Diplomarbeit, 1999
80 Seiten, Note: 2
In den letzten Jahren sind Kundenclub und Kundenkarte zu einem immer verbreiterteren Marketinginstrument geworden. Indikator hierfür sind die große Anzahl von Publikationen zu diesem Thema sowie die Verbreitung dieser Instrumente in der Praxis. Es stellt sich hier die Frage, welche Faktoren dazu geführt haben, dass diese Marketinginstrumente so weit verbreitet sind.
In vielen gesättigten Märkten bietet sich heute folgendes Bild. Der Wettbewerb wird, unter anderem durch die Liberalisierung und den Binnenmarkt immer här- ter, die Produkte werden einander immer ähnlicher und können vom Endverbrau- cher oft kaum noch unterschieden werden. Mit dieser Marktsättigung einher geht auch die Werbesättigung des Verbrauchers, der nur einen Bruchteil der verfügba- ren Informationen tatsächlich aufnehmen kann. Schließlich ist auch eine Indivi- dualisierung des Konsumentenverhaltens zu erkennen, die zum Entstehen hetero- gener Zielgruppen beiträgt. Diese Veränderungen haben zu einer Umorientierung vom Massenmarketing in Richtung Relationship-Marketing geführt, bei dem Ver- sucht wird, (Segment)individuell mit dem Kunden eine Beziehung aufzubauen damit auch in einen Dialog mit dem Kunden zu kommen.1
Dafür war es allerdings notwendig, neue Marketinginstrumente einzuführen, bei denen eine individuelle Kundenansprache möglich ist.2 Durch die Erfassung von personenbezogenen Daten eignen sich dafür Kundenclub und Kundenkarte.
Eine weitere Entwicklung, die die Verbreitung dieser beiden Marketinginstru- mente begünstigte, ist die verstärkte Orientierung der Marketingmaßnahmen auf den aktuellen Kundenstamm und nicht auf die Neukundenaquisition, da die Kos- ten der Neukundenaquisiton um das fünffache höher sind, als die Kosten der Pflege der Altkunden.3 Diese Fokussierung auf den aktuellen Kundenstamm be- deutet gleichzeitig, dass der Kundenbindung größeres Gewicht zugemessen wird. Da sowohl in der Theorie wie auch in der Praxis dem Ziel der Kundenbindung bei der Einführung eines Kundenclubs bzw. einer Kundenkarte höchste Priorität zu- gemessen wird4, es aber eher wenig gesicherte Aussagen über die Kundenbin- dungswirkung dieser beiden Instrumente gibt, soll diese Arbeit versuchen zu hel- fen, einen Überblick über den status quo zu geben.
Diese Arbeit konzentriert sich auf den Aspekt der Kundenbindung, d.h. Ziel dieser Arbeit ist es festzustellen, inwiefern Kundenclubs bzw. Kundenkarten sich auf die Kundenbindung auswirken.
Vereinfacht ausgedrückt versteht man unter Kundenbindung die Einstellung eines Kunden zur Geschäftsbeziehung mit einem Anbieter, die sich in dessen Bereit- schaft zu Folgekäufen niederschlägt.5 Somit beinhaltet der Terminus Kundenbin- dung neben der Einstellung der Kunden auch die Absichten der Kunden. Diese beiden Faktoren sind jedoch nicht beobachtbar, was eine Operationalisierung der Kundenbindung erschwert.
Vielleicht ist die Schwierigkeit der Messung einer der Gründe, wieso es zur Zeit noch recht wenig wissenschaftlich fundierte Studien zu diesem Thema gibt, denn sowohl in der Theorie wie auch in der Praxis wird immer wieder die Bedeutung der Kundenbindung im Allgemeinen und das Kundenbindungspotential von Kundenclubs und Kundenkarten im Speziellen herausgestrichen.
In dieser Arbeit wird versucht, die zu diesem Thema vorliegenden, wissenschaftlich fundierten, empirischen Studien zu systematisieren und zu erkennen, ob die Aussagen bzw. Annahmen zur Eignung des Kundenclubs/der Kundenkarte als Kundenbindungsinstrument einer wissenschaftlichen Überprüfung standhalten.
Der Forschungsansatz besteht in Form einer qualitativen Analyse der in der aka- demischen Literatur vorliegenden empirischen Erhebungen zum Thema Kunden- bindung durch Kundenclubs bzw. Kundenkarten im deutsch- und englischspra- chigen Raum.
Die Struktur dieser Arbeit erfordert es zunächst, eine möglichst exakte und trennscharfe Abgrenzung zwischen den hier vorliegenden Untersuchungsgegenständen Kundenclub und Kundenkarte zu treffen. Diese Abgrenzung, sowie die theoretischen Grundlagen zu diesen beiden Kundenbindungsinstrumenten wird, nach den Grundlagen der Kundenbindung und den Gründen für die Notwendigkeit von Kundenbindungsprogrammen (Kapitel 2 und 3), im 5. Kapitel behandelt.
Das 6. Kapitel ist als der Kern dieser Arbeit anzusehen. In diesem Kapitel werden die wissenschaftlichen Studien zum Thema Kundenbindung durch Kundenclubs und Kundenkarten anhand festzulegender Kriterien systematisiert. Dabei wird versucht zu erkennen, in welche Richtung der Schwerpunkt der Aussagen geht. Um eine möglichst umfassende und vollständige Darstellung des Standes der For- schung zu erhalten, wird auf möglichst viele verschiedene Quellen zurückgegrif-fen, jedoch nur auf solche, die auch dem wissenschaftlichen Anspruch gerecht werden.
Schließlich werden im 6. Kapitel die Schlüsse aus den Erkenntnissen der qualitativen Analyse der empirischen Erhebungen gezogen.
Hier sollen zunächst die Begriffe der Kundenbindung und des Kundenbindungsmanagements, sowie die Wirkungskette der Kundenbindung erläutert werden.
Dem Thema Kundenbindung wurde in der Marketingforschung erst in den letzten Jahren eine größere Aufmerksamkeit geschenkt. Gerade in der Dienstleistungsbranche, in der ein fester Kundenstamm den Unternehmenswert determiniert, hatte man die Frage der Kundenbindung nicht besonders beachtet. Erst durch Forschungsbeiträge6, die empirisch nachwiesen, welche Rentabilitätssteigerungen durch Kundenbindung in Dienstleistungsunternehmen möglich sind, wurde vielen Unternehmen erst klar, dass sie mit ihren Stammkunden höhere Erträge erwirtschaften können, als mit ihren sporadischen Kunden bzw. Neukunden und dass Stammkunden folglich stärker gebunden werden müssen.7
Es ist jedoch wichtig festzuhalten, dass Fragen des Managements von Kundenbe- ziehungen keineswegs als neu anzusehen sind. Vor allem im Dienstleistungsmar- keting, im vertikalen Marketing und im Investitionsgütermarketing hat das Mana- gement von Kundenbeziehungen schon seit jeher eine zentrale Stellung einge- nommen. In den klassischen Massenmärkten fand jedoch die Thematik der lang- fristigen Kundenbindung lange Zeit keine besondere Beachtung, da die Gewin- nung von Neukunden und damit die einzelne Transaktion im Mittelpunkt stand.8
Im Interesse der Eindeutigkeit der weiteren Ausführungen erscheint es notwen- dig, den Begriff Kunde näher zu betrachten. In Vahlens Großem Marketing Lexi- kon wird ein Kunde als tatsächliche, im weiteren Sinne auch als potentielle Partei auf der Nachfrageseite eines Marktes definiert, die aus einer Einzelperson, einer Institution oder einer Organisation mit mehreren Entscheidungsträgern bestehen kann.9
Im Rahmen dieser Untersuchung wird der Kunde als Nachfrager betrachtet, der von einem bestimmten Anbieter bereits mindestens einmal eine Leistung bezogen hat.10 Institutionelle Abnehmer werden in dieser Arbeit nicht untersucht und somit aus der Betrachtung ausgeschieden. Synonyme für den Begriff Kunde verkörpern die Bezeichnungen Käufer, Abnehmer, Konsumenten und Endverbraucher, sofern nichts Anderwertiges vermerkt ist.
Oft werden für den Terminus der Kundenbindung in der Literatur viele Bezeichnungen wie z.B. Relationship Marketing, Retention Marketing, Beziehungsmanagement, Markentreue, Produkttreue aber auch Kundenzufriedenheit falsch oder auch gleichbedeutend mit Kundenbindung oder Kundenbindungsmanagement verwendet. Deswegen soll eine Klärung dieser beiden Begriffe erfolgen.11
Des weiteren soll eine Abgrenzung zwischen den Termini Kundenbindungsmanagement und Relationship Marketing bzw. Beziehungsmarketing, sowie dem Begriff des Retention Marketing erfolgen.
Nach Diller kann Kundenbindung als "Bündel von Aktivitäten (...), die geeignet erscheinen, Geschäftsbeziehungen zu Kunden enger zu gestalten", verstanden werden.12
Die Definition der Kundenbindung von Homburg und Bruhn ist etwas konkreter, da sie auch eindeutig auf die "positive Verhaltensweise- bzw. Absicht" der Kun- den hinweist.
"Kundenbindung umfasst sämtliche Massnahmen eines Unternehmens, die darauf abzielen, sowohl die bisherigen Verhaltensweisen als auch die zukünftigen Verhaltensabsichten eines Kunden gegenüber einem Anbieter oder dessen Leistungen positiv zu gestalten, um die Beziehung zu diesem Kunden für die Zukunft zu stabilisieren beziehungsweise auszuweiten."
Durch diese Definition wird deutlich, dass eine nachfrager- und eine anbieterbe- zogene Sicht der Kundenbindung unterschieden werden muss.14 Somit ist es not- wendig, Kundenbindung vom Begriff der Kundenloyalität abzugrenzen. Denn Kundenloyalität bezieht sich nur auf die Nachfragerseite, während Kundenbin- dung sowohl auf Nachfrager- als auch auf Anbieterseite existieren kann.15 Kun- denloyalität bezeichnet die freiwillige Entscheidung zum Wiederkauf.16 Im Fol- genden wird der Begriff Kundenbindung mit dem loyalen Wiederkaufverhalten gleichgesetzt, da in dieser Arbeit von der freiwilligen Kundenbindung gesprochen wird.17 Freiwillige Kundenbindung bedeutet, dass der Kunde nicht durch Aktivi- täten der Anbieterseite zwangsgebunden wird. Eine Zwangsbindung wird z.B. durch die Mitgliedschaft in einem Buchclub herbeigeführt, wobei sich der Kunde durch einen Vertrag verpflichtet, in regelmässigen Abständen für eine gewisse Summe einzukaufen. Als Synonym für Loyalität wird in dieser Arbeit auch der Terminus Treue verwendet.
Meyer und Oevermann18 gehen noch weiter ins Detail, indem sie zum Begriff der Kundenbindung die bisherigen Verhaltensweisen des Kunden (bisheriges Kauf- und Weiterempfehlungsverhalten), die zukünftigen Verhaltensweisen (Wieder- kauf-, Zusatzkauf- und Weiterempfehlungs-Absichten) wie auch die Bindungsur- sachen (psychologische, situative, rechtliche ökonomische und technologische) zählen.
Diller systematisiert die Sichtweisen, aus denen Kundenbindung gesehen wird und betrachtet die Kundenbindung als ein Phänomen, das die Geschäftsbeziehungen zwischen einem Anbieter und einem Kunden betrifft. Somit kann sich der Schwerpunkt bei der Definition der Kundenbindung auf Merkmale des Anbieters, des Kunden und/oder der Geschäftsbeziehung richten.19 Abbildung 1 soll diese Erkenntnis übersichtlich darstellen.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Diese Abbildung verbindet alle drei genannten Anknüpfungspunkte (Anbieter, Geschäftsbeziehung und Kunde), die jedoch auch jeweils nur für sich stehen können. Das Problem der Verbindung aller drei Anknüpfungspunkte ist laut Diller, dass somit der Begriff der Kundenbindung praktisch dem Beziehungs-Marketing gleichkommt und für eine operative Anwendung viel zu breit definiert ist. Diller wählt eine engere und leichter operationalisierbare Definition, die am leicht beobachtbaren Kontakt- und Kaufverhalten anknüpft.
Somit liegt Kundenbindung dann vor, wenn innerhalb eines bestimmten Zeitraums wiederholte Transaktionen zwischen Geschäftspartnern stattfinden (ex- post Betrachtung) bzw. geplant sind (ex-ante Betrachtung).21
Neben diesem behavioristischen (beobachtbaren) Ansatz gibt es in der Literatur allerdings auch noch das Konzept der Erfassung und Messung der psychischen Komponente. Mohme kommt zu dem Schluss, dass die (positive) Einstellung die psychische Komponente wohl am besten determiniert und nimmt deswegen zu- sätzlich zur beobachtbaren Komponente auch den Aspekt der positiven Einstel- lung in die Definition der Kundenbindung mit auf.22 Auch Diller hat den Aspekt der Einstellung in seiner kundenbezogenen Definition zur Kundenbindung und es erscheint auch sinnvoll, die Einstellung in diese Arbeitsdefinition mit aufzuneh- men.
Zunächst sollte jedoch der Begriff der Einstellung erläutert werden.
Die Einstellung kann wie folgt definiert werden:
„Attitudes are learned predispositions to respond to an object of class of objects in a consistently favorable or unfavorable way.“
Das bedeutet aber nicht, dass sich die Einstellung im Zeitablauf nicht ändern kann.
Die Einstellung setzt sich aus mehreren von einander abhängigen Komponenten zusammen.24 Dieses Konstrukt wird auch als drei-Komponenten-Theorie der Einstellung bezeichnet. Die drei Komponenten sind:
Mit der konativen Komponente knüpft die nichtbeobachtbare Einstellungsmes- sung an die oben von Diller verwendete Definition der Kundenbindung an, die u.a. von „wiederholten und geplanten (d.h. zukünftigen) Transaktionen“ spricht. Somit erscheint es sinnvoll, in die Arbeitsdefinition der Kundenbindung auch die Einstellung mit aufzunehmen, denn geplante Transaktionen können in der Ge- genwart noch nicht erfasst werden Somit bleibt die Befragung der Kunden über deren Absichten als Möglichkeit der Erhebung der zukünftigen Transaktionen.
Vollkommen ausgeschlossen bleibt in dieser Arbeitsdefinition die Bezugnahme auf den Anbieter.
Damit lautet die Arbeitsdefinition für Kundenbindung wie folgt:28
Kundenbindung liegt dann vor, wenn, bedingt durch die positive Einstellung ei- nes Kunden zu einem Anbieter, innerhalb eines bestimmten Zeitraums wiederhol-te Transaktionen zwischen Geschäftspartnern stattfinden (ex-post Betrachtung) bzw. geplant sind (ex-ante Betrachtung).29
Eine reine Ergebnisbetrachtung der Kundenbindung muss jedoch um eine aktive Betrachtungsweise der Kundenbindung ergänzt werden. Demnach sollte ein Anbieter danach streben, die Qualität der Beziehung zum Nachfrager unter Berücksichtigung seiner Unternehmensziele möglichst optimal zu gestalten, und zwar im Sinne eines Kundenbindungs-Managements.30
Homburg und Bruhn31 verstehen unter dem Begriff des Kundenbindungsmanagements die „systematische Analyse, Planung, Durchführung und Kontrolle von Maßnahmen, die dazu dienen, dass die Kunden auch in Zukunft die Geschäftsbeziehung aufrechterhalten, bzw. sogar noch intensivieren“.
Damit dient das Kundenbindungsmanagement dem Zweck, "loyale Kundenpotentiale aufzubauen und zu festigen".32
Im Gegensatz zum Ziel des Kundenbindungsmanagements, loyale Kundenpoten- tiale aufzubauen und zu festigen, ist das Relationship Marketing oder Bezie- hungsmarketing nicht nur auf Kunden, sondern auch auf andere Geschäftsbezie- hungen sowie nicht unmittelbar geschäftsbedingte Zielgruppenkontakte gerichtet (z.B. Bürgerinitiativen).33
Ähnlich wie im Kundenbindungsmanagement liegt auch im Retention Marketing der Schwerpunkt auf den aktuellen Kunden, wobei aber nur hochrentable Kundenbeziehungen intensiv gefördert werden und teilweise ein Verlust wenig rentabler Kunden akzeptiert bzw. sogar herbeigeführt wird.34 Der Fokus liegt deswegen auf den wertvollsten Kunden, um die Profitabilität zu erhöhen.35
Wie bereits aus der Arbeitsdefinition für Kundenbindung hervorgeht, lassen sich die Verfahren zur Messung der Kundenbindung nach ihrem Anknüpfungspunkt in einen behavioristischen (beobachtbaren) Ansatz und einen einstellungsorientierten Ansatz untergliedern.
Das bisherige, beobachtbare Verhalten kann mittels objektiver Verfahren gemessen werden. Objektiv bedeutet, dass es keine Verzerrungen durch subjektive Wahrnehmungen gibt. Möglich ist das z.B. durch die Analyse der Kundendatei oder durch eine Erfassung der kundenbezogenen Daten am Point of Sale.
Andererseits gibt es Messgrössen, die die Qualität bzw. Stabilität einer Bindung ex ante erfassen. Hierbei handelt es sich hauptsächlich um die Messung psychi- scher Konstrukte. Diese psychischen Konstrukte determinieren im wesentlichen die Verhaltensabsichten der Kunden. Zu den psychischen Komponenten gehört v.a. die Einstellung36 sowie die Beschwerde- und Kundenzufriedenheit.37 Diller schließt hier auch noch die Möglichkeit mit ein, durch die Bezugnahme auf Ver- gangenheitswerte des beobachtbaren Kaufverhaltens einen begrenzt geeigneten Ersatzindikator für Folgekäufe in der Zukunft zu haben. Er bezeichnet diese Methode als statistische Kundenanalyse.38
Diller unterscheidet beim tatsächlichen, beobachtbaren Kaufverhalten des Kunden in der Vergangenheit folgende Operationalisierungsmöglichkeiten:39
Die Kontaktdichte ist als Bindungsindikator dann zweckmässig, wenn schon der Kontakt des Kunden zum Anbieter, z.B. durch Anfragen, konkurrenzabschirmende Wirkung hat.
Daneben gibt es in der Literatur noch weitere Konzepte, deren Ursprung allerdings in den Konzepten zur Messung der Markentreue zu finden ist. Da die Markentreue ein verwandtes Untersuchungsfeld der Kundenbindung ist, erscheint es bis zu einem gewissen Grad legitim, Erkenntnisse aus der Markentreueforschung auf die Kundenbindung zu übertragen. Somit können noch die folgenden Konzepte nach Peter40 angeführt werden.
Die Konzepte zur Messung der Markentreue haben allerdings den Schwachpunkt, dass sie nur einen Teilbereich des Konstrukts der Kundenbindung, nämlich das Wiederkaufverhalten, berücksichtigen. Somit können die hier vorgestellten Konzepte zur Messung der Markentreue als Indikatoren der Kundenbindung fungieren, doch müssen noch weitere Messkriterien berücksichtigt werden.42
Im Exkurs in Kapitel 2 wurde bereits die drei-Komponententheorie der Einstellung erläutert. Je nachdem, welche der Komponenten im Vordergrund steht, können die folgenden drei Konzepte unterschieden werden.43 Auch in diesem Fall wurde auf die Konzepte der Markentreue zurückgegriffen.
Das Problem bei allen einstellungsorientierten Messansätzen besteht in der An- nahme, dass sich eine entsprechende Einstellung des Konsumenten gegenüber einem Produkt auch in dessen Verhalten wiedergibt. Diese Hypothese ist nicht immer richtig, da es viele Faktoren gibt, die zu einem von der Einstellung abwei- chenden Verhalten führen: So können Konsumenten zwar eine positive Einstel- lung gegenüber gewissen Produkten haben, doch nicht das Geld, um sie auch tat- sächlich zu kaufen. Auch soziale Faktoren können einen Konsumenten dahinge- hend beeinflussen, dass er einen Kauf tätigt, der gesellschaftlich eher akzeptiert wird. Die Einstellung kann sich mit der Zeit ändern, so dass sich die früher er- fragte Einstellung nicht in einem tatsächlichen Kauf widerspiegelt. Weiters kön- nen situative Einflüsse, wie beispielsweise das Nichtvorhandensein der Ware oder ein günstigeres Angebot die Kaufabsichten ändern.45
Wie den Definitionen der Kundenbindung von Homburg und Bruhn sowie Meyer und Oevermann zu entnehmen ist, besteht das Konstrukt der Kundenbindung aus tatsächlichem Verhalten (Kaufverhalten und Weiterempfehlung) sowie der Ver- haltensabsicht (Wiederkaufabsicht, Cross-Buying Absicht und Weiterempfeh- lungsabsicht).
Aufbauend darauf soll die Wirkungskette, die durchlaufen werden muss, bis Kun- denbindung sowie in Folge ökonomische Effekte eintreten, näher betrachtet wer- den.
Hier sind fünf Fasen zu unterscheiden.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Fase 1 der Wirkungskette beinhaltet den Erstkontakt des Kunden mit dem Unternehmen mittels Kauf eines Produktes oder der Inanspruchnahme einer Dienstleistung. Je nach Kenntnisstand über die zu erwartende Leistung empfindet der Kunde ein mehr oder weniger großes Risiko.
Grundsätzlich unterscheidet man zwischen funktionellem, finanziellem, sozialem und psychischem Risiko.47
Ein funktionelles Risiko geht ein Kunde ein, wenn die erworbenen Güter und Leistungen nicht die erwarteten Eigenschaften aufweisen und somit ihre vom Kunden erwartete Funktion nicht erfüllen können.
Finanzielle Risiken beziehen sich auf den Verlust der eingesetzten finanziellen Mittel im Falle eines Fehlkaufs. Dieses Risiko ist um so höher, je höher die eingesetzten finanziellen Mittel sind.
Soziales Risiko besteht, wenn das Produkt bestimmten Normen des sozialen Umfelds widerspricht und deshalb zu Verlust an Status führt.
Psychische Risiken beziehen sich auf den Vergleichsprozess zwischen erwarteten und wahrgenommenen Produkteigenschaften nach dem Kauf und die Gefahr, dass hieraus Unzufriedenheit resultiert.48
Um diese Risiken zu reduzieren, sucht der Konsument nach Hinweisen über die zu erwartende Qualitiät des Anbieters. Diese Hinweise kommen in der Regel von vertrauenswürdigen Quellen, also vornehmlich von Bekannten, die schon Erfahrungen mit dem Produkt gemacht haben.49
In der 2. Fase bewertet der Kunde die Situation und bildet sich sein persönliches Zufriedenheitsurteil. Ist die Bewertung positiv oder wurden die Erwartungen sogar noch übertroffen, kann in Fase 3 Kundenloyalität entstehen.50
Das Wort kann wurde bewusst gewählt, da die Annahme, dass zufriedene Kunden automatisch ihrem Anbieter die Treue halten, nicht unbedingt stimmen muss.51
Venor/Zinke formulieren es wohl am treffendsten:
"Entscheidend ist also nicht, was die Kunden sagen, sondern wie sie sich tatsächlich gegenüber dem Unternehmen verhalten."
Kundenzufriedenheit ist zwar keine Garantie für Kundenbindung, allerdings in den meisten Fällen eine wichtige Voraussetzung.53
Im Rahmen einer McKinsey-Studie für einen amerikanischen Gebrauchsgüterher- steller wurden die Loyalitätswirkungen der Kundenzufriedenheit überprüft. Die Stichprobe umfasste 83 000 Haushalte und 550 Händler. Die Daten von fünf Jah- ren wurden mittels einer Längsschnittstudie mit regressionsanalytischen Verfah- ren ausgewertet. Das Ergebnis besagt, dass Kundenzufriedenheit nicht nur hoch positiv mit Händlertreue korreliert, sie fördert auch ein loyales Verhalten gegen- über dem Hersteller. Zwischen Kundenzufriedenheit und Kundenloyalität besteht hier ein nichtlinearer Wirkungszusammenhang, was bedeutet, dass bei hoher Kundenzufriedenheit durch vermehrten Ressourceneinsatz (d.h. eine weitere Stei- gerung der Kundenzufriedenheit) überproportionale Loyalitätsgewinne erzielt werden, wobei bei niedriger Servicezufriedenheit ein intensiverer Ressourcenein- satz (und in Folge eine gleich hohe Steigerung der Kundenzufriedenheit wie bei bereits hoher Kundenzufriedenheit) nur zu unterproportionalen Loyalitätszuwäch-sen führt. Im Bereich mittlerer Zufriedenheit reagieren die Loyalitätswerte kaum auf Veränderungen der Kundenzufriedenheit.54
Wie bereits erwähnt, kann in der 3. Fase bereits Kundenloyalität entstehen. Diese ist gekennzeichnet durch ein grundsätzliches Vertrauensverhältnis, eine positiven Einstellung und die Akzeptanz des Kunden bezüglich der Leistungsfähigkeit des Anbieters. In dieser Fase besteht bereits eine verringerte Wechselbereitschaft und die Absicht des Kunden, in der nächsten Konsumsituation beim gleichen Anbieter zu kaufen.55
Kundenbindung entsteht in Fase 4, wenn sich die Absicht, beim gleichen Anbieter wiederzukaufen, in einem realen Wiederkauf, Cross-Buying bzw. in Weiterempfehlungen an Dritte niederschlägt.
Schließlich zeigt sich in Fase 5 die Steigerung des ökonomischen Erfolges aufgrund der eingetretenen Wirkungseffekte. Beeinflusst wird die Wirkungskette von moderierenden externen und internen Faktoren, die sowohl positiv als auch negativ auf den gewünschten Prozess wirken.56
Ziel des Kundenbindungsmanagements sollte es sein, die moderierenden unternehmensinternen Faktoren so zu gestalten, dass die auf den aktuellen Kundenstamm gerichteten Massnahmen dazu beitragen, dass die Kunden die Geschäftsbeziehung auch in Zukunft aufrechterhalten bzw. sogar noch intensivieren.
Ein Grundprinzip des freien Marktes ist der freie Wettbewerb. Die Unternehmen stehen in Konkurrenz zueinander und trachten mit ihrer jeweiligen Wettbewerbs- strategie danach, sich innerhalb ihrer Branche günstig zu plazieren, indem sie sich Wettbewerbsvorteile verschaffen. Wettbewerbsvorteile entstehen im wesentlichen aus dem Wert57, den ein Unternehmer für seine Abnehmer schaffen kann. Porter58 unterscheidet zwei Grundtypen von Wettbewerbsvorteilen, nämlich Kostenführer- schaft59 und Differenzierung.60 Andere Wettbewerbskonzepte wie z.B. die Tech- nologieführerschaft sieht er nur dann als (quasi indirekten) Wettbewerbsvorteil an, wenn sie in Bezug auf die Kostenposition oder Differenzierung eine wichtige Funktion einnehmen.61
Nun gibt es aber auch Stimmen, die anzweifeln, ob diese Wettbewerbsvorteile unter den heutigen Marktbedingungen zum Aufbau dauerhafter Wettbewerbsvorteile ausreichen.62 Es wird argumentiert, dass durch die im folgenden dargestellte (technische) Entwicklung eine Situation entstanden ist, in der sich die Unternehmen kaum mehr voneinander differenzieren können.
In vielen Branchen ist durch die folgenden zwei Entwicklungen eine „strategische Pattsituation“63 entstanden:
Die angebotenen Produkte sind in Funktion, Qualität, Preis und Form so stark angeglichen, dass sie in hohem Maße substituierbar sind. Deswegen muss sich ein Unternehmen mehr und mehr durch zusätzliche Leistungen ein eigenständiges und unverwechselbares Profil verleihen.65
In vielen Branchen stagniert der Absatz und diese Entwicklung hat sich in den letzten Jahren noch verschärft. Eine Hauptursache liegt in dem in der Zwischen- zeit erreichten Grad der Marktversorgung für viele Konsumbereiche. In stagnie- renden Märkten66 bedeutet aber ein Marktanteilsgewinn des einen Wettbewerbers einen Marktanteilsverlust des anderen Anbieters.67 In einer solchen Situation ist es ein Vorteil, wenn ein Unternehmen durch aktives Kundenbindungsmanage- ment einen höheren Anteil an loyalen Kunden verbuchen kann als seine Mitbe- werber.
Als Folge dieses immer stärker werdenden Wettbewerbsdrucks begannen die Unternehmen ihre Produkte stärker zu differenzieren und in Folge auch ihre Kommunikationspolitik anzupassen, denn eine immer größere Zahl an Produktvarianten ist an eine immer geringer werdende Zahl von potentiellen Kunden zu kommunizieren.68 Hier bietet es sich an, aus den durch die Kundenkarte und durch die Kundenclubs gewonnenen Kundeninformationen die Kunden gezielter anzusprechen und hohe Streuverluste zu vermeiden.
Die Wertvorstellungen in den westlichen Gesellschaften haben sich von der Ü- berbetonung des materiellen Sicherheitsdenkens zur Höherbewertung immaterieller Aspekte, d.h. z.B. der individuellen Lebensqualität, gewandelt.69
Die grundlegenden existentiellen Bedürfnisse sind in unserer Wohlstandsgesell- schaft gesättigt, sodass, entsprechend der Motivationstheorien der Bedürfnisbe- friedigung70, der Wunsch nach Identität, Individualisierung und Lebenszufriedenheit in den Vordergrund rückt.71
Das Wachstum des Informationsangebotes nimmt gegenüber der Informations- nachfrage überproportional zu, d.h. der Konsument nützt für seine Entscheidung nur einen Teil der angebotenen Informationen. Wird er jetzt dazu gebracht, durch zusätzliche Stimulierung weitere Informationen aufzunehmen, kann es zu einer Überlastung und damit zu einer Verringerung der Entscheidungsfähigkeit des Konsumenten kommen.72
In einer empirischen Erhebung zum Informationsverhalten ermittelte de Sola73 beispielsweise für das Jahr 1980 (!) in den USA einen Informationsüberschuss von 99,6%. Das bedeutet, dass der Konsument nur 0,4% der angebotenen Infor- mationen tatsächlich nutzt.74 Es ist weiters anzunehmen, dass mittlerweile der Informationsüberschuss einen noch höheren Wert angenommen hat, da sich, u.a. durch neue Medien wie das Internet, das Informationsangebot noch stärker erhöht hat.
Der Grund für den immer weiter steigenden Informationsüberschuss ist vor allem in der nach wie vor wachsenden Zahl der Informationsquellen zu sehen. Das gilt sowohl für Zeitschriften als auch für elektronische Medien.75
Auf Seiten der Konsumenten kann man folgende Reaktion auf die steigende Informationsflut beobachten:
Es erscheint also nicht sinnvoll, das Informationsangebot quantitativ auszuweiten, sondern den Konsumenten gezielt anzusprechen.
Dies kann mit den Mitteln der Clubkommunikation zielgerecht durchgeführt wer- den.77
Im folgenden zeigt eine Studie, die dem GDI-Handels-Trendletter78 entnommen wurde, wie Handelsmanager die Bindungseignung verschiedener Kundentreue- programme einschätzen. Im Rahmen dieses Projektes wurden die Manager von 250 europäischen Handelsunternehmen befragt. Obwohl diese Studie ausschließ- lich an Handelsunternehmen durchgeführt wurde, ist anzunehmen, dass sich Ten-denzen in Bezug auf die Eignung der verschiedenen Kundenbindungsprogramme bis zu einem gewissen Grad auch auf andere Wirtschaftsbereiche übertragen las- sen.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Bereits auf den ersten Blick wird deutlich, dass dem persönlichen Kontakt beim Aufbau und der Pflege von Kundenbeziehungen große Bedeutung zugemessen wird. Dieser persönliche Kontakt wird entweder tatsächlich oder über den Umweg technischer Hilfsmittel de facto hergestellt.
Die positivsten Auswirkungen auf die Kundenbeziehung erwartet man laut dieser Studie von einer kulanten Beschwerdebehandlung, der 86,1 Prozent der Handels-manager eine sehr gute bzw. zumindest gute Kundenbindungseignung bescheini- gen. Doch schon danach folgt die Kundenkarte mit 75,9 Prozent. Der Versand von Direct Mailings (75 Prozent) liegt noch vor dem Kundenclub, der beachtliche 71,1 Prozent erreicht.
Was in dieser Studie auffällt, ist die Tatsache, dass unter den `top five` der geeig- neten Kundenbindungsmaßnahmen sowohl die Kundenkarte als auch der Kun- denclub liegen. Weiters sind die Nummer drei (Direct Mailings) und die Nummer fünf (Kundenzeitschrift) der geeigneten Kundenbindungsmaßnahmen oft auch ein Bestandteil eines Kundenclubs. Somit sind gemäß dieser Studie unter den fünf geeignetsten Kundenbindungsmaßnahmen immerhin vier, die mit dem Untersu- chungsgegenstand dieser Arbeit, Kundenclubs und Kundenkarten, direkt bzw. indirekt abgedeckt werden.
Weiters ist es wichtig festzuhalten, dass eine kulante Beschwerdebehandlung, Kundenkarten sowie die klassische Werbung nur von einem fast verschwindend geringem Prozentsatz der Handelsmanager als ungeeignetes Instrument der Kundenbindung angesehen werden.
Es gibt jedoch sehr große Unterschiede zwischen der wahrgenommenen Kundenbindung (vgl. Abbildung 3) und der Realisierung der kundenpolitischen Instrumente (vgl. Abbildung 4).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Auch hier wird der erste Platz abermals von der kulanten Beschwerdebehandlung eingenommen. Danach folgen Direct Mails und Kundenzeitschriften mit jeweils um die 50 Prozent Realisierungsgrad und noch beträchtlichem Potential.
Am auffallendsten ist, dass die Kunden- bzw. Handelskarte zwar noch im Mittelfeld zu finden ist, der Kundenclub mit nur 18,2 Prozent Realisierungsgrad jedoch weit abgeschlagen ist. Bei diesen beiden Kundenbindungsinstrumenten, denen eine hohes Kundenbindungspotential bescheinigt wird, gibt es den größten Nachholbedarf. So planen 35 Prozent der befragten Handelsmanager, in den nächsten Jahren eine Kundenkarte bzw. einen Kundenclub einzuführen.
Dass die Kundenbindung nicht nur eine hohe Wertschätzung genießt, sondern auch einen positiven wirtschaftlichen Effekt mit sich bringt, belegt eine Studie von Bain & Company aus dem Jahre 1989, bei der in Dienstleistungsunternehmen festgestellt wurde, dass eine Steigerung der Kundenbindungsrate um 5% den Gewinn eines Unternehmens um 25 bis 100 Prozent erhöhen kann.81
Die Kundenbindungsrate stellt fest, wieviel Prozent der Kunden zu Beginn eines Jahres am Jahresende immer noch Kunden des Unternehmens sind.82
Allerdings sind Kunden, die 100% oder fast 100% loyal sind, für ein Unterneh- men nicht von großer Bedeutung, da es einerseits nur einen sehr kleinen Prozent- satz der Kunden betrifft und diese Kunden auch eine relativ geringe Kaufhäufig- keit aufweisen.83
Untersuchungen haben außerdem gezeigt, dass Konsumenten eine Mehrmarkenloyalität zeigen. Das bedeutet, sie kaufen aus einem Set von Marken innerhalb einer Produktkategorie.84
Die Kundenbindungsrate hat also weitreichende Auswirkungen auf das Unternehmensergebnis. Sie kann die Gewinne stärker beeinflussen als Faktoren, die üblicherweise als Wettbewerbsvorteile gesehen werden, wie z.B. Betriebsgrösse, Marktanteil oder Stückkosten.85
Im wesentlichen sind zwei Faktoren für diese erstaunlichen wirtschaftlichen Kräfte ausschlaggebend.
Der Kundenvolumeneffekt beschäftigt sich mit der Wirkung der Kundenbindung auf das Wachstum des Kundenbestandes eines Unternehmens.
Kotler stellt dies überspitzt mit folgendem Beispiel dar: Ein Unternehmen könnte 100 Kunden verlieren, aber gleichzeitig 100 neue Kunden gewinnen und seinen Umsatz als zufriedenstellend bezeichnen. Eine Firma, die nach der sogenannten "leaky bucket" operiert, glaubt, dass immer genug neue Kunden da sein werden, die die alten Kunden ersetzen. Doch diese hohe Abwanderungsrate verursacht höhere Kosten, als wenn die Firma all ihre alten Kunden halten könnte und keine neuen gewänne.86 Sollte diese imaginäre Firma eine Kundenbindungsrate von (bescheidenen) 50% haben, würde sich der Kundenbestand nach nur zwei Perio- den verdoppelt haben. An diesem fiktiven Beispiel ist deutlich zu erkennen, dass die Fähigkeit einer Firma, einen Gutteil ihrer Kunden zu halten und somit die Kundenbindungsrate zu erhöhen, einen grossen Einfluss auf den Kundenbestand hat.
Diese Wirkung ist bedeutender als die des Kundenvolumeneffekts. Die bekannten Rechnungssysteme erheben Kosten und Erträge der laufenden Periode und ver- nachlässigen dabei die zu erwartenden Ertragsströme für die Gesamtdauer einer Kundenbeziehung. Es ist jedoch wichtig zu beachten, dass treue Kunden mit je- dem weiteren Jahr der Geschäftsbeziegung die Gewinne des Unternehmens erhö- hen.87 Ein höherer Anteil an treuen Kunden impliziert auch eine höhere Kunden- bindungsrate des Unternehmens.
Beispiele aus der Kreditkarten- und Autowerkstättenbranche sollen den Umstand der zunehmenden Profitabilität treuer Kunden im Zeitablauf verdeutlichen:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Wie in Abbildung 5 deutlich zu sehen ist, gleichen sich die wirtschaftlichen Kon- sequenzen des Verlusts alter Kunden und des Gewinns neuer Kunden keinesfalls aus.
In der Kreditkartenbranche entstehen im ersten Jahr der Geschäftsbeziehungen des Unternehmens mit einem neuen Kunden sogar Verluste für das Kreditkarten- unternehmen. Das bedeutet, dass keine noch so große Zahl neuer Kunden am An- fang die Lücke ausfüllen kann, die der Verlust eines einzigen langjährigen Kun- den verursacht hat.89
Mit dem folgenden Modell nach Reichheld kann auch erklärt werden, warum loyale Kunden gewinnträchtiger sind als nicht-loyale Kunden.
Die grundsätzliche Überlegung ist, dass langfristige Kundenbeziehungen profitabler sind als kurzfristige, da zum einen die Akquisitionskosten, die nur einmalig anfallen, auf umso mehr Perioden aufgeteilt werden können, je länger die Kundenbeziehung dauert und dementsprechend relativ geringer sind, als bei durchschnittlich kürzeren Kundenbeziehungen. Weiters zeigt die Erfahrung, dass im Zeitablauf die Umsätze je Kunde steigen, langfristige Kunden weniger preissensibel sind und sich durch den Lerneffekt die Kosten senken lassen. Diese Faktoren werden nun näher erläutert.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Dieses Modell der zunehmenden Kundenprofitabilität im Zeitablauf von Reichheld berücksichtigt die meisten wichtigen wirtschaftlichen Effekte der Kundenbindung: Akquisitionskosten, Basisgewinn, Umsatzwachstum, Kosteneinsparungen, Weiterempfehlungen und Preisprämien.
Kurz zusammengefasst erzeugen die Kosteneinsparungen sowie die zusätzlichen Einnahmen während der Dauer einer Kundenbeziehung einen ständig wachsenden Gewinnfluss.103 Obwohl die relative Bedeutung dieser Effekte von Branche zu Branche variiert, zeigt sich im Endeffekt, dass langfristige Kundenbeziehungen für steigende Gewinne sorgen.104
Eine positive Rentabilitätswirkung belegt auch eine Studie von Anderson, Formell und Lehmann. Diese Studie hatte den Zusammenhang zwischen Kundenzufriedenheit und Profitabilität als Untersuchungsgegenstand. Der positive Zusammenhang konnte auch empirisch nachgewiesen werden, allerdings wurde von der Annahme ausgegangen, dass eine höhere Kundenzufriedenheit auch zu einer höheren Kundenloyalität führt.105 Somit kann, zumindest in den hier angeführten Fällen, ein positiver Zusammenhang zwischen einer Erhöhung der Kundenloyalität und einer Rentabilitätssteigerung abgeleitet werden.
Kritikpunkt an der Studie von Reichheld und Sasser ergibt die Tatsache, dass die- se Analyse auf einer Stichprobe mäßigen Umfangs fußt106 und zudem nur Unter- nehmen aus der Dienstleistungsbranche umfasst. So gibt es noch keinen empiri- schen Nachweis dafür, dass etwa im produzierenden Gewerbe die Ursache für steigende Unternehmensgewinne im dauerhaften Binden eines Kunden bei einem bestimmten Produzenten liegt.107
Es gibt allerdings auch Einwände gegen diese Sichtweise. So bestreiten Paltschik und Storbacka zwar grundsätzlich nicht die positive Korrelation der Kundentreue mit der Unternehmensprofitabilität, sie weisen allerdings darauf hin, dass die dafür notwendigen Investitionen, z.B. im Bereich des Direkt Marketing oder durch die Gewährung von Stammkundenvorteilen, das Rentabilitätsniveau mitunter deutlich absinken lassen.108
Abschliessend soll noch eine Darstellung des Langzeitwertes109 einer Kundenbindung in Deutschland bzw. in den USA in absoluten Zahlen illustrieren, welcher Umsatzverlust aus der Abwanderung eines Kunden entstehen kann, bzw. welche zusätzlichen Umsatzerlöse ein Unternehmen generieren kann, wenn es einen lebenslang treuen Kunden gewinnt.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Kundenbindung kann aber natürlich keinen vollständigen Ersatz für Neukundengewinnung darstellen, da durch die natürliche Fluktuation ständig Kunden verlorengehen, die durch neue Kunden ersetzt werden müssen.111
Es ist allerdings nicht zielführend, möglichst alle Kunden zu halten. Wichtig ist es für das Unternehmen, eine effiziente Kundenauswahl zu treffen, indem sich die Kundenakquisition auf Zielgruppen konzentriert, mit denen die Gestaltung einer langfristig ertragreichen Beziehung möglich ist.112 Belz113 formuliert diesen Sachverhalt pointiert mit einem Sprichwort:
„Versuche allen zu gefallen, und du wirst niemandem gefallen.“
In diesem Zusammenhang wird oft die sogenannte Pareto-Regel zitiert, die besagt, dass 20% der Kunden für 80% des Umsatzes sorgen.114
Die Pareto-Regel zeigt, wie wichtig es ist, die richtigen Kunden zu binden. Natürlich trifft dieses Verhältnis nicht auf die Kunden aller Unternehmen zu.
Wenn man nun den Umkehrschluss zieht, bedeutet das, dass oft 80% der Kunden für nur 20% des Umsatzes aufkommen. Sollten nun die Ressourcen für die Kundenbetreuung undifferenziert eingesetzt werden, d.h. alle Kunden mit dem gleichem Aufwand betreut werden, entspricht dies nicht den tatsächlichen Verhältnissen der Wichtigkeit der Kunden. Überproportional viele Ressourcen gehen bei mäßig wichtigen bzw. unrentablen Kunden verloren.
Nach Kotler verdienen viele Unternehmen an 20 bis 40% ihrer Kunden nichts.115 Somit ist es notwendig, Instrumente zu finden, um die Kundenstruktur zu analysieren und in Folge auch aktiv zu managen.116
Wie bereits erwähnt, gibt es zur Messung der Kundenbindung zwei Ansätze. Den behavioristischen und den einstellungsorientierten Ansatz. Sharp und Sharp stüt- zen sich auf den behavioristischen Ansatz mit dem Argument, dass Kundenbin- dungsprogramme nur das Verhalten, nicht aber die Einstellung belohnen. Bonus- punkte, Preisnachlässe oder andere Belohnungen werden für ein entsprechendes Verhalten des Konsumenten vergeben, nicht für eine eventuelle Einstellungsände- rung.117
Bei der Bewertung, wie erfolgreich ein Kundenbindungsprogramm operiert, ver- gleichen Sharp/Sharp das Wiederkaufverhalten (das eine wichtige Komponente des behavioristischen Ansatzes darstellt) der Konsumenten mit einer Benchmark, die mit dem dem Dirichlet-Modell erstellt werden kann. Das Dirichlet-Modell erlaubt es, auf stationären Märkten das Wiederkaufverhalten für eine Marke in einer Branche vorauszusagen. Die Grundtendenz besteht darin, dass alle Marken eine vom Marktanteil abhängige Wiederkaufrate haben.118 Dieses Modell wird seit über 30 Jahren eingesetzt und hat sich in der Marketingpraxis bewährt.119
Somit lässt sich der Einfluss eines Kundenbindungsprogramms daran messen, ob das tatsächliche Wiederkaufverhalten vom prognostizierten Wert stark abweichende Werte aufweißt. In Kapitel 6 wird bei der Analyse der Studien auf diese Thematik Bezug genommen.
In der Literatur gibt es noch keine allgemeine Definition eines Kundenclubs. Ein Kundenclub wird vielmehr durch ihn kennzeichnende Merkmale definiert. Einige dieser Merkmale kommen auch in anderen Kundenbindungsprogrammen vor, doch es ist die Summe der Merkmale, die den Kundenclub von anderen Pro- grammen unterscheidet.
Ein Kundenclub wird von einem Unternehmen initiiert, um mit den Mitgliedern in regelmäßigem, direktem Kontakt zu stehen und ihnen ein Leistungspaket mit hohem wahrnehmbarem Nutzen zu bieten. Das Ziel ist die Aktivierung der Mitglieder und die Zunahme der Kundenbindung durch den Aufbau einer emotional gefärbten Beziehung zu ihnen.120
Kundenclubs operieren in ganz anderen Dimensionen als diverse andere Vereini- gungen, die sich auch als Club bezeichnen. Kromschröder hat dies recht pointiert formuliert:
"Während sich Parteien über Jahre vergebens um zehn neue Mitglieder für den Ortsverein bemühen, während Bürgerinitiativen schon bei hundert Mitgliedern den großen Durchbruch sehen, rechnen deutsche Unternehmen bei ihren Clubs in ganz anderen Größenordnungen."
Diese Charakterisierung ist zutreffend und es sind wohl nicht nur deutsche Clubs, die in diesen "ganz anderen" Größenordnungen rechnen.
So hatte z.B. der Ikea "Family-Club" in Deutschland im Jahr 1991 bereits 820.000 Mitglieder.
Als einer der wenigen Marketingtrends sind Kundenclubs nicht in den USA, son- dern in Deutschland entstanden. Das ist vor allem auf zwei Gründe zurückzufüh- ren:
Laut Butscher ist der Durchschnittsdeutsche Mitglied in mindestens zwei Vereinen. Somit war es ein natürlicher Schritt, clubähnliche, auf Mitgliederbasis beruhende Marketinginstrumente zu entwickeln.123
Die deutsche Rechtssprechung verbietet es nämlich praktisch, Preisnachlässe oder andere finanzielle Anreize nur bestimmten Kunden zuzugestehen. Dies hat die deutschen Hersteller dazu veranlasst, einen neuen Typ Kundenbindungspro- gramm zu entwerfen, dessen Leistungen nicht auf Preisnachlässen beruhen, dem Kunden aber dennoch einen hohen Nutzen stiften und Kundenbindungseffekte erzielen.124
Zur Zeit gibt es noch keine allgemein anerkannte Definition eines Kundenclubs, jedoch Merkmale, die ihn kennzeichnen. Einige dieser Merkmale sind auch in anderen Kundenbindungsprogrammen zu finden,125 es wird der Unterschied aber klar herausgearbeitet werden.
Die folgenden konstituierenden Merkmale kommen sowohl bei Butscher, als auch bei Holz/Tomczak vor:126
Butscher sieht in den zwei letztgenannten Punkten, der dialogorientierten Kom- munikation und dem exklusiven, nutzenorientierten Leistungspaket die Grund- pfeiler eines Kundenclubs. Denn darauf aufbauend stützt sich das Ziel des Clubs, nämlich eine auf Emotionen basierende Beziehung zu den Mitgliedern aufzubau- en und die Kunden dadurch "immuner" gegen die Abwehrversuche der Konkur- renz werden zu lassen.128
Auch Wienke betont, dass der entscheidende Vorteil eines Kundenclubs der Aufbau eines persönlichen Verhältnisses zum Kunden ist. Somit wird dem Clubmitglied durch die Zugehörigkeit zu einer ausgewählten Gruppe das Gefühl gegeben, etwas Besonderes zu sein.129
Es gibt in der Literatur aber auch kritische Stimmen, die in Frage stellen, ob es überhaupt möglich ist, durch Kundenkarten bzw. Mitgliedschaften in einem Club eine gefühlsmäßig getönte Beziehung zum Unternehmen aufzubauen, da es zum einen zu viele Abstufungen und nur ungenaue Messmöglichkeiten gibt und zum anderen die Anonymität der Großunternehmen hinderlich ist.130
Natürlich ist es einfacher, eine Beziehung zu einem Unternehmen zu knüpfen, das sich durch seinen Inhaber personifizieren lässt. Der Kundenclub ist jedoch für Großunternehmen eine der wenigen Möglichkeiten, mit dem Kunden in einen Dialog zu treten.
Somit ergeben sich die folgenden Abgrenzungen des Kundenclubs:131
Das oberste Ziel eines Kundenbindungsprogrammes ist es, die Unternehmenssub- stanz und -existenz zu sichern, indem Gewinn, Umsatz und Marktanteil wach- sen.134
Dieses Ziel kann aber nur erreicht werden, wenn vorher Zwischenziele erfüllt werden. In der Literatur werden oft sehr viele verschiedene Ziele für einen Kun- denclub genannt, jedoch lassen sich die Ziele auf die folgenden, wesentlichen reduzieren:135
In der Literatur wird fast übereinstimmend das Ziel der Kundenbindung als Hauptziel angegeben.137
Im Rahmen einer empirischen Befragung von 39 deutschen Kundenclubs zeigte sich kein Kundenclub, bei dem die Kundenbindung "keine Rolle" spielt oder bei dem dieses Ziel als "eher unwichtig" angegeben wurde. Bei nur zwei Clubs ist die Kundenbindung "auch noch wichtig", sonst in allen anderen Fällen ein "dominie- rendes Ziel".138
Ein Kundenclub verfolgt seine Ziele auf zwei Ebenen:139
Die unternehmensbezogenen Ziele zu erreichen bedeutet, dass die übergeordneten Zielsetzungen erreicht werden.
Clubbezogene Ziele liegen darin, möglichst die gesamte Zielgruppe des Kundenclubs zu Mitgliedern zu machen, diese ausreichend lange im Club zu halten und diese auch zur Inanspruchnahme der Clubleistungen zu bringen.
Beim Ziel der direkten Umsatz- bzw. Marktanteilssteigerung geht es z.B. darum, das Clubmitglied besser über neue Produkte zu informieren, um so Bedarf und Kauffre- quenz und damit direkt den Umsatz zu erhöhen.[vgl. Wienke/Koke (1994), S. 31ff]
Die Untersuchung von Holz/Tomczak hat weiters gezeigt, dass eine Erfolg auf der Clubebene eine notwendige, nicht aber eine hinreichende Bedingung für den Erfolg auf der Unternehmensebene ist, d.h., dass sich trotz eines Erfolges auf der Clubebene ein Misserfolg auf der Unternehmensebene ergeben kann. Allerdings zieht ein Misserfolg auf der Clubebene immer einen Misserfolg auf der Unter- nehmensebene nach sich.140
Ein wichtiger Kritikpunkt zielt auf die Schwierigkeiten der Erfolgsmessung bei Kundenclubs als Instrument der Kundenbindung ab, da es zum einen nicht mög- lich ist, eine eindeutige Kausalbeziehung zwischen erreichtem Kundenverhalten und Clubaktivitäten herzustellen. Zum anderen ist die Kundenbindung selbst nur schwer operationalisierbar. So wird die Zielerreichung oft nur auf Clubebene ge- messen, anhand von Kriterien, wie z.B. den Mitgliederzahlen. Andere Club- Betreiber konzentrieren sich auf eine einzige quantifizierbare Grösse (z.B. Pro- Kopf-Umsatz) und vergleichen diesen Wert zwischen Mitgliedern und Nichtmit- gliedern.141
So empfehlen Tomczak/Dittrich, dass
"Kundenbindung durch Größen abgebildet werden soll, die das bisherige Kauf- und Weiterempfehlungsverhalten und die zukünftigen Wiederkauf-, Zusatzkauf- und Weiterempfehlungsabsichten eines Kundenclubmitglieds sowohl über den Zeitverlauf als auch in Relation zu einem Nichtmitglied erfassen und charakterisieren."
Hier soll zunächst der Begriff der Kundenkarte erläutert sowie eine Einordnung der Kundenkarten in das System der Plastikkarten vorgenommen werden. Des weiteren wird auf die Ziele einer Kundenkarte eingegangen sowie eine vertiefende Abgrenzung zwischen Kundenclub und Kundenkarte vorgenommen.
Die Kundenkarte wird vom emittierenden Unternehmen meist in Form einer Plastikkarte unter eigenem Namen an den Kunden ausgegeben und dient wie ein Ausweis als Zugangsberechtigung für anbieterseitige Serviceleistungen.143 Durch die technische Integration der Kundenkarte für die Datenverarbeitung entsteht ein Kundenkartensystem (KKS).144
Diese Systematisierung zu Beginn dieses Kapitels soll die Einordnung der Kundenkarten, auf die in dieser Arbeit eingegangen wird, im Vergleich zu allen anderen eingesetzten Plastikkarten erleichtern und helfen, den Überblick zu wahren. Bei dieser Systematisierung werden nur Karten von Unternehmen berücksichtigt, deren Hauptgeschäftsfeld nicht die Ausgabe von Plastikkarten ist.145
Um diese Systematisierung noch übersichtlicher zu gestalten, soll die folgende Abbildung von Mohme dienen. Es ist anzunehmen, dass diese Systematisierung auch auf Österreich übertragen werden kann.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Mit universell einsetzbaren Karten kann der Karteninhaber in vielen Unterneh- men weltweit bargeldlos bezahlen. Das Hauptziel dieser Karten ist die bargeldlo- se Zahlung, deswegen existieren universell einsetzbare Karten nur mit einer Zah- lungsfunktion. Der eine Teil dieser Karten besitzt auch eine Kreditfunktion und wird als Kreditkarte i.e.S. bezeichnet.147 Beispiele dafür sind VISA, Master Card, Diners Club oder American Express.
Der andere Teil dieser Karten besitzt zwar eine Zahl- aber keine Kreditkarten- funktion. Diese Karten lassen sich nochmals unterteilen in Debit Cards sowie Kreditkarten i.w.S. Bei Debit Cards wird nach Angabe eines Identifizierungsco- des das Konto des Debit Card Inhabers mit einem Lastschriftverfahren belastet. Hierbei dient die Euroscheckkarte (ec-Karte) als Grundlage. Kreditkarten i.w.S. haben, abgesehen von der Kreditfunktion, die gleichen Funktionen wie die Kre- ditkarten i.e.S..148
Beschränkt einsetzbare Karten sind, wie der Name schon sagt, nicht in vielen Unternehmen weltweit einsetzbar, sondern auf ein bestimmtes Unternehmen oder eine begrenzte Zahl von Unternehmen beschränkt. Beschränkt einsetzbare Karten werden auch als Kundenkarten i.w.S. bezeichnet.149
Eine Sonderform nehmen die sogenannten Co-branding Karten ein. Diese Co- branding Karten werden von Unternehmen aus den verschiedensten Branchen gemeinsam mit einem Kartenemittenten, d.h. mit einer Bank oder einer Kreditkar- tenorganisation, herausgegeben. Vorteil der Co-branding Karte ist der weltweite Einsatz einer Kredikarte, verbunden mit speziellen Leistungen des jeweiligen Unternehmens.150
Eine neue Art von Karten ist durch die Verwendung eines Chips entstanden. Dadurch können noch mehr Daten gespeichert werden. Eine Karte, die statt des Magnetstreifens einen Chip aufweisst, nennt man Smartcard.151
Die Ausgabe von Kundenkarten erfolgt hauptsächlich aus zwei Gründen. Zum einen sollen die Kreditkartenumsätze substituiert werden und zum andern soll der Konsument stärker an das Unternehmen gebunden werden.152
Unternehmen müssen, wenn ihre Kunden mit einer Kreditkarte bezahlen, an das Kreditkartenunternehmen einen gewissen Prozentsatz als Disagio abliefern, das zwischen 3% und 7% ausmachen kann.153 Dieses Disagio vermindert natürlich die Gewinnspanne des Unternehmens. Besonders in Branchen, die mit einer sehr ge- ringen Spanne kalkulieren, kann das Disagio die Erlöse beträchtlich schmälern.
Dieses Ziel ist nicht nur beim Kundenclub, sondern auch bei der Ausgabe von Kundenkarten relevant. Durch die Kundenkarte werden die Kunden am Point of Sale identifiziert und ihre Kaufdaten gespeichert. Dadurch kann man Kunden, die gleiche bzw. ähnliche Charakteristika aufweisen, in Kundengruppen zusammen- fassen und auf ihre Bedürfnisse spezifisch eingehen. Durch die spezifische An- sprache werden außerdem die Streuverluste, die bei unfokussierter Kundenan- sprache entstehen, verringert. Ein mögliches Problem beim Erstellen dieser Kun-dendatenbank ist allerdings die Ablehnung durch die Konsumenten, die persönliche Daten nicht offenlegen wollen.154
Darauf soll an dieser Stelle nicht weiter eingegangen werden, da die Kundenbindung bereits in Kapitel 2 ausführlich abgehandelt wurde.
An dieser Stelle erscheint es wichtig, eine vertiefende Abgrenzung zwischen Kundenclub und Kundenkarte vorzunehmen.
Grundsätzlich muss ein Kundenclub keine Karte herausgeben, da diese eigentlich nur die Möglichkeit darstellt, die Mitgliedschaft zu dokumentieren und sie nach außen zu zeigen.155 Doch in der Realität gibt es in der Regel zur Clubmitglied- schaft auch eine Karte, die auch mit einer Zahlungsfunktion ausgestattet sein kann. Der Grund dafür, dass es praktisch zu jedem Kundenclub auch eine Kun- denkarte gibt, liegt darin, dass der Kunde am Point-of-Sale identifiziert werden kann. Weiters bieten sowohl der Kundenclub wie auch das KKS ihrer Zielgruppe exklusive und nutzenstiftende Zusatzleistungen an. Das Unterscheidungskriteri- um sind aber die Schwerpunkte:156
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Ein wichtiges Merkmal des Kundenclubs, die intensive, dialogorientierte Kommunikation, spielt bei KKS nur eine untergeordnete Rolle.
Es lässt sich natürlich nicht vermeiden, dass es eine gewisse Grauzone gibt. Dieser Fall tritt vor allem dann ein, wenn eine Bezahlkarte mit sehr vielen Zusatzleistungen verbunden ist, denn dann ist es nicht immer eindeutig, wann diese „Club- vorteile“ gegenüber den Zahlungsvorteilen überwiegen.
Bereits in der Einleitung wurde darauf hingewiesen, dass wissenschaftliche empirische Studien zur Kundenbindung in Bezug auf Kundenclubs und Kundenkarten noch in recht geringem Ausmaß vorhanden sind.159 Auch für diese Arbeit wurde nach umfangreichen Recherchen nur eine geringe Zahl von Studien gefunden, die in die Arbeit mit aufgenommen werden können.
Bei vielen Aussagen über den Erfolg/Misserfolg von Kundenclubs und Kunden- karten wurde oft nur die Anzahl von Club- bzw. Kartenmitgliedern sowie die Än- derung des Umsatzvolumens der Mitglieder im Zeitablauf angegeben.160 Diese Studien konnten in diese Arbeit nicht mit aufgenommen werden, da die Anzahl der Clubmitglieder nur äußerst begrenzt einen Rückschluss auf den Erfolg des Clubs zulässt. Zum einen könnte es sich um einen offenen Club161 handeln und dadurch das Potential für Mitglieder von vornherein höher sein als bei Clubs, bei denen ein Beitrag bezahlt werden muss, um Mitglied zu werden. Des weiteren kann ein Konsument Mitglied sein, ohne deswegen sein Verhalten bzw. seine Einstellung zu ändern. Auch die Annahme, dass ein sich erhöhendes Umsatzvo- lumen eindeutig auf den Erfolg des Kundenclubs bzw. der Kundenkarte hinweist, ist mit größter Vorsicht zu genießen, da vor allem jene Kunden beitreten werden, die bereits vor der Einführung dieser Instrumente eine positive Einstellung ge- genüber dem Unternehmen haben.162 Somit ist davon auszugehen, dass diese Kunden bereits vorher zu den Stammkunden und daher in der Regel zu den um-satzstärkeren Kunden gezählt haben, mit dem Unterschied, dass es das Unternehmen nicht wusste.
Wie bereits erwähnt, konnten durch die festgelegten Kriterien163 nur wenige Stu- dien miteinbezogen werden.164 Aus diesem Grund konnte auch nicht das vorgese- hene Instrument der qualitativen Metaanalyse165 verwendet werden. Eine qualita- tive Metaanalyse ist die Sammlung von Studien zu einem bestimmten Themenbe- reich und deren inhaltliche, analytische Abhandlung. Der Unterschied zur ge- wöhnlichen Literatursuche besteht darin, die Studien nicht nur aufzuzählen, son- dern die Inhalte zu analysieren, um Übereinstimmungen, Gegensätze und Mankos aufzuzeigen. Bei der qualitativen Metaanalyse beschränkt man sich auf die inhalt- lichen Schwerpunkte. Diese Methode wird vor allem eingesetzt, wenn eine Viel- zahl von Studien gefunden wird, die aber verschiedenste Methoden verwenden. Der Grund, dass diese Methode hier nicht angewendet werden kann, ist die Tatsa- che, dass eben keine ausreichend große Zahl von Studien zur betreffenden Frage- stellung vorliegt.166
Als Vorgangsweise wird eine Systematisierung der Studien nach den folgenden relevanten Kriterien vorgenommen:
Im Anschluss daran wird versucht, Gemeinsamkeiten, Unterschiede, sowie, wenn möglich, Tendenzen zu erkennen.
Markus Klampfer
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten168 169 170 171 172 173 174 175 176 177 178 179 180
Nach dieser Kategorisierung der Studien in relevante Kriterien wird versucht, Gemeinsamkeiten und Unterschiede, sowohl innerhalb einer Kategorie, d.h entweder von Kundenclubs oder Kundenkarten, wie auch zwischen den Kategorien, d.h. Vergleich von Kundenclubs mit Kundenkarten, herauszuarbeiten. Im Anschluss daran werden die Schlussfolgerungen daraus gezogen.
Bei den Studien betreffend Kundenclubs gibt es nur zwei Beiträge, die die Fragestellung dieser Arbeit konkret behandeln. Da allerdings auch die Untersuchung von Holz/Tomczak indirekt Rückschlüsse auf die Kundenbindungseignung von Kundenclubs zulässt (vgl. Fussnote Nr. 170), wird auch diese Studie, mit Vorbehalt, in die Betrachtung mitaufgenommen.
Diller und Möbus kommen beide zu dem Ergebnis, dass die Club-Mitglieder bes- sere Werte aufweisen bezüglich der Merkmale, die die Kundenbindung definie- ren, als Nicht-Club-Mitglieder. Der Unterschied zwischen älteren und neueren Club-Mitgliedern ist nach Diller allerdings gering. Somit ist die höhere Bindung der Club-Mitglieder keine Leistung des Clubs an sich, sondern sie ist durch den Selbstselektionseffekt der Club-Mitglieder zustande gekommen. Für die Club- betreiber ist demnach ohne entsprechende Messung der Determinanten der Kun- denbindung bei den Mitgliedern im Zeitablauf nicht feststellbar, woher eine et- waige positivere Einstellung, höhere Kaufbereitschaft,... resultiert. Somit kann ein Club sich als erfolgreich bzw. teilweise erfolgreich bezeichnen, wie es 80% in der Studie von Holz/Tomczak taten, ohne jedoch den Grund (entweder Selbstse-lektionseffekt oder erhöhte Kundenbindung durch die Clubmitgliedschaft) zu kennen.181
Die wesentlichste Erkenntnis ist wohl die Tatsache, dass es eine äußerst große Forschungslücke in diesem Bereich gibt.182 Möglicherweise liegen den Clubbetreibern mehr Ergebnisse vor, die sie aus Wettbewerbsgründen unter Verschluss halten. Für die MarketingwissenschaftlerInnen ergibt sich ein großes Forschungsfeld, in dem untersucht werden sollte, ob Kundenbindung Voraussetzung (wie in der Fallstudie von Diller) oder Folge von Kundenclubs ist.
In vier von fünf Studien wurde eine höhere Steigerung des Umsatzes der KK im Vergleich zu NKK oder allen Kunden festgestellt. In einem Fall war diese Steige- rung allerdings äußerst gering. In einer Studie haben sich die Umsätze der KK im Vergleich zu allen Kunden kaum unterschiedlich entwickelt. Die Kundenbindung, am Ansatz des beobachtbaren Verhaltens anknüpfend, hat insgesamt in vier der fünf Studien bessere Werte der KK im Vergleich zu NKK bzw. allen Kunden er- geben. Die Studien von Sharp/Sharp, die das tatsächliche Wiederkaufverhalten mit den Prognosen des Dirichlet-Modells (vgl. Abschnitt 3.8) verglichen haben, zeigten in einem Fall ein enttäuschend geringes verstärktes Wiederkaufverhalten der KK, in der anderen Studie allerdings ein signifikant höheres Wiederkaufver- halten der KK. In einer Studie wurde festgestellt, dass sich die Treue von zu-nächst wenig treuen Kunden durch den Einsatz der Kundenkarte im Vergleich zu zuvor mittel- bzw. hoch loyalen Kunden relativ am meisten gesteigert hat. Die Einstellung wurde nur in einer Studie gemessen, mit dem Ergebnis, dass die Merkmale der kognitiven Komponente von KK nur teilweise signifikant besser bewertet wurden als von NKK. Die Merkmale der affektiven Komponente wurden (bis auf eine Ausnahme) von KK signifikant besser beurteilt als von NKK.183
Der Vergleich der Einstellung von KK zu NKK wurde nur in einer Studie untersucht, mit dem Ergebnis, dass die Einstellung der KK zumindest teilweise signifikant besser ist als die der NKK. Tendenziell ist auch zu erkennen, dass KK höhere Umsätze tätigen und auch treuer sind als NKK. Allerdings stellt sich auch hier die Frage, inwiefern die KK nicht schon vor der Mitgliedschaft eine positivere Einstellung bzw. eine höhere Affinität zum Anbieter hatten.
Setzt man beim beobachtbaren Verhalten an, zeigen Mitglieder tendenziell eine höhere Kundenbindung als Nichtmitglieder. Diese Tendenz kann unterschiedlich stark ausgeprägt sein. Besonders bei den Kundenkartenprogrammen (nicht aber bei den Kundenclubs) gibt es Beispiele, wo der Unterschied im Verhalten zwi- schen Mitgliedern und Nichtmitgliedern kaum signifikant ist. Aufgrund der Tat- sache, dass die Einstellung lediglich in einer Studie gemessen wurde (vgl. Ab- schnitt 6.2.3), kann, die Einstellung betreffend, auch kein Vergleich gezogen werden.
Obwohl beide Kundenclubstudien eine höhere Kundenbindung der Mitglieder gezeigt haben, ist es nicht auszuschliessen, dass es nicht auch Beispiele für nicht signifikante Unterschiede bezüglich des beobachtbaren Verhaltens zwischen Clubmitgliedern und Nichtclubmitgliedern gibt. Allerdings liegt dem Verfasser keine derartige Studie vor.
Wie bereits erwähnt, konnte bei Mitgliedern im Allgemeinen eine höhere Kun- denbindung als bei Nichtmitgliedern festgestellt werden. Des weiteren wurde schon darauf aufmerksam gemacht (vgl. Abschnitt 6.2.1), dass die Schlussfolge- rung, die höhere Kundenbindung der Mitglieder ausschließlich auf den Kunden- club/die Kundenkarte zurückzuführen, mit Vorsicht zu genießen ist. Der Grund liegt im Selbstselektionseffekt der Mitglieder.184 Dieser Effekt besagt, dass nur oder hauptsächlich diese Kunden einem derartigen Kundenbindungsprogramm beitreten, die schon vorher eine positive Einstellung zum Unternehmen haben, bzw. die bereits Stammkunden sind. Deswegen schlägt Diller vor, die Kunden- bindung der neuen und älteren Mitglieder im Zeitablauf zu messen, um zu erken- nen, ob die Bindungswirkung tatsächlich auf die Mitgliedschaft zurückzuführen ist, oder ob sie schon Voraussetzung für den Beitritt war. Dieser Ansatz ist nach der Meinung des Verfassers für die Beantwortung der Fragestellung dieser Arbeit (Auswirkung von Kundenclubs und Kundenkarten auf die Kundenbindung) am besten geeignet. Unabhängig von diesem Ansatz gibt es, wie am Anfang nur ver- mutet, tatsächlich nur eine recht geringe Zahl von wissenschaftlichen Studien zu diesem Thema. Hier besteht eine Forschungslücke, die, angesichts der Verbrei- tung dieser Marketinginstrumente, wenn schon nicht geschlossen, doch zumindest verkleinert werden sollte.
Was noch auffällt, ist die Tatsache, dass die Einstellung nur bei einer einzigen Studie untersucht wurde. Scheinbar wird auf den behavioristischen Ansatz, möglicherweise auch wegen der einfacheren Messung, grösserer Wert gelegt.
Obwohl diese beiden Kundenbindungsinstrumente zur Zeit sehr beliebt sind und ihnen auch für die Zukunft ein großes Kundenbindungspotential bescheinigt wird (vgl. Abschnitt 3.4), können sie nicht erfolgreich sein, wenn das dahinterstehende Produkt oder die Dienstleistung nicht ausgereift ist. Kundenbindungsprogramme können dem Produkt einen Zusatznutzen verleihen, aber nicht selbst den Produkt- nutzen verkörpern.185
Möglicherweise wird man diesen Kundenbindungsprogrammen in Zukunft etwas kritischer gegenüberstehen, was ihre Eignung zur Kundenbindung betrifft. Es gibt einige Beispiele dafür, dass diese Programme ihre Ziele verfehlt haben.186 Eine Studie kommt zu dem Ergebnis, dass, kurzfristig gesehen, der Hauptgrund für die Einführung eines derartigen Programms darin liegt, dass auch der/die Konkurren- ten ein Kundenbindungsprogamm eingeführt haben. Diese Programme (und da vor allem die Kundenkarte) sind aber leicht und schnell zu imitieren. Somit sollte es das Ziel der Unternehmen sein, ein Kundenbindungsprogramm einzuführen, das den Kunden einen hohen wahrnehmbaren Nutzen bietet, sich eindeutig von anderen Programmen unterscheidet und von den Mitbewerbern nur schwer imi- tiert werden kann.
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