Examensarbeit, 2007
52 Seiten, Note: gut
1 Vorwort
2 Einleitung
3 Außerschulische Lernorte
3.1 Begriffsbestimmung Lernort:
3.2 Geschichte
3.3 Zur Didaktik des Lernens außerhalb des Klassenzimmers
3.3.1 Die Didaktische Notwendigkeit von Erfahrungen vor Ort.
3.3.2 Das Problem der Zugänglichkeit und Durchschaubarkeit
3.4 Didaktische Kategorien und notwendige Qualifikationen des Lehrers
3.5 Ausgewählte methodische Ansätze und Schüleraktivitäten
3.6 Auswertung der Eindrücke, Erlebnisse, und Erfahrungen.
3.7 Erschwernisse beim Aufsuchen eines außerschulischen Lernortes
4 Der außerschulische Lernort Bauernhof
4.1 Begriffsbestimmungen
4.2 Kurzer Überblick über die verschiedenen Varianten
4.3 Ist der Lernort Bauernhof vereinbar mit den Lehrinhalten an deutschen Schulen?
4.3.1 Was lässt sich auf einem Hof bzw. landwirtschaftlichen Betrieb Interessantes beobachten und erfahren?
4.4 Konkretisierungen für einen Bauernhofbesuch
4.4.1 „Ich werde mal ein Schnitzel“ - Tiere in Menschenhand.
4.4.2 Ein Erlebnis und Entdeckungsprojekt
4.4.3 Der Bauernhof als Klassenzimmer (Veröffentlichung des hessischen Bauernverbandes u. a.)
4.4.4 Der Schulbauernhof Sababurg
4.4.4.1 Pädagogisches Konzept
4.4.4.2 Landwirtschaftliches Konzept
5 Hutzelberghof
5.1 Der Hof, die Landwirtschaft, die Herberge
5.2 Die Klassenfahrt
5.2.1 Küche
5.2.2 Kühe/ Melken/ Molkerei
5.2.3 Kleintierversorgung
5.2.4 Schmieden
5.2.5 Weitere mögliche Aktivitäten
5.3 Bezug der Klassenfahrt zum hessischen Rahmenplan Grundschule
5.4 Aussagen der Schüler zum „Bauernhof“ vor der Klassenfahrt
5.5 Berichte der Schüler zu ihren Erlebnissen auf der Klassenfahrt
5.6 Fazit der Klassenfahrt
6 Fazit / Ergebnisse der Examensarbeit
7 Literatur
„Die vier Fenster, durch die unsere Kinder heute überwiegend ihre Welt erfahren, sind die Mattscheibe des Fernsehgerätes, der Bildschirm des Computers, die Windschutzscheibe des Autos und die Schaufenster der Geschäfte.“ (Landesinstitut für Schule und Weiterbildung, 1992, S.5)
Diese überspitzte Darstellung aus dem Jahr 1992, die sich bis heute eher ver- als entschärft hat, verweist auf eine pädagogische Herausforderung, der sich Schule und Unterricht heute zunehmend stellen müssen. Es geht dabei um die Aufgabe, angesichts veränderter Lebensbedingungen unserer Schüler neue Möglichkeiten zu erschließen, selbsttätig und selbstständig Erfahrungen machen zu können und diese sachgerecht zu verarbeiten. (Landesinstitut für Schule und Weiterbildung, 1992)
Diese Aufgabe, die Schule heute leisten muss, soll in dieser Arbeit beleuchtet werden.
Die Themenfindung dieser Arbeit ist durch mehrere wesentliche Aspekte initiiert worden.
Zunächst hege ich als praktizierender Landwirt im Nebenerwerb auf dem elterlichen Betrieb ein persönliches Interesse an der Landwirtschaft. Ich habe das Leben auf einem Bauernhof immer als Bereicherung und nicht als zusätzliche Arbeitsbelastung neben dem Studium empfunden. Ich bin der Meinung, dass es Kindern im Grundschulalter, besonders Kindern aus städtischen Bereichen, ermöglicht werden sollte, einen Einblick in das Leben auf einem „Bauernhof“ zu erhalten. Zum einen um zu erfahren, wo die Lebensmittel herkommen, die wir alltäglich verzehren, zum anderen um ihnen einen Eindruck einer Lebenswelt zu vermitteln von der die meisten Kinder im Zeitalter von Computerspielen und Satellitenfernsehen nur eine sehr vage Vorstellung haben.
Des Weiteren bin ich der Meinung, dass der Unterricht in Grundschulen, zumindest in solchen, die ich durch eigene Besuche oder Praktika kennen gelernt habe, zu theoretisch ist. Schon Pestalozzi sagte, Kinder müssen mit Kopf, Herz und Hand lernen. (vgl. Buchenau, 1996) Hierunter verstehe ich ein ganzheitliches Lernen mit allen Sinnen, was nur sehr begrenzt möglich scheint, wenn das Lernen ausschließlich im Klassenzimmer stattfindet. Vor diesem Hintergrund ist der Bauernhof als außerschulischer Lernort nur exemplarisch zu sehen. Schüler und im besonderen Grundschüler sollten das theoretische Wissen, dass sie sich im Klassenraum angeeignet haben, auch in Praxisbeispielen anwenden können. Und wenn das nicht möglich ist, sollten sie zumindest eine beispielhafte Anwendung in ihrer Lebenswelt beobachten können. Hierzu ist es meiner Meinung nach unumgänglich, das Grundschullehrer mit ihren Klassen Lernorte außerhalb des Klassenzimmers und der Schule aufsuchen, und dies in einem gesteigerten Maße als es bisher meiner Erfahrung nach geschieht.
Diese Arbeit soll Motivation für mich selbst und vielleicht auch für andere angehende Lehrerinnen und Lehrer sein, mit ihren Schülern das Klassenzimmer zu verlassen und auf Entdeckungsreise zu gehen.
Diese Examensarbeit „Der außerschulische Lernort Bauernhof – das Beispiel Hutzelberghof“ befasst sich, wie schon aus dem Titel ersichtlich, mit außerschulischen Lernorten, hier speziell mit dem außerschulischen Lernort Bauernhof. Der Verfasser besuchte mit einer vierten Grundschulklasse den Schulbauernhof Hutzelberghof, dies wird im Folgenden noch näher erläutert.
Die Arbeit besteht im Wesentlichen aus drei Teilen. Im ersten Teil wird das Thema außerschulische Lernorte im Allgemeinen bearbeitet: Warum ist es notwendig, außerschulische Lernorte zu besuchen? Welche Schwierigkeiten könnten Kinder haben, wenn sie ihr Klassenzimmer verlassen? Lernorte außerhalb des Klassenzimmers werden auch aus der Sicht des Lehrers beleuchtet. Welche Qualifikationen benötigt die Lehrkraft, aus welchen Gründen besuchen Lehrer keine außerschulischen Lernorte?
Der zweite Teil befasst sich mit dem außerschulischen Lernort Bauernhof. Der Begriff Schulbauernhof, wie er vom hessischen Minister für Umwelt, ländlichen Raum und Verbraucherschutz in Hessen, interpretiert wird, soll hier erläutert werden. Gibt es in den Lehrplänen der Grundschulen Anknüpfungspunkte zum außerschulischen Lernort Bauernhof? Wie lassen sich auf einem Bauernhof für Grundschüler interessante Dinge entdecken und diese sinnvoll zu Lernanstößen umsetzen? Schließlich werden einige Beispiele für Konkretisierungen zur Arbeit mit Schülern auf einem Bauernhof und einige konkrete Projekte von einzelnen Einrichtungen kurz beschrieben und erläutert.
Im dritten Teil geht der Verfasser näher auf den Lernort Hutzelberghof und die dorthin unternommene Klassenfahrt ein. Anschließend wird der Aufbau des Schulbauernhofes kurz beschrieben. Darüber hinaus werden u. a. folgende Fragen näher beleuchtet: Was haben die Kinder auf der Klassenfahrt unternommen? Lassen sich während einer Klassenfahrt zum Hutzelberghof sinnvolle Anknüpfungspunkte zu den Zielen des hessischen Rahmenplans Grundschule finden?
Mit einer Befragung der Schüler und einem Fazit über die gewonnenen Ergebnisse wird diese Arbeit beendet.
Die Schüler wurden vor ihrer Klassenfahrt befragt: Was weißt du über einen Bauernhof? Was erwartest du von der Klassenfahrt? Nachdem die Schüler zurückkamen verfassten die Kinder Texte über das Erlernte und Erlebte.
Als Lernorte gelten neben der Schule noch solche Orte oder Institutionen, an denen institutionalisiertes Lernen stattfindet, etwa ein Betrieb, eine Lernwerkstatt, Studio etc. Das Lernangebot wird durch die Pluralität der Lernorte differenziert. Ebenso werden aber auch solche Orte als Lernorte bezeichnet, die ursprünglich nicht für das Lernen vorgesehen sind, an denen aber gleichwohl gelehrt und gelernt werden kann und die etwa im Rahmen von Projekten oder Exkursionen besucht werden können. Ein weiterer Aspekt des Lernortes ist der des Umfeldes, in dem Lehren und Lernen stattfindet. … (vgl. Reinhold,G / Pollak, G. /Heim, H., 1999, S.367)
Die Einbeziehung von Lernorten außerhalb der Schule erfreut sich seit einigen Jahren zunehmender Beliebtheit. Es handelt sich dabei jedoch keineswegs um eine pädagogische Modeerscheinung, sondern vielmehr um eine grundlegende Forderung spätestens seit der Reformpädagogik Anfang dieses Jahrhunderts. Sie steht in engem Zusammenhang mit der Kritik an einer lebensfremden „Buch- und Paukschule“, die heute im Kontext der Diskussion um eine „veränderte Kindheit“ wieder einmal lautstark geäußert wird. Aktuell genährt wird die Forderung nach einem Lernen außerhalb der Schule auch durch Bestrebungen im Bereich „Öffnung von Schule“. (vgl. Burk, K. / Claussen, C. 1994, S.23)
„Lernen mit allen Sinnen“ geht schon bis in die Zeit von Comenius im Jahre 1627 zurück. Er forderte, „…die Dinge im Unterricht vor die Sinne zu bringen.“ Hier befindet sich der Ursprung des Lernens mit allen Sinnen. Auf Pestalozzi geht das ganzheitliche Lernen unter dem Motto „Lernen mit Kopf, Herz und Hand“ (Buchenau, A. / Spranger, E. / Stettbacher, H., 1996) zurück.
Von den Reformpädagogen wurde zu Beginn des 20. Jahrhunderts diese Maxime wieder aufgenommen und zählte, als 1920 die Grundschule für Alle gegründet wurde, zu den Leitgedanken. Vom Beginn des Nationalsozialismus bis zu den 70er Jahren wurden die
Reform-Konzepte jedoch ausgeblendet und erst mit dem wachsenden Umweltbewusstsein wieder aufgegriffen. Man kann erkennen, dass Menschen schon sehr lange wissen, dass es nicht genügt, Kindern in der Schule „Theoretische Dinge“ beizubringen, es ist auch nötig mit Schülern Ausflüge in die Realität durchzuführen, um ein ganzheitliches Lernen zu ermöglichen.
Erlebnis, Selbsttätigkeit, bewusstes Sehen und Hören waren die Motive für das Verlassen des Klassenzimmers in der Epoche der Reformpädagogik. „Das Suchen und Aufsuchen von Lernorten außerhalb des Klassenzimmers ist ein Weg der Schule, die Lern- und Erfahrungsmöglichkeiten der Kinder zu erweitern und so die Lerndefizite in einer veränderten Umwelt zu vermindern“. (vgl. Burk, K /Claussen,C., 1994)
Im Folgenden werden einige grundsätzliche didaktische Überlegungen für das Lernen vor Ort dargestellt (vgl. Burk, K /Claussen,C., 1994):
- Für Kinder und Heranwachsende sollte in allen Stufen der Schule deutlich werden können und erkennbar bleiben, dass das, was sie lernen für ihre aktuellen und zukünftigen Lebenssituationen bedeutsam und wichtig ist.
- Kinder auf ihr Leben vorbereiten heißt in diesem Zusammenhang, die Kluft zwischen Umwelt und organisiertem Lernen zu überbrücken.
- Durch die Mitwirkung von „Laienpädagogen“ in Lernsituationen außerhalb der Schule wird Komplexität und Offenheit als doppelte Herausforderung für Schüler und Lehrer erreicht. Außerdem kann der Verlust von generationsübergreifendem Lernen wieder ausgeglichen werden.
- Die Absicht, Kinder mit der gegenwärtigen Wirklichkeit durch eigenen Zugriff, eigene Teilnahme und unmittelbare Begegnung vertraut zu machen, zielt auf fächerübergreifenden Unterricht an komplexen Wirklichkeitsausschnitten, die weder fachlichen „Teilwirklichkeiten“, noch gesamtunterrichtlichen „Stoffkonstrukten“ entsprechen.
- Das Vorhaben, Erfahrungsräume zurückzugewinnen und Kindern wieder eigene sinnliche Erfahrungen zu vermitteln, richtet sich auch gegen die Allgegenwart der Medien und der industriellen Kindermassenkultur, das heißt: gegen jenes Verbundsystem aus Fernsehserien, CDs, Filmen, Zeitungen und Spielzeug, das für viele Kinder alternativloser Realitätsersatz geworden ist, ihre Vorstellungen von der Wirklichkeit bestimmt und ihre Phantasie vorprogrammiert.
Wenn Lernorte außerhalb der Schule generell als unerlässlicher und integraler Bestandteil des schulischen Lernens angesehen werden, bedeutet das zugleich auch eine realistische Einschätzung der Schule als einem Lernort unter anderen. Es wird ernst genommen, dass Kinder jeden Alters auch in anderen Situationen lernen als etwa nur im Rahmen organisierter Bildungsinstitutionen.
Andererseits erweist sich Schule überall da als notwendig, wo der Erfahrungsfluss in der unübersichtlich gewordenen Lebenswirklichkeit gesteuert, geklärt und auch angereichert werden muss.
Diese generellen Einsichten zur Notwendigkeit, Lernorte außerhalb der Klasse aufzusuchen, geben jedoch nur einen ungefähren Rahmen für die didaktische Entscheidung ob, wann und wie im Einzelfall ein solcher Lernort in den Unterricht einbezogen werden soll.
Nach Heinrich Roth handelt es sich bei einer „originalen Begegnung“ darum, „das originale Kind, wie es von sich aus in die Welt hineinlebt, mit dem originalen Gegenstand, wie er seinem eigentlichen Wesen nach ist, so in Verbindung zu bringen, dass das Kind fragt, weil ihm der Gegenstand Fragen stellt und der Gegenstand Fragen aufgibt, weil er eine Antwort für das Kind hat.“ (Pädagogische Psychologie des Lehrens und Lernens, Hannover, 9. Aufl. 1969, S. 116)
Das Aufsuchen einer Wiese, einer Arbeitsstätte, eines Bauernhofes u. ä. soll also Fragen wecken und Antworten geben, die für das Kind fassbar sind. Dass sich solche Fragen und Antworten vor Ort durch das Aufeinandertreffen von Kind und Gegenstand alleine einstellen, kann nicht in jedem Fall erwartet werden. Das Erfahrungsdefizit der Kinder wird durch einen Besuch oder eine Besichtigung kompensiert. Die Arbeitsabläufe und Maschinen in einem Großbetrieb vermag nur der eingeweihte Betrachter zu überblicken. Der Gegenstand an sich gibt also nicht schon Antworten, weil er Fragen für das Kind aufwirft.
Arbeitsteilung, Technisierung und Spezialisierung haben Arbeits- und Produktionsabläufe für den Laien undurchschaubar gemacht. Der Einsatz vielfältiger, teils komplizierter Maschinen in Handwerk und Landwirtschaft erschwert die originale Begegnung. Die Tätigkeiten eines Metzgers, Bäckers oder Schreiners waren früher aus der direkten Beobachtung zu erkennen. Heute lassen sich aus der unmittelbaren Betrachtung allein die Funktionsweisen eines Fleischwolfes beim Metzger oder der Hobelmaschine beim Schreiner nicht mehr erkennen. Das Beobachten der Handhabung der Maschinen ergibt also nicht den Schlüssel für das Erkennen der Funktionsweise, die Gegenstände bleiben für den Schüler „ihrem eigentlichen Wesen nach“ verschlossen. Die Frage nach der Zugänglichkeit und der Durchschaubarkeit der Lernorte gehört demnach zu den wichtigsten, die methodische Überlegungen und Entscheidungen berücksichtigen und beantworten müssen.
Wenn sich Technik und Produktionsablauf also dem unmittelbaren Zugriff entziehen, sind Vorarbeiten im Unterricht erforderlich um eine originale Begegnung zu ermöglichen. Es soll jedoch nicht übersehen werden, dass der Besuch eines Betriebes auch Erfahrungen im Sinne einer originalen Begegnung hervorrufen kann, die aber weniger aus den Beobachtungen der Produktion, als vielmehr aus den Beobachtungen der Arbeits- und Produktionsbedingungen entstehen.
Ein Besuch vor Ort kann Erfahrungsdefizite kompensieren. Die Frage nach der Durchschaubarkeit und Zugänglichkeit eines Lernortes kann also nicht generell beantwortet werden, sondern es ist immer zu fragen: Was können die Kinder durch Beobachtungen vor Ort erkennen und erfahren? Dies gilt für alle außerschulischen Lernorte. Auch eine Wiese gibt oft ihre Geheimnisse erst preis, wenn Schüler unter der Anleitung des Lehrers fragen, sehen und entdecken. Die Veränderung in der Lebenswelt der Kinder (Naturferne, Ersatzwelt, Fernsehen, Computer, usw.) können dazu beitragen, dass sich auch originale Begegnungen in der Natur nicht ohne weiteres einstellen, sondern erst der Unterricht die Augen öffnen muss. Das heißt nicht, dass Unterricht außerhalb der Schule zu einem streng lernzielgesteuerten Unterricht wird, sondern dass die Hindernisse, die im Lernort, aber auch im Schüler liegen können, erkannt und ernst genommen werden müssen. Sie sind durch die Gestaltung des Unterrichts (immer auch durch Planen) zu überwinden, damit es zu einer originalen Begegnung kommen kann. (vgl. Burk, K. / Claussen, C, 1994)
Im Folgenden werden kurz die dem außerschulischen Lernen zugrunde liegenden didaktischen Motive bzw. Kategorien und das sich daraus notwendig ergebende Lehrerverhalten dargestellt. (vgl. Burk, K / Claussen C. ,1998)
Rückgewinnung von Erfahrungsräumen: Die Veränderung der Lebenswelt hat die Gelegenheiten für aktive und verantwortungsvolle Teilnahme der Kinder in Arbeit und Freizeit stark reduziert. Daher sind für die Kinder heute Handlungs- und Erfahrungsräume zurück zu gewinnen, bzw. neu zu erschließen.
Situationsbezogenes Lernen: Mit der Kategorie „Situationsbezogenes Lernen“ wird auf die notwendige Einbettung des Lernens in einen subjektbezogenen Kontext und konkrete Lebenszusammenhänge hingewiesen sowie der Forderung nach Lebensbedeutsamkeit von Unterricht und Erziehung Nachdruck verliehen.
Fächerübergreifendes Lernen: Konkrete Handlungskontexte lassen sich unter verschiedenen Perspektiven erschließen. Die fachliche Durchdringung eines Wirklichkeitsausschnittes ist eine Möglichkeit, das Finden von Handlungsinteressen eine Andere. Um Lebenszusammenhänge zu ergründen, sind wechselnde Perspektiven und Frageinteressen, kurz fächerübergreifendes Lernen erforderlich.
Projektunterricht: Er ist in besonderem Maße für situationsbezogenes, fächerübergreifendes Lernen geeignet. Er bietet die Chance, die außerschulische Lebenswelt mit schulischem Lernen zu verbinden. Dabei ist der Gedanke, die Schüler an Planung und Durchführung eines Vorhabens zu beteiligen, ebenso wichtig, wie die pragmatische Ausrichtung.
Entdeckendes Lernen: Es soll dem Schüler ermöglichen, sich aktiv und selbstständig in Zusammenhänge einzuarbeiten. Das Kind als aktives, forschendes Subjekt kommt erst dann zu geistigen Erfahrungen und zum Verstehen, wenn die Entdeckungen durch Information und Reflexion ergänzt werden. (vgl. Burk, K / Claussen C. ,1998)
Unterricht vor Ort (an Lernorten) bedeutet für Grundschullehrer auch, dass sie Qualifikationen und didaktische Fähigkeiten entwickeln müssen, die sie beim Unterricht im Klassenzimmer, in einer didaktisch isolierten, „künstlichen Situation“ kaum benötigen. Für den Unterricht vor Ort sollten Grundschullehrer:
- das Lehren und Lernen „entschulen“ und offene Lern- und Unterrichtsformen fördern.
- das Nebeneinander von Unterricht im Klassenzimmer und an anderen Lernorten nutzen und fördern.
- organisatorisches Geschick entwickeln, bzw. situationsbedingt improvisieren können.
- mehrdeutige Lernsituationen aushalten und sie zum Ausgangspunkt differenzierter, weiterführender Lern- und Erfahrungsprozesse machen.
- mehrperspektivisches sowie ungleichzeitiges Denken bei Kindern vermitteln und Interessensschwerpunkte aufgreifen und Erfahrungsprozesse anregen.
- sich selbst als Mitgestalter von und als „Mitarbeiter“ in Lern- und Erfahrungsprozessen verhalten können, die für Schüler und Lehrer von realer, aktueller Bedeutsamkeit sind.
- bereit sein, selbst zur gemeinsamen Lernsache zu recherchieren und zu forschen.
Zusammenfassend lässt sich sagen: Der Lehrer muss nicht nur lehren, sondern auch mit den Kindern lernen können, muss wie die Kinder neugierig sein, staunen, sich wundern, begeistert sein, emotional reagieren. (vgl. Burk, K. / Claussen, C, 1998)
Kinder sollen wegen der „Unnatur“ der Schule in der außerschulischen Realität Erfahrungen sammeln. Diese Erfahrungen bedürfen wegen der Komplexität der Wirklichkeit einer Klärung und Aufarbeitung. Deswegen sind Lernaktivitäten innerhalb und außerhalb des Klassenzimmers so zu verzahnen, dass sie sich gegenseitig ergänzen und stützen. Das erfordert besondere planerische und organisatorische Überlegungen, die nachfolgend dargestellt sind:
1. Vorbereitung auf das Lernen vor Ort
Schüler und Lehrer entwickeln gemeinsam Fragestellungen bzw. Handlungsziele, die sie anschließend vor Ort handelnd, sammelnd, ordnend, diskutierend u.ä. beantworten bzw. bis zu einem Ergebnis verfolgen. Der gemeinsame Vorsatz: „Wir nehmen uns etwas vor, denken uns aus, wo wir hingehen und überlegen uns, was wir dort tun wollen.“ skizziert die Vorausplanung eines Vorhabens. In diesem Zusammenhang ist zu berücksichtigen, dass Planen und Projektieren vom Entwicklungsstatus des Grundschülers abhängig ist. Erst mit dem Aufbau und der Entwicklung komplexerer gedanklicher Operationen löst sich Planen als „sich etwas vorher vorstellen können“ vom Ausführen ab und wird den Schülern als solches bewusst.
Die im Klassenzimmer zusammengetragenen Vorerfahrungen und die darauf gestützten Vorstellungen der Schüler bleiben oberflächlich, kürzel- und formelhaft. Sie erscheinen uneinsichtig, manchmal sogar vorurteilsgeladen. Sie signalisieren jedoch deutlich die Defizite, das Wissensbedürfnis sowie die Erwartungen der Schüler. Sie kennzeichnen deutlich die Anknüpfungspunkte für den Unterricht, bzw. die Aktivitäten am Lernort.
Aktivitäten an Lernorten außerhalb der Schule, die weder vorbereitet, noch geplant sind, können infolge völlig anderer Erwartungen der Schüler oft nicht besonders zufrieden stellend geschweige denn erfolgreich verlaufen und kaum zu weiteren Versuchen ermutigen.
Einige Schwerpunkte für die Vorbereitungsphase sind: Vorerfahrungen der Schüler abrufen, Informationsmaterial sammeln, Handlungsziele entwickeln, Fragen sammeln, Organisatorische Vereinbarungen treffen, Beobachtungs-hilfen geben,… .
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