Bachelorarbeit, 2020
56 Seiten, Note: 0,9
1 VORWORT
2 EINLEITUNG UND PROBLEMSTELLUNG
3 ZIELSETZUNG
4 GEGENWÄRTIGER KENNTNISSTAND
4.1 Grundlagen der natürlichen Muskelkontraktion
4.1.1 Ruhemembranpotenzial
4.1.2 Erregungsphysiologie
4.1.3 Aktionspotenzial
4.1.4 Rekrutierung und Frequenzierung
4.1.5 Muskelfasertypen
4.2 Grundlagen der Elektromuskelstimulation und deren konkrete Anwendung nach der Bodystreet-Methode
4.2.1 Muskelinnervation durch EMS
4.2.2 Frequenzspektrum und Elektrostimulation durch Niederfrequenzstrom
4.2.3 Stimulationsparameter in der Elektrostimulation
4.2.3.1 Reizprinzip
4.2.3.2 Richtung
4.2.3.3 Impulsformen
4.2.3.4 Anstiegs- und Abstiegszeit
4.2.3.5 Imupulsdauer und -pause
4.2.3.6 Impulsfrequenz
4.2.3.7 Impulsbreite
4.2.3.8 Stromstärke
4.2.3.9 Trainingsdauer und Häufigkeit
4.2.3.10 Elektrodenarten
4.2.4 Anwendungsparameter nach der Bodystreet-Methode
4.2.5 Studienlage zu den Effekten des EMS-Trainings bezogen auf Hypertrophie, Maximalkraft und Kraftausdauer
4.2.5.1 Hypertrophie nach Fehr (2010)
4.2.5.2 Maximalkraft nach Vatter (2010)
4.2.5.3 Kraftausdauer nach Vatter (2010)
4.2.6 Exkurs: Kundenbindung und -motivation
5 METHODIK
5.1 Studiendesign
5.2 Probandenakquise
5.3 Ein- und Ausschlusskriterien
Ausschlusskriterien:
5.4 Zielparamter
5.5 Randomisierung der Probanden
5.6 Durchführungszeitraum und -ort
5.7 Durchführungsablauf
5.8 Beschreibung des Trainingsgeräts
5.9 Beschreibung der Trainingsbekleidung
5.10 Beschreibung der Trainingselektroden
5.11 Messgeräte und -methoden
5.11.1 Stoppuhr
5.11.2 Waage
5.11.3 Unterarmstütz
5.11.4 Wandsitzen
5.12 Trainingsdurchführung nach der Bodystreet-Methode
5.12.1 Basic Squat
5.12.2 Chair Squat
5.12.3 Leg Extension
5.12.4 Leg Curl
5.12.5 Sumo Squat
5.12.6 Front Lunge
5.12.7 Lat. Pull down
5.12.8 Side Lunge
5.12.9 Triceps Kickback
5.12.10 Overhead Wide Squat
5.12.11 Side Crunch
5.12.12 Front Crunch
5.12.13 Diagonal Crunch
5.12.14 Russian Twist
5.12.15 Flying Superman
5.12.16 Total Back Extension
6 ERGEBNISSE
7 DISKUSSION
7.1 Ergebnis-Diskussion
7.1.1 Körpergewicht
7.1.2 Körperfett- und Muskelmasse
7.1.3 Viszerales Fett
7.1.4 Krafttests
7.2 Methoden-Diskussion
7.2.1 Grenzen der Probandenakquise
7.2.2 Grenzen der Trainings- und Durchführungsmethodik
7.2.3 Grenzen der Messmethodik
7.3 Schlussfolgerung und Ausblick
8 ZUSAMMENFASSUNG
9 LITERATURVERZEICHNIS
10 ABBILDUNGSVERZEICHNIS
11 ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS
Ich möchte die Gelegenheit dieser Arbeit nutzen, um mich bei allen mir Nahe stehend Personen, die mich während der Arbeit, aber auch schon während meiner vorausgehenden dreijährigen Studien- und Ausbildungszeit unterstützt haben. Insbesondere meine Eltern Michaela und Matthias, der mir ermöglicht hat mit einer eigenen Bodystreet Filiale einen kleinen Traum zu leben, meine Freundin Julia und meinem Arbeitskollegen Christian. Ohne euch würde ich nicht dort stehen wo ich jetzt bin. Bedanken möchte ich mich auch bei Karl-Heinz und Andreas für das Korrekturlesen und viele hilfreiche Tipps.
„Warum ständig trainieren, wenn 20 Minuten pro Woche locker reichen?“ Das ist der Werbeslogan der Marke Bodystreet. Wer sich noch nie mit einem sogenannten High-IntensityTraining (HIT) geschweige denn der Elektromyostimulation (EMS) auseinandergesetzt hat, dem wird dieser Werbespruch wie ein schlechter Scherz erscheinen.
Dass die Kombination aus einem vereinbarten Termin für das 20-minütige Training, die Betreuung jeder Einheit durch einen Personaltrainer und das Konzept EMS in der Praxis angenommen wird beweisen die 140.000 Mitglieder in EMS Studios. Davon trainieren 35.000 beim Marktführer Bodystreet, deren Gründer Matthias und Emma Lehner das EMS Training aus der Physiotherapie 2007 in Form des ersten Bodystreet Standortes in München zur kommerziellen Anwendung brachten. (Bodystreet, 2016)
In dieser wissenschaftlichen Arbeit soll die Theorie hinter der EMS-Methode beschrieben werden. Anschließend soll der These nachgegangen werden, ob und wenn ja wie stark der Unterschied in den Trainingseffekten zwischen einem Training mit bzw. ohne EMS ist. Die praktische Anwendung soll auf der Bodystreet Methode beruhen.
Basierend auf dieser Fragestellung
Das Ziel der Untersuchung besteht darin, die kurzfristig erzielbaren Effekte eines standardisierten Trainings mit der EMS-Technologie nach der Bodystreet-Methode über einen Zeitraum von 8 Wochen zu untersuchen. Dabei soll ein Vergleich gezogen werden, wie sich der Reizstrom auf die Trainingsergebnisse der Probanden auswirkt. Die Erwartungshaltung ist, dass durch die Aktivierung einer höheren prozentualen Zahl an Muskelfasern der Trainingseffekt der Interventionsgruppe höher ist als der der Kontrollgruppe. Zur Quantifizierung der Trainingseffekte sollen die Veränderungen an den anthropometrischen Parametern Körpergewicht, Körperfettanteil, Body-Mass-Index (BMI) und Muskelmassenanteil analysiert werden. Zudem soll der Kraftzuwachs durch die beiden Krafttests „Plank“ und „Wandsitzen“ im Bereich des Rumpfes und der unteren Extremitäten gemessen werden.
Das Ruhemembranpotenzial ist die Grundlage für die Entstehung eines Aktionspotenzials. Das Ruhemembranpotenzial wird dadurch charakterisiert, dass es eine Spannungsdifferenz zwischen der Zelloberfläche und dem intrazellulären Bereich gibt. Die Spannungsdifferenz wird durch unterschiedliche Ionenkonzentrationen im intra- bzw. extrazellulären Raum und Ungleichheiten der Permeabilität hervorgerufen. Das Ruhemembranpotenzial einer Nervenzellenmembran liegt bei -70mV und die einer Muskelfaserzellmembran bei -90mV (Wenk, 2012).
Die Abbildung 1 stellt die folgende Aussage von Bossert bildlich dar(2006):
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Ionenverteilung an einer erregbaren Zelle (Walla & Wiswede, 2018)
„Mit Hilfe von Ionenpumpen werden als Vorbedingung für das Aktionspotenzial Konzentrationsgradienten geschaffen. Intrazellulär befinden sich vorwiegend K+ und extrazellulär vor allem Na+ und Cl- [...]“
Die Verteilungen der Ionen stellen sich wie folgt dar:
Tabelle 1: Verhältnisverteilung der Ionen zwischen intra- und extrazellulärem Raum angelehnt an (Wenk, 2012)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Das Ruhemembranpotenzial spielt in der folglich erläuterten Erregunsphysiologie eine entscheidende Rolle.
„Nervenimpulse oder Aktionspotentiale stellen bei Tieren und Menschen das universelle Kommunikationsmittel innerhalb des Nervensystems dar“ (Faller & Schünke, 1999, S. 113).
Die Anzahl der Aktionspotenziale pro Zeiteinheit bilden dabei den Code bzw. die Sprache der Neurone. Die Aktionspotenziale werden durch einen vom zentralen Nervensystem ausgelösten elektrischen Reiz mit einer Mindeststärke- und dauer ausgelöst. (Augustin, 2006)
Wie in der folgenden Abbildung zu sehen ist besteht das Aktionspotenzial aus einer kurzzeitigen Änderung des Membranpotenzials und dient der Signalfortleitung.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2: Ruhe- und Aktionspotenzial (Examio GmbH)
In Form einer Erregung, die die Nervenzelle reizt, kommt es nun dazu, dass sich die semipermeable Membran für Na+-Ionen öffnet. Da nun ein Konzentrationsgefälle zwischen intra- und extrazellulärem Raum entstanden ist gleichen die Na+-Ionen dieses Gefälle durch das Wandern in die Zelle aus. Durch diesen Vorgang entsteht ein Überschuss an positiv geladenen Teilchen im Inneren der Zelle. Die Membran wird nun depolarisiert, was bedeutet, dass das Membranpotenzial weniger negativ wird. Durch eine Verminderung der Membranspannung kommt es ab einem bestimmten Membranpotenzial (Schwellenpotenzial) von ca. -50mV zu einer starken Zunahme der Na+-Durchlässigkeit und das Membranpotenzial erreicht als Aktionspotenzial den positiven Ladungsbereich (ca. 20-50 mV). Das bezeichnet man als „Overshoot“. Wird der Schwellenwert aufgrund zu geringer Erregung nicht erreicht, so entsteht auch kein Aktionspotenzial. Wenn der Schwellenwert erreicht wird, dann entsteht nach dem „Alles-oder-Nichts-Prinzip“ immer ein Aktionspotenzial gleicher Dauer, Form und Größe. (Augustin, 2006)
„Das Aktionspotenzial pflanzt sich über Nerven- oder Muskelfasern von einer Stelle aus, durch Depolarisation der benachbarten Membranbezirke fort“ (de Marées & Heck, 2002, S.54). Während der Depolarisation beginnt die sogenannte Repolarisation, die das Ruhepotenzial wiederherstellt. Dabei wird die Durchlässigkeit der Zellmembran für Na+-Ionen wieder verringert und K+-Kanäle werden für kurze Zeit geöffnet. Die K+-Ionen strömen daraufhin aus der Zelle in den extrazellulären Raum und unterschreiten durch das Konzentrationsgefälle für einen kurzen Zeitraum das Ruhemembranpotenzial. Die Spannung an der Zellmembran ist somit nun niedriger als beim Ruhmembranpotenzial. Dieser kurzzeitige Zustand nennt sich Hyperpolarisation (Faller & Schünke, 1999). Die Na+/K+-Pumpe transportiert nun unter Energieaufwand die K+-Ionen wieder in die Zelle und die Na+-Elimination aus der Zelle heraus. „Insgesamt gelangt bei einem Aktionspotential nur ein sehr kleiner Teil der Ionen (ca. 1/100.000) der intrazellulären Ionenmenge) durch die Zellmembran, so dass viele Aktionspotentiale nacheinander ausgelöst werden können“ (de Marées & Heck, 2002, S. 56). Während der Depolarisation ist die Nervenfaser nicht erneut erregbar (absolute Refraktärphase) und die Reizschwelle ist während der Repolarisation erhöht (relative Refraktärphase; Bossert, 2006). Das Aktionspotenzial pflanzt sich auf diesem Wege bis zu einer motorischen Endplatte fort, wo es auf chemischem Wege auf die Muskelfaser übertragen wird und dort die Kontraktion ausgelöst wird.
Da die Muskelfasern nach dem Alles-oder-Nichts-Prinzip funktionieren und nicht „mehr oder weniger innerviert werden können“ (Augustin, 2006), dienen die Rekrutierung und die Frequenzierung zur Steuerung der Muskelaktivität.
Wie viele motorische Einheiten ihren Schwellenwert erreichen und somit mit einem Aktionspotenzial reagieren, ist davon abhängig, wie hoch die Intensität der Erregung ist. Somit gibt die Rekrutierung an, wie viele motorische Einheiten aktiviert werden und ist abhängig davon, wie hoch die Stärke des elektrischen Reizes ist.
Die Frequenzierung stellt die Geschwindigkeit der Reizfolge in Reizen pro Sekunde dar. Die Muskelkontraktion läuft in etwa zehnmal langsamer ab als die vorausgegangene Erregung, wodurch sich die Muskelkontraktionen überlagern können. Es kann sogar soweit kommen, dass es zum sogenannten Tetanus, einer Dauerverkürzung des Muskels, kommt. Der Tetanus tritt ab ca. 50 Erregungen pro Sekunde ein. Durch die Summierung der Kontraktionen können bis zu zehnmal höhere Kraftwerte erreicht werden als bei Einzelkontraktionen (de Marées & Heck, 2002).
Grundsätzlich ist zwischen zwei Muskelfasertypen zu unterscheiden, den langsam kontrahierenden Typ-I (slow twitch fibres) und den schnell kontrahierenden Typ-II (fast twitch fibres). In der Fachliteratur werden die beiden Fasertypen noch weiter unterteilt, worauf aufgrund des Umfangs dieser Arbeit nicht eingegangen wird.
Die Typ-I Fasern werden von kleinen alpha-Motoneuronen des Rückenmarks versorgt. Sie senden bei Aktivierung kontinuierliche Zuckungen mit einer Frequenz von 10-20 Aktionspotenzialen pro Sekunde aus. Das führt zu länger anhaltenden und langsameren Kontraktionen als bei den Typ-II Fasern. Zudem sind die Typ-I Fasern ermüdungsresistenter und die Dauer einer Erregung beträgt 100ms (vgl. Marées & Heck, 2002).
Die Zuckungsdauer bei den Typ-II Fasern beträgt lediglich 30ms und sie werden über schnell leitende Neuriten innerviert. Die Refraktärzeit ist im Vergleich zu den Typ-I Fasern deutlich kürzer. Dadurch können die Typ-II Fasern häufiger pro Zeiteinheit erregt werden und folglich mehr Kraft entwickeln. Die erzeugte Kraft kann allerdings nur wesentlich kürzer beibehalten werden als bei den Typ-I Fasern.
Die langsameren Typ-I Fasern werden nach dem Henneman'sehen Größenordnungsprinzip bei geringer Belastung bzw. Anforderung durch ihre kleinen alpha-Motoneuronen und niedri- geren Schwellenwerten zuerst innerviert. Bei erhöhtem Kraftbedarf (ca. 35 - 49% des individuellen Maximums) kommt es zu einer Innervierung der schnellen Typ-II Fasern durch ihre größeren alpha-Motoneuronen (vgl. de Marées & Heck, 2002).
Bei der Elektromuskelstimulation werden Muskelkontraktionen unabhängig von einer zentralnervösen Innervation mithilfe extern angebrachter Elektroden perkutan ausgelöst (Felder, 1994). Nervale Strukturen werden dennoch benötigt, da im kommerzialisierten EMS-Training ausschließlich mit niederfrequenten Strömen gearbeitet wird. Hierzu führt Fehr (2011, S.65) an:
„Auch wenn die Platzierung der Elektroden über dem jeweiligen Muskel erfolgt, werden die Muskelfasern aufgrund der niedrigeren Reizschwelle der Axonmembran gegenüber der Muskelfasermembran über den versorgenden Nerv innerviert. Lediglich bei komplett denervierten Muskeln ohne funktionierende motorische Endplatte wird -bei wesentlich höheren Strömen - eine direkte Stimulation der Muskelfaser möglich.“
Mit Hilfe der elektrischen Stimulation können alle Muskelfasern, die von dem gereizten Nerv innerviert werden, stimuliert bzw. aktiviert werden. Im Gegensatz zur willkürlichen Muskelkontraktion, bei der eine asynchrone Aktivierung stattfindet, werden bei einer elektrisch induzierten Kontraktion alle motorischen Einheiten aktiviert. Das führt dazu, dass das gesamte Kraftpotenzial, welches in der Muskelmasse angelegt ist, eingebracht werden kann (Strass & Strojnik, 1991).
Die Frequenzen werden nach Bossert (2006) in der Elektrotherapie in folgende Frequenzbereiche unterteil:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Als Galvanisation und Iontophorese bezeichnet man die Behandlung mit Gleichstrom bei konstant bleibender Stromstärke und -richtung. Die Behandlung findet dabei im niederfrequenten Bereich von 0 Hz statt und soll einem medizinisch/therapeutischem Zweck dienen. Hierbei wird die Galvanisation und Iontophorese zur Schmerzbehandlung, Durchblutungsförderung und zum Transport von ionisierten Medikamentenbestandteilen durch die Haut eingesetzt. Bei dieser Form von Elektrostimulation findet keine Muskelkontraktion statt (Vogelmann, 2013).
Zu unterscheiden sind grundsätzlich drei Formen der Niederfrequenztherapie: diadynamischer Strom, Träbert-Ultrazeitstrom und transkutante elektrische Nervenstimulation (TENS). Da die letzte Form aufgrund der Physiotherapie einen Gewissen Bekanntheitsgrad in der Gesellschaft hat soll auf die letzte Form genauer eingegangen werden.
Bei der Anwendung der TENS sollen mehrere Nerven, ein Nervenstamm, motorische Reiz-, Trigger- und Akkupunkturpunkte und ähnliche stimuliert werden. Die Anwendungsdauer, Stromstärke, Impulsdauer, Elektrodenanlage etc. sind in Zusammenarbeit von Therapeut und Patient in mehreren Sitzungen zu erarbeiten, da die Wahrnehmung der TENS Stimulation sehr subjektiv ist und individuell variiert. Die Anwendungsbereiche sind dabei divers gestreut und reichen von Verzögerung der Muskelatrophie, Wiederherstellung der Bewegungskontrolle über Verminderung von Spastiken bis hin zur Frühbehandlung von Skoliose und vielen mehr.
Beim konventionellen Krafttraining gibt es diverse Belastungsparameter wie das Gewicht, die Time under Tension, die Wiederholungs- und Satzzahl und Ähnliche. Beim EMS-Training werden diese als Stimulationsparameter bezeichnet. Diese sind: Reizprinzip, Richtung, Impulsform, Anstiegs- und Abstiegszeit, Impulsdauer und -pause, Impulsfrequenz, Impulsbreite, Elektrodenart, Stromstärke und Spannung sowie die Trainingsdauer. Im Folgenden sollen diese Parameter genauer beschrieben und definiert werden. Wie bei einem konventionellen Krafttraining beeinflussen die Stimulationsparameter die individuell wahrnehmbare Belastung.
Grundsätzlich wird in der EMS zwischen dem monopolaren und dem bipolaren Reizprinzip unterschieden. Wird der Reiz gezielt am sogenannten motorischen Muskelreizpunkt (motorischer Punkt) angesetzt, so spricht man von einem monopolarem Reizprinzip, bei dem der Muskelreizpunkt nahe des Synapsenspalts gesetzt wird (Cordes, Arnold & Zeibig, 1989). Dadurch ist es möglich, dass auch geringe Stromintensitäten bereits zur Muskelkontraktion führen.
Bei den Impulsströmen, welche bei der EMS-Methode im niederfrequenten Bereich eingesetzt werden, unterscheidet man zwischen monophasischen (Gleichströme) und biphasischen Strömen (Wechselströme). Welcher Strom im Bereich des EMS-Trainings als effektiver beziehungsweise am effektivsten deklariert werden kann, ist nicht geklärt. Es sprechen Nebenwirkungen wie Elektrolyse, Verätzungsgefahr und die schlechte Verträglichkeit des Menschen in Bezug auf galvanische Ströme gegen den Einsatz von monophasischem Strom. Hingegen ist der Nettostromfluss bei den biphasischen Strömen gleich null (Bossert, 2006; Vatter, 2010).
Der Verlauf der Spannung, also die Impulsformen lassen sich in verschiedene Formen unterteilen: sinusförmige, rechteckige, dreieckige, trapezförmige sowie nadelförmige Impulse sind hierbei zu unterscheiden. Die folgende Abbildung zeigt drei von ihnen. Definiert werden sie durch die Anstiegs- und Abstiegszeit eines Stromimpulses (Bossert, 2006).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 3: Strom-Zeit-Diagramm für verschiedene Wechselstromformen: Sinus (a), Dreieck (b) Rechteck (c)
Die Anstiegs- bzw. Abstiegszeit (Einheit: Sekunden (s)) bezeichnet den Zeitraum, den der Impuls benötigt, um die vorher eingestellte maximale Intensität in diesem entsprechenden Impuls zu erreichen bzw. wieder auf den Nullwert zu gelangen.
Wie die vorangegangene Abbildung 3 zeigt ist die Anstiegs- und Abstiegszeit von der Impulsform abhängig bzw. umgekehrt. Dabei sind insbesondere die rechteckige und die dreiecki- ge/sinusförmige Impulsform voneinander zu unterscheiden. Bei einem rechteckigen Impuls ist die Anstiegs- und Abstiegszeit nahe null, da der Impuls abrupt beginnt bzw. endet. Für den Trainierenden fühlt es sich an, als gäbe es nur „Impuls an“ oder „Impuls aus“. Bei einem drei- eckigen/sinusförmigen Impuls hingegen steigt die Impulsstärke stetig an, bis das Maximum erreicht ist, um danach in derselben Form wieder auf den Nullwert zu fallen. Für den Trainierenden fühlt es sich bei dieser Impulsform wie ein Herantasten an das Maximum an.
Beim EMS-Training werden hauptsächlich die abrupt an- und absteigenden Rechteckimpulse verwendet, um eine effektivere Erregung der Muskulatur auslösen zu können (Benton et al., 1983; Vatter, 2010). Dreieckige/sinusförmige Impulse werden meist bei Trainingseinsteigern und ängstlichen Personen als „Impulsgewöhnung“ eingesetzt, da das subjektive Empfinden angenehmer ist, wenn sich durch den Impuls hindurch an das Maximum herangetastet wird. Benton et al. (1983) weisen allerdings auf folgenden Umstand hin, der dazu anhält, bei regelmäßigem, langfristigem Training die rechteckige Impulsform zu bevorzugen:
„Aufgrund bisher noch nicht genau bekannter Vorgänge an der Zellmembran zeigen sowohl Nerven- als auch Muskelfasern bei Reizung mit langsam ansteigenden Stromstärken das Phänomen der „Akkommodation“, d.h. die Reizschwelle wird erhöht. Ein ansonsten nach Stärke und Dauer ausreichender Impuls wird bei langsamen Anstieg daher keine Erregung auslösen.“
Impulsdauer und -pause (Einheit: Sekunde (s)) beschreiben das Verhältnis zwischen der Dauer der Reizgebung und der Reizunterbrechung. Bei einem EMS-Training ist es zudem üblich, wie bei einem herkömmlichen Intervalltraining die Impuls-/Belastungsdauer und die Impuls- /Belastungspause während der Trainingseinheit nicht zu verändern.
Um die periphere Ermüdung der gereizten Muskelfasern nicht zu stark werden zu lassen, sollte die Reizschwelle nicht länger als acht bis zehn Sekunden überschritten werden. Die Empfehlungen für das Impuls-Pause-Verhältnis schwanken von 1:1 bis 1:5 (Andrianowa et al., 1974). Dabei sollte die Impulspause mindestens 200 us andauern, um dem Muskel ausreichend Zeit zu geben, die Energiespeicher und Transmittersubstanzen wieder aufzufüllen. Ebenso benötigt die motorische Endplatte diese Zeit, um funktionell restituiert zu werden (Benton et al., 1983; Vatter, 2010).
Die Impulsfrequenz (Einheit: Hertz (Hz)) gibt an, wie viele Reizimpulse pro Sekunde während der Impulsdauer auf den Probanden bzw. die stimulierte Muskulatur einwirken. Ähnlich wie bei der Impulsbreite, -dauer und -pause sowie der Stromstärke kann auch bei der Impulsfrequenz keine einheitliche Aussage getroffen werden, was den optimalen Frequenzbereich anbelangt. Die Fachliteratur trifft hierbei von Autor zu Autor unterschiedliche Aussagen. Als Orientierung soll gezeigt werden, welche Wirkungen Wenk in Kramme (2007) den niederfrequenten Reizströmen zuschreibt:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Es wird zudem von einer überwiegenden Stimulierung der langsam zuckenden Typ-1 Muskelfasern im Frequenzbereich von 0 - 50 Hz und einer überwiegenden Stimulierung der schnell zuckenden Typ-2 Muskelfasern im Frequenzbereich von 50 - 120 Hz ausgegangen. (Kramme, 2007)
Die Impulsbreite (Einheit: Sekunden (s)) gibt die zeitliche Dauer eines einzelnen Impulses, in der dieser auf den Impuls einwirkt, an. Meist wird die Impulsbreite aufgrund der praktischen Anwendung jedoch in Mikro- (p.s) oder Millisekunden (ms) angegeben.
Die Chronaxie der zu stimulierenden Nervenfaser variiert - beim Armbeuger liegt sie etwa bei 80 - 100 Lis, bei Gesichtsmuskeln hingegen bei 240 - 700 Lis (Malmivuo & Plonsey, 1995; Fehr, 2011). Als Chronaxie bezeichnet man die bei doppelter Rheobase zur Depolarisation führende Impulsdauer (Fehr, 2011). Als Rheobase wird die Stromstärke bezeichnet, welche bei theoretisch unendlicher Dauer gerade in der Lage ist, eine Reaktion hervorzurufen (Benton et al., 1983). Impulse mit einer Impulsbreite von über 500 Lis werden in der Regel als schmerzhaft empfunden. Daher werden beim EMS-Training meistens Impulsbreiten von 250 - 350 us eingesetzt (Bossert, Jenrich & Vogedes, 2006; Jenrich, 2000).
Die Stromstärke (Einheit: Ampere (A)) bestimmt den Grad der Rekrutierung der Nervenfasern und der daraus folgenden Kontraktion der Muskelfasern, die innerviert werden. Daraus folgt, dass je höher die Stromstärke ist, desto mehr motorische Einheiten innerviert werden, wodurch die Kontraktion im Zielmuskel stärker wird. Beim EMS-Training wird die Stromstärke üblicherweise in Milliampere (mA) angegeben.
Es lässt sich keine Angabe über eine optimale Stromstärke machen, da die tatsächliche Stromstärke, die im menschlichen Gewebe fließt, nicht bekannt ist. Die subjektive Wahrnehmung des Trainierenden bzw. seine Statur spielen hierbei auch eine große Rolle. So gibt es Personen mit mehr und andere mit weniger subkutanem Fettgewebe, welches als natürlicher Isolator gilt. Die individuelle Toleranz und Adaptionsfähigkeit gegenüber dem fließenden Strom erschweren zusätzlich eine Standardisierung. (Anzil, Modotto & Zanon, 1974; Benton et al., 1983; Vatter, 2010). Stromstärken bis ungefähr 100 mA werden geraten, da hier mit einer kompletten Rekrutierung aller über die Nervenfasern gereizten motorischen Einheiten zu rechnen ist (Andrianowa et al., 1974).
Die Trainings- bzw. Behandlungsdauer variiert von Studie zu Studie und auch in den EMS Studios variiert die Trainingslänge abhängig vom Anbieter. Dabei lässt sich nicht festlegen welche Behandlungsdauer und -häufigkeit optimal ist (Vatter, 2010). Letztlich liegt aber bei allen Anbietern die Trainingsdauer zwischen 20 - 30 Minuten. KEMMLER ET AL. (2016) empfehlen zudem, dass bei EMS-Neulingen die Trainingshäufigkeit innerhalb der ersten zehn Wochen bei einer Einheit pro Woche liegen sollte.
Grundsätzlich lassen sich nach Vatter (2010) drei Elektrodenarten unterscheiden:
1. Oberflächenelektroden, welche auf der Haut aufliegen und durch die Reizung sehr vieler Nervenfasern nahezu den gesamten Muskel kontrahieren können
2. Nervennahe (extraneurale, intraneurale oder intrafaszikuläre) Elektroden
3. Muskelnahe (epimysiale oder intramuskuläre) Elektroden
In der praktischen Durchführung in kommerziellen EMS-Studios werden fast ausschließlich Oberflächenelektroden verwendet, da sie einfach in Handhabung und Anbringung an den Trainierenden sind. Die Oberflächenelektroden können durch eine Weste und Gurte angebracht werden im Gegensatz zu beispielsweise intramuskulären Elektroden.
Vatter (2010, S. 28) führt hierzu an:
„Zwar ist es schwer, einzelne Muskeln innerhalb von Muskelgruppen selektiv zu reizen und durch wiederholtes An- und Ablegen der Elektroden eine gute Reproduzierbarkeit zu erreichen. Die mit dem chirurgischen Eingriff verbundenen Risiken bei Verwendung implantierter Elektroden treten dafür nicht auf.“
Im Folgenden werden die oben genannten Stimulationsparameter in der praktischen Anwendung der Bodystreet-Methode genannt:
Tabelle 2: konkrete Anwendungsparameter der Bodystreet-Methode
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
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