Bachelorarbeit, 2018
66 Seiten, Note: 1,3
Hinweise
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
1 Einleitung
1.1 Problemstellung und Relevanz
1.2 Zielsetzung und Methodik
1.3 Aufbau der Arbeit
2 Begriffsbestimmungen
2.1 Flüchtling, Migrant oder Asylbewerber
2.2 Migranten mit Fluchthintergrund
2.3 Integration
2.4 Duales Berufsausbildungssystem
3 Aufenthaltstitel und Rechtsfolgen
3.1 Grundsätzliche Beschäftigungsverbote
3.2 Aufenthaltsgestattung
3.3 Duldung
3.4 Aufenthaltserlaubnis
4 Eignungsfeststellung von Migranten mit Fluchthintergrund
4.1 Perspektiven für junge Flüchtlinge (PerjuF)
4.2 Hospitation
4.3 Praktika zur Berufsorientierung
5 Ausbildungsreife von Migranten mit Fluchthintergrund
5.1 Integrationskurs
5.2 Bildungsniveau
5.3 Sprachniveau
5.4 Kulturelle Distanz
5.5 Gesundheitliche Einschränkungen
6 Geeignete Ausbildungsberufe für Migranten mit Fluchthintergrund
6.1 Ausbildungsberufe von Migranten mit Fluchthintergrund
6.2 Anforderungen der Ausbildungsberufe
6.3 Gesellschaftliche Akzeptanz
6.4 Religiöse und kulturelle Unstimmigkeiten
7 Förderungen der dualen Berufsausbildung
7.1 Einstiegsqualifizierung
7.2 Ausbildungsbegleitende Hilfen
7.3 Assistierte Ausbildung
8 Kosten einer dualen Berufsausbildung
8.1 Personalkosten der Auszubildenden
8.1.1 Ausbildungsvergütung
8.1.2 Sozialleistungen
8.2 Personalkosten des ausbildenden Personals
8.2.1 Ausbildungsleitung
8.2.2 Betreuung der Auszubildenden
8.3 Sachkosten und Gebühren
8.3.1 Arbeitsbekleidung
8.3.2 Kammergebühren
8.3.3 Lehr- und Lernmaterialien
8.4 Erträge
8.5 Nettokosten
9 Kosten einer Berufsausbildung von Migranten mit Fluchthintergrund
9.1 Personalkosten des Migranten mit Fluchthintergrund
9.1.1 Ausbildungsvergütung
9.1.2 Sozialleistungen
9.1.3 Förderung
9.2 Personalkosten des ausbildenden Personals
9.2.1 Ausbildungsleitung
9.2.2 Betreuung von Migranten mit Fluchthintergrund
9.3 Sachkosten und Gebühren für Migranten mit Fluchthintergrund
9.3.1 Lehr- und Lernmaterialien
9.3.2 Kammergebühren
9.4 Erträge eines Migranten mit Fluchthintergrund
9.5 Nettokosen eines Migranten mit Fluchthintergrund
10 Rentabilität der dualen Berufsausbildung von Migranten mit Fluchthintergrund
10.1 Gesamtkosten
10.2 Erträge
10.3 Nettokosten
11 Chancen für Unternehmen
11.1 Offene Ausbildungsstellen
11.2 Fachkräftemangel
12 Fazit
Literaturverzeichnis
Anhang
Aufgrund der besseren Lesbarkeit wurden personenbezogene Hauptwörter in der neutralen oder männlichen Form verfasst. Dies impliziert keinesfalls eine Benachteiligung des weiblichen Geschlechts. Besonders zu berücksichtigen ist diese Verwendung bei genannten Ausbildungsberufen. Die männliche Bezeichnung bezieht sich ebenfalls auf die weibliche Form.
Die Veröffentlichung, Vervielfältigung oder Weitergabe dieser Arbeit oder einzelner Inhalte ist ohne die Zustimmung der Verfasserin unzulässig. Die Verwendung von aus dieser Arbeit entnommenem Gedankengut ist entsprechend kenntlich zu machen.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Duales Berufsausbildungssystem in Deutschland, Quelle: Handwerks-Power
Abbildung 2: Arbeitsmarktzugang für Asylbewerber, Quelle: Landratsamt Traunstein
Abbildung 3: Höchste besuchte Bildungseinrichtung von Asylbewerbern, eigene Darstellung
Abbildung 4: Hürden während der dualen Berufsausbildung von Migranten mit Fluchthintergrund, Quelle: ifo Institut
Abbildung 5: Deutscher Qualifikationsrahmen, eigene Darstellung
Abbildung 6: Bruttokosten, Erträge und Nettokosten pro Auszubildenden und Jahr 2012 / 2013, Quelle: BiBB
Abbildung 7: Leistungsgrad einer Fachkraft für Lagerlogistik, eigene Darstellung
Abbildung 8: Sprachniveaufaktor zeitlicher Mehraufwand, eigene Darstellung
Abbildung 9: Leistungsgrad von Migranten mit Fluchthintergrund, eigene Darstellung
Abbildung 10: Gesamtkosten im Vergleich, eigene Darstellung
Abbildung 11: Kostenstruktur der Gesamtkosten, eigene Darstellung
Abbildung 12: Erträge im Vergleich, eigene Darstellung
Abbildung 13: Nettokosten im Vergleich, eigene Darstellung
Abbildung 14: Offene Ausbildungsstellen in Deutschland, Stand September 2017, Quelle: BA
Abbildung 15: Ausbildungsengpässe in Deutschland, Stand September 2016, Quelle: Institut der deutschen Wirtschaft Köln e.V
Tabelle 1: Erstasylantragszahlen 2015 bis 2017, Quelle: BAMF
Tabelle 2: Top Ausbildungsberufe HWK und IHK für München und Oberbayern von Migranten mit Fluchthintergrund, eigene Darstellung
Tabelle 3: Top Ausbildungsberufe in Bayern im Vergleich, eigene Darstellung
Tabelle 4: Ausbildungsvergütung einer Fachkraft für Lagerlogistik, eigene Darstellung
Tabelle 5: Arbeitgeberbeiträge zur gesetzlichen Sozialversicherung, eigene Darstellung
Tabelle 6: Arbeitgeberbeiträge zur gesetzlichen Sozialversicherung, duale Berufsausbildung zur Fachkraft für Lagerlogistik, eigene Darstellung
Tabelle 7: Gesetzliche Entgeltfortzahlung während dualen Berufsausbildung, eigene Darstellung
Tabelle 8: Personalkosten der Betreuung während der dualen Berufsausbildung, eigene Darstellung
Tabelle 9: Gebühren der IHK während der dualen Berufsausbildung zur Fachkraft für Lagerlogistik, eigene Darstellung
Tabelle 10: Lehr- und Lernmaterialien Fachkraft für Lagerlogistik, eigene Darstellung
Tabelle 11: Produktive Arbeitszeit einer Fachkraft für Lagerlogistik, eigene Darstellung
Tabelle 12: Erträge während der dualen Berufsausbildung zur Fachkraft für Lagerlogistik, eigene Darstellung
Tabelle 13: Nettokosten der dualen Berufsausbildung einer Fachkraft für Lagerlogistik, eigene Darstellung
Tabelle 14: Ausbildungsvergütung während der EQ und dualen Berufsausbildung zum Fachlageristen, eigene Darstellung
Tabelle 15: Arbeitgeberbeiträge zur gesetzlichen Sozialversicherung gesamt, eigene Darstellung
Tabelle 16: Gesetzliche Entgeltfortzahlung während der EQ und dualen Berufsausbildung zum Fachlageristen, eigene Darstellung
Tabelle 17: Personalkosten für die Betreuung während der EQ und dualen Berufsausbildung zum Fachlageristen, eigene Darstellung
Tabelle 18: Gebühren der IHK während der dualen Berufsausbildung zum Fachlageristen, eigene Darstellung
Tabelle 19: Produktive Arbeitszeit während der EQ und dualen Berufsausbildung zum Fachlageristen, eigene Darstellung
Tabelle 20: Erträge der EQ und dualen Berufsausbildung zum Fachlageristen, eigene Darstellung
Tabelle 21: Nettokosten der EQ und dualen Berufsausbildung eines Fachlageristen, eigene Darstellung
Tabelle 22: Gesamtkosten im Vergleich, eigene Darstellung
Tabelle 23: Erträge im Vergleich, eigene Darstellung
Tabelle 24: Nettokosten im Vergleich, eigene Darstellung
Der Schwerpunkt dieser Arbeit setzt sich mit der historisch hohen Flüchtlingszuwanderung, die Deutschland in den vergangenen Jahren geprägt hat und der strukturellen Integration der Zugewanderten in den deutschen Arbeitsmarkt über das duale Berufsausbildungssystem auseinander. Das Bundesamt für Migration (BAMF) hatte in den Jahren 2015 und 2016 1.164.269 eingegangene Erstanträge auf Asyl zu verzeichnen. Obgleich die Zuzugszahlen gegenwärtig rückläufig sind wurden 2017 weitere 198.317 Erstanträge auf Asyl gestellt1.
Das Ziel von Migranten mit Fluchthintergrund ein unabhängiges Leben führen zu können ist ausschließlich durch die Integration in den deutschen Arbeitsmarkt möglich. Eine duale Berufsausbildung ebnet den Weg in ein Beschäftigungsverhältnis und ein damit verbundenes, geregeltes Einkommen2. Aus wirtschaftlicher Sicht ist der Zuzug qualifizierter Arbeitskräfte ein Wunschdenken, mehrheitlich ist die Zuwanderung durch geringqualifizierte Menschen bestimmt3.
Das Forschungsinteresse der vorliegenden Arbeit liegt in der Ermittlung von Lösungsansätzen, um die Ausbildungsreife von Migranten mit Fluchthintergrund zu erarbeiten und den erfolgreichen Abschluss der dualen Berufsausbildung sicher zu stellen.
Darüber hinaus soll ermittelt werden, welche Anforderung die duale Berufsausbildung von Migranten mit Fluchthintergrund an die ausbildenden Unternehmen stellt und die dabei entstehenden Chancen aus Unternehmenssicht bewerten.
Die Motivation begründet sich in der dargelegten Abbruchquote der dualen Berufsausbildungen von Migranten mit Fluchthintergrund.
Die Beantwortung der Forschungsfragen erfolgt anhand von qualitativer und quantitativer Forschung. Die Literaturrecherche, welche aufgrund der Aktualität des
Forschungsgegenstandes wenig Sekundärliteratur aufweist, greift überwiegend auf Primärliteratur zurück.
Die methodische Vorgehensweise gliedert sich in fünf wesentliche Arbeitsschritte:
1. Erarbeitung der Begriffsbestimmungen und des Arbeitsmarktzugangs
2. Ermittlung der Ausbildungsreife und Berufsorientierung
3. Ermittlung der geeigneten Ausbildungsberufe und Förderungen
4. Mehrbelastung und Chancen aus Unternehmenssicht
5. Auswertung und Schlussfolgerung
Die Arbeit gliedert sich in 12 wesentliche Kapitel. Anschließend an die Einleitung folgt in Kapitel 2 die Begriffsbestimmung bzw. die thematische Annäherung, welche die Arbeit vorab einschränkt und genauer definiert. Rechtsfolgen des Aufenthaltstitels in Bezug auf den Arbeitsmarktzugang werden anhand der aktuellen Gesetzeslage in Kapitel 3 erhoben.
Die geringe Anzahl der Möglichkeiten für Unternehmen, die Eignung eines Bewerbers festzustellen, werden in Kapitel 4 dargelegt.
Zielsetzung von Kapitel 5 ist die Festlegung des durchschnittlichen Bildungsniveaus von Migranten mit Fluchthintergrund. Dahingehend wird die erforderliche Ausbildungsreife dem Bildungsniveau, den sprachlichen Barrieren, den kulturellen Distanzen und den gesundheitlichen Einschränkungen gegenüber gestellt.
Die Eignung der in Deutschland anerkannten Ausbildungsberufe und rechtlichen Einschränkungen des Arbeitsmarktzuganges für Migranten mit Fluchthintergrund stellen Hindernisse für die Integration in die deutsche Gesellschaft dar. Inwiefern diese Hemmnisse die Berufsperspektiven einschränken, wird in Kapitel 6 stichprobenartig ermittelt. Für die Erarbeitung der individuellen Bildungsdefizite stehen dem Unternehmen die Fördermaßnahmen aus Kapitel 7 zur Verfügung. Die Leistungsfähigkeit wird anhand der beruflichen Anforderungen überprüft.
Die Mehrbelastung für ausbildende Unternehmen und die Rentabilität der dualen Berufsausbildung von Migranten mit Fluchthintergrund ergeben sich aus den Kapitel 8 bis 10. Trotz Kostensteigerung entscheiden sich Unternehmen für die Ausbildung von Migranten mit Fluchthintergrund. Ende September absolvierten in Deutschland, mit steigender Tendenz zu den Vorjahren, 27.678 junge Menschen aus den acht Hauptasylherkunftsländern eine duale Berufsausbildung4.
Die Motivation, die dieses unternehmerische Handeln begründet, findet sich in Kapitel 11 aufgrund von unbesetzten Ausbildungsstellen und der daraus resultierenden Fachkräfteplanung um dem bevorstehenden Fachkräftemangel entgegen zu wirken. Einschränkungen in der Planungssicherheit aufgrund der Bleibeperspektive werden berücksichtigt.
Die Bewertung der gewonnen Erkenntnisse wird in Kapitel 12 zusammengefasst dargestellt.
In der öffentlichen Diskussion werden Begriffe wie „Flüchtling“, „Migrant" oder „Asylbewerber“ häufig Synonym und in den unterschiedlichsten Zusammenhängen benutzt. Dafür sind zum Verständnis dieser Arbeit vorab einige Begriffsbestimmungen nötig. Auch die Begriffe „Integration“ und „duales Berufsausbildungssystem“ bedürfen der näheren Erläuterung.
Im Volksmund werden Menschen, die aus Not nach Deutschland fliehen, als „Flüchtlinge“ bezeichnet, juristisch ist dieser Begriff jedoch genauer definiert:
Als Flüchtlinge gelten Menschen, die eine begründete Furcht vor Verfolgung in ihrem Heimatland haben, sich außerhalb ihres Herkunftslandes befinden und dessen Schutz nicht in Anspruch nehmen oder zurückkehren können. Als begründete Furcht vor Verfolgung gelten seine Rasse, Religion, Nationalität, politische Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe5.
Liegen schwerwiegende Gründe der Annahme zugrunde, dass die betroffene Person Verbrechen gegen den Frieden, Kriegsverbrechen, Verbrechen gegen die Menschlichkeit, eine schwere nichtpolitische Straftat außerhalb des Bundesgebietes begangen oder den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwidergehandelt hat, ist diese kein Flüchtling6.
Für die Überprüfung der Erfüllung der Bestimmungen in § 3 Abs. 1 Asylgesetz (AsylG) oder der in § 3 Abs. 2 AsylG geltenden Einschränkungen ist das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge zuständig7.
Migranten werden umgangssprachlich als „Wirtschaftsflüchtlinge“ bezeichnet. Sie sind Menschen, die ihr Heimatland freiwillig verlassen, um ihre Lebensbedingungen zu verbessern. Migranten beabsichtigen einen längerfristigen Aufenthalt, nicht aus touristischen Gründen, in einem anderen Land als ihrem Herkunftsland8.
Personen mit Migrationshintergrund werden vom statistischen Bundesamt wie folgt definiert: „Eine Person hat einen Migrationshintergrund, wenn sie selbst oder mindestens ein Elternteil die deutsche Staatsangehörigkeit nicht durch Geburt besitzt9 “.
Von dieser Definition wurden erfasst: Zugewanderte und nicht zugewanderte Ausländer, zugewanderte und nicht zugewanderte Eingebürgerte, (Spät-)Aussiedler sowie Personen mit deutscher Staatsangehörigkeit geborene Nachkommen der drei zuvor genannten Gruppen10.
Als Asylbewerber gilt, wer nach seiner Ankunft in Deutschland, beim BAMF einen Antrag auf Asyl gestellt hat und sich derzeit im Asylverfahren befindet1011. Ausländer beantragen Schutz vor Abschiebung oder einer Rückführung in einen Staat, da in diesem ihr Leben oder ihre Freiheit aufgrund der in § 3 Abs. 1 AsylG beschriebenen Umstände bedroht ist12 Die Erfüllung dieser Voraussetzung ist maßgebliche Entscheidungsgrundlage für das Urteil des Asylantrages.
Daraus ist zu schließen, dass alle Flüchtlinge zugleich Migranten sind, dagegen aber nicht alle Migranten als Flüchtlinge zu definieren sind. Darüber hinaus sind Flüchtlinge und Migranten gleichzeitig Asylbewerber, wenn ein Asylantrag gestellt wurde.
Im Zeitraum vom 01.01.2015 bis 31.12.2017 stammten 871.518 Erstasylantragssteller aus den in Tabelle 1 aufgeführten Staaten13:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tabelle 1: Erstasylantragszahlen 2015 bis 2017, Quelle: BAMF
Für die strukturelle Integration über das duale Berufsausbildungssystem der Erstasylantragssteller aus den Hauptherkunftsstaaten kommt fast ausschließlich die Altersgruppe von 16 bis 30 Jahren in Frage. Im Jahr 2016 gehörten 43,5% der Erstasylantragssteller zu dieser Gruppe14. Bei Anwendung dieser Quote auf die Daten aus Tabelle 1, kamen 379.110 Geflüchtete in diesem Zeitraum für eine duale Berufsausbildung in Frage.
Eine genaue Bestimmung der Personen, die tatsächlich Zugang zu einer dualen Berufsausbildung hatten, ist aufgrund der rechtlichen Einschränkungen und der darauf basierenden Einzelfallentscheidung aus 3. Aufenthaltstitel und Rechtsfolgen nicht möglich.
Der oben genannte Personenkreis wird in der vorliegenden Arbeit als „Migranten mit Fluchthintergrund“ definiert. Nicht berücksichtigt werden Migranten mit Fluchthintergrund mit abgeschlossener Berufsausbildung oder abgeschlossenem Studium im Herkunftsland.
Unter Integration versteht man im Kontext dieser Arbeit die Herstellung einer Einheit oder auch die Eingliederung in ein Ganzes. Ziel der Integration ist, alle Menschen, die dauerhaft und rechtmäßig in Deutschland leben, durch einen langfristigen Prozess in die Gesellschaft und das System einzugliedern. Integration stellt Anforderungen an die betreffenden Menschen mit Migrationshintergrund an die Politik, die Unternehmen und die Aufnahmebereitschaft der Gesellschaft des Aufenthaltslandes. Diese Akteure sind maßgeblich am Erfolg beteiligt und befinden sich in einem gegenseitigen Lernprozess15.
Voraussetzung für eine erfolgreiche Integration sind die Aneignung der Sprache des Aufenthaltslandes in Wort und Schrift, der Zugang zu Bildung und dem Arbeitsmarkt sowie der Wunsch, integriert zu werden - wirtschaftlich, kulturell und gesellschaftlich16. Während des langfristigen Integrationsprozesses müssen Rechte gewährt und Pflichten auferlegt werden, Zuwanderer müssen deutsche Gesetze kennen, respektieren und befolgen lernen.
Die Soziologie beschreibt die Integration von Menschen mit Migrationshintergrund in vier Stufen: Soziale, kulturelle, strukturelle und emotionale Integration17.
Ziel der sozialen Integration ist die Durchmischung der Migranten mit der einheimischen Bevölkerung in Partnerschaften und Freundschaften sowie der freie und persönliche Umgang zwischen der Gesellschaft und den Migranten18.
Die kulturelle Integration beinhaltet mit der Anerkennung und der Annahme, der im Aufenthaltsland gegebenen gesellschaftlichen und kulturellen Traditionen, Praktiken, Überzeugungen und Werte19.
Strukturelle Integration umfasst das Durchlaufen des deutschen Bildungssystems und den Zugang zum Arbeitsmarkt. Die angestrebte Erwerbstätigkeit ist in Deutschland durch Schulbildung, Berufsausbildung oder Studium zu erwerben. Die resultierende Absicherung des Einzelnen als Bürger in der Gesellschaft verleiht gesellschaftlichen Status und Anerkennung20.
Die emotionale Integration beschreibt das persönliche Zugehörigkeitsgefühl in die Aufnahmegesellschaft bzw. definiert Verbundenheits- und Heimatgefühle21.
Ganzheitlich betrachtet verhilft die strukturelle Integration in den Arbeitsmarkt somit zu sozialer, kultureller und emotionaler Integration, welche die Bedeutung dieses Prozesses verdeutlicht.
Eine duale Berufsausbildung erfolgt zeitgleich in zwei Einrichtungen, dem Ausbildungsbetrieb und der Berufsschule (Abbildung 1)22. In Deutschland genießt sie eine hohe gesellschaftliche Akzeptanz und führt langfristig zu geregeltem und höherem Einkommen als bei ungelernten Arbeitskräften23.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Duales Berufsausbildungssystem in Deutschland, Quelle: Handwerks-Power24
Die Dauer einer Berufsausbildung liegt zwischen 2 und 3,5 Jahren (Abbildung 1). Eine erfolgreich abgeschlossene Berufsausbildung verbessert später die Aussichten am Arbeitsmarkt22 23 24 25.
Die betriebliche Ausbildung vermittelt berufliche Handlungsfähigkeit, fachliche Fähigkeiten, Kenntnisse und Fertigkeiten sowie erste Berufserfahrungen. Für jeden anerkannten Ausbildungsberuf existiert eine bundeseinheitliche Ausbildungsordnung; darin festgelegt sind Ausbildungsdauer, zu vermittelnde Fertigkeiten und Kenntnisse, der zeitliche Ablauf und die Prüfungsanforderungen26.
Die Vermittlung von fachtheoretischen Kenntnissen und die Vertiefung der Allgemeinbildung liegt in der Zuständigkeit der Berufsschulen. Landeseinheitliche Rahmenlehrpläne sind mit der Ausbildungsordnung abgestimmt, in der Berufsschule werden 480 Unterrichtsstunden pro Ausbildungsjahr in Teilzeit- oder in Blockform absolviert27.
Für gewerbliche Ausbildungsberufe werden in Bildungszentren des Handwerks zusätzlich spezielle Arbeitstechniken erlernt und vertieft. Die überbetrieblichen Unterweisungen ergänzen die betriebliche Berufsausbildung, da Handwerksbetriebe aus Kosten- und Kapazitätsgründen manche Fertigkeiten nur eingeschränkt vermitteln können. Ziel der überbetrieblichen Unterweisung ist, die Ausbildungsgrundlage bei allen Auszubildenden gleich- und sicherzustellen28.
Die Zwischenprüfung dient zur Überprüfung des aktuellen Ausbildungsstandes; ein Bestehen ist nicht notwendig und hat keinen weiteren Einfluss - Ausnahme bei gestreckten Ausbildungsberufen mit einer Leistungsfeststellung zu zwei verschiedenen Zeitpunkten. Das Bestehen einer Gesellen- oder Abschlussprüfung belegt die berufliche Qualifikation, kann zweimal wiederholt werden und muss mit mindestens „ausreichend“ abgelegt werden29.
Für Migranten mit Fluchthintergrund ist somit Voraussetzung für den Erwerb eines anerkannten Berufsabschlusses ein Berufsausbildungsvertrag mit einem Unternehmen und das Bestehen der Abschlussprüfung sowie eine Arbeitserlaubnis, wie in 3 Aufenthaltstitel und Rechtsfolgen beschrieben.
Die Möglichkeiten des Arbeitsmarktzugangs für Migranten durch eine duale Berufsausbildung oder ein Beschäftigungsverhältnis sind im AsylG, im AufenthaltsG, in der Beschäftigungsordnung und im dritten Sozialgesetzbuch (SGB) geregelt. Die Bestimmung des öffentlich-rechtlichen Aufenthaltstitels ist neben den grundsätzlichen Beschäftigungsverboten maßgeblich entscheidend für den Beschluss der Ausländerbehörde34.
Ab der Äußerung des Asylgesuchs gegenüber der Polizei oder der Grenz- oder Ausländerbehörde gilt in den ersten drei Monaten ein Beschäftigungsverbot, das während der gesamten Zeit der Verpflichtung, in einer Erstaufnahmeeinrichtung zu wohnen, gültig ist30.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2: Arbeitsmarktzugang für Asylbewerber, Quelle: Landratsamt Traunstein
Für Flüchtlinge und Migranten aus „sicheren Herkunftsstaaten“, die nach dem 31.08.2015 einen Asylantrag gestellt haben, besteht ebenfalls ein Beschäftigungsverbot, da derartige Asylanträge als „offensichtlich unbegründet“ abgelehnt werden (Abbildung 231 )32. Das Gesetz definiert sichere Herkunftsstaaten als Länder, in denen generell keine staatliche Verfolgung aufgrund der politischen Lage oder des demokratischen Systems zu befürchten ist und unmenschliche oder erniedrigende Bestrafung oder Behandlung nicht stattfindet33.
Sichere Herkunftsstaaten sind die Mitgliedsstaaten der Europäischen Union und die in Anlage II AsylG bezeichneten Staaten35.
Mit der Stellung eines Asylantrages beim BAMF erhält der Asylbewerber eine Aufenthaltsgestattung, welche ihn berechtigt, bis zum Abschluss des Asylverfahrens in Deutschland zu leben36.
Der Zugang zum Arbeitsmarkt ist eingeschränkt und abhängig von einer Einzelfallentscheidung, die unter Ausschluss der in 3.1 Grundsätzliche Beschäftigungsverbote geltenden Bestimmungen einer Genehmigung der Ausländerbehörde und der örtlichen Agentur für Arbeit (AA) bedarf37. In wenigen Fällen kann abhängig von den Beschäftigungsbedingungen eine Vorrangprüfung durchgeführt werden. Die Zustimmung der AA ist beim Abschluss von Berufsausbildungsverträgen nicht notwendig38.
Ein negativer Bescheid im Asylverfahren führt grundsätzlich zur Abschiebung des Asylantragstellers in das Heimatland39. Wird die Abschiebung ausgesetzt, erhält der Antragssteller eine Bescheinigung für die Aussetzung der Abschiebung und eine Duldung mit eingeschränktem Zugang zum Arbeitsmarkt40.
Die in 3.1 Grundsätzliche Beschäftigungsverbote und in 3.2 Aufenthaltsgestattung aufgeführten Bestimmungen gelten auch für den Zugang zum Arbeitsmarkt, wenn aufenthaltsbeendende Maßnahmen behindert wurden, z.B. wegen des Verschweigens der Identität oder Staatsangehörigkeit.
3.4 Aufenthaltserlaubnis
Die Aufenthaltserlaubnis unterscheidet vier verschiedene Schutzarten:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Je nach Schutzart wird eine Aufenthaltserlaubnis von ein bis drei Jahren gewährt. Die Möglichkeit zur Verlängerung oder der Daueraufenthalt wird fortlaufend geprüft41.
Der positive Bescheid gewährt uneingeschränkten Zugang zum Arbeitsmarkt. Ausnahmen gelten für Personen mit nationalem Abschiebeverbot, welches unter anderem wegen lebensbedrohlicher oder schwerwiegender Erkrankungen erlassen werden kann; die Ausländerbehörde trifft diesbezüglich eine Einzelfallentscheidung42.
Die Berufsorientierung ist abhängig von den persönlichen Interessen, Kenntnissen und Fähigkeiten des Ausbildungssuchenden, die mit dem Bedarf und den Anforderungen des Arbeitsmarktes in Übereinstimmung zu bringen sind. Es gilt festzustellen, welche Berufsgruppe bevorzugt wird, z.B. ob der Traumberuf im kaufmännischen, sozialen oder handwerklichen Bereich liegen soll43.
Der Ausbildungsmarkt ist unübersichtlich, nach Berufsbildungsgesetz (BBiG) und Handwerksordnung sind 326 Ausbildungsberufe staatlich anerkannt oder gelten als staatlich anerkannt44. Notwendig für die Entscheidung ist eine Kenntnis des deutschen Ausbildungsmarktes und erfordert Beratung und Einblick in das jeweilige Berufsbild.
Um langfristig die Motivation der Migranten mit Fluchthintergrund an der Integration aufrecht zu erhalten, ist die Ermittlung beruflicher Kompetenzen früh durchzuführen und Bildung dahingehend auszurichten. Die Kompetenzen und die Eignung eines Bewerbers mit Fluchthintergrund kann aus Unternehmenssicht in folgenden Maßnahmen festgestellt werden.
Die Maßnahme dient der Orientierung im deutschen Ausbildungs- und Beschäftigungssystem, nach der Teilnahme sollen junge Flüchtlinge in der Lage sein vorrangig eine Ausbildung aufnehmen zu können und eine dementsprechende Berufswahlentscheidung zu treffen. Die Zielgruppe der von der BA geförderten Maßnahme PerjuF sind Asylbewerber und Geduldete mit Arbeitsmarktzugang oder anerkannte Flüchtlinge unter 25 Jahren45.
Teilnehmer dürfen über keine in Deutschland anerkannte Erstausbildung oder berufliche Erfahrungen verfügen und die Notwendigkeit bei der Heranführung an den Ausbildungsmarkt muss ersichtlich sein. Weitere Voraussetzungen sind die erfüllte Vollzeitschulpflicht und ausreichende Sprachkenntnisse46.
Die individuelle Laufzeit von vier bis sechs Monaten beinhaltet einen wöchentlichen Umfang von 30 Zeitstunden. Während der Einstiegsphase wird eine Kompetenzerfassung vorgenommen. An verschiedenen, im Handwerk verwendeten Materialien, wird anschließend die Eignung und Neigung des Maßnahmenteilnehmers festgestellt, welche zu einem späteren Zeitpunkt in betrieblichen Phasen erprobt werden kann47.
Ein Hospitant ist in keinem Beschäftigungsverhältnis, unterliegt keinem Versicherungsschutz und kann ausschließlich durch Beobachtung Kenntnisse über Arbeitsabläufe und Prozesse erlangen. Ein Verstoß, z. B. ein Mitwirken im Arbeitsalltag des Betriebes kann als illegale Beschäftigung bestraft werden48.
Für einen Hospitanten gibt es keine vorgeschriebene Höchstdauer, meist wird sie in Form von Betriebsbesichtigungen durchgeführt49.
Eine Hospitation ist aus Unternehmenssicht eine Möglichkeit, einen Migranten mit Fluchthintergrund kennenzulernen. Sie bedarf keiner Zustimmung der Ausländerbehörde oder der AA50.
Bei einem Praktikum zur Berufsorientierung handelt es sich um eine Beschäftigung, die praktische Erfahrungen und Kenntnisse in einem potentiellen zukünftigen Ausbildungsberuf vermittelt51.
Entsprechend gelten die in 3. Aufenthaltstitel und Rechtsfolgen erläuterten Bedingungen - vor Praktikumsbeginn muss bei Asylbewerbern und Geduldeten eine Zustimmung der Ausländerbehörde erfolgen52.
Es darf keine abgeschlossene Berufsausbildung oder ein abgeschlossenes Studium vorliegen, es sei denn das Praktikum soll zur beruflichen Umorientierung dienen. Liegt ein ausländischer Ausbildungsabschluss vor, der in Deutschland noch nicht anerkannt wurde, kann das Praktikum zur Vorbereitung einer erneuten Berufsausbildung aufgenommen werden53.
Bei einer Dauer von bis zu drei Monaten ist die Zustimmung der AA nicht erforderlich, eine Dauer von mehr als drei Monaten erfordert eine angemessene Vergütung und nach § 26 BBiG eine Zustimmung. Wann eine Vergütung als angemessen anzusehen ist, muss im Einzelfall überprüft werden, das Praktikum unterliegt dem gesetzlichen Mindestlohn54.
Ein Praktikum ist sowohl für das Unternehmen als auch für den Praktikanten die zielführendste Möglichkeit des gegenseitigen Kennenlernens. Vor allem bei Migranten mit Fluchthintergrund bietet sich für Unternehmen die Gelegenheit, Bildungshintergrund oder bereits erworbene Berufserfahrungen des Praktikanten einzuschätzen.
Statistiken zu von Migranten mit Fluchthintergrund absolvierten Praktika liegen nicht vor. Es ist jedoch davon auszugehen, dass diese den gewählten Ausbildungsberufen (Tabelle 2) entsprechen. Laut Aussagen der AA in Traunstein sind Einschränkungen in der Verfügbarkeit der regionalen Praktikumsmöglichkeiten vorhanden. Den Einschätzungen von Berufsberatern zur Folge werden die meisten Praktika in der Gastronomie, im Einzelhandel oder im Handwerk, z.B. als Kfz-Mechatroniker, Metallbauer, Tischler oder Anlagenmechaniker absolviert. Gefragt sind Ausbildungsplätze, bei denen die sprachlichen Kompetenzen eine untergeordnete Rolle spielen55.
Die Ausbildungsreife in Deutschland erhebt Anforderungen in
- schulischen Basiskenntnissen (mathematische und wirtschaftliche Grundkenntnisse, Rechtschreibung, Lesen)
- psychologischen Leistungsmerkmalen (Sprachbeherrschung, rechnerisches und logisches Denken, Daueraufmerksamkeit, Bearbeitungsgeschwindigkeit)
- physischen Merkmalen (altersgerechter Entwicklungsstand und gesundheitliche Voraussetzungen),
- psychologischen Merkmalen des Arbeitsverhaltens und der Persönlichkeit (Kommunikation, Konflikt- und Kritikfähigkeit, Durchhaltevermögen, Selbstständigkeit, Sorgfalt, Teamfähigkeit, etc.) und der
- Berufswahlreife (Selbsteinschätzung und Entscheidungskompetenz)56.
Das Konzept des bundesweiten Integrationskurses besteht aus einem Sprach- und Orientierungskurs. Erlernt werden ausreichend deutsche Sprachkenntnisse entsprechend dem Sprachniveau B1 laut GER, die Rechtsordnung, die Kultur und Geschichte Deutschlands, das demokratische Staatswesen sowie Prinzipien der Rechtsstaatlichkeit (Gleichberechtigung, Toleranz und Religionsfreiheit)57.
Die Vermittlung von Lebensverhältnissen im Bundesgebiet wird soweit vorgenommen, dass alle Angelegenheiten des täglichen Lebens selbstständig bewerkstelligt werden können58.
Das Bildungsniveau der Migranten mit Fluchthintergrund aus der Zuwanderung der Jahre 2015 bis 2017 ist nicht bekannt.
Ein Vergleich des Bildungsniveaus lässt sich aus der TIMSS Studie (Trends in International Mathematics and Science Study) ableiten, da Syrien 2011 an diesem Bildungsvergleich mit 41 weiteren Ländern teilgenommen hat. Die mathematischen Fähigkeiten der Schüler liegen mit Platz 39 weit unter dem Durchschnitt, auch die naturwissenschaftlichen Kompetenzen auf Platz 33 weisen starke Defizite auf59.
Die Daten der höchsten besuchten Bildungseinrichtungen (Abbildung 360 ) aus 2016 sind nur zum Teil aussagekräftig. Der Besuch einer Bildungseinrichtung gibt jedoch keine Auskunft über Bildungsabschluss oder Vergleichbarkeit zu deutschen Bildungsabschlüssen.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 3: Höchste besuchte Bildungseinrichtung von Asylbewerbern, eigene Darstellung
Eine Vergleichbarkeit der Schulbildung Deutschlands und den Hauptherkunftsländern aus der TIMSS 2011 und den Daten aus Abbildung 3 ist nicht gegeben. Das Bildungsniveau von Asylbewerbern der Hauptherkunftsländer liegt weitaus niedriger.
Eine duale Berufsausbildung ist in keinem der Hauptherkunftsländer verankert. In Syrien können beispielsweise nur 20 technische Berufe erlernt werden - in Deutschland steht dem ein weitaus größeres Bildungsangebot gegenüber. Mangel an Lehrmaterialien, unzureichende Lehrerausbildung, Unterschiede in Bezug auf technologische Standards und unterschiedliche Ausbildungsdauer sind zusätzlich belegt61.
Das berufliche Bildungsniveau ist unter diesen Aspekten nicht vergleichbar und entspricht nicht dem hohen Anspruch des deutschen Arbeitsmarktes. Zusammenfassend ist festzustellen, dass sowohl das schulische als auch das berufliche Bildungsniveau der Migranten mit Fluchthintergrund erheblich vom deutschen Durchschnitt abweicht.
Ein daraus für deutsche Unternehmen resultierendes Problem ist die Feststellung der Eignung eines Migranten mit Fluchthintergrund für eine offene Ausbildungsstelle anhand von Zeugnissen.
Der Ausbildungsbetrieb und die Berufsschule vermitteln relevante, theoretische Inhalte die zum erfolgreichen Abschluss der dualen Berufsausbildung beitragen. Die wirtschaftliche Integration setzt deutsche Sprachkenntnisse voraus, der Erwerb sprachlicher Kompetenzen erfolgt als erste berufsvorbereitende Maßnahme62.
Die Ermittlung der Sprachkompetenzen eines Bewerbers mit Migrationshintergrund kann anhand des gemeinsamen europäischen Referenzrahmen für Sprachen (GER) festgelegt werden63.
Mangelnde Sprachkompetenzen gelten bei 90% aller Unternehmen, die bereits Flüchtlinge beschäftigt haben, als größte Hürde (Abbildung 464 ).
Eine duale Berufsausbildung erfordert im Arbeitsalltag Verständnis von detaillierten Arbeits- und Sicherheitsanweisungen, produktspezifischen und Informationen im Fachgebiet. Muttersprachlern sind somit entsprechender Fertigkeiten erforderlich.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 4: Hürden während der dualen Berufsausbildung von Migranten mit Fluchthintergrund,
Quelle: ifo Institut
Im Zusammenhang mit einer dualen Berufsausbildung sind die Fachbegriffe des jeweiligen Unternehmens der Branche und des Berufsbildes zu erlernen. Die Anforderungen des Arbeitsalltages können im GER dem Sprachniveau B2 zugeordnet werden65. Ein entsprechendes Zertifikat über allgemeine Sprachkompetenzen gibt jedoch keine Auskunft über das berufsspezifische Sprachniveau der jeweiligen Person. Es daher sinnvoll, entsprechende Fachbegriffe vor Beginn einer dualen Berufsausbildung zu erarbeiten.
Der Berufsschulunterricht erfordert Fähigkeiten wie selbstständiges und selbstbestimmtes Lernen, durchgängige Aufmerksamkeit, Teilnahme an Gesprächsführungen und Diskussionen, Vortragen von Präsentationen sowie Einzel- oder Gruppenarbeiten66. Die Unterrichtsteilnahme setzt voraus, dass die sprachliche Kompetenz im gesellschaftlichen und beruflichen Leben wirksam und flexibel verwendet werden kann. Für den Ausbildungserfolg ist in der Berufsschule daher ein ähnliches Lernpensum wie bei Muttersprachlern zu absolvieren. Darüber hinaus sind Sprachkompetenzen im jeweiligen Fachgebiet des Berufsbildes nötig. Eine strukturierte und ausführliche Gesprächsführung auch bei komplexen Sachverhalten ist erforderlich. Diese Anforderungen entsprechen eher dem Sprachniveau C1 als B2 des GER67.
Zum Erfolg führt eine duale Berufsausbildung, wenn die sprachliche Kompetenz des Auszubildenden laut dem GER dem C1-Sprachniveau und dem Fachgebiet des Unternehmens, der Branche und dem Berufsbild entspricht.
Die kulturelle Prägung eines Menschen bestimmt unter anderem sein Arbeitsverhalten. Dem Anspruch des deutschen Arbeitsmarktes und dem einer dualen Berufsausbildung muss der Migrant mit Fluchthintergrund gerecht werden. Die Anpassungsfähigkeit des persönlichen Verhaltens und der Einstellung an die Verhältnisse in Deutschland erhöht die Ausbildungsund Beschäftigungsfähigkeit68.
Die Herkunft aus einem anderen Wertesystem, wirtschaftlichen Verhältnissen sowie Bildungs- und Qualifizierungssystemen erfordert Anpassung69.
Kulturelle Distanz führt zu Nachteilen auf dem Arbeitsmarkt. Besonders deutlich wird dies, wenn diese Distanz, Angehörigen kultureller Gruppen zu eigen ist oder unterstellt wird, z. B. Muslimen.
Auswirkungen von kriegs- und fluchtassoziierten Erfahrungen verursachen bei 33,5 % der syrischen Geflüchteten posttraumatische Belastungsstörungen und Depressionen70. Eine starke Ausprägung dieser gesundheitlichen Einschränkungen kann zur Arbeitsunfähigkeit führen71.
Psychisch belastende Erfahrungswerte im Heimatland der Migranten mit Fluchthintergrund können für Einschränkungen der Ausbildungsreife verantwortlich sein.
[...]
1 (BAMF, 2018a, S. 3)
2 (Ebner, 2013, S. 36f.)
3 (Simon, 2017)
4 (Traunsteiner Tagblatt, 2018)
5 (AsylG, 1992d, § 3 Abs. 1)
6 (AsylG, 1992d, § 3 Abs. 2)
7 (Weiße, 2017, S. 23)
8 (Muschiol, 2016, S. 63)
9 (Statistisches Bundesamt, 2015)
10 (Statistisches Bundesamt, 2015, S. 4)
11 (Muschiol, 2016, S. 62)
12 (Kleinhans & Dr. Schmid, 2016, S. 62)
13 (BAMF, 2018b, Abschn. 2)
14 (BAMF, 2017, S. 21)
15 (Heckmann, 2015, S. 21ff.)
16 (Esser, 2006, Abschn. i)
17 (Heckmann, 2015, S. 72)
18 (Dr. Häußermann & Dr. Siebel, 2001, S. 9)
19 (Esser, 2006, S. 8)
20 (Heckmann, 2015, S. 98)
21 (Bauer, 2013)
22 (Spöttl, 2016, S. 14)
23 (Stüber, 2016, S. 1)
24 (Handwerks-Power, 2018)
25 (Hausner, Söhnlein, Weber, & Weber, 2015, S. 7)
26 (Urbanek, 2015, S. 9f)
27 (Ebd., S. 10f)
28 (Ebd., S. 10)
29 (BBiG, 2005a, § 37 Abs. 1)
30 (Ebd.)
31 (Landratsamt Traunstein, 2018, S. 6)
32 (AsylG, 1992c, § 29a Abs. 1)
33 (Weiße, 2017, S. 36)
34 (Dr. Weiser, 2017, S. 10f.)
35 (AsylG, 1992c, § 29a Abs. 2)
36 (AsylG, 1992b, § 55 Abs. 1)
37 (BAMF, 2018c)
38 (AufenthG, 2004c, §39 Abs. 2)
39 (AsylG, 1992a, § 34a Abs. 1)
40 (Beschäftigungsverordnung (BeschV), 2013, §32)
41 (AufenthG, 2004a, § 26 Abs. 1)
42 (Frintrup, 2017, S. 121)
43 (Brüggemann & Rahn, 2013, S. 13)
44 (BIBB, 2017)
45 (BA, 2016b, S. 1f.)
46 (Ebd.)
47 (Ebd.)
48 (Frintrup, 2017, S. 124f.)
49 (ür. Hartig, Dr. Hartwich, Storbeck, & Kempe, 2016, S. 35)
50 (Muschiol, 2016, S. 63)
51 (Appel, Ludwig, & Rother, 2009, S. 52)
52 (Frintrup, 2017, S. 123)
53 (BA, 2017c, S. 3)
54 (Ebd.)
55 (Teder, 2018)
56 (Kriterienkatalog zur Ausbildungsreife, 2009, S. 20f.)
57 (BAMF, 2015, S. 14)
58 (AufenthG, 2004b, § 43 Abs. 2 S. 3)
59 (International Study Center, 2011, S. 3f.)
60 (Neske, 2017, S. 6)
61 (Stoewe, 2017, S.40f.)
62 (Bußmann, Metzler, & Werner, 2017, S. 11)
63 (Anhang 3)
64 (Falck, Felbermayr, Jacob-Puchalska, & Poutvaara, 2016, S. 85)
65 (Anhang 3)
66 (Hage u. a., 2013, S. 47f.)
67 (Anhang 3)
68 (Herwig, 2017, S. 84f.)
69 (Heyse, Erpenbeck, & Ortmann, 2016, S. 113)
70 (Alpak u. a., 2015, S. 45ff.)
71 (Pieper, Schulz, Klotsche, Eichler, & Wittchen, 2008, S. 411)
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