiger Generationen soll gesichert werden. Gesundheit 2020 entstand nach zweijähriger Übereinkunft und wurde von 53 Mitgliedstaaten bei der 62. Tagung der WHO akzeptiert (ebda).
In diesem Abschnitt soll anhand von Statistiken und Studien der aktuelle Gesundheitszustand in Österreich veranschaulicht werden.
Statistik spielt in unserer heutigen Informationsgesellschaft eine bedeutsame Rolle. Der Bedarf an seriösen Informationen gewinnt in unserer Gesellschaft immer mehr an Bedeutung. Statistik Austria bietet diese Bereitstellung in sämtlichen Bereichen (Statistik, 2019), so auch über den Gesundheitszustand der Österreicherinnen und Österreicher. Die gesunde Lebenserwartung in Österreich beträgt etwa 60 Jahre: 58,02 bei Männern und 57,6 bei Frauen, Stand 2017. Das Konzept der „gesunden Lebenserwartung“ gibt an, in welchem Alter eine Person noch gesund ist. Wird der Fokus zunehmend auf die Gesundheit gelenkt, kann mit einer höheren Lebenserwartung gerechnet werden (Statistik Austria-Gesundheit, 2018). Informationen über die Lebenserwartung werden aus den jährlichen Sterbetafeln entnommen. Daten des Gesundheitszustandes werden durch Befragungen gewonnen. Die Lebenserwartung für Männer beträgt 78,91 Jahre und die der Frauen sogar 83,74 Jahre, Stand 2018.
Die Menschen werden durch die bessere Gesundheitsversorgung immer älter im Vergleich zu früheren Jahrzehnten. Erfreulich ist es vor allem, dass die Zahl der in Gesundheit verbrachten Jahre noch stärker stieg als die Lebenserwartung.
Es ergeben sich jedoch auch hohe Ausgaben, die für die Jahre 2004 bis 2017 einer Überblickstabelle auf der Webseite der Statistik Austria Seite zu entnehmen sind (Statistik Austria-Überblickstabelle Gesundheitsausgaben, 2019).
Die ATHIS ist eine Gesundheitsbefragung, die Daten des österreichischen Gesundheitszustandes der Bevölkerung liefern soll. Mit diesem Wissen kann die Politik, wenn erforderlich, geeignete Maßnahmen setzen. Aufgrund einer EU-Verordnung finden HIS-Gesundheitsbefragungen in allen europäischen Mitgliedsländern alle fünf Jahre statt. Die Abkürzung ATHIS setzt sich zusammen aus dem Kürzel AT, welches für Austria, sprich Österreich, steht, und HIS, mit dem Health Interview Survey abgekürzt wurde. In den Jahren 1991, 1999 und 2006/2007 wurden bereits gezielt Gesundheitsbefragungen in Österreich durchgeführt, welche die Daten für das Jahr 2014 lieferten (Gesundhheit.GV.AT, 2015).
Die ATHIS 2014 ermittelte unter anderem den allgemeinen Gesundheitszustand sowie Gesundheitsprobleme, die sich auf das Thema Impfen beziehen. Es wurden Daten der Altersgruppe der Null- bis Siebzehnjährigen erhoben. Bei dieser Untersuchung wurden die Eltern befragt. „Laut den Ergebnissen von ATHIS 2014 bekamen 19% der Kinder, bei denen ein Elternteil eine der Fragen zu gesundheitlichen Einschränkungen mit »ja« beantwortet hat, nicht die notwendige Behandlung oder Beratung (das sind etwa 44.900 Kinder)“ (Jugendgesundheit, 2018, S. 11). Diese Untersuchung zeigte auf, dass auch in Österreich Familien mit kranken Kindern vor vielen Herausforderungen stehen: „[z]u wenige Versorgungsangebote, fehlende Kommunikation, lückenhaftes Nahtstellenmanagement und zu hohe Kosten für die PatientInnen“ (ebda, S. 13). Zudem wurde durch die ATHIS-Befragung aufgezeigt, dass psychische Erkrankungen bei Kindern und Jugendlichen derzeit vielfach unterschätzt werden. Durch diese regelmäßig durchgeführten Befragungen können präventive Maßnahmen frühzeitig von staatlicher Seite ergriffen werden, die im weitesten Sinne auch Lehrerinnen und Lehrer betreffen. Nicht alle Schülerinnen und Schüler sind gesund und gerade bei psychischen Erkrankungen müssen Lehrerinnen und Lehrer manchmal auf weitere Instanzen (Kinderpsychologen und Psychologen) verweisen, wenn Eltern eine Erkrankung nicht wahrhaben wollen.
„Jedes Kind und jeder Jugendliche hat das Recht auf bestmögliche Entwicklung und Entfaltung – so steht es in der österreichischen Verfassung“ (Jugendgesundheit, 2018, S. 10). Das Schwerpunktthema des Jahres 2018 war die „Psychische Gesundheit im Kindes- und Jugendalter“ (ebda, S. 11). Die österreichische Liga für Kinder-und Jugendgesundheit mit über 100 Mitgliedsorganisationen setzt sich für die Rechte der Kinder und Jugendlichen ein. Eine Forderung an das Regierungsprogramm wäre die Gleichberechtigung für alle Kinder und Jugendlichen, Kinderrechte scheinen im Regierungsprogramm nicht auf (ebda, S. 5). Auch dieser Bericht beschäftigte sich mit dem Schwerpunkt psychische Erkrankungen, wie es bereits die ATHIS-2014-Befragung getan hat.
Eine Folgestudie des Jahres 2012 zeigte eine Momentaufnahme des Gesundheitszustandes der Kinder und Jugendlichen in Graz. „36% der Kinder klagen darüber, oft (täglich oder mehrmals pro Woche) an Magen-, Rücken- oder Kopfschmerzen zu leiden. Im Vergleich zur Volksschulstudie kann man erkennen, dass mit zunehmendem Alter der eigene Gesundheitszustand subjektiv als schlechter eingeschätzt wird“ (Sozial Medizinisches Zentrum Liebenau - Wie gesund sind Kinder und Jugendliche in Graz?, 2012). Dies beweist auch eine Abbildung der Eurostart-Datenbank, dargestellt im Skriptum Fokus Jugend von der Universität Wien. Dort werden Jugendliche und junge Erwachsene im Alter von 16 bis 30 Jahren verglichen (Schipfer, 2019, S. 31). Im Zuge der Datenerhebung ließen sich geschlechterspezifische Unterschiede verzeichnen: Mädchen verhalten sich tendenziell gesundheitsbewusster als Buben. Sie klagen jedoch häufiger über etwaige Beschwerden. Es besteht außerdem ein enger Zusammenhang zwischen psychischem Stress und körperlichen Beschwerden. Des Weiteren wird darauf hingewiesen, dass das soziale Umfeld einen entscheidenden Einfluss auf das gesundheitliche Wohlbefinden hat (Sozial Medizinisches Zentrum Liebenau - Wie gesund sind Kinder und Jugendliche in Graz?, 2012).
Studien dieser Art können zwar kein allgemeingültiges Abbild des Gesundheitszustandes unserer Gesellschaft liefern, dennoch leisten sie einen wichtigen Beitrag, um einen Einblick in aktuelle Tendenzen zu ermöglichen.
Kinder verbringen einen Großteil ihrer Zeit in der Schule. Daher ist es wichtig, dort Gesundheitsbewusstsein zu vermitteln und so die erzieherischen Einbußen der Eltern zum Teil zu korrigieren. Die Hauptaufgaben einer gesunden Schule sowie schulische Belastungsfaktoren werden in diesem Kapitel aufgezählt. Die Ursachen und Folgen des Bewegungsmangels werden genauer unter die Lupe genommen. Eine Verbindung von Gesundheit und Bildung wird festgestellt und erörtert.
Epidemiologische Entwicklungen sind ein europaweites Problem, die aus dem modernen Lebensstil resultieren. Bewegungsmangel, ungesunde Ernährung und psychische Probleme steigen drastisch. Die Schule wird zum hoffnungsvollen Korrektiv (Sommer, Altenstein , Kuhn, & Wiesmann, 2006, S. 13). Aber auch sie hat sich im Laufe der Zeit verändert. Die Schule ist nicht nur noch ein Ort der Wissensvermittlung. Soziale Beziehungen mit Gleichaltrigen werden geknüpft, Bewegungsräume wie Turnsäle und Spielplätze werden zur Verfügung gestellt und sogar das morgendliche Frühstück sowie das Mittagessen werden immer öfter in der Schule eingenommen. Die Schule muss heutzutage eine Vielzahl sozialkompensatorischer Aufgaben bewältigen. Durch eine zielführende Vermittlung von sozialen Werten, Motivation, Bewegung und Ernährungsangeboten kann die Schule einen großen Beitrag zum Gesundheitszustand der Kinder und Jugendlichen leisten und Beschwerden entgegenwirken (ebda, S. 12). Gesundheitsprobleme sollten nicht separat, sondern als Ganzes untersucht werden. Kinder neigen dazu, ihr Umfeld zu imitieren, was dazu führen kann, dass Probleme sowie Gewohnheiten des sozialen Umfelds übernommen werden (Wicki & Bürgisser, 2008, S. 64). Gewohnheiten entwickeln sich schon in frühen Jahren und bestehen oft im Erwachsenalter fort. Die Schule kann darauf einen entscheidenden Einfluss haben. Das gemeinsame Sportbetreiben, so wie es in der Schule realisiert wird, bereitet Spaß und stärkt zudem soziale Beziehungen. Eine Studie von Martins et.al (2016) fand heraus, dass inaktive Erwachsene eine negative Meinung bezüglich Schule und Sport äußerten, weil sie in ihrer Schullaufbahn zu wenig unterstützt beziehungsweise gefördert wurden. Diese negative Einstellung begann schon im Volksschulalter. Sie gaben an, in der Schule nicht für das Thema gesunde Lebensstile sensibilisiert worden zu sein. Das Unterrichtsfach Sport und Bewegung fanden sie nicht relevant für das Leben. Die Lehrerinnen und Lehrer hätten einen aktiven Lebensstil stärker forcieren sollen. Aktive Erwachsene berichteten von positiven Erfahrungen in der Schule im Bereich Sport. Diese Grundhaltung ist ihnen bis ins Erwachsenenalter geblieben. Diese Tatsache bestätigt, dass es wichtig ist, früh positive Erfahrungen zu machen. Lehrerinnen und Lehrer sollten wissen, wie sie eine angenehme Lernatmosphäre schaffen können, die einen direkten Bezug zu einem aktiven und gesunden Lebensstil hat. Der Fokus sollte nicht nur auf der Sportsozialisation liegen (Martins, et al., 2016, S. 7ff.). Damit Schule jedoch als Korrektiv wirksam werden kann und positive Gewohnheiten sich entwickeln können, müssen entsprechende Voraussetzungen in der Schule gegeben sein. Schäffer-Külz und Wendt verweisen auf die Wichtigkeit der Gestaltung eines gesundheitsförderlichen Arbeitsplatzes Schule. Dieser wurde lange Zeit vernachlässigt, was auch zu gesundheitlichen Schäden des Lehrkörpers führte. Nur gesunde Lehrpersonen können ein Gesundheitsbewusstsein vermitteln (Schäffer-Külz & Wendt, 2012, S. 27ff). Immer mehr Lehrpersonen leiden unter massivem seelischen Druck, was in einigen Fällen oft zur vorzeitigen Aufgabe des Lehrerberufs führt (Wicki & Bürgisser, 2008, S. 51).
Tagtäglich sind Schülerinnen und Schüler einer Vielzahl von schulischen Belastungsfaktoren ausgesetzt. Einige davon sind:
- Beziehung zur Lehrperson (Wie sind die Umgangsformen zwischen Lehrpersonen und Schülerinnen und Schülern? Sind sie respektvoll und wertschätzend?)
- Klassenklima (Finden Ausgrenzungen statt oder hilft man sich gegenseitig?)
- Schulstress (Ist der Leistungsdruck zu hoch?)
- Mitbestimmung (Wird Demokratie in der Klasse aktiv gelebt? Können die Kinder bei Entscheidungen mitbestimmen beziehungsweise wählen?)
- interessante Unterrichtsgestaltung (Wird der Unterricht als sinnvoll empfunden?)
- Räumlichkeiten (Bieten die Klassenräume eine angenehme Atmosphäre?) (Paulus, 2002, S. 8ff)
[...]
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