Bachelorarbeit, 2019
42 Seiten, Note: 2.0
Sperrvermerk
Abkürzungsverzeichnis
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
1 Einleitung
1.1 Problemstellung
1.2 Zielsetzung
1.3 Aufbau der Arbeit
2 Theoretische Grundlagen und begriffliche Abgrenzung
2.1 Kosten, Prozess
2.2 Prozesskosten
2.3 Kostenrechnungssysteme
3 Prozesskostenrechnung
3.1 Ziele und Anforderungen
3.2 Voraussetzungen
3.3 Vorgehensweise
3.4 Anwendungsbereich
3.5 Varianten der Prozesskostenrechnung
4 Prozesskostenrechnung bei einem Automobilzulieferer
4.1 Unternehmensvorstellung
4.2 Analyse der aktuellen Probleme bei der Kostentransparenz
4.3 Verbesserte Kostentransparenz durch Prozesskostenrechnung
5 Fazit
6 Literatur
Anhang
Eidesstattliche Erklärung
Die vorgelegte Abschlussarbeit beinhaltet vertrauliche Informationen und Daten. Diese Arbeit darf nur vom Erst- und Zweitgutachter sowie berechtig- ten Mitgliedern des Prüfungsausschusses eingesehen werden. Eine Verviel- fältigung und Veröffentlichung der Abschlussarbeit ist auch auszugsweise nicht erlaubt. Dritten darf diese Arbeit nur mit der ausdrücklichen Genehmi- gung des Verfassers und des Unternehmens zugänglich gemacht werden.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 1: Definitionen zu Prozess bzw. Geschäftsprozess
Abb. 2: Aufbau und Teilgebiete der Kostenrechnung
Abb. 3: Kostenrechnungssysteme im Überblick
Abb. 4: Systeme der Plankostenrechnung
Abb. 5: Vergleich der umfangbezogenen Teilkostenrechnungssysteme
Abb. 6: Aufgabenfelder und Ziele der Prozesskostenrechnung
Abb. 7: Aufbau einer Prozesshierarchie
Abb. 8: Beispiel für einen Aufnahmebogen nach der Tätigkeitsanalyse
Abb. 9: Merkmale von Tätigkeiten in der Prozesskostenrechnung
Abb. 10: Das optimale Kostenrechnungssystem
Abb. 11: Beispiel für eine Kostenverrechnung
Abb. 12: Allokationseffekt
Abb. 13: Einsatzbereiche der Prozesskostenrechnung
Abb. 14: Charakteristika der Grenzplan- und Prozesskostenrechnung
Abb. 15: Organigramm Beispielunternehmen
Abb. 16: Selbstkosten Kalkulation Produkt 1 und Produkt 2
Abb. 17: Beispiel Hauptprozesse.
Abb. 18: Tätigkeiten vom Teilprozess „Fertigungsmaterial einkaufen“
Abb. 19: Bildung von Teilprozessen in anderen Kostenstellen
Abb. 20: Aggregation der Teilprozesse zum Hauptprozess
Abb. 21: Umlage der lmn-Kosten anhand der Umlageformel
Abb. 22: Zusammenfassung der Teilprozesskosten zu dem Hauptprozess „Materialbeschaffung“
Abb. 23: Ermittlung der Prozesskosten pro Stück
Abb. 24: Ergebnis Federbeinaufnahme
Abb. 25: Ergebnis Motorlager
In der Einleitung dieser Arbeit werden zunächst die Problemstellung hinsicht- lich der Kostentransparenz bei einem Automobilzulieferer und deren Ursa- chen beschrieben. Der zweite Abschnitt dieses Kapitels erläutert die Zielset- zung der vorliegenden Arbeit. Zum Abschluss des ersten Kapitels werden der Aufbau sowie die Inhalte der einzelnen Kapitel dargestellt.
Durch die Globalisierung und die neuen Technologien verändern sich die Nachfragebedürfnisse der Kunden immer schneller.1 Automobilzulieferer werden ständig mit neuen Herausforderungen konfrontiert. Um Produkte und Dienstleistungen anbieten zu können, müssen sie sich den Wünschen der Kunden, die zunehmend spezifischer werden, anpassen. Aufgrund der im- mer weiter voranschreitenden Liberalisierung der Märkte sowie der Abschaf- fung anderer Handelsbarrieren, die den Welthandel beschränken, ergeben sich Markteintrittsmöglichkeiten für neue Wettbewerber.2 Dadurch haben Au- tomobilhersteller eine größere Auswahlmöglichkeit an Anbietern.
In der Automobilzuliefererindustrie ist es üblich, dass der Kunde seine An- frage in Form einer Ausschreibung im Internet veröffentlicht, woraufhin der Zulieferer ein entsprechendes Angebot abgibt. Da die Anforderungen der Produkte in der Automobilindustrie im Hinblick auf die Qualität und die tech- nischen Voraussetzungen keinen großen Spielraum gestatten, ist größten- teils schließlich der Preis am Ende der Ausschreibung ausschlaggebend. Um wettbewerbsfähig zu bleiben, sollte das Unternehmen somit einen kon- kurrenzfähigen Preis anbieten. Um das zu ermöglichen, muss ein Unterneh- men seine anfallenden Kosten kennen. Da sich die innerbetrieblichen Kos- tenstrukturen in den Fertigungsbereichen aufgrund der zunehmenden Auto- matisierung und Rationalisierung verschieben,3 kommt es zu einem immer höher werdenden Anteil der Gemeinkosten.4 Die Verrechnung der Gemein- kosten über Zuschlagssätze führt zu einer nicht verursachungsgerechten Belastung der Produkte. Die Bezugsgrößen für die Zuschlagssätze sind meistens nicht eindeutig und passend, sodass die Verteilung der Gemein- kosten in den meisten Fällen beispielsweise über falsche Kenngrößen oder aber durch das Tragfähigkeits- bzw. Durchschnittsprinzips mehr oder weni- ger willkürlich erfolgt.
Traditionelle Kostenrechnungssysteme wurden zeitgemäß so konstruiert, dass das Hauptaugenmerk der Systeme auf den größten Kostenblöcken Rohmaterial und Arbeit lag.5 Mit der wirtschaftlichen Entwicklung verlieren diese Kostenblöcke zunehmend an Relevanz, deshalb reichen die traditio- nellen Kostenrechnungssysteme nicht mehr aus. Unter der bereits erwähn- ten Prämisse, dass ein Unternehmen seine anfallenden Kosten kennen muss, um wettbewerbsfähig zu bleiben, entwickelte sich bei den Unterneh- men eine Unzufriedenheit. Diese Situation hat letztlich dazu geführt, dass neue Lösungen gesucht und auch gefunden wurden, u. a. die Prozesskos- tenrechnung.
Das primäre Ziel dieser Arbeit ist es, die Kostentransparenz und -zuordnung und somit die Wettbewerbsfähigkeit eines Automobilzulieferers mit der Ver- wendung der Prozesskostenrechnung zu verbessern. Insbesondere soll eine verursachungsgerechtere Verteilung der angefallenen Kosten auf die Kos- tenträger angestrebt werden. Dabei wird die Anwendung der Prozesskosten- rechnung anhand eines Beispiels dargestellt. Unter anderem sollen dabei die Vorteile, aber auch Kritikpunkte der Prozesskosten dargelegt werden.
Vorliegende Arbeit ist in fünf Kapitel unterteilt und diese werden zur besseren Übersicht im Folgenden beschrieben.
Kapitel 1 stellt die Notwendigkeit der genaueren Untersuchung der innerbe- trieblichen Kosten eines Automobilzulieferers dar. Dabei werden damit ver- bundene Problemstellungen und Ursachen, die zur Entstehung der Prozess- kostenrechnung beigetragen haben, aufgezeigt und erörtert. Als Nächstes wird das Ziel dieser Arbeit definiert.
Mit Kapitel 2 soll eine Wissensgrundlage für das Verständnis des Weiteren Fortgangs der Arbeit geschaffen werden. Außerdem werden themenspezifi- sche Begriffe und Vorgänge voneinander abgegrenzt und definiert.
Kapitel 3 beschreibt ausführlich die Ziele und Aufgaben sowie die Voraus- setzungen, die Vorgehensweise und Anwendungsbereiche der Prozesskos- tenrechnung ausführlich, da dies zum Verständnis des Weiteren Verlaufs er- forderlich ist. Außerdem sollen Unterschiede der „klassischen Prozesskos- tenrechnung“ zu einigen Varianten dargestellt werden.
In Kapitel 4 soll die Prozesskostenrechnung anhand der theoretischen Grundlagen und der in „Kapitel 3“ dargestellten Vorgehensweise auf ein praktisches Beispiel angewendet werden.
Abschließend erfolgen in Kapitel 5 eine Zusammenfassung sowie Schluss- betrachtung.
Der Kostenbegriff ist in betriebswirtschaftlichen Untersuchungen eine der am häufigsten verwendeten Größen. Daher ist es wichtig, auf die Eigen- schaften und Merkmale dieses Begriffs einzugehen. In der Theorie finden sich dazu verschiedene Sichtweisen, wobei sich im Wesentlichen zwei grundlegende Abgrenzungen des Begriffs entwickelten.
Der wertmäßige Kostenbegriff: „Kosten sind bewerteter leistungsbezoge- ner Güterverbrauch.“6 Diese Definition vereint bereits die drei wichtigsten Merkmale:
- Güterverbrauch: Unabhängig von Geldausgaben, also von einem monetären Zahlungsfluss, steht der Verbrauch von Gütern zur Erstel- lung eines Gutes oder einer Dienstleistung im Vordergrund.
- Leistungsbezogenheit: Ein Güterverbrauch verfügt nur dann über Kostencharakter, wenn er mit der fertiggestellten Leistung im Betrieb in einem Zusammenhang gebracht werden kann.
- Bewertung: Der leistungsbezogene Verbrauch der Güter muss be- wertet werden.
Der pagatorische Kostenbegriff (pagatorisch = auf Zahlungsvorgängen beruhend): Bei dieser Definition des Begriffs stehen die Anschaffungsaus- zahlungen für Güter im Mittelpunkt. Zusatzkosten zur Leistungserstellung werden hiervon also nicht umfasst.7 Der grundlegende Unterschied zum wertmäßigen Kostenbegriff besteht folglich in der Betrachtungsweise von Gütern und Dienstleistungen, die zur Leistungserstellung dienen. Der wert- mäßige Kostenbegriff betrachtet den Verbrauch von Gütern oder Dienstleis- tungen. Ausgangpunkt der Betrachtungsweise des pagatorischen Kostenbe- griffs sind die Ausgaben für Güter und Dienstleistungen.8 9 10 11
In der Literatur werden die beiden Begriffe „ Prozess “ und „ Geschäftspro- zess “ häufig nicht voneinander abgegrenzt. Nachfolgende Tabelle soll zei- gen, wie ähnlich die Definitionen der Begriffe sind.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten12
Abb. 1: Definitionen zu Prozess bzw. Geschäftsprozess
Den in der Tabelle dargestellten Definitionen lässt sich zunächst keine ein- deutige Abgrenzung der Begriffe vornehmen, da diese in ähnlichen Ausfüh- rungen verwendet werden und keine individuellen Merkmale für den „Pro- zess“ oder den „Geschäftsprozess" erkennbar sind. Des Weiteren werden Prozesse in Teil- und Hauptprozesse unterschieden. Bei Teilprozessen han- delt es sich um zusammengefasste Tätigkeiten, die zumeist in einer Kosten- stelle stattfinden. Hauptprozesse sind zusammengefasste Teilprozesse mit identischen Kosteneinflussfaktoren.13
Im Rahmen der Prozesskostenrechnung werden Prozesskosten als alle ge- mäß dem Verursachungs- bzw. dem Beanspruchungsprinzip einem Prozess zuordenbare Kosten betrachtet. Dabei differenziert die Prozesskostenrech- nung nicht zwischen fixen sowie proportionalen Kosten.14
Der globale Wandel der Wirtschaft und der zunehmende Wettbewerb führen seit Jahrzehnten zu Veränderungen im Hinblick auf die Verwendung von fi- nanziellen und nichtfinanziellen Informationen. Neuerungen in der Wirtschaft erfordern genauere Aufzeichnungen von Aktivitäten, Prozessen, Produkten, Dienstleistungen und Kunden. Kostenrechnungssysteme helfen dabei, die- ses Vorhaben zu verwirklichen. Die Kosten- und Leistungsrechnung stellt die Basis dieser Systeme dar. Bei der Anwendung der Kosten- und Leistungs- rechnung wird der wertmäßige Kostenbegriff zugrunde gelegt. Unter der Be- rücksichtigung bestimmter Prinzipien, wie erfolgt die Verrechnung der Kosten über drei Abrechnungsstufen.15 16 17
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 2: Aufbau und Teilgebiete der Kostenrechnung 18
Die erste Stufe, die Kostenartenrechnung, erfasst und gliedert die Kosten anhand der beiden grundlegenden Fragestellungen „Welche Kosten sind an- gefallen?“ und in „Welcher Höhe sind diese angefallen?“. In der nächsten Stufe, der Kostenstellenrechnung, werden die einzelnen Kostenarten mithilfe der Frage „Wo sind die Kosten angefallen?“, sofern direkt zuordenbar auf die einzelnen Bereiche (Kostenstellen) im Unternehmen verteilt. Sind Kosten nicht direkt zuordenbar, werden diese unter Berücksichtigung der bereits er- wähnten Prinzipien mit diversen Verteilschlüsseln umgelegt. In der letzten Abrechnungsstufe, der Kostenträgerzeitrechnung bzw. der Kostenträger- stückrechnung, werden die Kosten der Bereiche (Kostenstellen) auf die ein- zelnen Produktarten bzw. auf ein Produkt verteilt. Die Durchführung der Kos- ten- und Leistungsrechnung über diese drei Teilbereiche kann je nach Ziel und Zweck über verschiedene Kostenrechnungssysteme stattfinden. Dies bedeutet, dass für Unternehmen nicht nur ein einziges Kostenrechnungssys- tem existiert, sondern es sich vielmehr um eine Kombination aus Systemen handelt, die ein Unternehmen nutzt. Hauptgründe zur Nutzung dieser Sys- teme sind etwa:
- Entwicklung von Produkten und Dienstleistungen, die sowohl den Er- wartungen von Kunden gerecht als auch mit Gewinn hergestellt und verkauft werden,
- Erkennung von Bereichen, in denen kontinuierliche oder diskontinu- ierliche Verbesserungen der Qualität, Effizienz und Geschwindigkeit notwendig sind,
- Steuerung von Produktmix oder Investitionsentscheidungen,
- Auswahl alternativer Zulieferer,
- Verhandlungen über Preise, Produktmerkmale, Qualität, Lieferung und Service mit Kunden und
- Strukturierung effizienter und effektiver Vertriebs- und Servicepro- zesse für Zielmärkte und Marktsegmente.19
Kostenrechnungssysteme lassen sich entsprechend der unterschiedlichen Zielsetzungen in umfang- und zeitraumbezogene Kostenrechnungssysteme aufteilen.20 Die Grundformen der Kostenrechnungssysteme können im Rah- men der Voll- und Teilkostenrechnung betrachtet werden.
So trennt die Vollkostenrechnung die anfallenden Kosten eines Unterneh- mens in Einzel- und Gemeinkosten auf. Diese werden dann den einzelnen Kostenträgern zugeordnet. Bei der Teilkostenrechnung werden die Kosten in fixe und variable Anteile aufgeteilt und schließlich den Kostenträgern zu- geordnet.
Die Entscheidung, welcher dieser beiden Ansätze gewählt wird, hängt von den Entscheidungstatbeständen der Unternehmensführung ab. Einer der Gründe, weshalb Vollkostenrechnungssysteme genutzt werden, ist der An- stieg der fixen Kosten, welcher höhere Stückdeckungsbeiträge erforderlich macht. Dies führt dazu, dass positive Deckungsbeiträge keine Aussagekraft mehr besitzen.21
Teilkostenrechnungssysteme verrechnen lediglich bestimmte Kosten auf den Kostenträger. Ein Vorteil der Teilkostenrechnung ist, dass durch sie ein differenzierter Ergebnisausweis stattfinden kann. Bei der Verwendung der Vollkostenrechnung hingegen entsteht durch die Verrechnung der Fixkosten auf die Kostenträger eine künstliche Fixkostenproportionalisierung. Wenn sich die Ausbringungsmenge verändert, dann verändert sich ebenso der auf den einzelnen Kostenträger verrechnete Anteil an fixen Kosten. Daher ver- rechnen Teilkostenrechnungssysteme nur die Kosten auf die Kostenträger, die auch durch sie direkt verursacht wurden.22
Kostenrechnungssysteme können, wie bereits erwähnt, nicht nur nach der Art der Verrechnung systematisiert werden, sondern zudem nach dem zeit- lichen Bezug der Daten.
Die älteste Form der Kostenrechnungssysteme ist die Ist-Kostenrechnung. Hierbei werden alle in einer Abrechnungsperiode angefallenen Kosten ge- sammelt sowie auf die hergestellten Erzeugnisse verteilt. Mit den Ergebnis- sen dieses Systems lassen sich Vergleiche zu vorher festgelegten Zielen vornehmen. Zudem ist dies die Basis für den Soll-Ist-Vergleich, der in vielen Branchen sehr häufig Verwendung findet.
Die Normalkostenrechnung baut auf die Ist-Kostenrechnung auf und ver- wendet Durchschnittswerte der Vergangenheit. Dadurch lassen sich saiso- nale oder einmalige Effekte innerhalb einer Periode ausgleichen.
Mit dem Wachstum der Unternehmen und dem Wunsch, unternehmerische Entscheidungen auf Basis von kostenrechnerischen Daten zu treffen, wurde die Kostenrechnung weiterentwickelt. Schließlich genügte es nicht mehr, ein Unternehmen anhand von vergangenheitsbezogenen Daten zu führen. Un- ternehmen wollten wissen, was sie in den zukünftigen Perioden erwartet. Kostenziele wurden definiert und Kosten mussten transparent und planbar werden. Aufgrund dieser neuen Anforderungen entstand die Plankosten- rechnung. Hierbei werden Kostenziele anhand der vom Vertrieb prognosti- zierten Absatzmengen und Preise definiert. Aus den daraus ermittelten Da- ten werden Vorgaben abgeleitet, die dazu dienen, einen Plan-Ist Vergleich zu erstellen. Die Plankostenrechnung fungiert somit als ein Hilfsmittel der Unternehmensführung zur Planung und Steuerung der einzelnen Unterneh- mensbereiche, um Budgets zu ermitteln und diese einzuhalten. Folgende Übersicht stellt eine Systematisierung der Kostenrechnungssysteme dar:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 3: Kostenrechnungssysteme im Überblick 23
Aufgrund verschiedener Anforderungen wurden weitere Untersysteme die- ser beschriebenen Kostenrechnungssysteme entwickelt. Diese fasst fol- gende Tabelle zusammen, werden aber aufgrund des begrenzten Umfangs dieser Arbeit nicht weiter ausgeführt.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 4: Systeme der Plankostenrechnung 24
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Abb. 5: Vergleich der umfangbezogenen Teilkostenrechnungssysteme 25
Mit der steigenden Wettbewerbsintensität entstanden weitere Kostenrech- nungssysteme. Die Anforderungen erhöhten sich und die klassischen ab- rechnungsorientierten Kostenrechnungssysteme entwickelten sich zuneh- mend zu entscheidungsorientierten Systemen. Dieser Prozess wird durch den Einsatz von leistungsfähiger Soft- und Hardware unterstützt und voran- getrieben. So können entscheidungsorientierte Kostenrechnungssysteme, gestützt durch den Einsatz leistungsfähiger Standardsoftware, einzelne Teil- gebiete eines Unternehmens datentechnisch abbilden.
Ein sogenanntes entscheidungsorientiertes Kostenrechnungssystem ist das Target Costing. Dieses kann im Gegensatz zu einer statischen als eine dy- namische Betrachtung der Kosten angesehen werden.26 „Dabei wird von ei- nem vom Markt akzeptierten Zielpreis ausgehend ermittelt, was das Produkt von der Vorbereitung bis zur Produktion kosten darf (Target Costs = Zielkos- ten).“27 Sind diese Zielkosten ermittelt, „hat die Entwicklung die Aufgabe, ein Produktkonzept zu erstellen, das sowohl den Zielkosten als auch den Kun- denanforderungen genügt“28. Die Hauptzwecke des Target Costing lassen sich wie folgt festhalten:
- Verstärkung der Marktorientierung, verstärkte Kunden-, Konkurrenz- und Lieferantenorientierung bei der Produktplanung,
- Anlass zur kunden- und konkurrenzorientierten kostensenkenden Konstruktionsverbesserung,
- Anlass zur Prüfung von Eigen- und/oder Fremdentwicklung sowie Ei- gen- und/oder Fremdfertigung auf allen Produktionsstufen,
- Anlass zur Analyse aller für die Produkterstellung, -vermarktung und- entsorgung erforderlichen Prozessketten und der daraus resultieren- den monetären Wirkungen mit ggf. nachfolgenden wertanalytischen Untersuchungen und Konsequenzen.29
Im Hinblick auf die Vorgehensweisen der klassischen Kostenrechnungssys- teme fällt auf, dass diese hinsichtlich der Transparenz der Kosten überwie- gend auf die fertigungsnahen Bereiche beschränkt sind. Ein großer Kosten- block des Unternehmens ergibt sich in Bereichen, die lediglich in einem indi- rekten Zusammenhang mit der Beschäftigung stehen. Genau bei diesen Kosten fehlt die Transparenz, um kostentreibende Faktoren zu identifizieren. Bei dem größten Teil dieses Kostenblocks handelt es sich um Gemeinkos- ten. Somit entstand die sogenannte Prozesskostenrechnung. Der Kernge- danke der Prozesskostenrechnung ist es, „die betrieblichen Gemeinkosten nicht mehr über tendenziell ungenaue und willkürliche Zuschlagssätze auf die Produkte (oder allgemeiner: die Kalkulationsobjekte) zu verteilen, son- dern entsprechend der tatsächlichen Inanspruchnahme betrieblicher Aktivi- täten oder Tätigkeiten durch die betrachteten Kalkulationsobjekte“30. Im Un- terschied zu den herkömmlichen Verfahren stehen bei der Prozesskosten- rechnung zunächst einmal die betrieblichen Aktivitäten und Prozesse im Vor- dergrund.31
Als einer der maßgeblichen Auslöser der kritischen Überprüfung bestehen- der Kostenrechnungssysteme wird der von Miller und Vollmann im Jahre 1985 erschienene Aufsatz „The hidden factory“ betrachtet. Aufgrund der ge- stiegenen Anteile der Gemeinkosten an der Wertschöpfung erachteten Miller und Vollmann es als wichtig, eine stärkere Fokussierung auf die indirekten Bereiche zu legen.32 Infolge dieser Entwicklung ließen sich auch in der Lite- ratur vermehrt Beiträge zu einer prozessorientierten Kostenrechnung vorfin- den.
Daraufhin folgten zahlreiche individuelle und gemeinsame Veröffentlichun- gen von Cooper, Johnson und Kaplan über das Konzept eines „Activity-Ba- sed-Costing Systems.33 Basierend auf den Gedanken von Cooper und Ka- plan veröffentlichten Horváth und Mayer 1989 diverse Arbeiten zum Thema „Prozesskostenrechnung“, die eine Art Durchbruch dieser Gedanken im deutschen Sprachraum darstellten.34 Somit ließe sich darauf schließen, dass das in den USA entstandene Activity-Based-Costing und die in Deutschland darauf basierende Prozesskostenrechnung identisch seien, dem ist aber nicht so: In der Literatur entwickelten sich gewissermaßen eine „amerikani- sche“ und eine „deutsche“ Richtung der prozessorientieren Kostenrech- nung.35
Die Unterschiede des Activity-Based-Costing sowie der Prozesskostenrech- nung lassen sich auf drei Ebenen aufzeigen:
- Zielsetzung,
- Einsatzbereich und
- Methodik.
Einer der wesentlichen Rechnungszwecke des Activity-Based-Costing ist die Ermittlung der Produktkosten für langfristige Preis- und Programmentschei- dungen. Die Prozesskostenrechnung hingegen verfolgt den Ansatz, die wachsenden Gemeinkostenbereiche transparenter zu gestalten, um Kosten möglichst verursachungsgerecht zuordnen zu können und Informationen be- reitzustellen, die für die mittel- und langfristige Planung und Kontrolle der indirekten Bereiche dienen sollen.
Den Einsatzschwerpunkt des A-B-C bilden die fertigungsnahen Kostenstel- len, während bei der P-K-R die Steuerung der Gemeinkosten von fertigungs- fremden Bereichen im Vordergrund steht.
Diese beiden Ansätze unterscheiden sich nicht nur hinsichtlich der Zielset- zungen und Einsatzbereiche, sondern auch in Bezug auf die Methodik, wie bereits erwähnt. Das A-B-C arbeitet mit sogenannten „Kostenpools“, die le- diglich als Hilfsmittel zur Sammlung von „Aktivitätskosten“ dienen. Diese sind allerdings nicht mit den im deutschen Sprachraum bekannten Kostenstellen zu vergleichen. Außerdem ist zu erwähnen, dass die Unterscheidung in leis- tungsmengeninduzierte und leistungsmengenneutrale Teilprozesse nur bei der P-K-R erfolgt.36 Der weitere Verlauf dieser Arbeit ist an die deutsche De- finition der Prozesskostenrechnung angelehnt und wird diese weiter thema- tisieren.
Aus den historischen Hintergründen und der Entstehung der Prozesskosten- rechnung lassen sich somit unterschiedliche Ziele und Anforderungen defi- nieren. Die Anwendung der Prozesskostenrechnung ermöglicht es Unter- nehmen, unterschiedliche Ziele anzustreben. „Der Schwerpunkt der Pro- zesskostenrechnung liegt auf der Analyse und Bewertung abteilungsüber- greifender Prozesse sowie der Verrechnung der Gemeinkosten, die in den sekundären Leistungsbereichen der Unternehmen anfallen, das heißt insbe- sondere in
- Forschung und Entwicklung,
- Konstruktion,
- Beschaffung bzw. Einkauf,
- Logistik,
- Produktionsplanung und –Steuerung,
- Instandhaltung sowie
- Qualitätssicherung.“37
Horváth beschreibt das Ziel der Prozesskostenrechnung im Rahmen der Er- läuterung des Gemeinkostenproblems als: „Die Planung und Kontrolle der Gemeinkosten bedeutet heute folglich immer auch einen Versuch des Kos- tenabbaus.“38 Weitere Zielsetzungen gemäß Müller sind:
- Erhöhung der Kostentransparenz in den indirekten Leistungsberei- chen,
- Aufzeigen von Potenzialen zur Rationalisierung und der Nutzung vor- handener Ressourcen mittels einer verbesserten Gemeinkostenpla- nung und -kontrolle,
- Ermöglichung einer verursachungsgerechten Verrechnung von Diensten und Leistungen im Rahmen der Produktkalkulation,
- Aufzeigen der Kapazitätsauslastung,
- Erhöhung der Kostentransparenz,
- eventuelle Möglichkeit zur Kostensenkung.39
In der Literatur herrscht weitestgehend Einigkeit über die Ziele der Prozess- kostenrechnung. So lassen sich die Ziele der Prozesskostenrechnung in zwei grundlegende Bereiche einteilen. Auf der einen Seite befinden sich die Kalkulationsaufgaben und auf der anderen Seite die Managementaufgaben, folgende Abbildung darstellt.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 6: Aufgabenfelder und Ziele der Prozesskostenrechnung 40
Mit den Kalkulationsaufgaben der Prozesskostenrechnung wird die Optimie- rung des Produktions- und Absatzprogramms angestrebt, denn für eine Un- ternehmensführung ist es unerlässlich, Informationen darüber zu haben, was ein bestehendes oder neues Produkt kostet.
[...]
1 Vgl. Kaplan/Cooper (1999), S.19.
2 Vgl. Mayer/Liessmann/Freidank (1999), S. 6.
3 Vgl. Köberle (1994), S. 1.
4 Vgl. Remer (1997), S. 16f.
5 Vgl. Olshagen (1995), S. 11.
6 Hummel/Männel (2004), S. 73.
7 Vgl. Bramsemann (2005), S. 21f.
8 Österle (1995), S. 62f.
9 Hess (1996), S. 13.
10 Fischermanns (2006), S. 12.
11 Eiff (2003)
12 Gaitanides (1994), S. 164ff.
13 Vgl. Horváth (2009), S. 492.
14 Vgl. Horváth (2009), S. 492.
15 Vgl. Ebert (2008), S. 14.
16 Vgl. Heinen (1975), S. 18ff.
17 Vgl. Kilger (1987), S. 75ff.
18 Vgl. Hummel/Männel (2004), S. 20.
19 Vgl. Kaplan/Cooper (1999), S. 19
20 Vgl. Langenbeck/Burgfeld-Schächer (2017), S. 149.
21 Vgl. Küting/Lorson (1991), S. 7.
22 Vgl. Brecht (2005), S. 50.
23 Walter/Wünsche (2013), S. 77.
24 Vgl. Langenbeck/Burgfeld-Schächer (2017), S. 152.
25 Vgl. Langenbeck/Burgfeld-Schächer (2017), S. 153.
26 Vgl. Mussnig (2001), S. 31ff.; Horsch (2015), S. 297.
27 Walter (2000), S. 275.
28 Horsch (2015), S. 296.
29 Vgl. Hahn/Laßmann (1999), S. 110ff.
30 Reckenfelderbäumer (1998), S. 22.
31 Vgl. Reckenfelderbäumer (1998), S. 23.
32 Krump (2003), S. 18f.
33 Vgl. Johnson/Kaplan (1987)
34 Vgl. Horváth/Mayer (1989), S. 214ff.
35 Vgl. Reckenfelderbäumer (1998), S. 21.
36 Vgl. Krump (2003), S. 29.
37 Köberle (1994), S. 51.
38 Horváth (2009), S. 232.
39 Vgl. Langenbeck/Burgfeld-Schächer (2017), S. 149.
40 Vgl. Brecht (2005), S. 50.
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