Examensarbeit, 2007
47 Seiten, Note: 1,0
1. Abstract
2. Förderbereich Kooperationsfähigkeit
2.1 Analyse des Förderbereichs Kooperation
2.2 Lernausgangslage der Schüler und Schülerinnen mit dem Förderschwerpunkt Lernen
2.3 Lernausgangslage der am Konzept beteiligten Schüler und Schülerinnen der XXX mit dem Schwerpunkt im Förderbereich Kooperationsfähigkeit
2.4 Zielformulierung
3. Der Improtheaterkurs
3.1 Begriffsklärung Improvisationstheater
3.2 Grundvoraussetzungen des Improtheaters
3.3 Mögliche Bedeutung des Improvisationstheaters an der XXX
3.4 Chancen und Möglichkeiten
4. Vorstellung des Konzepts zur Umsetzung eines Improtheaterkurses
4.1 Organisationsstruktur
4.2 Gruppenzusammensetzung
4.3 Rolle des Gruppenleiters
4.4 Förderung der Kooperationsfähigkeit
4.5 Möglichkeiten eines Auftrittes
5. Handlungsplanungen
5.1 Erläuterung zum Aufbau der Handlungseinheiten
5.2 Improtheater Workshopphase 1: Vorlaufphase
5.3 Improtheater Workshopphase 2: Übungsphase Figurenentwicklung
5.4 Improtheater Workshopphase 3: Übungsphase Geschichtenentwicklung
5.5 Improtheater Workshopphase 4: Übungsphase Sprachspiele
5.6 Improtheater Workshopphase 5: Übungsphase Genres
5.7 Improtheater Workshopphase 6: Auftrittsvorbereitung
6. Evaluation
7. Ausblick
8. Literatur
Anhang
Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit der Verbesserung der Kooperationsfähigkeit von Schülern und Schülerinnen1 mit dem Förderschwerpunkt Lernen anhand eines Improtheaterkurses.
Aus den ersten Kapiteln lässt sich erkennen, welch hohen Förderbedarf die vorliegende Schülergruppe der XXX im Bereich der Kooperationsfähigkeit besitzt. Zudem wird im dritten Kapitel über die Lernchancen und Fördermöglichkeiten in genau diesem Förderbereich im Rahmen eines Improvisationstheaterkurses2 gesprochen. Neben der Eingrenzung des Begriffes beinhaltet das Kapitel auch Überlegungen zur Bedeutung des Kurses an der XXX und Chancen und Möglichkeiten die dadurch entstehen.
Im folgenden vierten Kapitel wird das daraus entstehende Konzept zunächst auf theoretischer Basis präsentiert und erläutert. Das vorgestellte Konzept orientiert sich an den personellen und sachlichen Gegebenheiten der XXX. Die zu fördernde Gruppe besucht die Jahrgangsstufe 9. Weiterhin werden die Rolle des Gruppenleiters, die Förderung der Kooperationsfähigkeit innerhalb des Konzepts und die Möglichkeiten eines Auftritts erläutert. Das fünfte Kapitel zeigt die detaillierte Umsetzung des Konzepts in den verschiedenen praxisorientierten Handlungseinheiten. Innerhalb des Kapitels werden die einzelnen Entwicklungsschritte durch zusammengehörige Workshopphasen sinnvoll strukturiert. Im folgenden Kapitel werden Möglichkeiten zur Evaluation mit Hilfe eines Fragebogens aufgezeigt. Das siebte und letzte Kapitel gibt einen möglichen Ausblick auf die Fortsetzung des Konzepts.
Der Begriff Kooperation wird im täglichen Sprachgebrauch vielfach verwendet. Um ein Konzept entwickeln zu können, das sich inhaltlich mit der Kooperation auseinandersetzt, ist es zunächst unerlässlich den Begriff einheitlich zu definieren. Abgeleitet vom lateinischen Begriff „cooperatio“ kann Kooperation gleichgesetzt werden mit Zusammenarbeit und Mitwirkung (vgl. wikipedia.dea).
Inhaltlich sprechen Köck und Ott von einem „...unverzichtbar(en) grundlegenden gruppendynamischen Vorgang, in dem meist arbeitsteilig organisierte, aber aufeinander bezogene und als gleichwertig und gleichberechtigt anerkannte Aktivitäten auf ein gemeinsames Ziel hin gebündelt werden“ (1976, S. 225).
Wenn von Kooperation gesprochen wird, geht man demzufolge immer von mindestens zwei Beteiligten aus, die an einem gemeinsamen Ziel arbeiten. Dies muss jedoch nicht immer gemeinsam und gleichberechtigt geschehen. Unterschieden werden muss die Kooperation von Arbeitsprozessen, in denen Gruppenteilnehmer und Gruppenteilnehmerinnen in Konkurrenz zueinander arbeiten.
Der Versuch eine Arbeit in einer Gruppe zu erledigen, also zu kooperieren, kann zu Schwierigkeiten führen. Diese Schwierigkeiten werden ausgelöst, wenn es im Bereich der sozialen- oder aufgabenbezogenen Teilkompetenzen Defizite bei den Teilnehmer und Teilnehmerinnen gibt.
Bei den sozialen Teilkompetenzen muss differenziert werden zwischen personen- und gruppenbezogenen Kompetenzen (vgl. http://www.petita-und-titus.de/koop.htm). Zu den personenbezogenen Teilkompetenzen gehören unter anderem die Einschätzung der Ich- Identität, das Erkennen von eigenen Stärken und Schwächen, die Fähigkeit Enttäuschung und Misserfolg ertragen zu können und auch, eigene Interessen gegenüber anderen artikulieren zu können. Wichtig ist zu erkennen, dass für die Zusammenarbeit in einer Gruppe auf die Ressourcen jedes einzelnen Gruppenmitglieds, folglich auf die aller Individuen, zurückgegriffen wird. Im Vergleich dazu gibt es die gruppenbezogenen Teilkompetenzen, also Kompetenzen, wie beispielsweise ein Konflikt schnell und gewaltfrei zu lösen ist, Absprachen untereinander zu treffen sind und gemeinsame Ziele gesetzt, angestrebt und erreicht werden können (vgl. ebd.).
Zusätzlich zu den genannten sozialen Teilkompetenzen gibt es die aufgabenbezogenen Teilkompetenzen. Bei diesen Teilkompetenzen hat nicht das soziale Miteinander zwischen den Gruppenmitglieder Priorität, sondern die Strukturierung und Organisation der Aufgabe. Dies impliziert, dass Ziele als solche erkannt, benannt und man sich schließlich auf ein gemeinsames Ziel einigen muss, und des Weiteren, dass Teilaufgaben innerhalb der Arbeit identifiziert werden müssen. Um dies zu erreichen, müssen Handlungsabfolgen begriffen, analysiert und dann in einzelne Aufgaben aufgeteilt werden. Dabei ist es von Vorteil, wenn jedes Gruppenmitglied eine Aufgabe entsprechend seiner Fähigkeiten und Stärken erhält. Im Falle dessen, dass die Arbeit geteilt werden kann, sollte dies auch von allen so gewollt sein (unveröffentliches Paper FS Höfs 2006). Wie zu erkennen ist, sind die verschiedenen Teilbereiche, einerlei ob sie nun sozial oder aufgabenbezogen sind, nicht klar von einander getrennt und gehen teilweise in einander über.
Während nun geklärt wurde, welche Voraussetzungen in den verschiedenen Teilbereichen gegeben sein müssen, um Kooperation stattfinden lassen zu können, soll nun näher betrachtet werden, in welcher Form Kooperation in der Schule umgesetzt werden kann. Bei der Zusammenarbeit zweier Schüler und Schülerinnen soll Kooperation in Partnerarbeit stattfinden, weiterhin gibt es Möglichkeiten zur Umsetzung in Gruppen- und Projektarbeiten. Green und Green haben herausgefunden, dass sich Schüler und Schülerinnen, die zusammen arbeiten, sich in ihrem Lernprozess engagieren, anstatt passiv dem Lehrervortrag zu folgen (2005, S.33). Beispielsweise sind bei der Kooperation, im Idealfall, alle Schüler und Schülerinnen aktiv an der Lösung des Problems beteiligt und die Lehrerin, bzw. der Lehrer kann die individuellen Arbeitsschritte und damit die einzelnen Denkvorgänge der Schüler und Schülerinnen nachvollziehen (ebd.). Mit Hilfe der Kooperation kann die Schülerbeteiligung am Unterricht gesteigert werden. Einhergehend können folgende Ziele erreicht werden:
- Erweiterung des Selbstwertgefühles
- Stärkung der Lernzufriedenheit (Befriedigung durch Teilnahme am Arbeitsprozess)
- Erhöhung des Leistungsniveaus (Ausbildung der Fähigkeit zum kritischen Denken und größeres Interesse am Lernstoff)
- Entwicklung einer Kommunikationskompetenz (Erlernen von Fachbegriffen,
-Fähigkeit zur Klärung von Wissensfragen, Übernahme einer Expertenrolle)
- Erlernen von sozialen Kompetenzen (Einsicht zur Notwendigkeit der aktiven und positiven Mitarbeit aller am Arbeitsprozess Beteiligten)
- Förderung der Lernverantwortung (Übernahme der Verantwortung für das eigene Arbeitsprodukt) (vgl. ebd. S. 33ff.)
Die Lernpyramide zeigt zudem, dass durch das aktive Lernen, wie es in der Kooperation vorkommt, eine Steigerung der Merk- und Verständnisfähigkeit erkennbar ist. Dem passiven Zuhören eines Vortrages mit 5% Lernerfolg stehen schon 50% Lernzuwachs bei einer Gruppendiskussion, 75% durch die eigene Anwendung und 90% beim Unterrichten anderer gegenüber (vgl. ebd.).
Der Einsatz kooperativer Sozialformen ist in einem Unterricht, in dem die Schüler und Schülerinnen bestmöglich gefördert werden, zwingend erforderlich. Hinsichtlich der Umsetzung bestehen verschiedene Modelle, die unterschiedlich gewichtete Machtstrukturen aufweisen. Diese werden im Folgenden in einer Tabelle einander gegenübergestellt.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tabelle 1: 4 Kooperationsmodelle (vgl. http://www.petita-und-titus.de/koop.htm)
Die Modelle zeigen deutlich, wie von Modell Nummer 1, dem streng hierarchischen bis zu Modell Nummer 4 dem sehr offenen System eine große Veränderung stattfindet. Für die Anwendung in der Schule wäre es idealtypisch, Kooperation im Sinne des offenen Modells 4 anzuwenden. Doch auch Kooperation muss erlernt werden und aus diesem Grund ist davon auszugehen, dass bei der Einführung der Kooperation in den Unterricht zunächst einmal nur mit dem weniger offenen Modell Nummer 2 gearbeitet werden kann. Eine Entwicklung hin zu Modell 4 ist hinsichtlich der Öffnung des gesamten Unterrichts wünschenswert.
Wo genau liegen denn nun die Vorteile bei der Arbeit in Kooperation? Die Autoren Green und Green haben mit ihren Konzepten zu diesem Thema schon mit vielen Schülern und Schülerinnen und Lehrern und Lehrerinnen in unterschiedlichen Ländern zusammengearbeitet. Dabei stellen sie eine Reihe von Verbesserungen sowohl für das Miteinander unter den Schüler und Schülerinnen, zwischen dem Lehrpersonal und der Schülerschaft, als auch zwischen den Lehrern und Lehrerinnen fest. Da an dieser Stelle nicht ausführlich auf alle Möglichkeiten der Kooperation eingegangen werden kann, sondern nur exemplarisch einige Beispiele aufgezeigt werden, soll hier bei Interesse zur Vertiefung, auf das Buch von Green und Green (2005) verwiesen werden. Erwähnenswert ist in jedem Fall, dass Schüler und Schülerinnen über das Arbeiten in Gruppen vieles erlernen, das sie später alleine umsetzen können (vgl. S.12). Außerdem kann durch die Zusammenarbeit aller, eine fördernde Gemeinschaft gebildet werden, die dem Einzelnen hilft und sogar dazu führen kann, dass sich das Leistungsniveau anhebt. Die Aufgaben, die man einer Gruppe stellt, könnten Einzelne überfordern (vgl. ebd.). Ein weiterer Vorteil besteht darin, dass bei der Arbeit in einer Gruppe auf eine Vielzahl von Lösungsmöglichkeiten zurückgegriffen werden kann. Dieser Austausch macht es möglich, dass sich der Arbeitsaufwand reduzieren lässt und die Gruppenmitglieder die Gelegenheit erhalten, neue Lösungsmöglichkeiten kennen zu lernen, auf die später gegebenenfalls zurückgegriffen werden kann (vgl. S. 33).
Hinsichtlich kooperativer Lernformen bei den Schülern und Schülerinnen mit dem Förderbedarf Lernen sehen Green und Green jedoch (ebd. S.20) einen höheren Bedarf an Struktur und Sicherheit. Eine sehr offene Form der Kooperation kann sich dementsprechend ungünstig auf das Lern- und Arbeitsverhalten der Lernenden auswirken. Je nach Lerngruppe gilt es dies zu bedenken, um bei den Schülern und Schülerinnen keine Frustration hervorzurufen. Folglich ist es die Aufgabe der Lehrerin, bzw. des Lehrers bei ungeübten Gruppen und gerade bei Schülern und Schülerinnen mit dem Förderschwerpunkt Lernen, bei der Zuteilung der Aufgabenbereiche dies genau zu beobachten und bei der Lösung von Problemen unterstützend zu wirken.
Obwohl sich, wie vorher angesprochen, auch Probleme bei einer zu starken Öffnung in den Partner-, Gruppen- oder Projektarbeiten ergeben können, ist der Gewinn, den die Schüler und Schülerinnen aus ihren gesammelten Erfahrungen durch Kooperation mitnehmen, sehr hoch. Dazu gehört, dass die Schüler und Schülerinnen wichtige soziale Kompetenzen im Umgang mit Gleichaltrigen erhalten: sie lernen sich auf einen gemeinsamen Lösungswegs zu einigen, auf ein Ziel hinzuarbeiten, das sie alleine wohlmöglich nie erreicht hätten oder sehr viel länger dafür gebraucht hätten (vgl. ebd.). Die genauen Zielsetzungen, die sich aus diesem Kapitel ergeben und sich auf das vorzustellende Konzept beziehen, werden im späteren Verlauf dieser Arbeit näher erläutert.
„Die pädagogische Ausgangslage von Kindern und Jugendlichen mit Beeinträchtigungen des Lern- und Leistungsverhaltens, insbesondere des schulischen Lernens, stellt sich vielfach in Verbindung mit Beeinträchtigungen der motorischen, sensorischen, kognitiven, sprachlichen sowie sozialen und emotionalen Fähigkeiten dar“ (Drave et al., 2000, S. 301). Die folgende Abbildung verdeutlicht mögliche Auswirkungen dieser Beeinträchtigungen auf verschiedenen Ebenen in Anlehnung an die KMK-Empfehlungen zum Förderschwerpunkt Lernen (ebd.). Sie berücksichtigt vor allem Aspekte des Entwicklungsbereichs Kooperation. Dabei ist anzumerken, dass Lernprozesse bei Kindern und Jugendliche nicht einheitlich verlaufen und auch die Ursachen, die zu einer Beeinträchtigung führen können multifaktoriell bedingt sind.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
In allen vier Bereichen lassen sich Hinweise dafür finden, dass bei den Schülern und Schülerinnen der Schule mit dem Förderschwerpunkt Lernen ein erhöhter Förderbedarf im Bereich der Kooperation zu erkennen ist. Die Schüler und Schülerinnen zeigen Rückstände, die bei der Entwicklung der Kooperationsfähigkeit von großer Bedeutung sind. Dazu gehören Einschränkungen in der Wahrnehmungsleistung, fehlende Strategien zur Konfliktbewältigung, folglich Probleme im Umgang mit anderen, was sich wiederum in der sozialen Isolation widerspiegelt, fehlende Arbeits- und Lernmöglichkeiten und eine geringe Eigeninitiative, um nur einige beispielhaft aufzugreifen.
Durch fehlende Strategien zur Bewältigung eigener Probleme und Konflikte mit anderen wird das Miteinander, also das Kooperieren mit anderen Menschen, erschwert. Durch eine geringe Akzeptanz innerhalb der Gesellschaft, gibt es zudem wenige Möglichkeiten positive Selbsterfahrungen zu machen und auf diese Weise ein bejahendes Selbstbild aufzubauen (vgl. Schmetz, 1997 & 1999). Gerade dies ist jedoch ein wichtiger Grundstein, um mit anderen kooperieren zu können.
Entsprechend fordert die KMK auch ... „ein breites Angebot spezifischer individueller Hilfen, die [...] Verständnis für die Zusammenarbeit und Sinn für das Handeln mit anderen vermitteln“ (vgl. Sekretariat der Ständigen Konferenz der Kultusminister, 2000, S. 3). Diese individuellen Schwerpunkte setzt die Schule mit dem Förderschwerpunkt Lernen um, indem sie den Schülern und Schülerinnen Lern- und Erfahrungsräume bietet, in denen sie lernen:
- sich in sozialen Gefügen zurecht zu finden
- Aufgaben in Partner- und Gruppenstrukturen zu lösen
- soziale Kompetenz zu erlangen
- gemeinsame Interessen zu verfolgen
- und das eigene Verhalten kritisch reflektieren zu können (vgl. Kultusministerium des Landes NRW, 1977)
Im vorangegangenen Kapitel wurde auf die generelle Lernausgangslage von Schülern und Schülerinnen mit dem Förderschwerpunkt Lernen eingegangen. Ferner sollen an dieser Stelle exemplarisch zu drei Schülern und Schülerinnen der Gruppe konkrete, insbesondere den Förderbereich Kooperation betreffende Informationen ergänzt werden.
Die drei Schüler und Schülerinnen, zwei Mädchen und ein Junge im Alter von 14-15 Jahren werden nach den Richtlinien der Förderschule im Förderschwerpunkt Lernen unterrichtet.
Alle drei sind seit der ersten Klasse an der XXX, zunächst an der Grundschule und nun an der weiterführenden Gesamtschule.
Laut ihren individuellen Förderplänen werden alle zurzeit verstärkt in den Bereichen Kognition und Sprache als auch in den Bereichen Lern- und Arbeits- sowie Sozialverhalten gefördert.
Nicht nur im Bereich des Arbeitsverhaltens zeigen sich bei den Schülern und Schülerinnen Schwierigkeiten in der Kontaktaufnahme zu Mitschülern und Mitschülerinnen und zum Lehrpersonal. Bei Gruppenarbeiten beispielsweise, ist zu erkennen, dass sich die Schülerin C. stark aus der gemeinsamen Arbeit, trotz Aufforderungen von Seiten ihrer Mitschüler und Mitschülerinnen, heraushält. Auch in der Großgruppe während der Pause sowie vor und nach dem Unterricht sind die Schüler und Schülerinnen meist isoliert von ihren Mitschüler und Mitschülerinnen.
Innerhalb der Kleingruppe bewegt sich zudem nicht nur die verbale, sondern auch die nonverbale Kommunikation in Bereichen, bei denen nicht mehr vom freundlichen Miteinander gesprochen werden kann. Die Schüler und Schülerinnen beschimpfen sich gegenseitig, kommentieren die Arbeitsergebnisse der Mitschüler und Mitschülerinnen in negativer Form oder stöhnen laut auf, wenn sich einzelne Schüler und Schülerinnen zu Wort melden. Bei den Lernenden ist festzustellen, dass ihnen der angemessene Umgang mit ihren Mitmenschen nicht immer bekannt ist, oder sie nicht erkennen, wenn sie andere mit Äußerungen verletzen. Im Bereich der Selbsteinschätzung sind häufig starke Abweichungen von der Realität zu erkennen. Darauf angesprochen fühlen sich die Schüler und Schülerinnen eher angegriffen, als dass sie sich mit dieser für sie doch so wichtigen Thematik auseinandersetzen. Im Gegenzug dazu ist festzustellen, dass besonders Eigenschaften, die hilfreich für die Kooperation mit anderen sind, wenig oder gar nicht ausgebildet sind. Beispielsweise werden Fehler, die von Mitschülern und Mitschülerinnen begangen werden, in einer, für den Betroffenen sehr unschönen Art und Weise lautstark durch die Mitschüler und Mitschülerinnen verkündet. Dabei werden die „Opfer“ bei der nächsten Gelegenheit zu den „Tätern“ und andersherum. Kommt es bei der Lösung von Aufgaben zu Problemen, wird dies, trotz Anweisung der Lehrkräfte die Mitschüler und Mitschülerinnen zu befragen und gemeinsam nach einer Lösung zu suchen, ignoriert. In einigen Fällen treten Arbeitsverweigerung auf, wenn in Partnerarbeit gearbeitet werden soll.
Obwohl die drei Schüler und Schülerinnen in ihrer Kleingruppe gemeinsam viel Zeit verbringen, ist nur in wenigen Situationen eine Gruppenbildung im Sinne der Kooperation zu beobachten. Eine starke Zentrierung von Seiten der Schüler und Schülerinnen auf die Lehrperson, erschwert zudem die Zusammenarbeit untereinander.
Daraus ergibt sich die nun folgende Zielformulierung.
Wie in den vorangegangenen Abschnitten deutlich geworden ist, nimmt die Fähigkeit mit anderen Menschen in Kooperation treten zu können, dementsprechend auf ein gemeinsames Ziel hinzuarbeiten, Beziehungen zu anderen aufzubauen, um gemeinsam etwas zu erreichen, einen großen Stellenwert in unserer Gesellschaft ein.
Innerhalb des Konzepts erhalten die Schüler und Schülerinnen die Möglichkeit, Schwierigkeiten in diesem Bereich zu reduzieren, wenn nicht sogar zu beheben. Die Schüler und Schülerinnen sollen lernen sich in ein System einzufügen, bei dem alle Rechte und Pflichten besitzen. Dabei sollen sie erkennen, dass die richtige Anwendung Vorteile für alle Beteiligten herbeiführt. Dazu gehört auch, dass die Schüler und Schülerinnen lernen, mit Hilfe der eingeführten Methoden selbstständiger zu werden und zunehmend auf Unterstützung von der Lehrperson absehen zu können (vgl. Green und Green, 2005, S. 33).
„Ich möchte, dass sich die Jugendlichen wie Menschen behandeln. Dafür tragen sie die Verantwortung. Sie müssen lernen, sich gegenseitig zu unterstützen und für einander Sorge zu tragen“ (Nunn, 1999, S.25 - Interview mit Tracy Burns). Gerade der Umgang unter den Schüler und Schülerinnen soll durch diese Arbeit verbessert werden.
Erläutert werden soll nun, welche Chancen und Möglichkeiten sich hinsichtlich der Entwicklung und Förderung wichtiger sozialer Teilkompetenzen durch den Einsatz von Spielen und Übungen aus dem Theaterbereich ergeben. Dies erfolgt unter besonderer Berücksichtigung von Elementen aus dem Improvisationstheater und stellt die Grundlage des vorliegenden Konzepts dar. Näher wird dieser Aspekt im folgenden Kapitel beschrieben.
Improvisation leitet sich vom lateinischen Wort improvisus ab, das mit ohne Vorbereitung, aus dem Stegreif oder ad hoc übersetzt werden kann. Bei der Improvisation wird im allgemeinen Sprachgebrauch von der Lösung eines Problems durch Spontanität und Kreativität gesprochen (vgl. wikipedia.deb). Menschen, die improvisieren können, wird deshalb nachgesagt, dass sie flexibel mit ihnen unbekannten Situationen umgehen können und sich auch vor der Lösung von Problemen nicht abschrecken lassen. Teilweise wird der Begriff Improvisation aber auch negativ besetzt, da er in Verbindung gebracht wird mit etwas, das ohne Vorbereitung stattfindet, Oberflächlichkeit besitzt und nicht von Dauer ist (vgl. Jürgens, 1982).
In Bezug auf das Improvisationstheater hat dieser Begriff jedoch eine andere, positivere Bedeutung. Beim Improtheater steht die Interaktion mit dem Publikum im Vordergrund. Dabei dienen die Vorgaben des Publikums den Schauspielern und Schauspielerinnen als Grundlage zur Gestaltung ihrer nicht einstudierten, spontanen Szenen. Die Schauspieler und Schauspielerinnen erhalten durch Zurufe aus dem Publikum beispielsweise den Ort der Handlung, die Beziehung der handelnden Personen oder ein zu lösendes Problem. Zusätzlich kann der Moderator die Zuschauer über den weiteren Verlauf der Szene, Gedanken einer Schauspielerin, eines Schauspielers oder dessen Haltung gegenüber einer anderen Spielerin, eines anderen Spielers befragen. Zu Beginn einer Aufführung weiß daher niemand, was im Folgenden geschehen wird (vgl. Koch, 2003).
Gerade die Flexibilität der Schauspieler und Schauspielerinnen und das offensichtlich spontane Eingehen auf die Vorgaben der Zuschauer macht das Improvisationstheater zu dem, was es für die Menschen auf und vor der Bühne ist, ein Interaktionstheater mit Überraschungscharakter.
Improtheater hat aber nicht nur einen unterhaltenden Charakter. Bei der Arbeit auf der Bühne entwickeln die Spieler auch Wege und Möglichkeiten sich und ihre Umwelt genauer zu betrachten. Dazu gehört, dass Vorgaben für viele Geschichten aus dem Umfeld der Darsteller entnommen werden können und sich somit eine Verarbeitung und auch Veränderung der Sichtweise ergeben kann. Bei vielen Spielern und Spielerinnen kommt es deshalb zur Stärkung des Selbstbewusstseins und der intensiveren Auseinandersetzung mit der Umwelt und zugleich der Auseinandersetzung mit ihren Mitmenschen. Es können Lernprozesse angeregt werden, die das Blickfeld auf Selbst- und Fremdwahrnehmung stärken, die Kreativität fördern und ein Ausbrechen aus internalisierten Zwängen ermöglichen (vgl. ebd.).
Um Improtheater spielen zu können, bedarf es einiger Rahmenbedingungen, die jedoch, werden sie richtig angewandt, bei der Umsetzung wenig Aufwand erfordern. Bevor der inhaltliche Bereich angesprochen wird, folgt nun in Kürze einiges zu den äußeren Gegebenheiten die Andersen (2005) und Nunn (1999) wie folgt beschreiben. Idealerweise sollten die Proben regelmäßig an einem festen Termin stattfinden. Der Probenraum sollte eine geeignete Größe haben, damit die Gruppe sich zum einen auch einmal schnell im Raum bewegen kann, ohne aneinander zu geraten und zum anderen sollte die Gruppe im Raum auch nicht verloren gehen. Die Chance, sich im Rahmen der Probe lauter als Zimmerlautstärke zu unterhalten und trampelnd über den Boden zu hüpfen, sollte ohne Konsequenzen gegeben sein. Auf eine Bühne kann verzichtet werden. Gerade Anfängern fällt der Schritt ins Geschehen so viel einfacher. Ein paar Stühle und eine Markierung mit Klebeband, die die Bühne darstellen sollen, genügen schon.
Das Improvisationstheater ist eine noch vergleichsweise junge Theaterform, das davon lebt, dass es sich ständig verändert und individuell in den Gruppen weiterentwickelt wird. Obwohl in dieser Form des Theaters nur wenig feste Vorgaben gemacht werden, ist es sinnvoll, sich über einige grundlegende Regeln im Miteinander und im Spiel innerhalb der Gruppe zu einigen. Als Anhaltspunkte kann dazu Rat in Büchern, in Foren oder bei erfahrenen Improgruppen und -trainern gesucht werden. Die beschriebenen Regeln sollen aber nur als Rahmen dienen und der Gruppe den Freiraum lassen sich möglichst individuell und ihren Bedürfnissen entsprechend zu entwickeln.
Ein bedeutsamer Faktor im Improtheater ist in jedem Fall das Miteinander, denn erst durch die enge Kooperation der Mitspieler und Mitspielerinnen können die kreativen Beiträge so zusammengefasst werden, dass sich daraus für den Zuschauer etwas Interessantes entwickelt (vgl. Andersen Miami, 1996). Auch das so genannte Blocken oder „Nein sagen“ gehören zu den Tabus im Improtheater verhindern sie doch das Vorankommen der Szenen und behindern die Spieler und Spielerinnen im Ausüben ihrer Tätigkeit.
Zusammengefasst kann gesagt werden, dass es weniger um die äußeren Rahmenbedingungen geht, sondern mehr eher darum, sich auf andere Personen und die Szene einzulassen.
Die XXX arbeitet als integrative Schule nach dem Prinzip der Gleichheit (vgl. Schulprogramm XXX, 2001). Es geht vorrangig um die Förderung der individuellen Person und das Erlernen und Erleben sozialen Miteinanders, nicht um den Konkurrenzgedanken. Konkurrenz spielt aber dennoch wie auch in der übrigen Gesellschaft und in jeder Schule eine mehr oder weniger wichtige Rolle. Dabei wird dann um die bessere Note, die Aufmerksamkeit der Lehrer und Lehrerinnen oder um das Ansehen in der peer group konkurriert (vgl. Walker, 1995, S.75). Konkurrenz im positiven Sinne, beispielsweise der sportliche Wettkampf, kann Schüler und Schülerinnen in ihrer Leistung jedoch auch voran bringen. So sprechen Green und Green (2005) davon, dass mit Hilfe eines gemeinsamen Ziels innerhalb der eigenen und der Konkurrenz zu fremden Gruppen ein Wir-Gefühl geschaffen werden kann, welches die Produktivität in der Gruppe steigern kann.
[...]
1 Zu Gunsten der besseren Lesbarkeit würde der Verfasser gerne auf eine geschlechtsspezifische bzw. geschlechtsneutrale Formulierung verzichten. Das Landesprüfungsamt (vgl. Hinweise zur Hausarbeit November 2006) schreibt dazu aber:
Lehramtsanwärterinnen und Lehramtsanwärter sind auf die Verwendung einer geschlechtergerechten Sprache in ihrer Hausarbeit hinzuweisen (Gleichstellung von Mann und Frau in der Rechts- und Amtssprache. Gem. RdErl. d.Justizministeriums, d. Ministerpräsidenten und aller Landesministerien vom 24. März 1993, MBl. NRW.S.780). Auszug aus der Anlage zum Rd.Erl. zur Gleichstellung von Mann und Frau in der Rechts- und Amtssprache: ---
- „Eine gleichstellungsgerechte Gesellschaft erfordert auch eine gleichstellungsgerechte Rechtssprache.
- Die durchgängige Verwendung der männlichen Form zur abstrakten Bezeichnung von weiblichen und männlichen Personen (sog. generisches Maskulinum) trägt der Forderung nach sprachlicher Gleichstellung nicht angemessen Rechnung. …
- Sprachliche Gleichstellung kann … am erfolgversprechendsten durch Verwendung von
- geschlechtsneutralen Umformulierungen
- Paarformeln
erreicht werden.“
2 Im folgenden auch Improtheater
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